19. Mai 2025

Bankstrategie,

ESG,

Hypothekargeschäft,

Kreditgeschäft,

Nachhaltigkeit,

Studie

Nachhaltige Finanzierungen in der Schweiz: Wo stehen wir?

Von Nadine Berchtold

Nachhaltige Finanzierungsprodukte gewinnen in der Schweiz zunehmend an Bedeutung. Banken und Finanzinstitute stehen unter wachsendem Druck, umweltfreundliche und sozial verantwortliche Finanzierungsmodelle anzubieten. Doch wie entwickelt sich der Markt? Welche Produkte gibt es in der Schweiz, und wie gut sind sie vergleichbar? Ein Marktvergleich gibt Aufschluss. Im Sustainable Lending Monitor 2024, welcher das Institut für Finanzdienstleistungen IFZ in Zusammenarbeit mit der SIX erstellt hat, befindet sich eine umfassende Analyse.

Nachhaltige Immobilienfinanzierung: Wachstum mit Herausforderungen

Grüne Hypotheken sind eines der etabliertesten nachhaltigen Finanzierungsprodukte in der Schweiz. Banken gewähren Zinsrabatte für Immobilien, die hohe Energieeffizienzstandards erfüllen. Letztes Jahr waren es bereits 36.5% der untersuchten Banken (total 85), mit grünen Hypotheken in ihrer Produktpalette.

Die durchschnittliche Zinsreduktion liegt bei 0.38 Prozentpunkten, mit Maximallaufzeiten von durchschnittlich 9.5 Jahren. Allerdings sind die Kriterien für grüne Hypotheken uneinheitlich: Während GEAK und Minergie fast immer als Standards anerkannt werden, gibt es keine allgemeingültige Definition. Dies erschwert die Vergleichbarkeit zwischen Banken. Die Hypotheken unterliegen in der Regel einem Maximalbetrag. Dieser liegt im Durchschnitt bei CHF 965’00.

Noch flexibler sind sogenannte grüne Renovationskredite, die gezielt nachhaltige Modernisierungen fördern, wie den Austausch fossiler Heizungen oder die Installation von Solaranlagen. Diese Kredite werden oft mit im Vergleich leicht höheren Zinsrabatten belohnt von 0.44 Prozentpunkten. Die durchschnittliche Maximallaufzeit ist mit 7.5 Jahren jedoch etwas kürzer.

Grüne HypothekenGrüne
Renovationskredite
Kreditmodell FesthypothekFestzinskredit
ZinsreduktionMittelwert Median0.38 Prozentpunkte
0.35 Prozentpunkte
0.44 Prozentpunkte
0.35 Prozentpunkte
HöchstlaufzeitMittelwert Median9.5 Jahre
10 Jahre
7.5 Jahre
10 Jahre
MaximalbetragMittelwert MedianCHF 965’000
CHF 625’000
CHF 615’000
CHF 250’000
KreditbedingungMessinstrumentGEAK oder Minergie BaustandardHeizungsersatz, Solaranlage oder Photovoltaik

Tabelle 1: Durschnittlicher nachhaltiger Immobilienkredit am Schweizer Markt

Zu Beginn der nachhaltigen Immobilienfinanzierungen waren die Produkte vor allem Privatkunden mit Einfamilienhäusern vorbehalten. Erst in den letzten Monaten beobachten wir, dass die Hypotheken auch für Mehrfamilienhäuser und Geschäftsliegenschaften angeboten werden. Die Maximalbeträge und Maximallaufzeiten schränken die Nutzung solcher Produkte aber dennoch ein.

Nachhaltige Unternehmenskredite: Noch ein Nischenmarkt

Während grüne Hypotheken in der Schweiz zunehmend etabliert sind, bleibt der Markt für nachhaltige Unternehmenskredite verhalten. Zwei Modelle dominieren: Sustainability-Linked Loans (SLL) und Green / Social / Sustainable Loans (GSSL).

Bei Sustainability-Linked Loans (SLL) ist die Kreditverzinsung an Nachhaltigkeitsziele gekoppelt. Erreicht ein Unternehmen definierte Kennzahlen (z. B. CO₂-Reduktion oder Verbesserung von ESG-Ratings), sinkt der Zinssatz. Je nach Ausgestaltung liegt die durchschnittliche Auswirkung auf die initiale Zinsmarge bei rund 5 Basispunkten.[1] Der Kredit ist nicht zweckgebunden und kann somit für die reguläre Betriebsfinanzierung verwendet werden. Dies hält den Überwachungsaufwand und die damit verbundenen Kosten tief.

Neben dem SLL gibt es noch Green / Social / Sustainable Loans (GSSL). Im Vergleich zu SLL sind GSSL noch weniger verbreitet und erreichten global nur einen Bruchteil des Kreditvolumens von SLL.[2] Diese Kredite sind zweckgebunden und dürfen nur für nachhaltige Projekte (z. B. erneuerbare Energien, soziale Infrastruktur) verwendet werden. Es wird empfohlen, mit externen Prüfstellen zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Kreditmittel zweckgebunden eingesetzt werden. Der klare Projektbezug schafft zwar Transparenz, ist aber in der Umsetzung wesentlich aufwendiger.

Nur wenige Banken (z. B. Zürcher Kantonalbank, UBS, Basler Kantonalbank) bieten SLL und GSSL proaktiv an auf ihren Websites an. Dabei machen sie keine Angaben zu den klaren Kreditanforderungen und -konditionen. In der Praxis richten sich die Kredite vorwiegend an Grosskunden und werden in Form von Konsortialkrediten vergeben. Für kleinere Unternehmen stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis oft nicht.

Nachhaltige Unternehmenskredite haben Potenzial, sind aber in der Schweiz noch wenig etabliert. Mehr Transparenz und standardisierte Kriterien könnten das Wachstum fördern, indem dass sie auch für kleinere Unternehmen zugänglicher werden.

Volumen nachhaltiger Finanzierungen bleibt unbekannt

Das Volumen von nachhaltigen Finanzierungen kann aktuell nicht beziffert werden. Dies hat folgenden Hauptgrund. Viele der nachhaltigen Kredite werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vereinbart. Somit besteht keine Pflicht zur Offenlegung dieser Kredite und der Konditionen – weder für die Bank noch für die Kreditnehmerin. In der Europäischen Union kennt man seit Anfang 2024 die Green Asset Ratio (GAR). Sie beschreibt vereinfacht den Anteil des nachhaltigen Geschäfts an der Bilanzsumme. Damit könnten Banken theoretisch transparent miteinander verglichen werden. Wenn sie dafür jedoch das Volumen der oben beschriebenen Kredite summieren und ins Verhältnis zur Bilanzsumme stellen, so zeigt das nicht das effektive Bild. Solange noch konventionelle Kredite für nachhaltige Projekte vergeben werden (was auch in Zukunft erwartet wird), ist diese Klassifizierung unzureichend. Für die Einstufung der Kredite an Privat- und Firmenkunden bräuchten die Banken somit weitere Daten und eine einheitliche Definition. Daten, über welche sie bislang oft noch gar nicht verfügen und eine Definition, die in der Schweiz nicht existiert.

Fazit und Ausblick

Grüne Hypotheken sind inzwischen weit verbreitet, während Unternehmenskredite für Nachhaltigkeit noch in der Nische bleiben. Ein weiteres Wachstum des Angebots wird nicht erwartet, es fehlen klare Differenzierungsmerkmale. Die Angebote werden jedoch zunehmen auch für Geschäftskunden zugänglich sein, was deren realwirtschaftliche Wirkung erhöht.

Während der Fokus bislang auf der ökologischen Dimension lag, könnte die soziale Nachhaltigkeit – beispielsweise Finanzierungen für bezahlbaren Wohnraum oder nachhaltige Arbeitsplätze – stärker in den Mittelpunkt rücken.

Das Schweizer Angebot im Bereich der nachhaltigen Finanzierung hat sich in den letzten Jahren nur noch leicht verändert. Im nächsten Schritt müssten die bestehenden Angebote noch besser mit den Kundenbedürfnissen in Einklang gebracht werden, so dass diese für die Endkunden attraktiver werden. So wäre ein Volumenwachstum denkbar. Derzeit unterscheiden sich die Angebote noch zu wenig und die Bekanntheit der Produkte bei Finanzierungssuchenden ist zu klein.


[1] Loumioti & Serafeim, 2022

[2] Schiereck & Pohl, 2023

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.

Pin It on Pinterest