Von Yasmin Billeter
Sie ist Professorin, Forscherin, Unternehmerin und Vermittlerin zwischen IT und Business. Nun wurde Sita Mazumder in den Aufsichtsrat der österreichischen Süsswarenfirma Manner gewählt. Was treibt sie an?
«Ich hatte nie konkrete Karrierepläne», sagt Sita Mazumder. Die Unternehmerin hat sich stets von ihren Interessen leiten lassen und heute befruchtet jeder Bereich den anderen: «Was ich als Boardmitglied mache, fliesst ein in meinen Unterricht. Was ich mit den Studierenden erlebe, kann ich in die Wirtschaft zurücknehmen.»
Neben ihrer Tätigkeit als Professorin und Forscherin an der Hochschule Luzern sitzt Mazumder in diversen Verwaltungsräten, etwa von der Clientis Bank, und ist Mitglied der Eidgenössischen Elektrizitätskommission. Ausserdem hat die gebürtige Aargauerin ihr eigenes Beratungsunternehmen. «Ich baue nachhaltig erfolgreiche Businessmodelle in der digitalen Zeit», erklärt sie ihren USP.
Natürlich sei es manchmal ein Spagat: «Wenn ich in unserer Forschungsgruppe Algorithmic Business Research Team (ABIZ) in Jeans und Chucks herumalbere und mich am nächsten Tag im Anzug als Verwaltungsrätin beweise, sind das schon sehr unterschiedliche Welten», führt Mazumder aus. «Für mich passt das sehr gut, für andere wäre das langweilig.»
«Für mich als Schoggi-Freak ist das natürlich pure Passion.»
Prof. Dr. Sita Mazumder
Nun wurde sie als erste Nicht-Österreicherin in den Aufsichtsrat der fast 130 Jahre alten und börsennotierten Traditionsfirma Manner gewählt, bekannt für die rosa verpackten «Manner Schnitten». «Für mich als Schoggi-Freak ist das natürlich pure Passion», schwärmt Mazumder, die sich über einen Headhunter ins Spiel brachte, weil sie wieder internationaler arbeiten wollte.
Was hat sie sich für dieses Amt vorgenommen? «Anfangs werde ich Zeit investieren, um das Unternehmen richtig kennenzulernen. Wichtig sind für mich die Menschen, Mitarbeitende ebenso wie die Kunden und dann natürlich Produkte, Produktionsstätten, Prozesse, Vertriebskanäle usw.» Trends, Digitalisierung, Erneuerung – dafür wird sie engagiert. Sie sei jemand, der hinterfrage und out-of-the-box denke, eine die nicht einfach durchwinkt.
Brückenbauerin zwischen IT und Business
Mazumder hat Informatik-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften studiert und bringt ein Verständnis für beide Disziplinen mit. Oft vermittelt sie zwischen den Welten. «Wir haben heute immer noch grosse Lücken zwischen IT und Business. Wenn ein Unternehmen erfolgreich sein und bleiben will, müssen beide Welten stärker zusammenarbeiten und auch zusammenwachsen».
Wenn ein Unternehmen erfolgreich sein und bleiben will, müssen IT und Business stärker zusammenarbeiten.»
Prof. Dr. Sita Mazumder
Ihre Themenschwerpunkte sind Digitalisierung, Digitale Transformation, Cyberkriminalität, Korruption, Geldwäsche, Innovationsmanagement sowie neue Geschäftsmodelle unter Einbezug neuer Technologien wie beispielsweise Künstlicher Intelligenz.
In diesem Zusammenhang hat sie sich mit dem Diversity Management befasst, unter anderem mit der Rolle der Frau in der Wirtschaft. Vor zehn Jahren hat sie eine Buchreihe über Frauenkarrieren mit herausgegeben. Hat sich in dieser Zeit etwas verändert für die Frauen? «Ich wünschte, es ginge schneller», sagt sie. Doch die Gründe, warum sich die Zahlen so schleppend verbessern oder gar stagnieren, seien vielfältig und hochgradig vernetzt.
Stereotype verhindern Chancengleichheit
Einer der Haupttreiber sind Gender Stereotypen. «Diese sind per se nicht falsch, sie generieren jedoch Erwartungen. Um gleiche Chancen zu erlangen, müssen wir diese Bilder anpassen. «Das ist langwierig, weil es ans innerste unserer Werte geht.» Für Mazumder ist klar: «Wenn jemand bunt und wild arbeiten möchte wie ich, soll das ok sein. Nicht ok ist, wenn jemand extern getriebene Entscheidungen gegen die eigenen Präferenzen treffen muss.»
Sita Mazumder hat am eigenen Leib erfahren, welche Effekte Stereotypen haben können. Ihr Vater, ein eingewanderter Inder, hat die Mutter, eine halb Schweizerin und halb Französin, im tiefen Aargau kennengelernt. Als Kind wurde sie wegen ihrer Hautfarbe gehänselt und ausgegrenzt. In der Mittelschule dann der Wechsel: «Als Teenager war Multikulti spannend und ich war plötzlich wie ein Rockstar», erinnert sie sich. Mit 16 machte sie die Privatpilotenlizenz. «Für viele völlig absurd. Ich habe das gemacht, weil ich fliegen wollte.»
Ein Prinzip, dem sie bis heute treu ist. «Ich wünschte, unsere Welt würde mehr leben und leben lassen. Wir haben viele fundamentale Fragen zu lösen. Dies bedingt authentische und geerdete Persönlichkeiten, die durch Wissen und Erfahrung in ehrlichen Diskussionen auf bessere Lösungen kommen.» Und ja: Diverse Teams und Querköpfe wie sie, seien schwierig zu führen.
Wie bringt die quirlige Macherin alles unter einen Hut? «Meine Agenda ist sehr voll. Deshalb arbeite ich oft auch abends, am Wochenende oder in den Ferien. Das ist nicht schlimm, denn was ich mache, macht mir in der Mehrheit Spass.» Dass sie schnell und effizient arbeiten könne, sei dabei natürlich hilfreich.
Die Kunst zu leben
Auftanken kann sie auf Reisen, in ihrem Zuhause und mit ihrem Mann, ebenfalls ein Unternehmer. «Es ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Wir sind zwei unabhängige Geister und leben unser Leben im Heute».
Auch Kreativität ist ein Teil von Sita Mazumder. Seit eh und je liebt sie es zu renovieren, zu nähen oder Schmuck zu entwerfen. Als junge Frau standen ihr alle Türen offen und sie hätte auch eine künstlerische Karriere einschlagen können. «Alle haben mir geraten: Mit Naturwissenschaften machst du ein Einkommen, das Künstlerische ist ein schönes Hobby.» Sie bereut es nicht, diesen Weg gegangen zu sein. «Ich habe ein Ingenieurinnen-Herz und einen sehr nerdigen Teil in mir».
«Ich habe ein Ingenieurinnen-Herz und einen sehr nerdigen Teil in mir».
Prof. Dr. Sita Mazumder
Trotzdem hat sie vor zehn Jahren versucht mit Schmuckdesign eine komplett andere Richtung einzuschlagen. Doch es sei schwierig und gesellschaftlich wenig akzeptiert nochmals neu anzufangen. Heute sagt sie: «In einem zweiten Leben würde ich Immobilien kaufen und renovieren», und schmunzelt: «Toll wäre ja ein Board-Sitz in einer Immobilienfirma.» Zuerst startet sie nun als neues Board-Mitglied bei Manner in Wien.
Zur Serie «Mitarbeitende mit Doppelleben»: Hier zeigen wir Mitarbeitende mit aussergewöhnlichen Hobbys oder Berufen.
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Das Forschungsteam entwickelt Produkte und Dienstleistungen mit innovativen Algorithmen, Technologien und Geschäftsmodellen.
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