13. Januar 2014

Allgemein,

Grossbanken,

Hypothekargeschäft,

Kantonalbanken,

Kundenorientierung,

Raiffeisenbanken,

Regionalbanken und Sparkassen,

Vertriebsmanagement

Können sich Retail Banken über ihre Produkte differenzieren?

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

„Be different – or die“. Gerade Retail Banken scheint diese Marketingweisheit aus den USA vor grosse Herausforderungen zu stellen. Das Angebot an Produkten und Dienstleistungen gilt nämlich als austauschbar – eine klare Abgrenzung im Wettbewerb scheint schwierig. Wer jedoch im hart umkämpften Wettbewerb um die Gunst anspruchsvoller Bankkunden bestehen will, muss sich von der Konkurrenz differenzieren und rationale sowie emotionale Mehrwerte schaffen können. Darum versucht jede Bank, sich mittels einer klaren Differenzierungsstrategie von den Konkurrenten abzuheben.

Gestützt auf eine Umfrage unter Entscheidungsträgern von Retail Banken wurde im Rahmen der IFZ Retail Banking Studie 2013 aufgezeigt, in welchen Bereichen sich Banken heute gegenüber ihren Konkurrenten gemäss eigener Einschätzung differenzieren und wie sich die Differenzierungsmerkmale gemäss ihrer Einschätzung über die nächsten fünf Jahre verändern.

Insgesamt haben sich 150 der angeschriebenen Personen an der Umfrage beteiligt. Die potenziellen Differenzierungsmerkmale wurden in die sieben folgenden Kategorien unterteilt:

  1. Beratungs- und Servicequalität
  2. Märkte
  3. Produkt- und Leistungsangebot
  4. Zugang zu Kunden
  5. Kundengruppen
  6. Preismodelle
  7. Sonstige Differenzierungsfaktoren

Heute möchte ich im Blog die Resultate zum Differenzierungsaspekt „Produkt- und Leistungsangebot“ vorstellen.

Differenzierung über das Produkt- und Leistungsangebot

Diese Gruppe von Differenzierungsmerkmalen zielt auf das Produkt- und Leistungsangebot von Retail Banken. Zur Auswahl gestellt wurde als möglicher Differenzierungsfaktor einerseits die Bündelung von Produkten (Bundling). Andererseits standen die klassischen Produkte wie Hypotheken, Sparprodukte, Anlageprodukte und die Dienstleistung Zahlen zur Auswahl.

Wie die Auswertungen zeigen, ist es grundsätzlich für Retail Banken schwierig, sich über ihre Produkte zu differenzieren. Dies zeigt sich auch bei dieser Umfrage. Trotzdem geben zwischen 25% (Zahlungsverkehr) bis 52% (Hypothekarprodukte) der Befragten an, sich gegenüber ihren wichtigsten Konkurrenten über ihre einzelnen Produkte differenzieren zu können. Zukünftig wird das wichtigste Produkt von Retail Banken, die Hypothek, ein geringerer Differenzierungsfaktor sein als heute. Dagegen wittern einige weitere Banken die Chance, sich inskünftig über Anlageprodukte differenzieren zu können.

Als deutlich wichtiger wird die Bündelung von Produkten erachtet. Rund 63% aller Befragten geben an, sich in fünf Jahren über die Bündelung von Produkten und Bankdienstleistungen differenzieren zu können. Durch diese Massnahme wird einerseits das Pricing weniger transparent, respektive weniger vergleichbar. Andererseits versprechen sich die Banken dadurch eine geringere Austauschbarkeit ihrer Produkte, respektive eine valable Möglichkeit, die Kundenbindung zu stärken.

Im Bereich der Produkte sind gewisse Unterschiede nach Bankengruppe feststellbar. So werden die Anlageprodukte für die Gruppe der „Weiteren Banken“ und der Kantonalbanken sowohl heute als auch in fünf Jahren als wichtigster Differenzierungsfaktor im Produktebereich erachtet, derweil die Raiffeisenbanken und die Regionalbanken die Hypothek als zentrales Differenzierungs-Produkt einstufen.

Differenzierung über Beratung statt über Produkte?

Viele Banken geben an, sich nicht über die angebotenen Produkte differenzieren zu können. Bei einigen Banken besteht zwar der Wunsch, sich im Bereich der Anlageprodukte differenzieren zu können. Etwas paradox mutet allerdings an, dass die Investment Performance, ein wichtiges Differenzierungskriterium hierfür, unbedeutend bleibt. Auch das Research wird nicht als Differenzierungsfaktor betrachtet.
Als wichtigster Differenzierungsfaktor gilt die Beratungsqualität. Es ist jedoch fraglich, ob sich eine Bank durch gute Beratung von per se austauschbaren Produkten wirklich von einer anderen Bank differenzieren kann – und ob die Beratung wirklich ein Differenzierungsfaktor ist, wenn sich alle Banken durch diesen Faktor differenzieren wollen.

Die IFZ Retail Banking Studie 2013  kann hier bestellt werden. Sie kostet als Einzelbestellung CHF 290.- und bei Sammelbestellungen ab 3 Exemplare 240 CHF, ab 5 Exemplaren 190 CHF und ab 10 Exemplaren 140 CHF pro Exemplar.

Kommentare

5 Kommentare

Andreas Dietrich

16. Januar 2014

Danke für Ihre Kommentare und Bemerkungen. Wir wollten in der oben zitierten Studie auch mittels einer zusätzlichen Frage eruieren, mit welchen Massnahmen die Banken sicherstellen, dass sie heute und in fünf Jahren über genügend freie (finanzielle) Ressourcen für ihre Differenzierungsstrategien verfügen. Was dabei (kurz zusammengefasst) rausgekommen ist: Heute sparen Banken vor allem durch Prozessstandardisierungen Kosten ein, welche sie für die Verfolgung ihrer Differenzierungsstrategien einsetzen können. Als etwas weniger wichtig wird derzeit noch das Outsourcing von Prozessen oder die Automatisierung an der Front erachtet. Eine Reduktion von Personalkosten oder der Marketinginvestitionen sind derzeit keine relevanten Kosteneinsparungs-Ziele. Insgesamt sehen die Banken aber vor allem in diesen Bereichen noch Potenzial, um ihre Differenzierungsstrategien zu "finanzieren".

Antworten

Seminar

16. Januar 2014

Ein wirklich sehr spannender Artikel. Habe diesen mit viel Interesse aufmerksam studiert. Lg, Hp

Antworten

Hansjörg Leichsenring

15. Januar 2014

Sehr spannend, die sechs Differenzierungsmerkmale. Noch spannender ist die Frage, was Banken investieren, um etwas davon umzusetzen. Oder doch lieber weiter Kosten sparen ??? Die anderen machen lassen??? Banken sind "herdengetrieben" und die Chance zur aktiven Differenzierung nutzen leider die wenigsten. Beste Grüße Hansjörg Leichsenring www.der-bank-blog.de

Antworten

Helmut Muthers

14. Januar 2014

Ich habe 8 Jahre lang als Vorstand Banken saniert. Der Erfolg wurde erst möglich, nachdem wir von den Produkten abgekehrt und uns vollständigen Problemlösungen für Kunden zugewendet haben. Auf diesem Weg haben wir als eine der ersten Banken in D Honorare für Baufianzierung, Altersvorsorge, die Regelung der Erbangelegenheiten und im Firmenkundengeschäft realisiert.

Antworten

Ulrich Welzel

14. Januar 2014

Sehr geehrter Herr Prof. Dietrich, Sie schreiben: „Als wichtigster Differenzierungsfaktor gilt die Beratungsqualität. Es ist jedoch fraglich, ob sich eine Bank durch gute Beratung von per se austauschbaren Produkten wirklich von einer anderen Bank differenzieren kann – und ob die Beratung wirklich ein Differenzierungsfaktor ist, wenn sich alle Banken durch diesen Faktor differenzieren wollen.“ Meiner Meinung gibt es in diesem Marktumfeld (das bis 2017 anhalten soll) nur eine Möglichkeit sich zu positionieren: Massive Steigerung der Beratungsqualität und Mehrnutzengenerierung. Jan Carlzon (ex-SAS-CEO) hat es schon 1982 auf den Punkt gebracht: Alles für den Kunden! Das gilt heute mehr denn je. Wenn die Kunden zu ihrem Banker kommen und positiv gestimmt sagen: „Das hätte ich von Ihnen als Banker nicht erwartet!“ dann ist der Berater auf dem richtigen Weg. Das heißt aber, sich nicht auf dem Lob auszuruhen. Mit freundlichen Grüßen Ulrich Welzel

Antworten

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.

Pin It on Pinterest