3. Juni 2024

Cybercrime,

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Wirtschaftsrecht

Midas hat ausgespielt

Midas hat ausgespielt

Von Tania Fuchs und einer ermittelnden Person

Während mehr als zwei Jahren beschäftigte der Fall «Midas» Wirtschaftsermittler und Cybercrimespezialisten der Kantonspolizei Zürich. Die Zusammenarbeit der Kantonspolizeien Zürich und St. Gallen, unter der Leitung der St. Galler Staatsanwaltschaft, führte in diesem Fall von Online-Anlagebetrug zum Erfolg. Gewinnbringend war auch die Kooperation mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft sowie dem CH-Polizeiattaché im Kosovo.

Die Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität der Kantonspolizei Zürich ist ein Spezialdienst innerhalb der Kriminalpolizei. Sie befasst sich mit komplexen Vermögensdelikten, wie Betrug, Veruntreuung und Konkurs, aber auch mit Korruption, Geldwäscherei, Bilanzmanipulationen sowie mit digitalen Begehungsformen, wie beispielsweise dem Online-Anlagebetrug. Darüber hinaus bearbeitet die Abteilung Rechtshilfeersuchen aus aller Welt und betreibt eine professionelle Vermögensabschöpfung zur Einziehung deliktisch erlangter Gegenstände und Vermögenswerte.

Die periodische Veröffentlichung von Berichten aus dem Team von Lt. Lic. iur. Tanja Fuchs gibt einen Einblick in die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten sowie in die Herausforderungen, denen sie sich in ihrem Berufsalltag gegenübersehen. Der Bericht einer Person der Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität wurde erstmals im Nachrichtenblatt 3/2024 (April) der Kantonspolizei Zürich veröffentlicht und wird nachfolgend unverändert wiedergegeben.

Der Fall «Midas» oder die Aufdeckung eines Online-Anlagebetrugs

In der Schweiz verursachte das Phänomen Online-Anlagebetrug (OAB) in den letzten zwei Jahren eine rapportierte Deliktssumme von über CHF 240 Mio. Die Dunkelziffer liegt ein x-Faches höher. Der Fall «Midas» wurde eröffnet, da das schweizweite Monitoring der OAB-Fälle einen starken Bezug zu Geldwäscherei-Aktivitäten in unserem Land zeigte. Für die Eröffnung des Falles war eine interdisziplinäre und interkantonale Zusammenarbeit nötig. Dem Fall «Midas» liessen sich bis anhin über 40 rapportierte Fälle mit einer Deliktssumme von total CHF 3 Mio. zuordnen.

Nach wochenlangen Ermittlungen, der Auswertung von Internetseiten, E-Mail-Konten und Zahlungsflüssen, Telefonüberwachungen, Befragungen von Geschädigten und der Analyse von Kryptowährungstransaktionen erfolgte Ende 2022 die Verhaftung des Haupttäters. Die Gruppierung operierte vom Kosovo und von Albanien aus. Dies ergaben die Ermittlungen sowie die Auswertung von sichergestellten elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen etc.

Eine Stunde Vorsprung

Der Haupttäter war im November 2022 in die Schweiz eingereist. Dank der Vorarbeit der Ermittler konnten die Kollegen der Flughafenpolizei den Beschuldigten kurz vor seiner Einreise melden. Das verschaffte den Ermittlern eine Vorlaufzeit von einer Stunde, um Überwachungsmassnahmen einzuleiten. So konnten sie sich ein Bild über die Kontakte des Verdächtigen mit seinen Geldwäschern in der Schweiz machen. Bei diesen handelte es sich um kosovarische Staatsbürger, welche in der Schweiz Wohnsitz hatten und über eine Ausländerbewilligung B oder C verfügten. Sieben Tage später konnten die Ermittler nebst dem Organisator einen Mittäter aus dem Kosovo und drei Geldwäscher aus der Schweiz mit kosovarischem Migrationshintergrund verhaften.

Die gemeinsamen Ermittlungen der Kapo Zürich und der Kapo St. Gallen führten zu 15 weiteren Verhaftungen und zu 20 Hausdurchsuchungen bei mutmasslichen Geldwäschern. Die Mehrheit der Verhafteten hat Wurzeln im Kosovo.

Besuch einer kosovarischen Delegation

Gleichzeitig konnten die Wirtschaftsermittler eine Zusammenarbeit mit den kosovarischen Behörden organisieren. Am 20. Dezember 2022 reisten die kosovarische Leitende Staatsanwältin für organisierte Kriminalität, die Abteilungschefin für organisierte Kriminalität der kosovarischen Polizei und ein Sachbearbeiter Cyberkriminalität in die Schweiz. Unter der Leitung der Staatsanwaltschaft St. Gallen fand ein Treffen bei der Kapo St. Gallen statt. Die Delegation aus dem Kosovo besuchte während ihres Aufenthalts auch das Polizei- und Justizzentrum in Zürich.

Dienstreise in den Kosovo

Im Sommer 2023 reisten der fallführende Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft St. Gallen, ein Sachbearbeiter Cybercrime der Kapo St. Gallen und ich als Sachbearbeiter der Ermittlungsabteilung Wirtschaftsdelikte der Kapo Zürich in den Kosovo, um die anstehenden Hausdurchsuchungen zu begleiten. Vor Ort stellten wir fest, dass die Mitarbeitenden der kosovarischen Polizei den Einsatz professionell und engagiert führten. Zeitgleich wurden an vier verschiedenen Örtlichkeiten in und um Pristina Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es wurden diverse elektronische Geräte sichergestellt, welche wichtiges Bildmaterial enthielten.

Hervorzuheben ist die gute Zusammenarbeit mit der Justiz und den Polizeikollegen/-kolleginnen in Pristina, welche engagiert und sehr gastfreundlich waren. Die geknüpften Kontakte können auch in Zukunft von der Kapo Zürich genutzt werden.

Der aus dem Kosovo stammende Hauptbeschuldigte sowie sein kosovarischer Mittäter sitzen weiterhin in Schweizer Haft und warten auf ihren Prozess.

Autorin: Tanja Fuchs

Lt. Lic. iur. Tanja Fuchs leitet die Ermittlungsabteilung für Wirtschaftskriminalität der Kantonspolizei Zürich.

Autorin: Ermittelnde Person der Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität (EW)

Die ermittelnde Person arbeitet seit fünf Jahren in der Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität der Kantonspolizei Zürich. Sie hat sich auf die Ermittlungen von Kryptowährungen und die Bekämpfung von Geldwäscherei spezialisiert.

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