Distributed Ledger Technology,
Von Yasmin Billeter
Prognosen von unseren Expertinnen und Experten Teil 4
Was ist im Krypto-Bereich im Jahr 2022 zu erwarten? Unser Experte Marcel Harmann spricht über das grosse Jahr der NFTs und darüber, wie DeFi als echte Alternative zur traditionellen Finanzwelt etabliert wird.
Herr Harmann, welche Entwicklung hat Sie im vergangenen Jahr überrascht?
Die rasante Verbreitung von NFTs, also digitaler Kunst auf der Blockchain, hat mich sehr überrascht. Inzwischen besitzen Künstlerinnen und Künstler wie Snoop Dogg, Eminem oder Tennis-Star Serena Williams NFTs und machen sie so zu Mainstream.
NFT steht für Non Fungible Token – nicht ersetzbares digital geschütztes Objekt. NFTs beruhen auf einer Blockchain, die meisten NFTs bedienen sich der Ethereum-Blockchain. Vereinfacht kann man ein NFT mit einer Bescheinigung vergleichen, dass jemand ein Token erworben hat. Ein Token repräsentiert ein Objekt, ähnlich wie eine Banknote, die den Wert repräsentiert, der darauf steht. Im Fall von NFT-Kunst vertritt das Token digitale Kunst. Der Handel mit NFTs eröffnet neue Wege für Kunstschaffende, weil er nicht zwingend über Galerien und Kunsthandlungen geht.
2021 war ein grosses Jahr für NFTs. Aber die Anlageklasse ist im Vergleich zu Kryptowährungen noch klein. Wie sehen Sie die Zukunft von NFTs?
Ähnlich wie bei der Kunst ist auch der Wert digitaler Kunst oft subjektiv. Besitzen bekannte Persönlichkeiten NFTs einer Kollektion, fördert das natürlich die Bekanntheit und den «Hype-Faktor». NFTs werden bestimmt nicht verschwinden. Die Szene wird professioneller werden. Viele kleinere Projekte, die nur schnell Geld scheffeln wollen, werden wieder verschwinden.
NFTs werden bestimmt nicht verschwinden. Die Szene wird professioneller werden.
Wie würden Sie Ihr Fachgebiet einfach erklären? Um was geht es, ganz einfach ausgedrückt?
Die digitale Transformation der Finanzbranche ist in vollem Gange. Dabei ist die Blockchain-Technologie der Treiber – ähnlich wie der Elektromotor bei der Automobilindustrie.
Was gilt es in Ihrem Fachbereich in diesem Jahr anzupacken?
Das Decentralized-Finance-System (DeFi), welches auf der Blockchain aufbaut, zu festigen, weiter auszubauen und künftig als paralleles, faireres und transparenteres Finanzsystem zu etablieren. An DeFi dürfen alle teilnehmen. Es gibt keine Entscheidungstragenden, die den Zugang verwehren könnten. Es ist fair, transparent und sicher. Vorausgesetzt, es wird richtig bedient.
Decentralized Finance oder kurz «DeFi» steht für die Idee, mit Hilfe der Blockchain auch komplexere Finanzdienstleistungen wie Kreditvergabe, Sekundärhandel, Versicherungen oder Portfolio Management dezentral und ohne Intermediäre zu organisieren.
Vor einem Jahr sprach Spiros Margaris von der Zukunft der Fintechs und davon, dass Kryptowährungen weiter steigen werden. Warum sehen Sie die Zukunft des Finanzwesens im DeFi-Bereich und nicht bei den Fintechs?
Für mich sind Krypto- und DeFi-Firmen ebenfalls eine Subkategorie von Financial Technology Companies (Fintechs). Während bekannte und ältere Fintechs wie Stripe und Revolut das traditionelle Finanzsystem effizienter gestalten (z.B. im Zahlungsverkehr), sind DeFi-Firmen daran ein ganz neues Finanzsystem zu schaffen und benützen dafür nicht das traditionelle (vorherschende) System.
DeFi wird künftig als paralleles, faireres und transparenteres Finanzsystem etabliert.
Was aus dem Science-Fiction-Bereich wird es in Ihrem Fachbereich bald geben?
Das Übertragen von Vermögenswerten in Sekundenbruchteilen – international und ohne Mittelsperson und daher zu sehr günstigen Kosten.
Was nehmen Sie sich fachlich vor? Und was ganz persönlich?
Die Komplexität der Blockchain und insbesondere im DeFi-Bereich zu reduzieren und die Produkte davon zugänglich zu machen für die breite Masse. Dies ist genau das Ziel der DeFi Suisse AG, welche ich mit vier weiteren Co-Founders gegründet habe. Mit der THORWallet bieten wir ein erstes Produkt an, welches einen einfachen Zugang zu DeFi bietet. Persönlich möchte ich mein Fachwissen in diesem Bereich stetig ausbauen und vertiefen.
Ich möchte die Blockchain und insbesondere DeFi für die breite Masse zugänglich machen.
Was ist ein typisches Vorurteil gegenüber Ihrem Fachgebiet?
Dass sich viele Kriminelle im Kryptobereich tummelten und viel Geldwäscherei betrieben werde. Dass die Blockchain-Technologie eine Energieschleuder sei.
Und wie treten Sie diesem entgegen?
Mit Aufklärung und Schulungen. Beispielsweise dem CAS Blockchain und dem CAS Crypto Finance & Cryptocurrencies. Mit den aufkommenden Proof-of-Stake-Blockchains gibt es inzwischen auch energieeffizientere Blockchains die Smart Contracts anbieten. Bei Bitcoin hingegen wird der Proof of Work (PoW), welcher viel Energie benötigt weiter bestehen bleiben. Dies ist aber auch gewollt. PoW-Chains sind nämlich am sichersten, was bei «digitalem Gold» auch erwünscht ist.
Zur Serie «Prognosen»: Expertinnen und Experten der Hochschule Luzern – Informatik geben einen Ausblick auf Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.
An unsere Leserinnen und Leser: Welche Prognosen machen Ihnen Freude oder Sorge? Welche Entwicklungen streben Sie im Bereich Krypto oder DeFi an? Schreiben Sie es unten in die Kommentarspalte!
Veröffentlicht am 10. Januar 2022
Unser Experte im Krypto-Bereich:
Marcel Harmann ist Co-Founder der DeFi Suisse AG und Mit-Herausgegber der THORWallet. Er leitet die CAS Crypto Finance & Cryptocurrencies. Harmann wollte schon als Kind Unternehmer werden.
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