11. Juli 2022

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Cloud Computing bei Schweizer Retailbanken

Von Dr. Felix Buschor und Joël Ettlin

Cloud Computing ist definitiv bei den Banken angekommen. Sei es, weil man sich Kosteneinsparungen verspricht, sei es, weil vermehrt Software nur mehr als Service aus der Cloud verfügbar ist, oder sei es, weil es ein unverzichtbarer Enabler neuer Geschäftsmodelle ist. Im heutigen Blog-Beitrag stellen wir die Ergebnisse unserer Umfrage zum Thema Cloud Computing bei Schweizer Retailbanken vor.

Die beiden Grossbanken haben ihre Reise in die Cloud schon vor einiger Zeit begonnen. Ende 2021 hat auch die ZKB angekündigt, einen Teil ihrer IT-Infrastruktur zusammen mit Kundendaten in die Public Cloud zu verlagern. Public Cloud-Dienste werden von Hyperscalern wie Amazon, Google oder Microsoft übers Internet für jeden, der sie nutzen möchte, zur Verfügung gestellt. Dem entgegengesetzt sind Private Clouds, die von einem Unternehmen innerhalb seines eigenen Rechenzentrums betrieben wird.[1] Dazwischen liegen Community Clouds, die für die ausschliessliche Nutzung einer Gruppe von Unternehmen bereitgestellt und betrieben werden.

Im Rahmen der IFZ Sourcing Studie 2022, die am 24. August anlässlich der diesjährigen Sourcing Konferenz publiziert wird, sind wir der Frage nachgegangen, wie Retailbanken Cloud Computing einschätzen. Die Umfrage haben 35 Retailbanken und 23 Anbieter von Sourcing-Leistungen beantwortet.

SaaS-Lösungen als Grund für – Auslandbezug als Grund gegen Public Cloud

Gemäss der Umfrage sehen die Banken in der Zunahme von SaaS-Lösungen[2] den wichtigsten Grund, eine Public Cloud einzusetzen, da diese in vielen Fällen nur über eine solche bezogen werden können. Den Zugang zu Innovationen sehen die Banken damit als wichtigeres Argument, eine Public Cloud zu nutzen, als die Möglichkeit Kosten zu sparen, sei es durch tiefere Preise oder Pay-per-Use Preismodelle. Wenn die Nutzung von Saas-Lösungen für die Banken eine so hohe Bedeutung hat, dann ist davon auszugehen, dass dies auch Auswirkungen auf die Betriebsmodelle hat. Bei einem umfassenden Einsatz von SaaS-Lösungen ist damit zu rechnen, dass nicht nur ein, sondern mehrere Public Cloud Provider genutzt werden. Als Konsequenz führt dies für die Banken zu einer Multicloud-Betriebsumgebung.

Abbildung 1: Hauptgründe, die für (links) und gegen (rechts) eine Nutzung der Public Cloud sprechen.

Public Cloud Provider haben in den allermeisten Fällen einen Bezug zum Ausland. Gemäss Abbildung 1 sehen die Banken denn auch eine Speicherung der Daten im Ausland, oder wenn diese in der Schweiz sind, den Zugriff für den Betrieb aus dem Ausland als grösste Gefahr.[3] Banken, die bereits die Public Cloud nutzen, haben jedoch zusammen mit Public Cloud Providern Wege gefunden, um die Vertraulichkeit der Daten mittels technischer, organisatorischer und teilweise vertraglicher Massnahmen ausreichend zu schützen.

IT-Leiter als treibende Kraft hinter dem Thema Cloud Computing

Aus der Umfrage geht hervor, dass bei mehr als drei Viertel der Banken die Informatik die zentrale Rolle spielt, wenn es gilt, in die Cloud aufzubrechen. Auch die Geschäftsleitung hat eine ansehnliche Bedeutung, wenn es darum geht, das Thema Cloud in die Bank hineinzutragen. Dies mag damit zusammenhängen, dass Cloud Computing mittlerweile nicht mehr nur als Möglichkeit der Kostenoptimierung gesehen wird. Vielmehr gewinnt Cloud Computing zunehmend als technischer Bestandteil zukünftiger Geschäftsmodelle, wie beispielsweise Open Banking[4], an Bedeutung.

Es ist aber auch festzustellen, dass fast zehn Prozent der Banken keine Notwendigkeit für Cloud Computing sehen.

Abbildung 2: Treibende Kraft hinter dem Thema Cloud Computing

Banken sehen einen Fünftel des Workloads bis 2024 in einer Public Cloud

Gemäss einer Schätzung der Boston Consulting Group aus dem Jahre 2021 betreiben Banken weltweit rund 15 Prozent ihres Workloads in einer Public Cloud. Die UBS will künftig einen Drittel des Workloads in der Public Cloud, einen Drittel in der Private Cloud und den restlichen Drittel traditionell auf dem Mainframe betreiben.

Abbildung 3: Schätzung der Verteilung des IT-Workloads im Jahr 2024.

Die Retailbanken gehen davon aus, dass sie in den nächsten drei Jahren mehr als 60 Prozent des Workloads in eine Cloud verlagert haben.[5] Rund ein Fünftel soll in einer Public Cloud, ein Viertel in einer Private Cloud und der Rest in einer Community Cloud betrieben werden. Die Anbieter von Sourcing-Leistungen sehen den gesamten Anteil in der Cloud mit 70 Prozent etwas zuversichtlicher. Der Anteil der Public Cloud wird von den Anbietern mit 17 Prozent leicht tiefer geschätzt als von den Banken.

Die Public Cloud hält vor allem am Arbeitsplatz der Bankmitarbeitenden Einzug

Auf die Frage an die Banken, wofür sie Cloud Computing einsetzen wollen, steht ganz oben auf der Liste der Einsatz am Arbeitsplatz der Mitarbeitenden. Dies lässt sich damit erklären, dass Microsoft für seine Produkte vermehrt auf SaaS-Lösungen setzt. So ist etwa die Video-Conferencing Lösung Microsoft Teams nur noch als Service in der Microsoft Cloud verfügbar. Den zweiten Rang teilen sich zwei Einsatzbereiche der Public Cloud: Erstens die Möglichkeit, in einer Public Cloud effizient Software zu entwickeln und zu betreiben sowie zweitens SaaS-Produkte an der Kundenschnittstelle.

Wenig Zuversicht zeigen die befragten Banken, wenn es darum geht, ihr Kernbankensystem in der Cloud zu betreiben. Offenbar ist den Banken nicht klar, ob der Betrieb des Kernbankensystems in der Cloud bis 2024 technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Während für knapp zehn Prozent der Banken Cloud Computing kein Thema ist, wollen fast 15 Prozent der Banken keine Public Cloud-Dienste nutzen.

Abbildung 4: Bereiche, in denen Banken im Jahr 2024 die Public Cloud einsetzen.

Fazit

Der Zeitpunkt ist auch für kleinere und mittlere Retailbanken gekommen, sich mit Cloud Computing auseinanderzusetzen. Die grossen Banken zeichnen mit ihren Vorstössen mögliche Wege auf. Und tatsächlich zeigt unsere Umfrage, dass sich viele Banken intensiv mit dem Thema Cloud und insbesondere dem Thema Public Cloud befassen. Darüber hinaus scheinen nicht wenige Banken mehr oder weniger konkrete Vorstellungen oder Pläne zur Verlagerung von Workload in die Cloud auf dem Tisch zu haben.

Möchten Sie das Thema mit uns vertiefen? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf (felix.buschor@hslu.ch). Neben Cloud Computing werden weitere interessante Aspekte rund um Sourcing bei Banken am 24. August an der IFZ Sourcing Konferenz 2022 vorgestellt. Hier geht’s zur Anmeldung: (Sourcing Konferenz 2022 | Hochschule Luzern (hslu.ch)).

[1]     Für Banken, die ihr Rechenzentrum ausgelagert haben, bieten in der Regel die Rechenzentrumsbetreiber Private Clouds an.

[2]     SaaS steht für Software as a Service.

[3]     Die Herausforderungen, die sich aus dem Auslandbezug der Public Cloud-Dienste ergeben, ist im folgenden Blog-Beitrag ausführlicher dargestellt: Ist die Nutzung von Public Cloud-Diensten für Banken möglich? | IFZ Retail Banking Blog (hslu.ch).

[4]     Zur Bedeutung von Cloud Computing für Open Banking siehe IFZ Open Banking Studie 2022, verfügbar unter: Publikationen – Banking Services (hslu.ch).

[5]     Um die Workload-Schätzungen der Banken zu aggregieren, wurden diese mit der Bilanzsumme gewichtet.

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