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Diaspora und deren wissenschaftliche Forschung

<strong>Diaspora und deren wissenschaftliche Forschung</strong>

Menschen neigen dazu, von Diaspora «Gemeinschaften» zu sprechen. Sandra King-Savic betrachtet diese Tatsache aus wissenschaftlicher Sicht mit kritischen Augen und nutzt die internationalen Studienwoche an der HSLU Soziale Arbeit, um Studierende und Professionelle der Sozialen Arbeit über das Problem zu sensibilisieren.

Beitrag aus der internationalen Studienwoche von Jacqueline Schärer (Studentin Sozialarbeit)

Von Diaspora «Gemeinschaften» zu sprechen ist dann problematisch, wenn Menschen einer Diaspora von Forscher:innen als homogene Gruppierung betrachtet werden. In diesem Fall kommt es zu einer Essentialisierung, sprich zu einer Kategorisierung von Merkmalen. In der Literatur wird in diesem Kontext vom «methodologischen Nationalismus» gesprochen. Menschen werden einer Gruppierung zugeordnet, obwohl sie sich selbst damit nicht zwingend identifizieren. Die Problematik zeichnet sich nicht nur in der Wissenschaft sondern auch im Recht ab. Beispielhaft zeigt dies das AIG: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration. Dieses fordert, dass sich Menschen in der Schweiz zu integrieren haben. Damit wird vorausgesetzt, dass die Schweizer:innen eine homogene Gruppe darstellen in die es sich zu integrieren gilt. Gleichzeitig impliziert es auch, dass «Ausländer:innen» als ebenso homogene Gemeinschaft interpretiert werden. Die zuvor angesprochene Essentialisierung zeigt sich folglich auch im Gesetz.

Im wissenschaftlichen Diskurs muss klar differenziert werden, dass nicht nur Eliten der Immigrierenden die Diaspora im «Ankunftsland» schaffen, sondern auch die Regierungen in den Heimatländern dieser Menschen. Diaspora-Organisationen überwachen beispielsweise im «Ankunftsland» die Emigrierten. Dadurch werden diese als eine Art verlängerter Arm der Heimatländer empfunden. Es sind folglich auch die Regierungen, welche der Diaspora Dinge zuschreiben. Es geht dabei beispielsweise um die Frage, was die Menschen im «Ankunftsland» machen und wie viel erwirtschaftetes Geld in das Heimatland zurückgesendet werden kann. Beispielhaft ist ebenfalls, dass von 39 Arbeiterclubs, welche in den 70er Jahren in der Schweiz gemeldet wurden, rund 28 bei der ehemaligen sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien registriert waren. So hat auch der Staat damals entschieden, wer bei Anlässen anwesend sein kann. Einige Menschen aus Ex-Jugoslawien waren folglich ständig unter Beobachtung, was ein Misstrauen gegenüber dem Heimatstaat geschürt und zu Abnabelungen von diesem geführt hat.

Es gibt folglich nicht die Diaspora, welche erforscht werden kann und schon gar keine Diaspora «Gemeinschaften», da immer viele Dinge mit hinein spielen. Seien dies Regierungen aber auch die Bedingungen, welche im Ankunftsland herrschen.

In der Forschung braucht es daher viel Sensibilität. Fragen, welche in wissenschaftlichen Interviews gestellt werden, müssen daher wohl überlegt sein. Die Forschenden müssen sich im Klaren sein, warum sie etwas fragen und haben die eigene Rolle zu be- und überdenken und auch die Geschichte zu erforschen. Schlussendlich soll es nicht darum gehen eine Studie über Gesprächspartner:innen zu machen, sondern mit diesen.

Sandra King-Savic plädiert dafür, Diaspora als eine Redewendung, ein Anspruch und eine Haltung zu betrachten ist. Sie sollen nicht als Einheit angesehen werden. «Diaspora-Praktiken» sollen als akademisches Konzept verstanden werden. Ein Konzept, dass sich auf empirische Phänomene bezieht und eine Perspektive einnimmt, die die Phänomene vereint und Vorschläge macht, wie diese untersucht werden können.

Jacqueline Schärer studiert im 5. Semester Soziale Arbeit an der Hochschule Luzern mit Vertiefung Sozialarbeit
Bild: Adobe Stock
Veröffentlicht: 13. März 2023

Vom 30. Januar bis 3. Februar 2023 fand an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit die Internationale Studienwoche zum Thema «Diaspora – Perspektiven transkultureller Verflechtungen» statt. Gäste präsentierten dabei Projekte sowie Forschungsansätze zu Diaspora, transkulturellen Lebenspraktiken und sozialen Unterstützungsnetzwerken. Auf dieser Grundlage erarbeiten wir Handlungsansätze für die Soziale Arbeit und diskutieren, wie transnationale Beziehungsnetzwerke in die Praxis der Sozialen Arbeit einbezogen werden können.

Alle Blogbeiträge zu den Vorträgen:

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