24. März 2025
Im Januar haben wir den CEX Trendradar veröffentlicht. Fazit: Grosses Engagement, viel Enthusiasmus, aber zu wenig strategisch konsequente Integration von Systemen, Prozessen und operativer Umsetzung. Der AI-Höhenflug hält an. Nun liegt der CEX Trendradar für Banking vor und es zeigt sich: AI wird auch im Schweizerischen Retail Banking langsam produktiv. Dieser Blogpost zeigt die wichtigsten Entwicklungen im Kundenmanagement schweizerischer Banken auf.
Ende Januar haben wir zum sechsten Mal den CEX Trendradar vorgelegt. Auf 140 Seiten ist die Entwicklung einzelner Trends, die Verschiebung von Prioritäten und die Geschwindigkeit, mit der sich Themen bei den Unternehmen durchsetzen, besonders spannend zu registrieren. Wie immer basieren unsere Ergebnisse auf eigenen Untersuchungen und neu entwickelten Instrumenten, vielen Gesprächen und Diskussionen, präsentierten Leuchtturm-Projekten, sowie methodisch nachvollziehbaren Studien. Wir untersuchen den Stand des Kundenmanagements in der DACH-Region jeweils für sieben verschiedene Branchen im Detail. Dabei ist die Banking-Untersuchung traditionell die erste Auskopplung. In diesem Blog möchten wir daher aufzeigen, was das genau für Schweizer Retail Banken bedeutet.
Unserer Prognosen für 2025 betrachten wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge. So sehr wir uns über das Engagement – z.B. bei Voice-of-the-Customer-Programmen, Personalisierung oder Generative AI freuen, so sehr sehen wir mit Sorge die Defizite bei der zielgerichteten Analyse und Nutzung von Daten sowie die fehlende organisatorische und technologische Verknüpfung und Vernetzung der CX-Massnahmen. Dies ist besonders deutlich beim Customer Journey Management und bei der Multiexperience. Häufig ist der Kundenservice über Beratungscenter oder Call Center Organisationen nur unzureichend in organisationsweite CX-Programme eingebunden. Budgets werden nicht zielgerichtet eingesetzt. Hier fehlen offenbar schlicht die Ideen für eine organisatorische Veränderung vom Cost Center zum Value Center. Personalisierung und vor allem Individualisierung durch Generative AI sowie Conversational Automation bei Sprach- und Chatbots werden auch in 2025 weiterhin stark im Fokus stehen. Hier werden die begonnenen Pilotierungen vorangetrieben.
Im Trendradar 2025 haben wir zwei Trends umbenannt und in Bezug auf die Begrifflichkeit erweitert. Aus Marketing Automation wird Personalisation Automation; dies spiegelt nach unserem Verständnis sehr viel besser wider, dass Personalisierung weit über den Einsatz in Marketing Automation hinausgeht. Die Service Cloud wird zur CX-Cloud. Die Grenzen der Customer Service Systeme zu anderen Software-Kategorien wie z.B. Customer Engagement oder Digital Customer Experience verschwimmen immer mehr. Mit dem Begriff CX-Cloud fassen wir alle diese Kategorien unter einem Dachbegriff zusammen. Hier werden gerade für Banken Echtzeit-Anwendungen möglich. In der folgenden Abbildung haben wir einmal in Blau markiert, welche Unterscheide wir im Banking im Vergleich zum branchenübergreifenden CEX Trendradar 2025 sehen.
Abbildung 1: CEX Trendradar 2025 Banking
In der Folge möchten wir kurz skizzieren, in welchen Bereichen wir im Vergleich zu anderen Branchen Defizite sehen. So haben beispielsweise die technologischen Möglichkeiten der Personalisierung von Botschaften und Inhalten in Marketing, Vertrieb und Kundenservice in diesem Jahr einen rechten Sprung gemacht (Trend 17 Personalisation Automation). Banken hinken hier aus zwei Gründen deutlich zurück. Zum einen gelingt es gerade schweizerischen Retail Banken zu selten, wirklich strukturiertes Wissen zu den «Jobs-to-be-done» ihrer Kunden zu erhalten (Trend 7 Outside Insight). Banking funktioniert (zumindest in der Schweiz und auch in Deutschland) noch sehr reaktiv. Kunden kommen in die Filiale oder rufen an und teilen ihre Anliegen mit. Weder ist den Banken klar, welches Potential in diesem Moment für einen Mehrverkauf an Produkten vorliegt (Trend 8 Value Management) noch sind sie in der Lage, anliegenbezogen automatisiert zu reagieren. Das liegt vor allem auch daran, dass Banken grösstenteils nach wie vor die Kundendaten in statischen Systemen wie den Kernbankensystem (meist von den Herstellen Avaloq oder Finnova) vorhalten, wie die IFZ-Studie «Data ist the new Oil» von 2023 zeigt. Diese Systeme sind jedoch nicht geeignet, während des Kontaktes mit dem Kunden eine 360 Grad Sicht am Beraterarbeitsplatz zu generieren. Auch bleiben damit Mehrverkaufspotentiale unentdeckt, sofern sie nicht im Beratungsgespräch durch den Berater systematisch erarbeitet werden. Um eine solche proaktive Beratung und ein Ansprechen hochwahrscheinlicher Kundenbedürfnisse möglich zu machen, müssen die relevanten Daten jedoch in Echtzeit ausgewertet werden und zu Kaufwahrscheinlichkeiten aggregiert werden. Das gelingt jedoch nur mit der Implementierung einer Customer Data Platform (Trend 12 Customer Data Platforms).
Die oben skizzierten Herausforderungen sind jedoch häufig nur Ausdruck einer organisatorisch-strategisch sowie kulturell mangelhaft verankerten Ausrichtung auf den Kunden (Trend 1 CX-Kultur). Häufig liegen in mittleren und grossen Retail Banken in der Schweiz starke Silo Strukturen vor. Diese werden auch gerade von Kunden mit vielen Bankbedürfnissen wahrgenommen, wie die IFZ-Touchpointstudie von 2024 zeigt. So nahmen Kunden deutliche Unterschiede im Verhalten der dezentral geführten Beratungsorganisation im Vergleich zum eBanking oder dem Marketing der Bank aus der Zentrale heraus wahr. Wir empfehlen hier die Etablierung einer CX-Governance und den entsprechenden Betriebsmodellen (Trend 5 CX Governance).
Es hat sich in exzellenten kundenorientierten Organisationen dabei durchgesetzt, ein CX-Governance Gremium zu entwickeln, in dem Beteiligte aus Marketing, Beratung und Service sowie Finance, Legal und Compliance sitzen. Sie beurteilen alle kundenorientierten Initiativen der Bank nach ihrem Impact auf ihren Beitrag zur CX-Vision und Strategie sowie aus der Perspektive der jeweiligen Abteilung. Ausserdem stösst das Gremium Entwicklungsprojekte an, verteilt Initiativen und überblickt sie ganzheitlich. Ausgangspunkt der Veränderung müssen jeweils die vereinbarten Kennzahlen und das verfügbare Kundenwissen sein.
Abbildung 2: Kundenorientierte Organisation
Gesamthaft sind wir der Ansicht, dass 2025 ein Jahr der Integration und Vernetzung von CX-Massnahmen mit Systemen, Daten und Geschäftsprozessen wird. CX Governance wird wichtig, um eine auf den Kunden ausgerichtete Organisation zu schaffen. Viele Organisationen sind nach wie vor isoliert agierend und nicht für eine bereichsübergreifende Arbeit ausgelegt. CX muss das Bindegewebe sein, das die Organisation vernetzt und kundenfokussiert ausrichtet.
Den vollständigen Trendbericht erhalten Sie auf https://cex-trendradar.de. Die Inhalte des CEX Trendradar Banking fliessen in die IFZ-Programme CAS Sales und Marketing im Banking und CAS Digital Banking sowie den Fachkurs Artificial Intelligence im Banking ein.
Kommentare
1 Kommentare
Yves
24. März 2025
Guten Tag, kann Abbildung 1 in höher Auflösung nochmals hochgeladen werden? Aktuell ist der Text auf dem Bild nicht lesbar/zu verpixelt. Besten Dank und freundliche Grüsse
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.