«Der Mensch […] ist nur da ganz Mensch, wo er spielt», schrieb der deutsche Dichter Friedrich Schiller. Sein «homo ludens» lernt, denkt und entwickelt sich im Spiel weiter. In diesem Sinne haben am Departement Informatik natürlich auch analoge Spiele Platz.
Vor zwei Jahren stellten wir sieben Computergames vor, die man kennen sollte. Nun zeigt sich im Departement: Viele Informatikerinnen und Informatiker sind auch passionierte Brett- und Kartenspielerinnen und -spieler.
Eine Umfrage unter Mitarbeitenden und Studierenden bestätigt das: Die Begeisterung für analoge Spiele ist gross. Die Vielfalt der Tipps ebenso. Hier findest du sieben Spiele, die bei uns besonders gut ankommen – plus ein paar weitere Empfehlungen aus der Community.
Spiel-Tipp 1 von Andres Wanner: Mit der «Adventure Games»-Reihe kollaborativ rätseln
Manche analogen Spiele schaffen den Sprung in die digitale Gamewelt. Die digitale Umsetzung des Brettspiels «Die Siedler von Catan» beispielsweise ist mindestens so bekannt wie das Original. Die Spiele der «Adventure Games»-Reihe gehen den umgekehrten Weg: Die Kartenspiele sind von Point-and-Click-Adventures wie «Monkey Island» oder «Machinarium» inspiriert.
Spielerinnen und Spieler erkunden gemeinsam die Spielewelten und lösen Rätsel. Gespielt wird kollaborativ, also miteinander statt gegeneinander – ein Aspekt, der Andres Wanner, Co-Leiter des Bachelors Digital Ideation, besonders am Herzen liegt. «Mein Lieblingsspiel aus der Reihe ist das ‹Das Geheimnis der Statue‹», sagt er – wegen der spannenden Story, die im «Die drei ???»-Universum angesiedelt ist.
Spiel-Tipp 2 von Dragica Kahlina: Mit «Robo Rally» programmieren ohne Computer
In «Robo Rally» steuern Spielerinnen und Spieler ein bis zwei Roboter. Sie müssen die Blechbüchsen so «programmieren», dass diese den Weg durch ein Labyrinth finden. Die entsprechenden Befehle sind auf Karten aus Karton gedruckt.
«Es ist besonders unterhaltsam, wenn man Roborally mit einer gemischten Gruppe aus IT-Profis und Laien spielt», sagt Digital-Ideation-Dozentin Dragica Kahlina. «Die Laien sind erstaunt, dass sie oftmals sogar die Profis schlagen.» Gerade Teenager führt das Spiel sachte an die Grundsätze des Programmierens heran – ohne, dass sie überhaupt einen Computer anfassen müssen. «Robo Rally» verfügt über eine eingeschworene Fangemeinde: Auf der Seite tartarus.org lädt sie regelmässig selbst kreierte Spielefelder hoch.
Game Design ist eine Spezialisierung des Bachelors Digital Ideation (DI). Das Spielen von Brett- und Kartenspielen ist ein integraler Teil des Curriculums: «Studierende analysieren so die Grundprinzipien des Spieldesigns, etwa das Balancing, das Storytelling oder die Concept Art», sagt Dragica Kahlina.
Balancing meint das faire Ausbalancieren von Spielregeln und Rollen, sodass alle Spielenden gleich gute Chancen haben – unabhängig von Spielfigur oder Strategie. Concept Art bezeichnet erste Skizzen und visuelle Ideen für Figuren, Spielwelten oder Stimmungen, die später ins fertige Design einfliessen. Diese gestalterischen und strukturellen Elemente lassen sich gut von der analogen in die digitale Gamewelt übertragen. Im Rahmen von Studien-Modulen oder als Abschlussarbeit können Studierende auch selbst Brett- oder Kartenspiele entwickeln. Ein aktuelles Beispiel: «Legenden von Synn», die Bachelor-Arbeit von Fabian Zubler. Dabei handelt es sich um ein Strategie-Brettspiel, das durch eine Mobile-App erweitert wird.
«Bei Digital Ideation atmen wir auch abseits des Unterrichts Game-Luft», ergänzt DI-Leiter Andres Wanner. «In den Mitarbeitenden-Büros finden sich immer Brettspiele. Die Unterstellung, dass wir in der Arbeitszeit spielen, nehmen wir nicht ernst. Vielmehr arbeiten wir während der Spielzeit.»
Spiel-Tipp 3 von René Hüsler: Mit «The Crew», Strategie und etwas Glück im All unterwegs
Im Kartenspiel «The Crew» begeben sich bis zu fünf Spielerinnen und Spieler gemeinsam auf die Suche nach dem mysteriösen neunten Planeten unseres Sonnensystems (sorry, Pluto, du bist nicht gemeint). Das Forschungsteam erhält laufend neue, immer schwierigere Aufträge, die es mit Karten nur gemeinsam lösen kann.
Departements-Direktor René Hüsler spielt «The Crew» seit Jahren regelmässig im Freundeskreis: «Strategie, Kombination, Antizipation, Zusammenarbeit sowie etwas Glück sind die Zutaten für dieses Spiel, das sehr abwechslungsreich ist und den Reiz lange nicht verliert.»
Woher kommt eigentlich die Spielfreude unserer Mitarbeitenden? Nach René Hüslers Einschätzung sind Spielerinnen und Spieler von analogen Spielen in der Regel sehr neugierig und gern in Gesellschaft. «Sie geniessen den Austausch mit anderen und entweder den Wettbewerb oder das kooperative Lösen der Spielaufgaben.»
Das passt zur Informatik: Wer hier arbeitet, tüftelt selten allein. Viel öfter wird gemeinsam gedacht, programmiert und gelöst – oft mit einem Hauch von Spiel und Kreativität.
Spiel-Tipp 4 von Michelle Meyer: Mit «Planet Unknown» taktisch und geschwind verschwinden
Auch das Brettspiel «Planet Unknown» ist im Weltraum angesiedelt. Wir Menschen haben die Ressourcen der Erde verbraucht und sind gezwungen, andere Planeten zu besiedeln. Alle bauen eine eigene Weltraum-Kolonie auf, mit Tetriminos (Tetris-förmigen Plättchen) dargestellt. In der Mitte liegt eine Drehscheibe, über die die Geländeplättchen pro Runde zugeteilt werden. Meteoriteneinschläge bilden eine ständige Bedrohung. Es geht darum, Gelände geschickt zu platzieren und dabei die eigenen Werte strategisch zu steigern. Spielerinnen und Spieler führen ihre Züge simultan aus.
«Planet Unknown» gehört zu den Favoriten von Michelle Meyer. «Dank verschiedenster Planeten und Raumfahrtunternehmen ist das Spiel taktisch abwechslungsreich, bietet einen hohen Wiederspielwert und ist relativ schnell gespielt.» Ihr Hobby inspiriert die enthusiastische Brettspielerin auch in Studium und Beruf: Vor kurzem hat Meyer bei uns den Bachelor in Informatik abgeschlossen. Parallel dazu forscht sie am Immersive Realities Research Lab an Serious Games, Computerspielen, die ernsthafte Themen spielerisch verpacken.
Michelle Meyer ist immer am Puls der neuesten Brettspielentwicklungen. Als Vorstandsmitglied des Luzerner Brett- und Rollenspielvereins «Gilde der Nacht» testet sie regelmässig Neuerscheinungen. «Eine meiner Lieblingsaufgaben», sagt sie verschmitzt. Daneben kümmert die Informatik-Forscherin sich unter anderem um die Verwaltung der 50 Mitglieder des Vereins und um die Eventplanung. Die «Gilde» öffnet beispielsweise zwei Mal monatlich ihre Tore zu öffentlichen Brettspielnachmittagen
Spiel-Tipp 5 von Lyn-Rouven Schirra: Mit «Nemesis» kooperieren oder doch noch zum Verräter oder zur Verräterin mutieren?
Das Brettspiel «Nemesis» orientiert sich am Horrorklassiker «Alien». Es ist eine Art Dungeon Crawler – ein Spieltyp, bei dem sich die Spielenden Raum für Raum durch ein gefährliches Umfeld kämpfen und dabei Monster, Fallen oder andere Hindernisse überwinden müssen: Bei «Nemesis» jagen Monster die Spielerinnen und Spieler durch die Korridore eines Raumschiffs. Zu Beginn bekommen die Spielerinnen und Spieler je ein kooperatives und ein egoistisches Spielziel zugelost. Sobald das erste Alien auftaucht, müssen sich die Spielenden heimlich entscheiden: Setzen sie auf Kooperation oder Egotrip?
«Das Spiel kann – und ich betone hier kann – kooperativ gespielt werden, muss es aber nicht», sagt Lyn-Rouven Schirra, der Fachreferent an der Informatik-Bibliothek, der auch schon zur weltgrössten Spielemesse Spiel in Essen gepilgert ist. So ist es durchaus möglich, seine Leidensgenossinnen und -genossen ans Alien-Messer zu liefern, um die eigene Haut zu retten. «Nemesis ist perfekt für Spieleabende unter guten Freunden und Freundinnen. Allerdings sollte eure Freundschaft was aushalten. Ich spreche da aus Erfahrung.»
Unser Bibliothekar und Spielenthusiast Lyn-Rouven Schirra hat eine Auswahl an Büchern und Katalogen rund ums Spielen zusammengestellt – von kulturgeschichtlichen Einordnungen über Ausstellungstitel bis hin zu praktischen Spieltipps. Lass dich von dieser Auswahl inspirieren.
Zur Kulturgeschichte der Spiele:
Ausstellungskataloge:
Für Geschichtsnerds: Die Übersetzung des «Libro de los juegos», des Buchs der Spiele aus dem 13. Jahrhundert.
Spiel-Tipp 6 von Alan Cantekin: Mit dem guten alten «Brändi Dog» taktisch zusammenarbeiten
Es müssen nicht immer ausgefallene Scifi-Titel sein. Manchmal tut es auch ein Klassiker wie «Brändi Dog».
Das Spiel ist eine Abwandlung von «Eile mit Weile»: Zweierteams müssen vier Murmeln möglichst rasch übers Spielfeld ins Ziel bringen. Zusammenarbeit ist Pflicht.
Dieser kooperative, taktische Aspekt hat es Alan Cantekin besonders angetan. Cantekin ist Student im Bachelor Informatik und Präsident des Studierendenverbands STAIR. Er arbeitet als Applikationsentwickler bei uns im Departement.
Natürlich darf Brändi Dog an den regelmässigen Boardgame Nights von STAIR nicht fehlen. Cantekin trifft man dort indes vor allem am Poker-Tisch an. «Poker mag ich sogar noch einen Tick mehr als ‘Brändi Dog’», sagt er. In keinem anderen Spiel gebe es so viele unerwartete Ereignisse: «Ein schlechtes oder gutes Blatt kann über Sieg oder Niederlage entscheiden.» Die Spannung bleibe bis zum Schluss hoch.
Spiel-Tipp 7 von Donnacha Daly: Klug vorausdenken mit Schach
Computer haben uns im Schach zwar schon vor Jahrzehnten überholt. Trotzdem kehrt der Mensch immer wieder gerne zum schwarz-weiss karierten Spielfeld zurück. Ziel in diesem Strategiespiel ist es, den gegnerischen König schachmatt zu setzen – also so anzugreifen, dass er nicht mehr fliehen kann. Jede Figur bewegt sich nach eigenen Regeln. Wer klug plant, den Gegner oder die Gegnerin austrickst und seine Züge vorausdenkt, gewinnt.
«Ein Spiel gegen einen ebenbürtigen Gegner entfaltet ein Bouquet unerwarteter ‘Geschmacksrichtungen’ und Komplexitäten», sagt Donnacha Daly – wie ein gutes Glas Wein».
Das Prinzip sei trotzdem so simpel, dass jede und jeder Schach lernen könne, vom Grosspapa bis zur Enkelin. Dem Leiter des Bachelors Artificial Intelligence & Machine Learning gefällt insbesondere der meditative Aspekt des Spiels: «Eine mehrstündige Schachpartie mit einem engen Freund ist einer der seltenen Momente im Leben, in denen man die Seele baumeln lassen kann.»
Wir haben so viele Tipps erhalten, dass wir beschlossen, unsere Liste um ein paar Ehrentitel zu erweitern:
«Die Jagd nach dem blutroten Rubin»: Im üppig ausgestatteten Brettspiel von 1990 suchen die Spielenden nach einem sagenumwobenen Edelstein. Dabei müssen sie in einer Tempelruine mitten im Dschungel fiesen Fallen und einem verrückten Tempelwächter ausweichen. Zugegeben, es gibt sicher besser designte Spiele. Aber für den Autor gehört die Schatzsuche im Stil von «Indiana Jones» zur Kindheit – und deshalb als Ehrentitel auf die Liste.
«Kuhfstein»: Spielerinnen und Spieler gestalten eine idyllische Landschaft mit blühenden Feldern, kristallklaren Seen und schicken Bauernhöfen. Dabei lassen sie Kühe auf Weiden grasen und treiben sie abends zurück in den Stall. Was zunächst wie ein Kinderspiel ausschaut, entwickelt beim Spielen unerwartete taktische Tiefe.
«Warhammer 40’000»: Die Spielenden gehen in einem dystopischen Scifi-Szenario mit Armeen aus Plastik- oder Zinnfiguren aufeinander los. Aufgrund eines komplexen Regelwerks brauchen Neulinge für einzelne Spielzüge schon mal zwanzig Minuten. Der Begriff Brettspiel wird hier arg strapaziert: Gespielt wird meistens auf ganzen Tischen, die mit Ruinen, Bunkern und Stacheldraht bedeckt werden. Ebenso wichtig wie das Spiel an sich ist das aufwändige Bemalen der eigenen Spielfiguren.
Frage in die Runde: Welches analoge Spiel ist dein Favorit? Und warum? Bitte schreibe deine Spiel- oder Strategie-Tipps hier zuunterste ins Kommentarfeld.
Veröffentlicht am 1. Juli 2025
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