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Lust am Führen! 

Lust am Führen! 
Von Stefanie Rübenacker

Wie Führung in der öffentlichen Verwaltung und Politik neu gedacht werden kann.

Das 12. Luzerner Management Forum fand am 4. Dezember 2025 im Hotel Schweizerhof Luzern statt. Unter dem Titel «Lust am Führen!» diskutierten Führungspersonen aus Verwaltung und Politik darüber, wie Führung heute gelingen kann und welche Haltungen und Strukturen dafür entscheidend sind.

Zwischen Sinnhaftigkeit und struktureller Realität

Führung in der Verwaltung ist von einem besonderen Spannungsfeld geprägt. Viele der anwesenden Führungspersonen erleben ihre Aufgaben als sinnstiftend: Sie gestalten Gemeinwohl, ermöglichen Entwicklung und tragen Verantwortung für Menschen. Gleichzeitig treffen diese Bedürfnisse auf komplexe Abläufe, etablierte Strukturen und begrenzte Spielräume. Das diesjährige LMF gab verschiedene Impulse, wie Führung unter solchen Bedingungen gedacht und gelebt werden kann – sodass die strukturelle Realität nicht zur Ernüchterung oder Konsternation führt. Die verschiedenen Beiträge am 12. LMF beleuchteten den Umgang mit Fehlern, die Gestaltung von Beziehungen und Macht, die Nutzung organisationaler Spielräume und die Frage, was wirksame und gute Führung heute überhaupt ausmacht.

Just Culture schafft Orientierung und stärkt Verantwortung

Ein zentraler Aspekt wirksamer Führung ist der Umgang mit Fehlern. Gerade in anspruchsvollen und stark regulierten Umgebungen wie der öffentlichen Verwaltung kann eine konstruktive Fehlerkultur Innovation ermöglichen und dazu beitragen, dass Mitarbeitende Verantwortung übernehmen wollen.

«Gut gemeint ist immerhin gut gemeint.»

Aldo C. Schellenberg

Aldo C. Schellenberg, Mehrfachverwaltungsrat und ehemaliger Stellvertreter des Chefs der Armee, erklärte, wie in der Just Culture mit Fehlern umgegangen wird. Sie unterscheidet zwischen Versehen, gut gemeinten Regelabweichungen und vorsätzlichem Fehlverhalten. Entscheidend ist, dass positive Absichten als solche anerkannt werden: «Gut gemeint ist immerhin gut gemeint.» Es ist wichtig, dies zu würdigen, ohne Verantwortlichkeiten zu verwischen. Eine solche Kultur schafft Transparenz und Vertrauen. Letztlich stärkt sie so die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und ermöglicht es sowohl Mitarbeitenden als auch der Organisation, zu wachsen und zu lernen.

Aldo C. Schellenberg LMF
Aldo C. Schellenberg

Führung (wieder) attraktiv machen

Bei den jüngeren Generationen haben Führungsaufgaben und -rollen einen besonders schweren Stand. Die Studie Voices of the Leaders of Tomorrow (VOLOT 2025) zeigt, dass jüngere Führungskräfte andere Erwartungen an ihre Rolle stellen: Sie wünschen sich klare Verantwortlichkeiten, transparente Strukturen und vor allem Gestaltungsmöglichkeiten. Klassisch-hierarchische Führungsbilder verlieren an Attraktivität.

Vanessa Aebli, Direktorin des Bevölkerungsamts der Stadt Zürich, verdeutlichte dieses Bild: Unklare Abgrenzungen zwischen Fach-, Projekt- und Linienführung führen häufig zu Unsicherheit und Überforderung. Wenn nicht klar ist, wer führt oder entscheidet, entstehen Leerläufe, Frust und das Gefühl von Selbstwirksamkeit schwindet.

«Wann haben Sie das letzte Mal Kontrolle abgegeben?»

Vanessa Aebli

Doch das bedeutet auf keinen Fall, dass eine Person die alleinige Verantwortung tragen soll. Im Gegenteil, betonte Aebli, Führung wird vor allem dann (wieder) attraktiv, wenn sie gemeinsam getragenwird. Wenn Kontrolle abgegeben und dadurch mehr Raum für anderes geschaffen wird. Anhand konkreter Beispiele aus der Zürcher Stadtverwaltung zeigte sie auf, dass es für diese Kultur mehr braucht als punktuelle Massnahmen. Es braucht eine Vision und Haltung, aber auch viel Zeit und Geduld. Letztlich lohne sich diese Investition, wie ein Afrikanisches Sprichwort besagt: «If you want to go fast, go alone. If you want to go far, go together.»

Vanessa Aebli

Führung muss möglich gemacht werden

Ob und wie die Strukturen der Verwaltung wirksame Führung überhaupt zulassen, damit beschäftigte sich Nils Löffel, Stadtrat sowie Bildungs- und Sportdirektor der Stadt Olten. Für ihn ist klar, dass gute Führung auch ein kreativer Umgang mit den bestehenden Rahmenbedingungen bedeutet.

«Ich habe noch nie an einem Ort gearbeitet, bei dem ich so wenig Kompetenzen und

gleichzeitig so viel Handlungsspielraum hatte.»

Ehemaliger Arbeitskollege von Nils Löffler

Löffel machte deutlich, dass selbst in komplexen oder vermeintlich starren Organisationen mehr Handlungsspielraum vorhanden ist, als oft angenommen wird. In dem Sinne zitierte er einen ehemaligen Arbeitskollegen: «Ich habe noch nie an einem Ort gearbeitet, bei dem ich so wenig Kompetenzen und gleichzeitig so viel Handlungsspielraum hatte.»

Es braucht allerdings Menschen, die diesen Spielraum einfordern. Führung entstehe nicht durch ideale Bedingungen, sondern durch Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten. Besonders betonte er die Rolle der Nachwuchsförderung: Junge Mitarbeitende sollen früh Verantwortung übernehmen können.

In diesem Sinne ermutigte Löffel die Anwesenden, in den kommenden Tagen einen konkreten Schritt zu planen, der mehr Führung ermöglicht – sei es durch Delegation, durch Vereinfachung eines Prozesses oder durch die bewusste Stärkung von Nachwuchs.

Niels Löffel
Niels Löffel

Bescheidenheit als wichtigste Leadership-Qualität

Zum Abschluss richtete Martin Gutmann, Professor für Leadership und Management an der Hochschule Luzern, den Blick auf eine Form von Führung, die häufig unterschätzt wird: Unspektakuläre, stille und zurückhaltende Führung.

Gutmann erklärte das Phänomen der „Action Fallacy“: Wir tendieren dazu, jene Menschen zu bewundern, die in Krisen glänzen und übersehen diejenigen, die durch ruhige, verlässliche und bedachte Führung verhindern, dass Krisen überhaupt entstehen. Doch gerade diese Form der Führung prägt Organisationen nachhaltig positiv. Wirklich gute Führungspersonen, so Gutmann, verbinden Vision mit Alltag und Ehrgeiz mit Bescheidenheit.

«Wir müssen überdenken, wie gute Führung überhaupt aussieht.»

Martin Gutmann

Es sind oft nicht die lautesten oder sichtbarsten Führungspersonen, die den grössten Unterschied machen, sondern jene, die aufmerksam zuhören, umsichtig entscheiden und Verantwortung als kollektive Aufgabe verstehen.

Prof. Dr. Martin Gutmann

Zum Abschluss zeigte eine Live-Abstimmung im Saal ein überraschend positives Bild: Rund drei Viertel der Teilnehmenden stuften ihren «Führungs-Frustrationsgrad» zwischen 0 und 33 Prozent ein. Trotz mancher Ernüchterung und herausfordernder Rahmenbedingungen erleben viele also durchaus Handlungsspielraum.

Damit wurde die Essenz des Tages sichtbar: Wirksame Führung in der Verwaltung ist möglich. Mit den richtigen Impulsen, praxistauglichen Werkzeugen – und mit Zeit, Geduld und Mut. So kann Führung genau das sein, was viele der Anwesenden in den Tischdiskussionen betonten: sinnvoll, wirksam und erfüllend.

SAVE THE DATE

Am 3. Dezember 2026 findet das 13. Luzerner Management Forum für die öffentliche Verwaltung statt. Halten Sie sich hier auf dem Laufenden.

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