20. März 2018

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Warum die Zusammenarbeit zwischen Versicherungen und Banken funktionieren könnte: Das Beispiel der BLKB

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Banken und Versicherungen betreiben seit über 30 Jahren das Allfinanz-Geschäft. Während dies in vielen europäischen Ländern (z.B. Frankreich, Deutschland und Italien) ziemlich erfolgreich funktioniert, scheinen in der Schweiz erst wenige Banken und Versicherungen eine erfolgreiche Kooperationsstrategie gefunden zu haben. Vor allem im Vertrieb scheitern die geplanten Vorhaben immer wieder. Die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) hat nun aber gemeinsam mit der Basler Versicherung und dem Insurtech Anivo Versicherungslösungen für Hypothekarkunden entwickelt. Dabei haben sie das Hauptaugenmerk nebst der Entwicklung von neuen Versicherungsprodukten vor allem auf die Vertriebsstrategie und den entsprechenden Vertriebsprozess gelegt. Im nachfolgenden Blog möchte ich diese Überlegungen aufzeigen.

Während einige Allfinanz-Kooperationen seit einigen Jahren erfolgreich laufen, sind viele andere Kooperationen in der Vergangenheit gescheitert. Der Grund für das Scheitern kann wohl einerseits auf den unterschätzten kulturellen Unterschied zwischen Banken und Versicherungen zurückgeführt werden. Ein weiterer Grund für den Misserfolg war möglicherweise der Faktor „Kunde“. So war die Nachfrage nach Allfinanz-Beratungen nur beschränkt vorhanden. Zudem setzten Verantwortliche den Allfinanz-Gedanken und somit die Integration dieses Angebots zu wenig konsequent um. Speziell beim Aufsetzen der Beratungsprozesse innerhalb der Bank fehlte die notwendige Konsequenz. Versicherungsexperten sollten in der Regel innerhalb der Bank oder für die Bank verfügbar sein. Auf der anderen Seite mussten Bankberatende mehrtägige Produktschulungen besuchen, um sich ein umfassendes Versicherungswissen anzueignen. Des Weiteren muss für das Bankpersonal ein gutes Anreizsystem für den Versicherungsvertrieb vorhanden sein. Diese Massnahmen wurden bislang oftmals suboptimal umgesetzt.
Genau an diesen Punkten setzt die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) mit ihrem neuen Projekt und der Kooperation mit der Basler Versicherungen und dem Versicherungsbroker Anivo an. Neben diesen beiden Partnern wurde per Anfang April im Zusammenhang mit der bevorstehenden Markteinführung per April 2018 die eigenständig organisierte Tochtergesellschaft Servicehub AG im 100-prozentigen Besitz der BLKB gegründet. Die neu gegründete Gesellschaft bezweckt die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Versicherungsvermittlung. Anivo agiert im Auftrag der Servicehub AG.

Die Produkte: Versicherungslösungen für Hypothekarkunden

Das neue Angebot der BLKB umfasst derzeit zwei gemeinsam entwickelte Versicherungsprodukte für Hypothekarkunden, welche exklusiv für diese Kooperation entwickelt wurden. Neben der bereits in jeder BLKB-Hypothek fest integrierten Erdbeben-Versicherung, kann der Kunde wählen, ob er zusätzlich (i) eine Gebäudeschutzversicherung (u.a. Schutz bei Vorfällen in der Gebäude-Umgebung, Einbruchsschäden, Vandalismus oder Beschädigung an haustechnischen Anlagen wie z.B. der Waschmaschine) abschliessen möchte oder/und ob er sich (ii) gegen die (kurzfristigen) finanziellen Auswirkungen von Tod, Arbeitslosigkeit oder Trennung absichern möchte («Familienschutz»). Schliesst man eine Familienschutz-Versicherung ab, ist die Todesfall-Versicherung inkludiert. Die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und Trennung kann modular dazu abgeschlossen werden. Wichtig in Bezug auf die Familienschutz-Versicherungsprodukte ist, dass es sich hier um verhältnismässig oft stattfindende «Events» handelt, welche vor allem die damit verbundenen kurzfristigen Liquiditätsprobleme lösen sollen. Die Preise des Familienschutzes ist so ausgestaltet, dass diese vor allem für Personen im Alter von ca. 35-50 Jahren interessant sind, die Preisgestaltung beim Gebäudeschutz richtet sich nach der Art der Liegenschaft und dem Gebäudeversicherungswert. Des Weiteren sind beide Versicherungen monatlich kündbar und beim Familienschutz wird gänzlich auf die Beantwortung von Gesundheitsfragen verzichtet. Die Produkte sind also technisch nicht mit dem Kernbankensystem verknüpft.

Der Prozess aus Sicht des Kundenberaters

Zentral am ganzen Konzept ist aus meiner Sicht die Vereinfachung des Prozesses für die Kundenberater. Diese müssen eigentlich «nur noch» einen Lead an die Service-Tochter Servicehub generieren.
Der Prozessablauf ist in etwa wie folgt: Nimmt der Kunde mit der Bank Kontakt auf (z.B. für die Vereinbarung eines Termins in Bezug auf den Abschluss oder die Verlängerung einer Hypothek), schickt der Kundenberater der BLKB dem Kunden nach dem Gespräch auch noch ein Video (das Video können Sie hier anschauen) per Mail mit, mit welchem der Kunde auf die Risiken im Zusammenhang mit den beiden oben vorgestellten Versicherungs-Produkte auf einfache Art und Weise kurz sensibilisiert wird. Das eigentliche Hypothekar-Beratungsgespräch in der Filiale läuft dann «ganz normal» ab, ohne dass auf die beiden neuen Versicherungs-Produkte eingegangen wird. Erst nach dem Abschluss des Hypothekargeschäfts kommt der Kundenberater nochmals auf das Video zu sprechen und erkundigt sich, ob der Kunde eine Beratung zu dieser Thematik grundsätzlich interessant findet. Falls der Kunde dies bejaht, wird einer der Mitarbeitenden von Anivo via Videoberatung in das Beratungszimmer der BLKB dazugeschaltet. Die Beratungszimmer der BLKB mussten hierfür technisch noch etwas aufgerüstet werden (v.a. Mikrophone und Kamera mussten noch ergänzt werden).

Abbildung 1: Videoberatungsgespräch in der BLKB-Filiale

Entscheidet sich der Kunde über den telefonischen Kanal für eine Verlängerung seiner Hypothek, wird der Kundenberater nach dem Abschluss kurz auf mögliche Risiken im Zusammenhang mit seiner Finanzierung eingehen. Interessiert sich der Kunde für dieses Beratungs-Angebot, so wird die Anivo auf ihn zugehen und das Beratungsgespräch entweder telefonisch oder über eine Videoberatung (von Zuhause aus) durchführen.
Für die Verträge sind keine Unterschriften – und entsprechend kein Papier – nötig. Der Abschluss erfolgt mit dem mündlichen Einverständnis des Kunden, eine entsprechende Versicherung abzuschliessen. Die daraus generierte Police wir dem Kunden per Mail zugestellt. Erst mit der Zustellung der Police werden die Kundendaten an die Basler Versicherung weitergegeben. Zu diesem Zeitpunkt beginnt der Versicherungsschutz bereits zu laufen.
Ein durchgeführter Pilotversuch mit rund 200 Kunden der BLKB zeigte, dass drei Viertel der kontaktierten Kunden die Bank für eine Versicherungsberatung aufsuchten. Die Beratung dauerte durchschnittlich 30 Minuten.

Welcher Kooperationspartner wie profitiert

Aus Sicht der BLKB kann das Projekt strategisch vor allem aus drei Perspektiven betrachtet werden. Einerseits sieht die Bank in diesen zusätzlichen Angeboten eine Chance, ihre Angebotspalette und Wertschöpfungstiefe rund um das Ökosystem «Hypothek» zu erweitern. Zweitens möchte sie durch dieses Angebot ihre zinsindifferenten Erträge erhöhen. Und schliesslich erhofft sich die Bank, dieses Produkt auch bei anderen Banken platzieren zu können und dadurch (über ihre Tochtergesellschaft Servicehub) von Skaleneffekten profitieren zu können.
Aus Sicht der Basler Versicherung ist dieses Projekt interessant, weil die Bank den Kunden genau zu jenem Zeitpunkt bei sich hat, welcher für die Versicherung eigentlich am relevantesten ist. Für die Versicherung ist das Erkennen dieses optimalen Zeitpunkts nicht immer ganz einfach. Des Weiteren kann die Basler Versicherung durch das Angebot möglicherweise Kunden gewinnen, die ansonsten nicht unbedingt eine solche Versicherung abschliessen würden. Abschliessend würde ich nicht ausschliessen, dass die Kosten für die Kundenakquisition, die natürlich abhängig sind vom vereinbarten Preismodell mit der BLKB, tiefer sind als für einen sonst üblichen Vertragsabschluss.
Aus Sicht von Anivo wurde damit ein neues Geschäftsmodell kreiert, welches auf der bestehenden Technologie und den Beratungsdienstleistungen aufsetzt und diese weiterentwickelt. Des Weiteren können dadurch möglicherweise auch die Ertragsströme weiter diversifiziert werden.

Fazit

Der Ausbau des Ökosystems und die Erweiterung der Angebotspalette rund um das Thema Immobilien und Hypothek ist eine strategische Stossrichtung, welche bei verschiedenen Banken beobachtet werden kann. Der entsprechende Markt ist und bleibt für die Retail Banken absolut zentral. Durch den Ausbau der Dienstleistungen versucht die BLKB auch die Abhängigkeit vom Zinsdifferenzgeschäft etwas zu reduzieren – auch dies ein Thema, das fast alle Retail Banken beschäftigt. Entsprechend ist der Versuch nachvollziehbar, diese Ziele durch Kooperationen mit Versicherungen und anderen Partnern zu erreichen. Aus meiner Sicht ist der Ansatz, die Bank- und Versicherungsberatung (personell) zu trennen, aber die Prozesse eng zu verzahnen, vielversprechend. Schlussendlich muss und wird aber der Kunde entscheiden, ob er die entsprechenden Versicherungen abschliessen möchte.

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