Am 19. November 2015 fand die vierte IFZ Retail Banking Konferenz in Zug statt. Auch dieses Jahr war die Konferenz mit 140 Teilnehmern ausgebucht. Neben der Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie haben auch verschiedene hochkarätige Referenten interessante Vorträge gehalten und an einer spannenden Paneldiskussion teilgenommen. Nachfolgend möchte ich einige Kernaussagen der Referenten kurz zusammenfassen:
Prof. Dr. Andreas Dietrich, Hochschule Luzern – Wirtschaft, IFZ: Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2015
Dr. David Sarasin, CEO Bank Linth LLB AG: Strategie und Geschäftsmodell der Bank Linth
Die Bank Linth (Bilanzsumme: CHF 6.2 Milliarden) beschäftigt sich sehr aktiv mit Zukunftstrends. Dabei sieht sie für sich die höchste Relevanz in der neuen demographischen Realität, der Digitalisierung, der Individualisierung, dem Regulierungsdruck sowie in der Einfachheit. Insbesondere das Nutzenversprechen „Richtig einfach“ wird bereits konsequent gelebt.
In den vergangenen Jahren wurde die Wertschöpfungsarchitektur konsequent verschlankt, wobei möglichst alles ausgelagert wurde was nicht vertriebsnah ist. Die traditionelle Regionalbank wurde somit zu einer regional tätigen Vertriebsbank. Durch das Outsourcing wurde auch die Anzahl Mitarbeiter von 256 (2011) auf 196 (2014) reduziert. Mittlerweile sind rund drei Viertel aller Mitarbeiter im Vertrieb tätig (2011: 65%).
Obwohl in der Vergangenheit fünf Standorte geschlossen wurden, investiert die Bank in den nächsten Jahren rund CHF 25-30 Millionen in die Umrüstung der verbleibenden 19 Filialen. Dabei geht sie sowohl bei der Gestaltung der Filialen wie auch bei der Schulung der Kundenberater neue Wege.
Robert Oudmayer, CEO Cembra Money Bank AG: Entwicklungen und Perspektiven der Cembra Money Bank
Die Cembra Money Bank hat gemäss eigenen Aussagen im Schweizer Konsumkreditmarkt einen Marktanteil von 38.2 Prozent und verfügt über 700‘000 Kundinnen und Kunden. Die Zinsmarge betrug im vergangenen Jahr 7.4 Prozent, derweil nur 0.5 Prozent der Zahlungsrückstände als gefährdet eingestuft werden.
Cembra will sich bei technologischen Entwicklungen als Fast-Follower positionieren. Obwohl Online-Kreditanträge angeboten werden (die Webseite ist auch für den Zugriff via Smartphone optimiert), schliesst noch immer die Hälfte der Kunden die Konsumkredite in einer der 25 Filialen ab.
Crowdlending (P2P-Lending) sieht Oudmayer in den nächsten fünf Jahren noch nicht als Gefahr für etablierte Konsumkreditbanken. Dabei erachtet er unter anderem eine mögliche Regulierung des Crowdlending als wachstumshemmend. Der Grund für die bisherige Zurückhaltung der Regulierungsbehörde sei die vernachlässigbare Grösse des Crowdlending Markts.
Im Bereich des POS-Zahlungsverkehrs, wo die Cembra Money Bank seit 2006 mit Kreditkarten am Markt ist (u.a. Kooperation mit Migros), strich er die Vorzüge der NFC-Technologie hervor. Kontaktlose Kartenzahlungen sind in Bezug auf die Einfachheit und Geschwindigkeit schwer zu schlagen.
Dr. Florian Moser, Business & Product Development Fidor Bank AG: Fidor Bank – FinTech oder Banking
Gemäss Fidor wird Banking von den Kunden als austauschbar und unattraktiv wahrgenommen. Die Bank geht daher von einem Trend zur wachsenden Macht des Kunden aus. Dieser fordert unter anderem Erreichbarkeit rund um die Uhr, zeitsparende Prozesse (sog. „60-seconds Banking“), Transparenz und Interaktivität.
Diese Interaktivität fördert Fidor mit ihrer Community-Funktion, wo die Mitglieder Fragen stellen und beantworten, aber auch eigene Produktvorschläge einbringen können. Aktuell erreicht Fidor damit rund 400‘000 Teilnehmer, wovon etwa 15‘000 als aktiv gelten.
Für die Fidor Bank ist vor allem das open API Banking zentral. Das Fidor Konto wird dank API zu einem offenen und digitalen Marktplatz für Finanzdienstleistungen (Stichwort „Unbundling“ einer Bank). Dadurch können auch Angebote von anderen Marktplayern (z.B. Crowdfunding, Ripple Wallet, etc.) direkt eingebunden werden.
Martin Scholl, CEO Zürcher Kantonalbank: Zürcher Kantonalbank – Eine Universalbank aus Überzeugung!
Martin Scholl gibt sich überzeugt, dass die ZKB nie Aktivitäten ins Ausland auslagern werde. Die Kundennähe sei sakrosankt. Jedoch sei es auch nicht ausgeschlossen, dass die ZKB auch einmal Filialen schliesst. Gemäss Scholl wird die ZKB aber immer das dichteste Filialnetz im Kanton Zürich haben. Dies sei für die ZKB auch eine Markenfrage.
Mit technologischen Entwicklungen wie der Bezahl-App Paymit sowie Video-Anrufen zeigt sich die ZKB fortschrittlich. Im Bereich der Videoberatung seien die bisherigen Erfolge aber „überschaubar“.
Gemäss Scholl ist die ZKB mit viel Eigenkapital ausgestattet. Aus seiner Sicht ist es aber irreführend und auch störend, dass die beiden Grossbanken bei der regulatorischen Hinterlegung von Krediten mit Eigenkapital durch die Benutzung von internen Berechnungsmodellen de facto weniger Eigenkapital hinterlegen müssen als die ZKB (welche das Standardmodell verwendet). Nichtsdestotrotz habe das Faktum, dass die ZKB seit zwei Jahren als „systemrelevant“ eingestuft wird, keinen Einfluss auf das Geschäftsmodell der ZKB.
Paneldiskussion: «Digitalisierung – Trends und Risiken» mit Holger Spielberg (Managing Director, Digital Private Banking Credit Suisse), Michael Stemmle (CEO additiv), Johannes Höhener (Head Digital Banking Initiatives Swisscom) und Dr. Florian Moser (Fidor Bank), geleitet von Prof. Dr. Nils Hafner (IFZ)
Die Digitalisierung stellt für viele Banken nicht nur auf technologischer Ebene, sondern auch in Bezug auf die Unternehmenskultur eine grosse Herausforderung dar. Eine Möglichkeit damit umzugehen, ist Personen von ausserhalb der Branche in die Banken zu holen. Die Orientierung an anderen Branchen kann hier helfen (Beispiel e-commerce).
Grossen Bedarf gibt es auch in der Weiterbildung der Mitarbeitenden sowie der Verwaltungsräte. Es gilt sich nicht nur auf lineare fortschreitende Veränderungen einzustellen, sondern auf tiefgreifende disruptive technologische Entwicklungen. Die Hochschule Luzern hat mit dem im nächsten April startenden CAS Digital Banking ein entsprechendes Angebot lanciert.
Das Panel war sich einig, dass Banken auch einmal etwas wagen und ausprobieren sollen. Auch wenn viele Projekte scheitern werden, so ist der Lernprozess trotzdem fördernd um sich auf die künftigen Veränderungen vorzubereiten. Ebenfalls wurde hervorgehoben, dass es keine Innovationen aus den Banken heraus gibt, wenn sich alle nur als „Fast-Follower“ sehen.
Impressionen:
Medienspiegel
Auch in diesem Jahr sind wieder zahlreiche Beiträge zur IFZ Retailbanking-Studie in den Medien erschienen. Nachfolgend eine Auswahl:
Die IFZ Retail Banking-Studie 2015 kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sie kostet als Einzelbestellung CHF 290.-, bei Sammelbestellungen ab 3 Exemplaren 240 CHF, ab 5 Exemplaren 190 CHF und ab 10 Exemplaren 140 CHF pro Exemplar.
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