25. November 2024

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Eine Art «Intranet-ChatGPT»-Lösung für Mitarbeitende – so setzt UBS künstliche Intelligenz ein

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Die Künstliche Intelligenz von Microsoft hält Einzug in den Bankalltag bei der UBS. Im Rahmen des jüngsten Quartalsabschlusses Q3/2024, gab UBS die geplante Einführung von rund 50’000 Microsoft Copilot-Lizenzen bekannt. Zusätzlich hat UBS den KI-Assistenten «Red» vorgestellt, der einen vereinfachten Zugang zu Produktinformationen und Investment-Research ermöglichen soll. In diesem Blog gehe ich auf Red ein, diskutiere den aktuellen Entwicklungsstand und zeige das Potenzial für seine zukünftige Weiterentwicklung auf.

Mit den angekündigten Anwendungen der künstlichen Intelligenz sollen UBS-Mitarbeitende durch KI-gestützte Lösungen in ihrer täglichen Arbeit unterstützt werden. Dies mit dem Ziel, die Effizienz im Kundenservice zu erhöhen. Bis März 2025 sollen die Rollouts abgeschlossen sein.

„Red“ wurde im Sommer 2024 eingeführt und zunächst für eine kleine Testgruppe verfügbar gemacht. Anschliessend wurde der Zugang schrittweise auf weitere Mitarbeitende ausgeweitet, wobei Ende September eine erste grössere Gruppe hinzukam. Derzeit nutzen etwa 7’000 Mitarbeitende «Red». Bis Ende des Jahres 2024 soll das System voraussichtlich etwa 20’000 Mitarbeitenden in der Schweiz, Hongkong und Singapur zur Verfügung stehen. „Red“ soll ihnen einen erleichterten Zugang zu Produktinformationen und Investment-Research bieten, um deren Arbeitsabläufe zu unterstützen und Informationen schneller verfügbar zu machen. Beispielsweise können konkrete Fragen zur passenden Kreditkarte oder eine aktuelle Einschätzung zu einem Aktientitel via Red abgefragt werden (weitere Beispiele siehe unten).

Über Red

Im Kern basiert die Red-Lösung auf der Microsoft-Plattform. Sie wurde als eigenständige Lösung aber dediziert für UBS-spezifische Anwendungsfälle und -prozesse im Kundenservice und Vertrieb weiterentwickelt.

Besonders für Kundenberaterinnen und Kundenberater, die täglich auf umfangreiche und verstreute Informationen angewiesen sind, ist der Zugang zu konsolidiertem Wissen entscheidend. In grossen Organisationen wie UBS existiert eine Fülle an Wissen, das jedoch oft unzureichend verteilt ist. Häufig stellen fragmentierte Informationen, die sich über diverse Tools erstrecken, eine Herausforderung dar. Hinzu kommt die teilweise herausfordernde Navigation durch umfangreiche Dokumente und der zeitaufwändige Prozess, Inhalte für Verkaufsargumente und die Kundenkommunikation aufzubereiten.

Mit Hilfe des generativen KI Tools Red soll das «UBS-Wissen» leichter zugänglich werden und effizienter innerhalb der Organisation verbreitet werden. Red wird derzeit vor allem auch für Kundenberaterinnen und Kundenberater eingesetzt. Red ist dabei eine Art «Intranet ChatGPT» und auch in einem ähnlichen einfachen Design gestaltet wie ChatGPT (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Home Bildschirm von Red

Der Zugriff auf die öffentliche Version von ChatGPT ist für UBS-Mitarbeitende blockiert, um den Datenschutz und die Sicherheitsrichtlinien zu wahren.

Red umfasst verschiedene Bereiche. Im Bereich «General» hat UBS einen Bereich geschaffen, wo Mitarbeitende in einem sicheren, kontrollierten Umfeld auf «ChatGPT für Mitarbeitende» mit externen Informationen zugreifen können. Das entsprechende Angebot wurde speziell für UBS entwickelt und wird in der Schweiz gehostet, um sicherzustellen, dass keine Daten ausserhalb des Unternehmens gelangen.

Die Nutzung von Red erfordert wie auch beim ChatGPT ein gewisses Verständnis dafür, wie man mit gezielten Eingabeaufforderungen (Prompts) arbeitet. Mitarbeitende müssen entsprechend lernen, wie sie präzise und klare Anfragen formulieren, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten.

Red beinhaltet natürlich auch eine integrierte Feedbackschleife, die es den Nutzern ermöglicht, Rückmeldungen zur Qualität der Antworten zu geben. Dieser Mechanismus trägt dazu bei, das Tool kontinuierlich zu optimieren.

Red legt zudem auch klare ethische Richtlinien («Guardrails») fest, um schädliche, voreingenommene oder unethische Handlungen zu verhindern. Diese Leitplanken müssen so präzise wie möglich umgesetzt werden, da sie ein zentrales Thema darstellen – etwas, das bei ChatGPT nicht immer gewährleistet ist.

Anwendungsfälle im Produktebereich

Neben den generellen «externen» Anwendungen gibt es auch verschiedene interne Anwendungsfälle wie zum Beispiel «UBS Investments» und «UBS Products».

Ein gutes Beispiel für einen Anwendungsfall im Bereich Products ist die Bereitstellung von Produktinformationen, die häufig auf Factsheets basiert. Nehmen wir etwa die Frage: „Ist die Kreditkarte XY sinnvoll für eine Person Z, die viel reist und häufig Geld am Bankautomaten abhebt?“. In solchen Fällen folgt die Antwort meist einem standardisierten Aufbau, da dieselben allgemeinen Informationen und Empfehlungen gegeben werden. Die Antworten basieren dabei immer auf dem aktuellsten Factsheet. Für einige Kundenberaterinnen und Kundenberater ist dies weniger relevant, während es bei komplexeren Fragen für andere – insbesondere für Neue – besonders wichtig ist, konsistente und aktuelle Informationen zu erhalten.

Zentral ist aus meiner Sicht, dass man nicht «nur» Antworten erhält, sondern Red auch die Quelle direkt im Tool anzeigt, was Navigationszeit spart. Über die entsprechenden Links kann man zur Originalquelle gelangen oder das Originaldokument herunterladen (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Antworten inklusive der Angabe der entsprechenden Quellen

Interessant finde ich auch Anwendungsfälle im Bereich «UBS Investments». Unter UBS Investments beispielsweise können UBS-Mitarbeitende und Kundenberaterinnen und -berater auf interne von UBS «kuratierte» Informationen zu den Finanzmärkten und Investitionsmöglichkeiten zugreifen. Der KI-Assistent Red ist mit Tausenden von Dokumenten verbunden, und die Wissensdatenbank wächst stetig weiter, um wichtige Funktionen innerhalb der Bank zu unterstützen. Red zeigt den Nutzenden themenrelevante Beispiele für Eingaben an («prompts»), damit die Nutzerinnen und Nutzer besser verstehen, welche Informationen man abholen kann.

Fragt ein Endkunde beispielsweise nach einer Einschätzung von UBS zu Palladium, kann der Kundenberater oder die Kundenberaterin in Red die aktuellste Einschätzung dazu abrufen, inklusive eines Links zu den entsprechenden Dokumenten, in denen die Analysen und Überlegungen dargestellt werden.

Die Kundenberaterinnen und Kundenberater können diese Dokumente nach dem Gespräch an die Kundschaft senden oder während eines Beratungsgesprächs die Informationen direkt über Red abrufen und dem Kunden rasch eine Zusammenfassung zur jeweiligen Frage liefern.

Abbildung 3: Einschätzung zu Gold (via Red)

Aktueller Content stellt für solche Lösungen eine Herausforderung dar, insbesondere, wenn es um zeitkritische und regelmässig aktualisierte Inhalte vom CIO-Office geht. Hier greift eine spezielle Logik, die bestimmt, welche Artikel noch gültig sind und welche ihre Relevanz verloren haben. Sobald ein neuer Artikel veröffentlicht wird, wird er direkt in den Scope aufgenommen und entsprechend berücksichtigt.

Fazit

Der Nutzen von Red liegt vor allem in der Erhöhung der Qualität, der Verbesserung der Effizienz und der Möglichkeit, mit der Erweiterung weiterer Use Cases das UBS-Wissen noch breiter abzudecken. Dies führt zu einer zunehmend optimierten Nutzung des Tools und ermöglicht es, Prozesse noch effizienter zu gestalten. Zudem wird das Wissen der Organisation besser verbreitet, da es nicht nur auf eine zentrale Wissensquelle zugreifen kann, sondern es vor allem einfacher wird, mit gezielten Fragestellungen und Prompts direkt zu den entsprechenden Lösungen zu gelangen. Dies stellt einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zu älteren Intranet-Lösungen dar.

Auch für neue Mitarbeitende kann Red ein Effizienzvorteil bedeuten, da sie schnell auf die benötigten Informationen zugreifen können. So können neue Mitarbeitende rasch die richtigen Informationen erhalten und gleichzeitig die Qualität und Transparenz der Antworten gewährleisten.

Insofern finde ich die Lösung sinnvoll und interessant – es ist aber noch immer der Anfang. Bereits beim Durchdenken verschiedener Möglichkeiten und weiterer Use Cases wird deutlich, wie gross das Entwicklungspotenzial ist. Aktuell ist Red ausschliesslich für UBS-Mitarbeitende konzipiert und nicht für Endkunden vorgesehen. Dabei besteht aber ein grosses Potenzial für zukünftige Schnittstellen zur Kundschaft, zum Beispiel bei beratungsintensiven Gesprächen als unterstützendes Tool. Denkbar sind künftig zudem erweiterte und interaktive Informationsangebote auf Webseiten bis hin zu UBS-(Red)Bots, die direkt mit den persönlichen Bots der Kundinnen und Kunden kommunizieren.

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