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Coaching als Führungskompetenz

Coaching als Führungskompetenz
Von Dr. Peter Senn

Das Kompetenzprofil zur Potenzialentfaltung

Dynamik und Komplexität der Herausforderungen an Unternehmen und deren Führung sind schon heute hoch und wir dürfen davon ausgehen, dass sich die Unternehmenswelt in Zukunft noch schneller drehen wird. Vor diesem Hintergrund ist es zu trivial, Führung als kausale Top-down-Beziehung zu betrachten. Denn Wertschöpfungsprozesse sind an die Kooperations- und die dabei ablaufenden Lernprozesse aller an der Wertschöpfung beteiligten Menschen gebunden (Kaudela-Baum 2022).

Die Leitfrage zukunftsfähiger Führung

Dank welcher Kompetenz gelingt es Führungspersonen, Kooperations- und Lernprozesse zu ermöglichen und damit die Potenzialentfaltung aller beteiligten Menschen zu bewirken? Die Kurzantwort lautet: Dies gelingt Führungspersonen dank Coaching als Führungskompetenz.

Das Kompetenzprofil «Coaching als Führungskompetenz CFK»

Wir haben das Kompetenzprofil CFK aufgrund unserer Erfahrungen im Weiterbildungsprogramm CAS CFK der Hochschule Luzern entwickelt (Förster & Senn 2024). Das Kompetenzprofil CFK ist in drei Systemebenen gegliedert (s. Abbildung):

  • Person (Coach mit sich selbst)
  • Team (Coach & Gecoachte/r, d.h. Coachee)
  • Organisation+ (Coach & Coachee in ihren Systemen)

Neben den Kompetenzkategorien für sechs Haltungen, werden zwei weitere Kompetenzen aufgeführt, die übergreifend für alle Haltungen und Systemebenen gelten: «Funktionale Veränderungen fördern» beim Coachee und in seinem Arbeits- bzw. Umsetzungskontext sowie «Kommunikation konstruktiv gestalten» zwischen Coach und Coachee.

Grafik Coaching als Führungskompetenz  Person, Team Organisation

Abbildung: Kompetenzprofil «Coaching als Führungskompetenz CFK» (Förster & Senn 2024)

Die Coaching-Haltung als Fundament – mit Fragen führen

Eine Coaching-Haltung ist die Brille, durch die eine Führungsperson ihre Arbeitswelt sieht und sich in ihr verhält. Konkret bedeutet dies beispielsweise, anstatt aufgrund einer Haltung der Allwissenheit mit Antworten zu führen, aus einer Coaching-Haltung des Nichtwissens mit Fragen zu führen. Praktische Wirkungen von Coaching-Kompetenzen von Führungspersonen beobachten wir beispielsweise in formellen Coaching-Gesprächen mit Mitarbeitenden, häufiger aber in der alltäglichen Führungsbeziehung. Dank hoher Präsenz in Gesprächen, situativ funktionaler Coaching-Fragen, aktivem Zuhören, Ressourcenaktivierung sowie Lösungsfokussierung bieten Führungspersonen ihren Mitarbeitenden Hilfe zur Selbsthilfe an und unterstützen damit deren Potenzialentfaltung und -entwicklung.

Die Coaching-Kompetenzen im Führungsalltag – ein Überblick

Nachfolgende Info-Box zeigt die Coaching-Kompetenzen von Führungspersonen und die entsprechenden Verhaltensweisen im Führungsalltag, die wir theoretisch fundiert und mittels Transferevaluationen im Weiterbildungsprogramm CAS CFK praxisorientiert entwickelt haben (Förster & Senn 2024).

Die Coaching-Kompetenzen von Führungspersonen

(in Anlehnung an Förster & Senn 2024)
  • Kontext-valide handeln
    Die Führungsperson berücksichtigt die Einbettung von sich selbst und dem Coachee in verschiedene Kontexte (z.B. Arbeitsteam und Familie) und damit verbundene Wechselwirkungen und Spannungsfelder (z.B. Arbeitsrolle und eigene Person).
  • Kooperativ begleiten
    Die Führungsperson gestaltet wertschätzende, vertrauensvolle Arbeitsbeziehung auf Augenhöhe zwischen sich und dem Coachee, in die sich beide einbringen können – z.B. unterstützt sie den Coachee dabei, seine eigenen Lösungen zu entwickeln.
  • Ressourcen aktivieren
    Die Führungsperson identifiziert, aktiviert und wertschätzt persönliche Stärken und Potenziale des Coachees (z.B. Motivation, Kompetenzen, Beziehungen), so dass der Coachee diese aktiv für die Erreichung seines Ziels nutzen kann.
  • Prozessführung geben
    Die Führungsperson gestaltet das Coaching-Gespräch gemäss Anliegen des Coachees in transparenten Schritten – z.B. Kontakt, Anliegen, Zielklärung im Klientensystem, Auftragsklärung/Vertrag, Lösungen, Transfer und Abschluss.
  • Perspektivenwechsel und neue Handlungsoptionen unterstützen
    Die Führungsperson unterstützt den Coachee, sich selbst, sein Anliegen und seinen Kontext (System) besser oder neu zu verstehen und neue Handlungsoptionen für sein Anliegen zu entwickeln – z.B. hört ergebnisoffen zu, verhält sich neutral und zeigt persönliche Bescheidenheit.
  • Präsenz mit Coachee regulieren
    Die Führungsperson reguliert ihre Präsenz mit dem Coachee: z.B. in Kontaktsein verbal und non-verbal, passt Nähe und Distanz an, reguliert Emotionen, gestaltet Übergänge zwischen Coachingschritten.
  • Präsenz mit sich selbst regulieren
    Die Führungsperson reguliert ihre Präsenz mit sich selbst: z.B. achtet auf «blinde Flecken»; ist sich ihrer unterschiedlichen Rollen in der Führung bewusst und nimmt diese anschlussfähig ein (z.B.: Mentor, Linienvorgesetzte/r oder Coach); wahrt Vertraulichkeit gemäss Vereinbarung mit dem Coachee.
  • Funktionale Veränderungen fördern
    Die Führungsperson ermöglicht dem Coachee ganzheitliche Erfahrungen mit Kopf, Herz und Hand; lässt ihn z.B. sein Ziel aufschreiben oder seinen Kontext visualisieren. Sie unterstützt den Coachee, machbare Schritte für die Umsetzung in seinem Kontext zu planen.
  • Kommunikation konstruktiv gestalten
    Die Führungsperson kommuniziert wertschätzend verbal und non-verbal. Sie gestaltet den Rhythmus zwischen (aktiv) zuhören, offen fragen, warten, Impulse und Feedback geben.

Feedbacks aus der Führungspraxis bestätigen die Unterstützung der Potenzialentfaltung

Im Rahmen des transferorientierten Lernens haben die Teilnehmenden des Weiterbildungsprogramms CAS CFK als Coach 1:1 – Coachinggespräche mit ihren Mitarbeitenden im Betrieb durchgeführt. Wir haben in den vergangenen zwei CAS-Durchgängen die Coachees (Mitarbeitende) 1-3 Monate nach dem letzten Coachinggespräch mit einem standardisierten Fragebogen online zum Nutzen von Coaching als Führungskompetenz befragt.

Die Coachees berichteten vielfach  von persönlichen Weiterentwicklungen, sowie gesteigerter Zufriedenheit und verbesserter Performanz im Arbeitsalltag. Zudem haben wir bei der Begutachtung der Reflexionsberichte (Leistungsnachweise) der CAS-Teilnehmenden ähnliche Wirkungen festgestellt: Sie erleben sich als wirksamer in ihrer Beziehungsgestaltung zu ihren Mitarbeitenden und schätzen ihre Führungsperformanz als höher ein. Diese Feedbacks aus der Führungspraxis führen zum Schluss, dass Coaching als Führungskompetenz die Potenzialentfaltung aller Beteiligten unterstützt.

Lesen Sie zu diesem Thema den Beitrag Rollenklarheit als Grundvoraussetzung.

Informationen zum CAS Coaching als Führungskompetenz finden Sie auf der CAS-Website.

Literatur

Förster, R. & Senn, P. (2024). Coaching als Führungskompetenz: Das Kompetenzprofil zur Potenzialentfaltung. In: S. Laske, A. Orthey & M. Schmid (Hrsg.), Online-Handbuch Personal Entwickeln, 307. Erg.-Lfg., November 2024, Köln: Verlag Deutscher Wirtschaftsdienst (S. 91-12).

Kaudela-Baum, S. (2022): Führen in Zeiten der Transformation. In: S. Kaudela-Baum, S. Meldau & M. Brasser (Hrsg.), Leadership und People Management, Wiesbaden: Springer Gabler (S. 3-29).

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