Zoom läuft, Kamera an – niemand da. Zwei Studierende sitzen im Raum, der Rest der Klasse verfolgt die Lektion von zu Hause aus. Die Technik hakt, das Raum-Mikro streikt: Willkommen im Alltag des modernen Hochschulunterrichts – und im Experimentierfeld des Edu-I Labs.
Hier, wo die Lehre weiterentwickelt wird, spielt Bettina Minder eine wesentliche Rolle. Seit bald drei Jahren ist sie Dozentin und verantwortet das Innovationsmanagement für die Lehre am Departement Informatik.
Meine Aufgabe ist, den bestehenden innovativen Ideen den richtigen Nährboden zu geben, damit sie gedeihen können.
Corona hat den asynchronen sowie den hybriden Unterricht gebracht – und er wird bleiben. Lernvideos ergänzen klassische Vorlesungen, Flipped-Classrooms-Konzepte setzen auf Diskussion statt Frontalunterricht und Studierende nutzen heute KI ganz selbstverständlich als Lerncoach. Mit diesen Innovationen wachsen auch die Herausforderungen für die Lehrenden.
Das Lab ist kein physischer Raum, sondern eine Plattform: eine Anlaufstelle für neue Lehrformate, technische Tücken, kreative Ideen – und den Erfahrungsaustausch über die Chancen der Künstlichen Intelligenz im Klassenzimmer.
Das Edu-I Lab ist eine Plattform für innovative Lehre.
Hier probieren Lehrpersonen neue Ansätze aus, entwickeln Formate weiter und tauschen sich darüber aus, was in der Praxis funktioniert.
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Vom Solokampf zum vernetzten Team
«Als Lehrperson kommt man an die Hochschule, unterrichtet – und geht wieder nach Hause. Gemeinsame Treffpunkte für den Austausch gibt es nur wenige», erklärt Minder. Doch viele stünden vor ähnlichen Herausforderungen.
«Es kann für Dozierende beispielsweise schwierig sein, einzuschätzen, ob der Unterrichtsstoff angekommen ist – gerade, wenn viele Studierende online sind und nur ein Kamerabild zur Verfügung haben. Oder man rechnet für eine sorgfältig vorbereitete Übung mit Studierenden vor Ort und muss dann adhoc auf online Gruppen umschalten.»
Trends aufspüren, Austausch fördern
Neben der Vernetzung der Dozierenden gehört auch das Aufspüren neuer Trends in der Aus- und Weiterbildung zu Minders Aufgaben als Leiterin des Edu-I Labs. Als wichtigste Entwicklung sieht sie die Vervielfältigung der Möglichkeiten, sich Wissen anzueignen. Heute kämpften nicht nur die Hochschulen untereinander um Studierende, sondern es gebe neue Konkurrenz.
«Einerseits kann man sich bequem am Küchentisch von AI oder von Online-Tutorials das Programmieren mit Python beibringen lassen. Andererseits gibt es immer mehr Firmen, die selbst ausbilden – denken wir etwa an Google, IBM oder Banken – und auch private Hochschulen sind in den Wettbewerb eingetreten.» In diesem «Haifischbecken» schwimmen zu lernen, bedeute, das Potenzial einer praxisnahen Hochschule immer wieder neu entdecken zu wollen. «Dann bleiben wir für die Studierenden auch weiterhin attraktiv», ist Minder überzeugt.
Chancen erkennen – und ermöglichen
Minder sieht ihren Job am Edu-I Lab darin, Enablerin, Moderatorin und Unterstützerin zu sein: «Meine Aufgabe ist, den bestehenden innovativen Ideen den richtigen Nährboden zu geben, damit sie gedeihen können.» Dies bedeute häufig, die richtigen Leute miteinander zu vernetzen oder auf bestehende Fördermöglichkeiten hinzuweisen.
Innovation brauche neben Ressourcen auch eine positive, wertschätzende Austauschkultur, die neue Ansätze als solche erkenne und fördere. «Ich definiere Austausch- und Wettbewerbsformate, bin vor Ort präsent, nehme Fragen auf und schaffe Raum für einen offenen Dialog.»
Während es Dozierende gebe, die sich mit grossem Engagement in die Aktivitäten des Edu-I Labs einbrächten, gebe es immer auch jene, die gerade keine Zeit für Austausch hätten. Im Alltag der Hochschule sei das verständlich, sagt Minder. Innovation werde immer von einigen Early Adopters getrieben, während andere begründeterweise skeptisch seien oder aus zeitlichen Gründen eher auf Distanz blieben. Das Alter der Dozierenden spiele dabei nicht einmal eine so grosse Rolle.
Raumtechnik, Netiquette und die KI
Die Technik für Online-Unterricht vorzubereiten, koste ein bisschen Zeit – und auch dann bestehe keine Garantie, dass alles immer richtig funktioniert. «Es kann schon mal vorkommen, dass Dozierende perfekt vorbereitet im falschen Unterrichtsraum sitzen, weil die Raumplanung kurzfristig geändert wurde», erklärt Bettina Minder. «Anspannung und Frust sind dann vorprogrammiert.» Minder hat deshalb eine Ansprechperson bestimmt, die heute viel zum reibungslosen Ablauf in den Spezialräumen beiträgt, welche zusätzlich mit Deckenmikrofonen, -Kameras und Smartscreens ausgestattet sind.
Das Edu-I Lab hat auch den Anstoss für die offizielle HSLU-Online-Netiquette gegeben. Sie thematisiert den Umgang mit ausgeschalteten Zoom-Kameras oder der Situation, dass Studierende möglicherweise nicht allein vor dem Bildschirm sitzen – und Dozierende plötzlich ungewollt vor einem grösseren, unsichtbaren Publikum sprechen.
Ein weiteres grosses Thema ist die Künstliche Intelligenz. «Eine Bottom-up-Initiative von Dozierenden erstellt gerade einen Überblick über rechtliche Fragen, die sich uns in der Lehre stellen», sagt Minder. «Und wir experimentieren mit neuen Prüfungsformen – in einer Zeit, in der selbst ein Word-Dokument KI-Funktionen integriert.»
Lösungen sichtbar machen: Die Broschüre 2022–2024
Nicht zuletzt hat Minder, um die erzielten Ergebnisse zu sichern und zu würdigen, kürzlich eine Broschüre herausgegeben. Sie stösst auf positives Echo. «Wir realisieren dadurch, dass wir Probleme erfolgreich bewältigen und neue Impulse setzen konnten. Das ist wichtig, weil diese Ergebnisse im Rahmen des Austauschs nicht immer unmittelbar erkennbar sind.»
Trage deine Mail-Adresse ein und erhalte die Broschüre des Edu-I Lab direkt.
Internationale Lehre: Die Summer School in Sarajevo
Bettina Minder sagt von sich selbst, Neues übe typischerweise eine besondere Faszination auf sie aus. «Ich sehe darin vor allem Chancen.» Auch in ihrer eigenen Lehre probiert Minder gerne Neues aus. So organisierte sie letztes Jahr zusammen mit einem Professor der ETH Zürich sowie der Universität Sarajevo eine Summer School zu nachhaltigen Städten.
Zuerst arbeiteten die Studierenden aus der Schweiz und Bosnien eine Woche lang gemeinsam interdisziplinär und interkulturell online, danach reiste die Gruppe aus Luzern für eine zweite Woche nach Sarajevo.
«In der Schweiz leben viele Menschen mit bosnischem Hintergrund, auch zahlreiche Studierende von uns», sagt Minder. «Ein anderer kultureller Hintergrund wird von der Gesellschaft aber oft als Nachteil ausgelegt: Man denkt sofort an Sprachprobleme oder fehlende kulturelle Verankerung. Ich sehe ihn eher als Ressource für innovative Businessmodelle.»
Ich sehe kulturelle Unterschiede nicht als Nachteil, sondern als Ressource für innovative Businessmodelle.
Das macht Bettina Minder aus: Sie sieht vor allem Möglichkeiten und ist gut darin, Herausforderungen als Chancen zu sehen und diese zu packen. Innovation ist für sie in diesem Sinn kein Ziel, sondern eine Haltung – und ein Weg, gemeinsam die Zukunft zu definieren.
Veröffentlicht: 6. Mai 2025
Von: Eva Schümperli-Keller
Bettina Minder (54) ist Dozentin und hat als Verantwortliche Innovationsmanagement Lehre am Departement Informatik das Edu-I Lab initiiert. Sie ist ausgebildete Grafikerin und studierte Slawistin und doktorierte im Bereich Innovationsmanagement an der Universität Aalborg.
Vor ihrem Wechsel ans Departement Informatik war sie sechzehn Jahre als Dozentin und Designforscherin am Departement Design Film Kunst tätig. Dass sie daneben auch noch langjähriges Mitglied des CreaLabs, des Zukunftslabors der HSLU, und Gründungsmitglied des CreaLab-Spin-offs Interspin war, zeigt ihre vielseitigen Interessen.
Auch in der Freizeit bleibt Minder in Bewegung: Sie ist am liebsten draussen beim Rudern, Segeln oder Bergsport und wechselt am Wochenende gerne von ihrer Wohnung in der Zürcher Altstadt in eine Hütte in den Urner Bergen. Digital Detox muss sein.
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