15. September 2025

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Wirtschaftskriminalistik

Wirtschaftssanktionen: Geldwäschereirisiko für Unternehmen

Wirtschaftssanktionen: Geldwäschereirisiko für Unternehmen

Von Patrik Salzmann und Claudia Götz Staehelin

Wirtschaftssanktionen sind «en vogue» und ein angesagtes Instrument von Regierungen, politische Ziele zu verfolgen. Die Risiken für Unternehmen bei Verdacht auf Sanktionsverstösse sind erheblich. Sanktionsverletzungen können eine Vortat zur Geldwäscherei darstellen und die Strafbarkeit des Unternehmens begründen.

Die neutrale Schweiz erlässt selbst keine Sanktionen. Als UNO-Mitglied ist sie jedoch verpflichtet, die vom Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen zu übernehmen. Um nicht zur Drehscheibe des Umgehungsverkehrs zu werden, übernimmt die Schweiz zunehmend internationale Wirtschaftssanktionen. Der Bundesrat erlässt Embargomassnahmen in Form von Verordnungen. Gegenwärtig sind 28 Embargoverordnungen des Bundesrates gegen verschiedene Länder, Personen und Organisationen in Kraft.

Wer ist von Sanktionen betroffen?

Sanktionen betreffen in erster Linie die in den Anhängen zu den Embargoverordnungen aufgeführten Personen und Organisationen sowie alle Unternehmen, die sie besitzen oder kontrollieren.

Den Sanktionen unterliegen aber auch alle Personen und Einheiten, die Geschäfte mit sanktionierten Personen, Unternehmen, Waren oder Dienstleistungen, tätigen. In Fällen mit komplexen Eigentums- oder Kontrollverhältnissen kann es sehr schwierig sein, Verbindungen zwischen Geschäftspartnern und sanktionierten Personen zu identifizieren.

Welche Verhaltensweisen sind strafbar?

Das Embargogesetz erklärt Verstösse gegen Sanktionsverordnungen für strafbar (Art. 9 f. EmbG). Dazu gehören Verstösse gegen Ein- und Ausfuhrverbote kritischer Güter und Technologien, die Erbringung bestimmter Dienstleistungen sowie Verstösse gegen Reisebeschränkungen. Eine wichtige Rolle spielen Finanzmassnahmen wie die Sperre von Vermögenswerten, Bereitstellungsverbote sowie Meldepflichten für gesperrte Vermögenswerte.

Solche Verstösse werden mit einer Geldstrafe von bis zu CHF 100’000 geahndet, wenn sie fahrlässig begangen werden. Vorsätzliche Straftaten können zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe führen. In «schweren Fällen» beträgt die Strafe bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Auch Verstösse gegen Meldepflichten sind strafbar. Eine Geldstrafe von bis zu CHF 100’000 kann für vorsätzliches Unterlassen der Meldung verhängt werden, während die Höchststrafe für Fahrlässigkeit CHF 40’000 beträgt.

Grundsätzlich werden nur in der Schweiz begangene Straftaten verfolgt. Schweizer Sanktionen haben keine extraterritoriale Wirkung. Ausländische Sanktionen sind in der Schweiz nicht direkt anwendbar. Die Einhaltung ausländischer Sanktionsregime muss jedoch als Teil des Risikomanagements berücksichtigt werden, insbesondere in der Banken- und Finanzbranche. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass ausländische Regierungen, insbesondere die USA, ihren Sanktionen extraterritoriale Wirkung zuschreiben.

Wer riskiert eine Bestrafung?

In der Regel wird der Täter, der ein Embargo verletzt, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Strafbar macht sich jedoch auch der verantwortliche Geschäftsführer, wenn er nicht handelt, obwohl er weiss, dass im Unternehmen gegen Sanktionsmassnahmen verstossen wird.

Darüber hinaus können Unternehmen unabhängig von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Einzelpersonen bestraft werden, wenn innerhalb des Unternehmens eine Katalogstraftat wie Geldwäscherei begangen wurde. Ein Unternehmen haftet, wenn es nicht alle notwendigen und zumutbaren organisatorischen Massnahmen ergriffen hat, um eine im Rahmen der Geschäftstätigkeit innerhalb des Unternehmenszwecks begangene Straftat zu verhindern (Art. 102 Abs. 2 StGB).

Geldwäscherei als Einfallstor zur Unternehmensstrafbarkeit

Als Geldwäscherei gilt jede Handlung, die darauf abzielt, den Zugriff der Strafbehörden auf die verbrecherisch erlangten Vermögenswerte zu vereiteln. Der Täter des Verbrechens kann sein eigener Geldwäscher werden. In der Praxis besteht oft grosse Unsicherheit darüber, ob Geldwäscherei vorliegt. Das Unterbrechen der Papierkette durch Bargeld- oder Auslandstransaktionen wird beispielsweise als Geldwäscherei betrachtet. Das Bundesgericht betrachtet auch die Verwendung illegal erworbener Gelder für den persönlichen Konsum als Geldwäscherei.

Für Geldwäscherei braucht es eine Vortat, die als Verbrechen qualifiziert. Diese Vortat kann aufgrund der erhöhten Strafandrohung durch einen «schweren» Sanktionsverstoss erfüllt sein. Was unter einem «schweren» Verstoss zu verstehen ist, ist bis anhin jedoch ungeklärt. Anhaltspunkte dafür könnte der Geldwäschereitatbestand geben. Ein schwerer Fall von Geldwäscherei liegt bei Fällen des organisierten Verbrechens, der bandenmässigen Begehung oder der Gewerbsmässigkeit vor (Art. 305bis Abs. 2 StGB).

Somit können Unternehmen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie nicht alle zumutbaren organisatorischen Massnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Erlöse aus «schweren» Sanktionsverstössen unentdeckt bleiben. Ein Unternehmen könnte beispielsweise strafrechtlich verfolgt werden, wenn bestimmte Geschäftstransaktionen zu einem Sanktionsverstoss führen, der als «schwer» eingestuft wird, und die aus der Transaktion resultierenden Erlöse für Investitionen oder andere Geschäftstätigkeiten verwendet werden, was ihre Rückverfolgung erschwert.

Weitere Risiken?

Verstösse gegen Sanktionen können zu erheblichen Reputationsschäden führen. Geschäftspartner und Mitarbeiter könnten sich abwenden, um selbst nicht Ziel von Sanktionsmassnahmen zu werden. Ein weiteres grosses Risiko ist die Einziehung. Gegenstände und Vermögenswerte, die Embargomassnahmen unterliegen, können unabhängig von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit einer bestimmten Person beschlagnahmt und eingezogen werden, wenn ihre rechtmässige Weiterverwendung nicht gewährleistet ist. Sollten Sanktionsverstösse Geldwäschereihandlungen nach sich ziehen, können zudem sämtliche kontaminierten Vermögenswerte konfisziert werden.

Autorin: Claudia Götz Staehelin

Claudia Götz Staehelin ist Partnerin bei Nater Dallafior und spezialisiert auf Prozessführung, interne und behördliche Untersuchungen sowie komplexe nationale und internationale Gerichts- und Schiedsverfahren.

Autor: Patrik Salzmann

Patrik Salzmann ist Partner der auf wirtschaftsrechtliche Verfahren spezialisierten Kanzlei Nater Dallafior Rechtsanwälte AG in Zürich. Er ist auf Prozessführung, Wirtschaftsstrafrecht und interne Untersuchungen spezialisiert.

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