12. Dezember 2022

Corporate Crime

Gemeinsam gegen Korruption

<strong>Gemeinsam gegen Korruption</strong>

Von Susanne Grau

Am 9. Dezember fand der jährliche internationale Antikorruptionstag statt. Er markiert gleichzeitig den Beginn des Jubiläumsjahres der Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC). Vor zwanzig Jahren begann der gemeinsame Kampf, wo stehen wir heute?

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ist der einzige, weltweite völkerrechtliche Vertrag zur Korruptionsbekämpfung. Die Schweiz hat das Übereinkommen kurz nach dessen Verabschiedung durch die UN-Generalversammlung am 10. Dezember 2003 unterzeichnet. Die Ratifizierung folgte am 24. September 2009. Seither fanden zwei Reviews, beziehungsweise Länderprüfungen statt. Im ersten Review vom Februar/März 2012 standen die Themen Kriminalisierung und Strafverfolgung im Vordergrund. Der Schweiz wurde insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt, aber es wurden auch verbesserungswürdige Themen aufgegriffen. Dazu gehörte die als ungenügend taxierte, damalige Regelung der Privatbestechung, deren Strafnorm im Wettbewerbsrecht verankert war. Mit der Übernahme der Bestimmung ins Strafrecht per 1. Juli 2016 hat sich dieser Punkt erübrigt. Die Rückmeldung zum zweiten Review im Oktober 2022 ist noch ausstehend.

Der Aktionstag vom 9. Dezember soll das gemeinsame Bewusstsein für die Bedeutung und die Folgen von Korruption schärfen. Die strafrechtliche Bekämpfung der Korruption nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Wie sieht die Situation der strafrechtlichen Durchsetzung der Korruptionsbekämpfung in der Schweiz aus und wie zeigt sie sich im Vergleich zur DACH-Region beziehungsweise zu Deutschland und Österreich, deren politischen Systeme und gesetzlichen Bestimmungen der Schweiz ähnlich sind? Die Informationen dazu liefern die jeweiligen Lagebilder und polizeilichen Kriminalstatistiken.

Korruptionsbekämpfung in der DACH-Region

In der Schweiz kam es in den Jahren 2017 bis 2021 nur in wenigen Fällen zu einer Strafverfolgung, wie die Auswertung zu den polizeilich registrierten Straftaten aus der Kriminalstatistik 2021 zeigt. Ausreisser ist das Jahr 2021, in welchem ein markanter Anstieg bei den Privatbestechungsdelikten zu beobachten ist. Dies könnte unter anderem auf die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen sein.

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2021

Anders präsentiert sich die Situation in Deutschland, wie das Bundeslagebild 2021 zur Korruption des Bundeskriminalamts (BKA) zeigt. Die Polizei registrierte im Jahr 2021 7’433 Korruptionsstraftaten, was gegenüber dem Vorjahr einen deutlichen Anstieg von rund 35 Prozent bedeutet. Für die Zunahme waren die Straftaten Bestechung, Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen sowie besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr verantwortlich.

Quelle: Bundeskriminalamt, Korruption, Bundeslagebild 2021, S.7

In Österreich ist das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) bundesweit für die sicherheits- und kriminalpolizeilichen Angelegenheiten der Bestechungsstraftatbestände zuständig. Gemäss Jahresbericht 2021 bearbeitete das BAK im Jahr 2021, zusammen mit anderen Dienststellen, insgesamt 770 Fälle. Wenn man den Missbrauch der Amtsgewalt und die Verletzung des Amtsgeheimnisses unberücksichtigt lässt, zeigt sich in Österreich ein ähnliches Bild wie in der Schweiz. Die Zahl der Bestechungsdelikte, die strafrechtlich verfolgt werden, ist ebenfalls gering.

Quelle: Jahresbericht 2021 des Bundesamtes für Korruptionsprävention und Korruptions-
Bekämpfung, S. 38

Bestechungsdelikte sind sogenannte opferlose Delikte. Bei diesen gibt es in der Regel keine Geschädigten, die Anzeige erstatten. Die Herausforderung für die Strafverfolgung besteht demnach darin, solche Delikte überhaupt erst erkennen zu können. In Deutschland bietet die Polizei Hinweisgebern und interessierten Bürgern die Möglichkeit, über besondere Ansprechpartner, Sonderrufnummern oder webbasierte Systeme, anonym mit ihnen in Kontakt zu treten. Das dürfte allgemein dazu beitragen, die Zahl der zu bearbeitenden Straftaten zu erhöhen und die Bekämpfung der Korruption zu verbessern. Aber auch firmeninterne Hinweisgebersysteme tragen dazu bei, Korruption ans Licht zu bringen. Trotz fehlenden gesetzlichen Vorschriften dürfte es auch für Schweizer Unternehmen viele gute Gründe geben, ein Hinweisgebersystem einzurichten und damit ein Frühwarnsystem zur Erkennung von Risiken und Verhinderung von Sanktionen, wie beispielsweise Strafzahlungen zu schaffen.

Aktuelle Stimmen zum Antikorruptionstag

Wie schätzt das für den internationalen Kampf gegen Korruption zuständige United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) die aktuelle Situation ein? In ihrer Mitteilung verweist Ghada Waly, Executive Director UNODC, darauf hin, dass alle etwas dazu beitragen können und müssen, um die Korruption zu stoppen und zu verhindern, sowie dass dadurch Billionen von US Dollar verloren gehen. Krisen, wie Covid-19, hätten gezeigt, dass wirksame Schutzmassnahmen zur Korruptionsbekämpfung notwendig sind, um den Risiken zu begegnen, die mit den erheblichen Geldzahlungen für Hilfeleistungen verbunden sind. Ebenso seien die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung unerlässlich, um die Klimafinanzierungen und den grünen Wandel nicht mit korrupten Praktiken zu untergraben.

Transparency International Schweiz zieht in ihrer heutigen Medienmitteilung eine ernüchternde Bilanz. Es gäbe wenig Grund zum Jubeln, weil die Prävention und Bekämpfung von Korruption in vielen Ländern stagnieren. Wie wird die Situation in der Schweiz eingeschätzt? Auf nationaler Ebene seien die Regeln bei den Interessenbindungen der Parlamentsmitglieder weiterhin mangelhaft, trotz der neu geschaffenen Offenlegungspflichten bei der Parteifinanzierung und der Wahl- und Abstimmungskampagnen. Daneben weist Transparency auf zwei zweitere wichtige Defizite hin. Zum einen fehlen geldwäschereirechtliche Sorgfalts- und Meldepflichten für risikobehaftete Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Gründung und Verwaltung von Gesellschaften, mit der Finanz- und Anlageberatung, mit dem Kauf und Verkauf von Immobilien sowie von Kunst- und Luxusgütern. Zum anderen sei der gesetzliche Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern nach wie vor ungenügend, weil die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, gesellschaftliche Ächtung und manchmal sogar eine Strafverfolgung drohen.

Wie die beiden Einschätzungen von UNODC und Transparency zeigen, gibt es international, aber auch national noch viel zu tun. Andererseits wurde auch schon viel erreicht. Der Antikorruptionstag trägt dazu bei, die gemeinsamen Bemühungen nicht abreissen zu lassen.

Autorin: Susanne Grau

Susanne Grau ist verantwortlich für den Themenbereich Wirtschaftskriminalistik, Dozentin und Projektleiterin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern sowie Inhaberin und Geschäftsführerin der SUSANNEGRAU Consulting GmbH. Sie amtet als Vizepräsidentin von SwissAccounting und Verwaltungsrätin der Controller Akademie AG. Zudem ist sie Vorstandsmitglied der Schweizerischen Expertenvereinigung zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität SEBWK und des ACFE Switzerland Chapters.

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