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Wirksame Entwicklung der Mitarbeitenden dank Coaching als Führungskompetenz

Wirksame Entwicklung der Mitarbeitenden dank Coaching als Führungskompetenz
Von Dr. Peter Senn

Mit Hilfe einer Coaching-Haltung und dem Einsatz von Coaching-Instrumenten unterstützen Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden dabei, ihre Potenziale zu erkennen und ihre Kompetenzen wirksam – das heisst motivations- und leistungssteigernd – weiterzuentwickeln (Senn 2022). Der Einsatz von Coaching-Instrumenten im Führungsalltag kann trainiert werden und hat sich als wirksame Entwicklungsmassnahme bewährt – auch als Hochschulweiterbildung: CAS Coaching als Führungskompetenz HSLU

Wir beobachten, dass sich Anforderungen an Mitarbeitende und damit die von ihnen geforderten Kompetenzen in immer kürzeren Zeitabständen verändern. Vorgesetzte unterstützen ihre Mitarbeitenden dabei, sich diese neu geforderten Kompetenzen anzueignen, das heisst: sich wirksam weiterzuentwickeln. Der heutige Forschungsstand zeigt, dass wirksame Kompetenzentwicklung die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit steigert, sowie die Flexibilität, die Motivation und die Bindung der Mitarbeitenden fördert (Kauffeld & Grote, 2019). Mit Blick auf die technologischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Megatrends und die damit einhergehenden Herausforderungen (z.B. Digitalisierung, Fachkräftemangel, Agilität und Nachhaltigkeit) wird die Gestaltung wirksamer Personalentwicklung für Unternehmen zum strategischen Erfolgsfaktor.

Dieser Blog-Beitrag skizziert Individualisierung, Prozessorientierung und Kompetenznutzung als die drei wesentlichen Anforderungen bei der Gestaltung wirksamer Personalentwicklung und zeigt, dass sich Coaching als Führungskompetenz in der Unternehmenspraxis bewährt hat, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Es gilt einleitend zu beachten, dass Führungspersonen keine klassischen Coachs sein können. So ist es nicht die Aufgabe einer Führungsperson, ausschliesslich mitarbeiterorientiert (zugunsten der Zielerreichung des Coachees) zu denken und zu handeln. Vielmehr sind Führungspersonen gefordert, mit dem Spannungsfeld zwischen Mitarbeiter- und Unternehmensorientierung so umzugehen, dass das Potenzial der Mitarbeitenden zugunsten der Erreichung der Unternehmensziele systematisch erkannt und konsequent genutzt werden kann. Dabei hat sich das Führen durch Fragen (und weniger durch Antworten) und durch aktives Zuhören situativ bewährt.

Individualisierung: Coaching-Haltung der Führungsperson als Fundament wirksamer Mitarbeiterentwicklung

Im Berufsalltag zeigen sich Kompetenzen der Mitarbeitenden in Form beobachtbarer, situationsgebundener Verhaltensweisen. Da Verhaltensänderungen schliesslich nur durch die Mitarbeitenden selbst erfolgen können, übernehmen diese die Schlüsselfunktion bei der Weiterentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen. Ihre individuellen Bedürfnisse, Motive und Ausgangskompetenzen sind daher bei der Gestaltung von Entwicklungsmassnahmen konsequent zu berücksichtigen. Individualisierte Personalentwicklung stärkt nicht nur die beruflichen Kompetenzen der Mitarbeitenden. Studien zeigen zudem, dass Firmen, die solche Ansätze nutzen, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf loyalere und engagiertere Mitarbeitende zählen können (Gubler, 2014).

Bei der Implementierung individualisierter Personalentwicklung hat sich in den Unternehmen eine Coaching-Haltung von Führungskräften bewährt, die durch nachfolgende Merkmale charakterisiert ist (angelehnt an Kühl et. al 2018):

  • Wertschätzung zeigen: Begegnung auf Augenhöhe dank «Servant Leadership».
  • Autonomie ermöglichen: Hilfe zur Selbsthilfe dank unbedingter Kompetenzvermutung.
  • Nichtwissen vorleben: Führen durch Fragen dank persönlicher Bescheidenheit.
  • Präsenz markieren: Achtsamkeit dank gelebter Empathie.

Diese Haltungen müssen bewusst erlernt und trainiert werden, was je nach Kultur des Unternehmens zu einem Kulturwandel hin zu mehr mitarbeiter- und somit auch potenzialorientierter Führung beiträgt.

Prozessorientierung: Coaching-Prozess als wirksamer Mitarbeiterentwicklungsprozess

Ein wirksamer Entwicklungsprozess von Mitarbeitenden erfolgt – unterstützt durch die Führungsperson – in einem sich permanent wiederholenden Kreislauf von Erkennen, Erkunden und Entscheiden. Dafür braucht es immer wieder explizit formulierte «Experimente» und Experimentierräume (Borsani & Fischer 2017):

Abbildung 1: Entwicklungsprozess in drei Schritten (Quelle: Senn 2022)

Dieser Entwicklungsprozess in drei Schritten hat sich in der Unternehmenspraxis bewährt. Er bildet die Basis für die Strukturierung von Entwicklungsgesprächen im Rahmen des nachfolgend skizzierten Coaching-Prozesses, den die Führungsperson mit ihren Mitarbeitenden über einen bestimmten Zeitraum durchführt. Entscheidend ist dabei, dass die Führungsperson die oben aufgeführten Haltungen einnimmt und den Mitarbeitenden aktiv zuhört. Nur so können die Mitarbeitenden diejenigen Antworten geben, die ihre Entwicklung wirksam unterstützen:

1. Erkennen: Die Führungsperson hilft ihren Mitarbeitenden, …

a) …ihre Entwicklungsanliegen an die Führungsperson zu formulieren.
Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Warum ist diese Entwicklung für dich wichtig?
  • Was meinst du, wie würden deine Kolleginnen und Kollegen diese Frage beantworten?
  • Wann behindert dich dieses Entwicklungsfeld? Wann behindert es dich nicht?
  • Was passiert, wenn du dein Entwicklungsfeld nicht angehst?

b) …ihre Entwicklungsziele zu erkennen und zu beschreiben.
Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Was willst du genau erreichen mit dieser Entwicklung?
  • Was möchtest du unter keinen Umständen verändern?
  • Woran erkennst du, dass du dein Entwicklungsziel erreicht hast?

2. Erkunden: Die Führungsperson hilft ihren Mitarbeitenden, …

a) …eigene und fremde zu Ressourcen zu erkunden, welche die Erreichung dieser Entwicklungsziele unterstützen.
Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Was soll mein Beitrag sein? Was erwartest du von mir?
  • Was muss ich tun, damit du dieses Coaching-Gespräch sofort beendest?
  • Was können andere Beteiligte für Beiträge leisten? Was erwartest du von wem?
  • Was soll dein Beitrag sein? Was erwartest du von dir?

b) …mögliche Entwicklungsmassnahmen zu finden, welche die Mitarbeitenden gerne ausprobieren möchten.
Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Was hast du schon getan, um dieses Entwicklungsziel zu erreichen? Was möchtest du zusätzlich probieren?
  • Was müsstest du genau wissen und können, damit du sagen kannst: wow – der Aufwand hat sich gelohnt.
  • Wer wäre erfreut über deine neuen Kompetenzen? Gibt es jemanden, der weniger erfreut wäre darüber?

3. Entscheiden: Die Führungsperson hilft ihren Mitarbeitenden, …

a) …Lessons Learned aus den ausprobierten Entwicklungsmassnahmen festzuhalten.
Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis beim Ausprobieren dieser Entwicklungsmassnahme auf einer Skala von 1 (maximal unzufrieden) bis 10 (maximal zufrieden)? Warum schon eine x? Was fehlt noch zu einer 10?
  • Was hat deine Entwicklung gefördert? Was war dabei dein Beitrag? Was war der Beitrag anderer?
  • Was hat deine Entwicklung gehemmt?  Was war dein Beitrag dazu? Was haben andere dazu beigetragen?

b) …zu entscheiden, in welche Entwicklungsmassnahmen sie mittelfristig investieren wollen.

Mögliche Coaching-Fragen, welche die Führungsperson stellen kann:

  • Was würde deine Arbeitskollegin antworten zur Frage, in welche der ausprobierten Entwicklungsmassnahmen du nun mehr Zeit investieren sollst?
  • In welche Massnahmen möchtest du persönlich noch mehr Zeit investieren? Warum gerade in diese Massnahme? Was ist der nächste, machbare Schritt?


Kompetenznutzung: Coaching als Führungskompetenz im Prozess der Arbeit

Wirksame Personalentwicklung ist schliesslich darauf angewiesen, dass die Nutzung der erworbenen Handlungskompetenzen im Arbeits- und Führungsalltag nicht dem Zufall überlassen, sondern wirksam gesteuert wird. Wichtige Steuerungshebel stellen die transferorientierte Gestaltung der Entwicklungsmassnahme selbst und die transferförderliche Gestaltung des Arbeits- und Führungsalltags dar (Gessler 2012).

Erfahrungen aus der Personalentwicklungspraxis eines Versicherungskonzerns zeigen, dass Coaching als Führungskompetenz im Prozess der Arbeit die Entwicklung und die Nutzung von Beratungskompetenzen der Kundenberaterinnen und -berater wirksam unterstützte. Das Entwicklungsprogramm bestand aus:

  1. Coaching-Training für Agenturleitende durch Fachpersonen aus der internen Personalentwicklung.
  2. Sales Coaching für Kundenberaterinnen und -berater durch ihre Agenturleitenden im Coaching-Gespräch.
  3. Field Coaching für ihre Kundenberaterinnen und -berater durch ihre Agenturleitenden während ausgewählten Beratungsgesprächen mit Kundinnen und Kunden.

Für diese Programmbestandteile wurden für die Agenturleitenden sowie die Kundenberaterinnen und -berater unternehmensweit standardisierte Zeitgefässe zur Verfügung gestellt und sie wurden durch ein zentrales Monitoring seitens der Personal- und Organisationsentwicklung unterstützt (Senn 2002).

Literatur

Borsani, S., & Fischer, H.R. (2017). «Agility Code»: Mit 9 Elementen zu mehr Beweglichkeit. https://www.hrtoday.ch/de/article/agility-code-mit-9-elementen-zu-mehr-beweglichkeit.
Zugriff: 5. Mai. 2021.

Gessler, M. (2012). Lerntransfer in der beruflichen Weiterbildung – empirische Prüfung eines integrierten Rahmenmodells mittels Strukturgleichungsmodellierung. Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 108(3), 362–393.

Gubler, M. (2014). Individualisierte Personalentwicklung als Chance. https://www.hrtoday.ch/de/art
individualisierte-personalentwicklung-als-chanccle/ie. Zugegriffen: 27. Mai. 2021.

Kühl, W., Lampert, A., & Schäfer, E. (2018). Coaching als Führungskompetenz. Konzeptionelle Überlegungen und Modelle. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Senn, P. (2022). Personal entwickeln: Individualisierung – Prozessorientierung – Kompetenznutzung. In S. Kaudela-Baum, S. Meldau & M. Brasser (Hrsg.), Leadership und People Management (S. 557-568). Springer Gabler, Wiesbaden.

Mehr zum Thema:

Senn, P. (2022). Personal entwickeln: Individualisierung – Prozessorientierung – Kompetenznutzung. In S. Kaudela-Baum, S. Meldau & M. Brasser (Hrsg.), Leadership und People Management (S. 557-568). Springer Gabler, Wiesbaden.

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