23. Januar 2017

Allgemein,

Crowdfunding

Aktuelle Entwicklungen im Schweizer Crowdlending Markt

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Simon Amrein

Der Crowdlending-Markt in der Schweiz ist seit einiger Zeit sehr stark in Bewegung. Es gibt zahlreiche neue Unternehmen und Geschäftsmodelle, welche sich in diesem Markt etablieren möchten. In einer losen Serie möchten wir auf diesem Blog auf einige aus unserer Sicht interessante neue Angebote eingehen. Heute stellen wir einerseits die in der Schweiz seit dem 1. Dezember 2016 aktive Plattform Lendico vor. Auf der anderen Seite zeigen wir das Konzept von CreditGate24 auf, welche seit dem 9. Januar 2017 einen Sekundärmarkt für Crowdlending-Kredite anbietet.

Das Jahr 2016 hat im Schweizer Crowdfunding-Markt einige Veränderungen gebracht. Zum einen kann man einen bedeutenden Wachstumsschub bei der Anzahl der vermittelten Kredite wie auch beim Kreditvolumen beobachten (die genauen Zahlen dazu werden im Mai im Crowdfunding Monitoring des IFZ veröffentlicht). Zum anderen sind neben den bereits im Markt etablierteren Firmen Cashare und CreditGate24 zahlreiche neue Plattformen in den Markt eingetreten. Im Bereich des Crowdlendings für KMU-Kredite waren dies im Jahr 2016 die Plattformen creditworld, swisspeers und Lendico. Auf die Firma Lendico möchten wir nachfolgend etwas genauer eingehen.

A) Lendico

Im Dezember 2016 hat Lendico den Schritt von Deutschland in die Schweiz gewagt. Lendico fokussiert sich auf Crowdlending-Kredite für KMU. In Deutschland ist Lendico seit dem Jahr 2013 aktiv. Das Unternehmen gibt zwar keine Volumenzahlen bekannt, analysiert man aber die Kreditgesuche auf der Webpage in den vergangenen 12 Monaten, so kann man von einem Volumen von rund EUR 20 Millionen im Jahr 2016 ausgehen (für Konsumkredite). Zudem ist Lendico in den Niederlanden, in Österreich und in Brasilien (dort allerdings nur im Bereich der Konsumkredite) tätig. Die Lendico Schweiz AG gehört der LendicoGruppe sowie der PostFinance AG. Weltweit beschäftigt die Lendico Gruppe derzeit rund 100 Mitarbeitende.

Abbildung 1: Lendico Landing Page

Weitere Facts:

  • Obwohl Lendico in mehreren Ländern seit einigen Jahren Plattformen betreiben, wurde die Schweizer Plattform für KMU Kredite neu gebaut, um einen hohen Automatisierungsgrad und eine schnelle Skalierung zu ermöglichen.
  • Die Schweizer Plattform bietet KMU-Kredite in der Höhe von CHF 10’000 bis CHF 500’000 an.
  • Investorenseitig steht die Lendico-Plattform sowohl privaten als auch institutionellen Investoren offen. Insbesondere institutionelle Anleger dürften im Hinblick auf grössere Finanzierungen wichtig sein, limitiert doch die Bankenverordnung die Anzahl Investoren im Crowdlending aktuell noch auf 20 Parteien (siehe dazu auch die vom Bundesrat festgelegten Eckwerte für eine neue Regulierung von FinTech Unternehmen). Die entsprechenden institutionellen Investoren müssen aber zuerst noch «akquiriert» werden.
  • Im Gegensatz zu einigen anderen Schweizer Crowdlending-Plattformen ist Lendico immer Gegenpartei von Kreditnehmer und Anleger. Somit fungiert Lendico als Intermediär und schliesst jeweils einen Forderungskaufvertrag (mit dem Anleger), bzw. einen Ratentilgungskreditvertrag (mit dem Kreditnehmer) ab. Entsprechend besteht keine direkte vertragliche Beziehung zwischen Anlegern und dem Kreditnehmer. Dadurch ist die Anonymität für beide Seiten gewährleistet.
  • Die Zinssätze für den Kredit bestimmt Lendico – wie beispielsweise auch CreditGate24 oder swisspeers, aber im Gegensatz zum Auktionsverfahren von Cashare – über ein Ratingmodell.
  • Die Gebühren bewegen sich für den Kreditnehmer je nach Laufzeit des Kredits zwischen 2.0-4.5 Prozent (einmalig und nur im Erfolgsfall). Den Anlegern wird 1.0 Prozent von jeder erfolgten Rückzahlung des Kreditnehmers abgezogen. Kreditnehmer können zudem ihren Kredit vor Ende der vereinbarten Laufzeit ohne Gebühren jederzeit zurückzuzahlen.
Abbildung 2: Aktuelle Kreditprojekte bei Lendico (Stand Mitte Januar 2017)

Fazit zu Lendico

Das Angebot von Lendico sieht optisch gut aus, differenziert sich aber von den wichtigsten Konkurrenten im Markt inhaltlich nur in Details. Ebenso sind die Kosten für einen Kreditabschluss von Lendico bei den meisten Krediten etwas höher als bei den anderen Plattformen. Ein möglicher Vorteil von Lendico ist auf der einen Seite die Expertise des deutschen Mutterhauses. Auf der anderen Seite – und dies ist aus unserer Sicht ein wichtiger Erfolgsfaktor von Lendico – ist die auch medial schon breit diskutierte Zusammenarbeit mit PostFinance sicherlich von grossem Vorteil. Die Nutzung des PostFinance-Logos auf der Lendico-Seite und auch das Potenzial, dass die PostFinance gerade auf der Kreditnehmerseite möglicherweise Unterstützung bieten kann, könnten Lendico helfen, sich im hiesigen Markt zu etablieren.

B) CreditGate24 führt einen Sekundärmarkt ein

Rechtlich ähnlich aufgebaut wie Lendico ist die Plattform von CreditGate24, das schon seit März 2015 P2P Kredite vermittelt. Auch in diesem Geschäftsmodell sind keine direkten Vertragsabschlüsse zwischen Kreditnehmer und -geber vorgesehen. Stattdessen schliessen beide Parteien mit CreditGate24 einen Vertrag ab. Dieses Konstrukt ermöglicht es CreditGate24, auf relativ unkomplizierte Art einen Sekundärmarkt aufzubauen. Der Sekundärmarkt basiert wiederum auf dem P2P-Modell. Der ursprüngliche Investor tritt dabei seine Forderungen an einen neuen Investor ab. Die verkaufende Person kann dabei die Forderung entweder zum eigentlichen Wert oder mit Auf- bzw. Abschlag weiterverkaufen (bis zu +/- 10%). Direkte Zusatzgebühren fallen für die verkaufende Person keine an. Da CreditGate24 aber jeweils 1.0 Prozent auf dem vermittelten Kredit verdient, erhält die Firma abhängig vom ausstehenden Kreditvolumen für den gleichen Kredit aber mehr, wenn er auf dem Sekundärmarkt gehandelt wird. Wir erachten dieses Gebührenmodell entsprechend als fair.

Abbildung 3: Webpage CreditGate24: Vorteile Sekundärmarkt

Fazit zum Sekundärmarkt im Crowdlending

Gemäss Aussagen von Teddy Amberg, Partner bei CreditGate24, habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Suche nach privaten Investoren bei Krediten mit längeren Laufzeiten von über drei Jahren deutlich schwieriger gewesen sei und vorwiegend institutionelle Investoren diese Kredite finanziert haben. Crowdlending ist, wie andere alternative Anlageklassen, bisher ein sehr illiquider Markt. Ein funktionierender Sekundärmarkt könnte nun dazu beitragen, dass die Hürden für private Investoren für längerfristige Investitionen etwas sinken, da man (theoretisch) jederzeit die Möglichkeit hat, seine Forderungen abzutreten. Alleine schon die Exit-Option könnte also dazu führen, dass zusätzliche private Investoren längerfristige Kredite finanzieren. Ob diese Möglichkeit auch tatsächlich genutzt wird, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen. Wir persönlich begrüssen diesen Schritt aber und sind der Meinung, dass sich ein entsprechender Versuch – auch in Anbetracht des beschränkten Aufwands auf Seiten der Plattform – lohnt. Gleichzeitig erwarten wir nicht, dass allzu viele Investoren von diesem Recht Gebrauchen machen werden. In der Schweiz ist dies der erste Sekundärmarkt im Bereich des Crowdfunding. In den USA hatten Lending Club und Prosper einen Sekundärmarkt für Notes auf der Broker Plattform FOLIOfn eingeführt. Prosper hat den Sekundärmarkt aber gerade im letzten Oktober wieder geschlossen, weil er gemäss Aussagen von Prosper zu wenig genutzt wurde.

Schlussfazit

Beide Plattformen – Lendico und CreditGate24 – sind Beispiele dafür, dass sich insbesondere der Crowdlending-Markt im Bereich KMU-Finanzierungen in der Schweiz weiterentwickelt hat. Die Anzahl an Crowdlending Plattformen hat sich stark erhöht, zudem werden die Geschäftsmodelle weiter differenziert. Für uns sind dies typische Merkmale einer frühen Phase der Marktentwicklung. Wir erwarten denn auch, dass sich die Volumina in diesem Bereich im 2016 und 2017 sehr stark ausweiten werden.

PS: Myriam Reinle, CEO von Lendico wird gemeinsam mit Oliver Bussmann (Bussmann Advisory) und Dolfi Müller (Stadtpräsident Zug) anlässlich der IFZ FinTech Konferenz am 1. März das Thema „What is needed to become a champion or to survive?“ diskutieren. Mehr Infos zu dieser spannenden Konferenz finden Sie hier.

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