Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) hat im Februar 2023 insgesamt 45 Mitarbeitende von Schweizer Finanzunternehmen zum Thema Greenwashing und Nachhaltigkeit befragt. Die Befragten, welche sich mehrheitlich in Führungspositionen (67 %) befinden, haben Fragen rund um Greenwashing und nachhaltige Entwicklungsziele (engl. Sustainable Development Goals, SDGs) beantwortet.
Die Umfrage wurde in der zweiten Februarhälfte in Form einer Online-Befragung durchgeführt. Das IFZ hat dabei die Umfrageteilnehmenden persönlich via E-Mail kontaktiert und zum Ausfüllen des Fragebogens motiviert. Der Fragebogen war in zwei Bereiche aufgeteilt. Der erste Teil konzentrierte sich hauptsächlich auf das Thema Nachhaltigkeit und die Sustainable Development Goals. Die zweite Hälfte richtete den Fokus hingegen mehrheitlich auf das Thema Greenwashing. Die Geschlechterverteilung war sehr ausgeglichen. 44 Prozent der Befragten sind im Alter zwischen 30 und 39 Jahren, 31 Prozent sind zwischen 40 und 49 Jahren und 25 Prozent sind zwischen 50 und 59 Jahren. Ebenso war das Verhältnis zwischen Angestellten von Banken und Angestellten von Versicherern ausgeglichen.
Hintergrund: Sustainable Development Goals und Greenwashing
Was verbirgt sich hinter den Sustainable Development Goals?
SDG steht für «Sustainable Development Goals», was auf Deutsch «Nachhaltige Entwicklungsziele» bedeutet. Die SDGs sind eine Reihe von 17 globalen Zielen, die im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen beschlossen wurden. Sie sollen dazu beitragen, die globale Armut zu bekämpfen, den Klimawandel zu verlangsamen und eine nachhaltige und gerechte Entwicklung weltweit zu fördern.
Was ist Greenwashing?
Greenwashing bezeichnet im Allgemeinen die Beschönigung von Tatsachen und die Schaffung eines positiven Images durch gezielte Marketing-Kampagnen.
Unternehmen oder Personen, die Greenwashing betreiben, zielen darauf ab, dem Empfänger der Botschaft Nachhaltigkeit zu suggerieren, im Wissen, dass dies nicht der Realität entspricht.
Zu Beginn der Befragung wurde geprüft, ob den Umfrageteilnehmenden die beiden Begriffe «SDG» und «Greenwashing» überhaupt bekannt sind. Alle Personen konnten zwar bestätigen, dass Ihnen Greenwashing ein Begriff ist, 6 Prozent wussten allerdings nicht, was genau sich hinter diesem verbirgt. In den letzten Monaten war Greenwashing prominent in den Medien vertreten, da die Europäische Union gegenwärtig ein Gesetz gegen Greenwashing in der Werbung plant. Weitere Informationen finden sich hier.
Hinsichtlich des Begriffs «SDG» war unter den Befragten eine grössere Unsicherheit zu spüren. 13 Prozent gaben an, dass sie noch nie etwas von diesen Zielen gehört haben. Weiteren 6 Prozent war der Begriff zwar bekannt, allerdings wussten sie nichts mit diesem anzufangen. Die überwiegende Mehrheit (81 %) kannten den Ausdruck und die sich dahinter verbergende Zielsetzung.
75 Prozent der Umfrageteilnehmenden stimmen der Aussage «Nachhaltigkeit ist Teil unserer Strategie» zu. Lediglich 19 Prozent gaben an, dass die SDGs in ihrem Unternehmen gegenwärtig noch kein strategisches Thema sind. Der Rest der Befragten machte hierzu keine Angabe.
Interessant ist jedoch vor allem die Begründung, warum die Finanzunternehmen Nachhaltigkeit in ihrer Unternehmensstrategie verankern. 25 Prozent der Befragten gaben diesbezüglich an, dass Nachhaltigkeit insbesondere deswegen ein Thema ist, weil dies von Kundenseite immer stärker gefordert wird.
An dieser Stelle wurden die Teilnehmenden auch gefragt, wie stark sie der Aussage «Unser Unternehmen verhält sich nachhaltig, um die Sustainable Development Goals langfristig zu erreichen» zustimmen. Erstaunlich ist, dass nur knapp jede zweite Person (56 %) dieser Aussage zustimmt, wohingegen jede dritte Person dies nicht bestätigen konnte. Die restlichen 13 Prozent enthielten sich bei dieser Frage.
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In der Umfrage haben wir die Versicherungsvertreter zudem gefragt, ob sie im Hinblick auf Nachhaltigkeit ein Vorbild in der Assekuranz sind. Interessanterweise haben 50 Prozent dieser Aussage zugestimmt und 38 Prozent haben dies abgelehnt. Die übrigen 12 Prozent haben sich enthalten. Diese Antworten decken sich ungefähr mit den Zustimmungen bzw. Ablehnungen zu der Aussage «Wir reden zwar von Nachhaltigkeit, aber aktiv tun wir nichts»: 75 Prozent der Befragten lehnten diese Aussage ganz oder zumindest teilweise ab. Nur 13 Prozent stimmten dieser Aussage zu und der Rest wollte zu dieser Frage keine Auskunft geben.
Wie eingangs diskutiert, verfolgen 75 Prozent der Umfrageteilnehmenden das Thema Nachhaltigkeit zwar aus strategischer Sicht, allerdings fehlt es oftmals an einer klar definierten Nachhaltigkeitsagenda.
Am Ende des ersten Fragebogenblocks haben wir konkret die Wichtigkeit der einzelnen SDGs abgefragt. Die Antworten zeigen durchaus unterschiedliche Prioritäten. Am wichtigsten erscheint es den teilnehmenden Banken und Versicherungen, dass sie die folgenden Ziele positiv beeinflussen: Geschlechter-Gleichberechtigung, sauberes Wasser und Sanitärversorgung sowie Massnahmen zum Klimaschutz.
In Bezug auf die Antworten zum Thema Greenwashing ergibt sich ein eher heterogenes Bild. So vermuten 13 Prozent der Befragten, dass das Unternehmen Greenwashing betreibt. Die Mehrheit (56 %) geht zwar davon aus, dass das eigene Unternehmen dies nicht tut, kann es jedoch nicht gänzlich ausschliessen. Hinzu kommen weitere 13 Prozent der befragten Personen, die es entweder nicht wissen oder keine Aussage hierzu tätigen möchten. Lediglich 18 Prozent der Umfrageteilnehmenden können mit einem klaren «Nein» bestätigen, dass ihr Unternehmen kein Greenwashing betreibt.
Warum lohnt es sich überhaupt, Greenwashing zu vermeiden? Wir haben die Umfrageteilnehmenden gefragt, wie hoch sie die negativen Auswirkungen von Greenwashing einschätzen. Auf einer Skala von 1: überhaupt nicht schädlich bis 5: sehr schädlich liegen diese im Mittel bei 3.1. Die Auswirkungen von Greenwashing sind also nicht zu vernachlässigen. Gründe hierfür sind zum einen, dass all diejenigen Unternehmen, die Greenwashing betreiben, nicht zur Erreichung der Sustainable Development Goals beitragen. Zum anderen beinhaltet Greenwashing ein nicht vernachlässigbares Reputationsrisiko, sollte dieses als solches aufgedeckt werden.
Unabhängig davon, ob Unternehmen Greenwashing betreiben oder nicht, wollten wir wissen, wie offen das Thema überhaupt in Unternehmen angesprochen wird. Nur 13 Prozent der Befragten geben zu, dass in ihrem Unternehmen zumindest offen über die Möglichkeiten von Greenwashing gesprochen wird. Mehr als die Hälfte (56 %) betonen hingegen, dass in ihrem Unternehmen nicht von Greenwashing geredet wird. Der Rest der befragten Personen hat sich diesbezüglich enthalten.
Obwohl über Greenwashing nur wenig gesprochen wird, stimmen 83 Prozent der Befragten zu, dass Greenwashing der Finanzbranche ein ernst zunehmendes Problem für die Gesellschaft darstellt. Gleichwohl wurde jedoch angemerkt, dass auch anderen Branchen eine entsprechende Verantwortung zukommt und Greenwashing als gefährlich eingestuft wird.
Die Mehrheit unserer Befragten befürwortet die Initiative der EU im Bereich Greenwashing (69 %). Auf die Frage, ob die Schweizer Finanzbranche heute bereits eigene Massnahmen ergriffen hat, um Greenwashing zu verhindern, antworteten nur 13 Prozent mit «Ja». 50 Prozent sind hingegen der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist.
Zum Schluss der Befragung haben wir die Teilnehmenden gefragt, in welchen Bereichen sie sich am ehesten eine Weiterbildung wünschen würden:
Es freut uns, dass wir die beiden Themenblöcke «Greenwashing» und «Nachhaltigkeitsagenda» in unserem Seminar-Programm «Sustainable Insurance» integriert haben. Wir werden die Agenda nun weiter schärfen und die beiden Themen «Erkennen von Greenwashing» und «Nachhaltigkeits-Kommunikation bzw. Marketing» ebenfalls in den Fokus rücken.
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