9. November 2015
Crowdlending wurde in der Schweiz lange Zeit nur für private Kreditnehmer angeboten. Als Schweizer Pionier in diesem Bereich vermittelt Cashare seit 2008 Darlehen (Konsumkredite) zwischen Privatpersonen. Seit einigen Monaten gibt es hierzulande auch für KMU die Möglichkeit, über Crowdfunding an Kredite zu gelangen. Im nachfolgenden Artikel wird zunächst kurz die Marktentwicklung im Ausland betrachtet. Danach werden die drei Schweizer Player Cashare, CreditGate24 und miteinander-erfolgreich.ch vorgestellt.
Der Crowdlending (auch P2P Lending genannt) Markt ist von allen Teilmärkten des Crowdfundings in der Schweiz im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 am stärksten gewachsen. Das Volumen stieg von CHF 1.8 Millionen auf CHF 3.5 Millionen, was fast einer Verdoppelung entspricht. Die Anzahl Kreditgesuche stieg von 116 auf 214, wovon sämtliche erfolgreich finanziert wurden. Das durchschnittliche Kreditvolumen betrug im Jahr 2014 rund CHF 16’200. Damit ist die durchschnittliche Kreditsumme im Crowdlending sehr ähnlich wie der durchschnittliche Konsumkredit per Ende 2014 (vgl. IFZ Crowdfunding Monitoring 2015). Dies ist nicht weiter überraschend, war es doch bis zum März dieses Jahres in der Schweiz nur für Privatpersonen möglich, Konsumkredite über Crowdfunding aufzunehmen. Seit einigen Monaten werden nun auf den drei Schweizer Plattformen Cashare, CreditGate24 und miteinander-erfolgreich.ch der Basellandschaftlichen Kantonalbank auch Kredite für KMU vermittelt.
Grossbritannien und USA schon weit entwickelt
Ein kurzer Blick über die Grenze zeigt, dass sich der Markt für KMU-Crowdlending in der Schweiz noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Ausländische Märkte, insbesondere die USA, Grossbritannien und teilweise auch Deutschland, sind hier deutlich weiter. Hierzu einige Fakten:
Und in der Schweiz?
In der Schweiz gibt es in der Zwischenzeit mit Cashare, CreditGate24 und der Basellandschaftlichen Kantonalbank drei Player im KMU Crowdfunding Markt. Nachfolgend möchte ich einige Charakteristiken dieser Plattformen aufzeigen:
miteinander-erfolgreich.ch
Seit Ende Juli 2015 können auf der Crowdfunding-Plattform der Basellandschaftlichen Kantonalbank BLKB miteinander-erfolgreich.ch Crowdlending Kredite für KMU beantragt werden. Auf der Plattform können Unternehmen, welche seit mindestens drei Jahren bestehen, Kredite zwischen CHF 20’000 und CHF 100’000 aufnehmen. Die Zinsfestsetzung läuft in einem Auktionsverfahren ab. Die BLKB legt bewusst selber kein Kreditrating fest. Der Mindest-Investitionsbetrag für einen Geldgeber beträgt dabei CHF 5‘000. Bisher wurde erst ein Kredit mit einem Gesamtvolumen von CHF 70‘000 ausgeschrieben. Die Finanzierung kam aber nicht zustande (Gebote in der Höhe von „nur“ CHF 25‘000). Aktuell sind auf der Seite keine KMU-Kredite aufgeschaltet.
Cashare
Bei Cashare können seit dem 31. August 2015 auch KMU Kredite nachfragen (dafür wird der Bereich Crowdsupporting/reward-based Crowdfunding nicht mehr angeboten). Die Vermittlung der Darlehen und die Festsetzung des Zinssatzes erfolgen in einem Auktionsverfahren. Es können nur im Handelsregister eingetragene Schweizer Unternehmen, welche seit mindestens zwei Jahren bestehen und einen Umsatz von mehr als CHF 100‘000 ausweisen einen Kredit über die Plattform beantragen. Die Plattform erlaubt es – im Gegensatz zu CreditGate24 – dass die Kreditgeber direkt und für alle Interessenten ersichtlich mit den Kreditnehmern kommunizieren (sogenannte „Kommentarfunktion“). Im Gegensatz zur BLKB stellt Cashare seinen potenziellen Darlehensgebern, ähnlich wie CreditGate24, ein Rating mit 5 Kategorien zur Verfügung. Am 21. Oktober wurde zum ersten Mal ein KMU-Kredit vollständig finanziert. Für die Expansion einer Übersetzungsfirma konnte über die Crowd CHF 12‘000 gesammelt werden. Dabei gingen insgesamt 985 (!!) Gebote ein. Der Zinssatz betrug durchschnittlich 6.4 Prozent. Das Darlehen wurde schlussendlich von 11 Kreditgebern finanziert. Ein weiterer Kredit in der Höhe von CHF 100‘000 konnte am 4. November finanziert werden (insgesamt 41 Gebote; schlussendlich von 20 Personen finanziert; der durchschnittliche Zinssatz beträgt 9.8 Prozent). Derzeit sind vier weitere KMU-Kredite in der Höhe von insgesamt CHF 310‘000 auf der Plattform zu finden. Der Kredit über CHF 200‘000 wurde aber bereits finanziert, was meines Wissens in Bezug auf die Kredithöhe „Schweizer Rekord“ ist. Insgesamt zeigt sich der Gründer von Cashare, Michael Borter, bisher positiv überrascht – auch von der Anzahl Kreditanfragen.
CreditGate24
Bei CreditGate24 können seit März 2015 KMU-Kredite beantragt werden. Die derzeitige Eingabemaske für Kreditnehmer ist aber noch klar auf Konsumkredite ausgerichtet. Zurzeit ist die Plattform aber daran, eine spezifische Eingabemaske für KMU zu erstellen. Diese sollte im ersten Quartal 2016 live gehen. Geplant ist, dass der maximale Kreditbetrag für Blankokredite CHF 120‘000 beträgt. Für besicherte Kredite gibt es keine Limiten. CreditGate24 unterscheidet im KMU-Markt zwischen insgesamt drei Rating-Klassen mit jeweils fünf Untergruppen. Im Gegensatz zu den anderen beiden Plattformen wird nicht ein Auktionsmodell angewandt, sondern der Zinssatz wird basierend auf der Einschätzung von CreditGate24 festgelegt. Interessant ist das Modell der „Solidaritätsklausel“ innerhalb der drei Rating-Klassen. Um den Verlust bei einem potenziellen Kreditausfall zu reduzieren, hat CreditGate24 ein Risikopooling durch eine sogenannte Solidaritätsklausel eingeführt. Fällt ein Kredit aus, wird der ausgefallene Kreditbetrag proportional auf alle Anleger von Krediten der gleichen Ratingstufe verteilt. So erreicht der individuelle Anleger eine bessere Risikodiversifikation, ohne in Dutzende von Kreditprojekte investieren zu müssen. Dies funktioniert natürlich nur, wenn bereits mehrere Kredite in derselben Kategorie finanziert wurden. Die ganze Idee finde ich interessant; gleichzeitig habe ich aber festgestellt, dass die Meinungen in Bezug auf die Rechtsmässigkeit dieses Modells auseinandergehen (Stichwort: KAG). Obwohl bis anhin noch keine spezifische KMU-„Kreditmaske“ vorhanden ist, wurden insgesamt bereits acht KMU-Kredite in der Höhe von rund CHF 300‘000 vergeben.
Fazit
Crowdlending ist für Investoren aufgrund der bisher niedrigen Ausfallraten und der vergleichsweise hohen Renditen eine interessante neue Anlageklasse. Insofern erstaunt es nicht, dass die Anzahl der potenziellen Kreditgeber zumindest in der Schweiz in den vergangenen Jahren deutlich stärker angestiegen ist als die Anzahl der Kreditnehmer. Logisch ist nun auch der nächste Schritt, Crowdlending nicht nur für private Konsumkredite, sondern auch für KMU anzubieten. Vor allem in den kapitalmarktbasierten Finanzsystemen von Grossbritannien und den USA erfreut sich diese Form von Crowdfunding derzeit schon grosser Beliebtheit.
Ob Schweizer Plattformen den Erfolg dieser ausländischen Vorbilder in die Schweiz transferieren können und wie nachhaltig sich eine solche Plattform im Markt für KMU etabliert, wird sich zeigen. Ich erwarte, dass zumindest mittelfristig der Grossteil der KMU sich weiterhin über die klassischen Bankkredite finanziert. Crowdlending hat jedoch als Ergänzung zu KMU-Bankkrediten und als Nische durchaus eine Chance. Der Erfolg dürfte aber nicht zuletzt auch von den hiesigen regulatorischen Rahmenbedingungen abhängen. Vor allem die Regel, dass pro Kredit maximal 20 Darlehensgeber zugelassen werden, passt nicht zur Idee des P2P-Lending und hemmt die Marktentwicklung, insbesondere wenn einmal grössere Kreditbeträge finanziert werden sollen. Diese Beschränkung stützt sich auf die Bankenverordnung, welche für Darlehensnehmer mit mehr als 20 sogenannten Publikumseinlagen eine Banklizenz vorschreibt.
Des Weiteren ist es für die Plattformen auch anspruchsvoll, ein gutes Rating-Tool zu haben, welches die eintreffenden KMU-Gesuche (heterogen nach Branche, Grösse, etc.) möglichst vollautomatisiert und korrekt beurteilt. Dies ist im Bereich der Konsumkredite aufgrund der geringeren Komplexität weniger anspruchsvoll. Einmal abgesehen von diesen Herausforderungen kann der Crowdlending-Markt für die entsprechenden Plattformen aber durchaus als (Wachstums-)Chance betrachtet werden.
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