10. Juli 2023

Geldwäsche,

Wirtschaftskriminalistik

Transparenz über wirtschaftlich Berechtigte – aktuelle Entwicklungen

Transparenz über wirtschaftlich Berechtigte – aktuelle Entwicklungen

Von Simone Nadelhofer und Alina Krebs

Am 4. März 2022 revidierte das zwischenstaatliche Gremium Financial Action Task Force (FATF) seine Anti-Geldwäscherei-Empfehlung Nr. 24 zur Transparenz der wirtschaftlich Berechtigten an juristischen Personen. Das Gremium empfiehlt neu explizit die Schaffung eines behördlichen Registers, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen zu erfassen sind. Rein unternehmensinterne Register, wie wir sie in der Schweiz kennen, genügen den neuen internationalen Anforderungen nicht mehr. Diverse Staaten, darunter alle Mitglieder der EU, verfügen bereits über solche behördlichen Register. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Schweiz aus?

Das Schweizer Rechtssystem verfügt bereits über verschiedene Vorschriften zur Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten einer Gesellschaft. So muss die Gesellschaft ein internes Verzeichnis über die wirtschaftlich Berechtigten führen und der erwerbende Aktionär hat die Pflicht, die letztendlich wirtschaftlich berechtigte natürliche oder juristische Person gegenüber der Gesellschaft zu melden, wenn die erworbene Beteiligung 25 % des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet. Die vorsätzliche Verletzung der Meldepflichten und die Verletzung der Pflichten zur Führung von Verzeichnissen ist strafbar und kann mit Busse sanktioniert werden. Zur Umsetzung einer früheren Empfehlung der FATF hat die Schweiz bereits 2019 die anonymen Inhaberaktien nahezu abgeschafft. Sie sind nur noch unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.

Auch Finanzintermediäre müssen bei Geschäftsbeziehungen mit Gesellschaften deren wirtschaftlich berechtigte Personen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt feststellen. Mit der Revision des Geldwäschereigesetzes (GwG), welche seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist, muss der Finanzintermediär darüber hinaus die Identität der wirtschaftlich berechtigten Person überprüfen, um sich zu vergewissern, wer die wirtschaftlich berechtigte Person ist. Ausserdem wird nun eine ereignisunabhängige und periodische Überprüfung der Kundendaten und Belege sämtlicher Geschäftsbeziehungen verlangt.

Geplante Gesetzesvorlage

Bisher vertrat der Bundesrat die Ansicht, dass die bestehenden Vorschriften ausreichend Transparenz für die Bekämpfung von Korruption, Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung schaffen. Mit der revidierten Empfehlung Nr. 24 nimmt der Druck auf die Schweiz aber zu. Deshalb hat der Bundesrat am 12. Oktober 2022 das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten, um die Transparenz zu erhöhen und die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen zu erleichtern. Wie von der FATF empfohlen, soll ein zentrales Register zur Identifikation wirtschaftlich Berechtigter und neue Pflichten zur risikobasierten Aktualisierung von Informationen über effektiv Berechtigte eingeführt werden. Die Vorlage soll Ende Sommer 2023 in die Vernehmlassung gegeben werden.

Die Frage der Zugänglichkeit

Im Leitfaden zur revidierten Empfehlung Nr. 24 werden die Länder zudem aufgefordert, den Zugang zu den Registern für die Öffentlichkeit zu erleichtern. Mit dem öffentlichen Zugang können Informationen breiter abgeglichen werden, was wiederum dazu beitragen könne, sicherzustellen, dass die Informationen korrekt, angemessen und aktuell sind. Mit dem Ziel, alle zentralen Register der EU-Mitgliedstaaten zu verknüpfen, hat die EU mit der Richtlinie 2018/843 bereits im Jahre 2020 die öffentliche Zugänglichkeit der Register eingeführt. Jedoch hat der Europäische Gerichtshof am 22. November 2022 entschieden, dass die öffentliche Zugänglichkeit unvereinbar mit der in der EU-Grundrechtscharta verankerten Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Schutz personenbezogener Daten ist. Eine Rückkehr zum vorherigen System, wonach die Einsichtnahme der Öffentlichkeit an die Darlegung eines berechtigten Interesses geknüpft ist, wie beispielsweise beim Transparenzregister in Deutschland, ist daher wahrscheinlich. Entgegen der Empfehlung Nr. 24 und den Entwicklungen in der EU will der Bundesrat den Zugang zum zentralen Register nur einschlägigen Behörden gewähren. Die Öffentlichkeit soll gänzlich vom Zugang ausgeschlossen werden.

Ausblick

Mit der Erstellung eines zentralen Registers folgt der Bundesrat sowohl seiner Strategie 2021-2024 gegen die Korruption als auch den Empfehlungen der FATF an die Schweiz im Länder-Report 2020. Der Vorteil eines solchen Registers ist in erster Linie, dass die zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Prävention und Bekämpfung von Geldwäscherei, Korruption und Terrorismusfinanzierung schneller und einfacher Zugriff auf aktuelle Informationen haben. Die Umsetzung der Empfehlung Nr. 24 wird für alle Mitgliedsländer im Rahmen der nächsten Länderprüfung beurteilt. Es wird sich zeigen, ob die nun angestrebten Änderungen der Schweiz bis dahin umgesetzt werden können und ob diese den internationalen Anforderungen genügen.

Der nächste Beitrag auf dem Blog Economic Crime erscheint  am 21. August 2023.

Autorin: Simone Nadelhofer

Simone Nadelhofer ist Partnerin bei LALIVE und hat über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Wirtschaftsstrafrecht und Untersuchungen. Sie wird regelmässig von Firmenkunden mit der Leitung interner Untersuchungen beauftragt, u.a. im Zusammenhang mit Korruption, Geldwäscherei, Betrug, arbeitsplatzbezogenen Vorwürfen (#MeToo) sowie ESG Themen. Simone Nadelhofer wird von Global Investigations Review zu den «100 Women in Investigations 2021» weltweit gezählt. Sie ist Mitglied des Fachrats des Masterstudiengangs Economic Crime Investigations an der Hochschule Luzern und hat diesen einst selbst absolviert.

Autorin: Alina Krebs

Alina Krebs ist seit 2023 Substitutin bei LALIVE. Zuvor arbeitete sie als Rechtspraktikantin am Kantonsgericht Luzern und als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen im Bereich Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht. Sie hat einen Bachelor of Law der Universität St. Gallen und einen Master of Law der Universität Luzern. Im Rahmen ihres Studiums hat sie auch das Certificate of Transnational Law an der Universität Genf sowie ein Auslandssemester an der University of Texas at Austin absolviert.

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