Knapp 20 Meter voneinander entfernt an der Greifengasse in Basel haben in den vergangenen drei Monaten sowohl PostFinance als auch die Basler Kantonalbank Filialen neueröffnet. Beide Konzepte weisen einige interessante Aspekte auf. Auf diese und meine persönlichen Eindrücke des Besuchs in Basel möchte ich nachfolgend eingehen.
Die Anzahl Bankfilialen in der Schweiz hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Lag diese im Jahr 1992 noch bei über 4‘000, so hat sie sich auf aktuell etwa 2‘500 reduziert. Gleichzeitig bleiben aber die Nähe zum Kunden und die Wiedererkennbarkeit bzw. Emotionalisierung der eigenen Marke wichtige Differenzierungsmöglichkeiten in einem hart umkämpften Markt. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass verschiedene Banken nicht nur in ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen investieren, sondern auch bedeutende Investitionen in ihrem Filialnetz vornehmen. So hat auch PostFinance im Juli 2016 ein neues Filialkonzept vorgestellt.
Das neue Konzept von PostFinance
Mit dem neuen Filialkonzept möchte sich PostFinance gegenüber den wichtigsten Konkurrenten differenzieren, eine Emotionalisierung im Banking erreichen, die Kundenfrequenz erhöhen, das digitale Leistungsangebot erlebbar machen und die Kunden so in eine höhere Selbstständigkeit begleiten. Diese von PostFinance gesetzten Ziele gelten aber praktisch für alle Banken. Tatsächlich findet man im PostFinance-Konzept auch einige Elemente, die schon andere Banken eingeführt haben. Gleichzeitig differenziert sich das Gesamtbild von PostFinance aber durchaus. Nachfolgend fasse ich die aus meiner Sicht zentralen Elemente kurz zusammen:
Ähnlich wie die UBS oder die Zürcher Kantonalbank hat auch PostFinance eine „Empfangsdame“, welche die Kunden mit einem Tablet empfängt, sich bei Wartezeiten um sie kümmert (z.B. indem sie ihnen Kaffee anbietet) und ihnen sagt, wohin sie gehen müssen.
Die PostFinance versucht – und das begrüsse ich sehr – die Produkte „greifbar“ zu machen. Derzeit sind beispielsweise nackte Sparschweine zu bewundern. Interessiert sich ein Kunde für dieses Sparschwein oder schaut sich ein Kunde „Piggy“ an, so ist das ein guter Startpunkt für die PostFinance-Berater, auf das damit verbundene Produkt des Fondsparplans hinzuweisen. Setzt man nämlich auf einen Fondssparplan, sollte das (Spar)Schwein bald nicht mehr nackt sein. Die Idee ist also, dem Kunden eine Geschichte zu erzählen.
Eine Herausforderung ist es sicherlich, die Bankberater davon zu überzeugen, dass diese nun mit Piggy oder dem Teddybären Teddy arbeiten sollen. Die Akzeptanz in der ersten Pilotfiliale sei, gemäss Aussagen des Mediensprechers Johannes Möri, diesbezüglich aber sehr hoch.
Es gibt mehrere greifbare Gadgets, welche die Kunden auf die mobilen Produkte (Online und Mobile Banking) aufmerksam machen sollen. Bis anhin funktionieren in der Pilotfiliale aber der Tele-Klicker (ich habe früher in diesen kleinen Geräten jeweils noch Fotos angeschaut) erst beschränkt (bzw. vor allem bei Eltern mit Kindern) und der Teddy mit dem Tablet noch wenig (Anpassungen sind hier aber geplant). Die Idee, auf spielerische Art und Weise auf diese Angebote hinzuweisen, ist aber sicherlich sinnvoll.
Ebenso gibt es im neuen Konzept nur noch wenige Broschüren, die man in der Filiale findet, respektive diese erhält man vor allem vom Kundenberater, wenn man sich für ein Produkt interessiert. Stattdessen sollen die Kundinnen und Kunden in der Filiale über das Story Telling (siehe oben) an die Produkte herangeführt werden.
Im Konzept ist für den Kunden eigentlich ein klarer Weg durch die Filiale vorgesehen. Da die Filiale in Basel aber zwei Eingänge hat, ist das nicht immer gewährleistet.
In der Filiale kann nur an Postomaten Geld bezogen oder einbezahlt werden. Zwar können mit der PostFinance Card auch Rechnungen bezahlt werden, einen Schalter für Bargeldtransaktionen gibt es aber nicht.
Der Umbau bezieht sich in einer ersten Phase auf die Empfangs- und Kundenzone. In dieser Zone geht es vor allem um Basisdienstleistungen und weniger um komplexe Beratungen wie Finanzieren, Vorsorgen oder Anlegen. Die Kundenzone ist offen und transparent – und entsprechend wenig diskret. Möchte man komplexe Beratungsgespräche haben, finden diese in den Beratungsräumlichkeiten statt. Diese wurden bis anhin aber noch nicht umgebaut.
Die einzelnen Elemente sind modular aufgebaut. Dies ermöglicht auch einen raschen Umbau, falls ein Element ausgetauscht werden möchte.
PostFinance wird nach den ersten Erfahrungen auch weitere Standorte in diesem Stil umbauen. Der Plan sieht vor, dass in den nächsten drei Monaten die Filialen in Zürich (7.11.), Genf (14.11.), Lugano (21.11.), St. Gallen (28.11.) und Luzern (12.12.) im neuen Look neueröffnet werden. Das Tempo ist also sehr hoch.
Neue Elemente in der neu eröffneten Filiale der Basler Kantonalbank
Zum neuen Konzept der Basler Kantonalbank hatte ich mich bereits anlässlich der Eröffnung der Filiale Gellert geäussert (vgl. Blog vom Oktober 2015). In der neu eröffneten Filiale an der Greifengasse, gleich gegenüber der oben beschriebenen neuen Filiale der PostFinance, möchte ich daher nur auf einige gegenüber dem Standort Gellert neu integrierte Elemente eingehen:
Die Basler Kantonalbank wird – wie schon die Nidwaldner Kantonalbank oder die AEK BANK 1826 zuvor – einen sogenannten „Münz-Rollenwechsler“ anbieten. Dies kann vor allem für KMU resp. kleinere Geschäfte in der Umgebung einen echten Mehrwert generieren. Ob der Einsatz dieses Rollenwechslers zu einem Business Case wird, ist natürlich eher fraglich. Im Vordergrund der Überlegungen steht aber das Lösen eines Kundenproblems, was sehr zu begrüssen ist. Ebenso wird dadurch möglicherweise auch Zeit im Kundenbereich geschaffen, um „höherwertige“ Beratung anzubieten.
Bevor die Kunden die Filialen verlassen, können sie noch mit einem einfachen Knopfdruck ausdrücken, wie zufrieden Sie mit dem Filialbesuch waren (in Amerika heissen diese Geräte „HappyOrNot-Terminals“). Dieses Konzept, das man von anderen Branchen kennt, wird meines Wissens von der BKB als erste Bank in der Schweiz eingesetzt.
Das spannendste neue Feature ist aber sicherlich die in derzeit zwei der sechs Beratungszimmer eingesetzte Videoberatung (Bei der BKB heisst das „VideoExpert“). Das Konzept sieht vor, dass für spezifische Fragen (zumeist in den Themengebieten Finanzplanung, Erbschaft und Steuern) BKB-Experten während eines Beratungsgesprächs dazugeschaltet werden können. Geeignet ist dies wohl vor allem für kurze Anfragen während eines Gesprächs oder bei Erstgesprächen. Der Berater hat dadurch also vor Ort, hat „jederzeit“ Zugriff auf diese Experten. Bei einer umfassenden Beratung wird der Berater nach wie vor persönlich vor Ort sein. Natürlich hätte man dieses Projekt eher von einer Bank mit grösseren Filialdistanzen erwartet als der BKB in ihrem nicht allzu grossen Stadtkanton und den kurzen Distanzen zwischen den einzelnen Filialen. Aber wie mir ein Finanzplaner versichert hat, ist dieses Konzept aus Sicht dieser Berater und durch die nicht zu unterschätzende Zeitersparnis sehr begrüssenswert. Auch hier geht es aber natürlich darum, zuerst Erfahrungen zu sammeln. In einem zweiten Schritt würde ich nicht ausschliessen, dass die Technologie ähnlich wie in der BLKB-Filiale von Lausen (siehe Blog-Artikel vom Dezember 2015) auch für unbemannte Filialen eingesetzt werden wird.
Fazit
Es war für mich ein spannendes Erlebnis, zwei Banken zu besuchen, welche in räumlich so kurzer Distanz zum fast gleichen Zeitpunkt ihre Filialen neu eröffnen. Speziell interessant fand ich, dass die beiden Banken eigentlich sehr ähnliche Ziele verfolgen, deren Umsetzung aber ganz anders gewählt haben. Insofern kann man den beiden Banken durchaus attestieren, dass sie sich – zumindest voneinander – differenzieren. Während die Filiale der BKB eher edel wirkt und viel in die Beratungsräumlichkeiten investiert wurde, bezweckt PostFinance mit ihrer Filiale einen „heimeligen“ und warmen Auftritt. Des Weiteren hat PostFinance den Fokus auf die Kundenzone und die einfachen Dienstleistungen gelegt, derweil der Fokus der BKB als Beraterbank stärker auf den komplexen Beratungstätigkeiten liegt. Vor diesem Hintergrund ist auch der Versuch mit der Videoberatung durchaus interessant.
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