4. Februar 2019

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UBS als Hypothekenvermittler für Renditeliegenschaften: Bisherige Entwicklungen bei UBS Atrium

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Die Hypothekenvermittler erlangen auch hierzulande eine zunehmende Bedeutung. Die relevanten Vermittler wie MoneyPark, Hypoguide oder HypoPlus fokussieren bislang aber vor allem auf die Vermittlung von Hypotheken für selbstgenutztes Wohneigentum. Den Hypothekarmarkt für die komplexere Finanzierung von Renditeliegenschaften in der Schweiz haben diese Marktteilnehmer nicht im Fokus, obwohl dieser rund 30 Prozent des gesamten Hypothekarvolumens ausmacht. Die seit Beginn von 2017 aktive Plattform UBS Atrium verbindet Kreditnehmer und Kreditgeber für Finanzierungen von Renditeliegenschaften. Zentral am Modell ist, dass UBS Atrium zwar als Vermittler für Finanzierungen agiert, dabei aber auch die gesamte Administration der Hypotheken übernimmt und dadurch einen Teil der Marge erhält. Bisher wurden mehr als CHF 800 Millionen Hypothekarkredite über UBS Atrium vermittelt. Im heutigen Blog zeige ich das Modell und die bisherige Entwicklung auf.

Finanzierungsentscheidungen im Bereich der Renditeliegenschaften lassen sich nur schwer standardisiert nachbilden. Die Bestimmung des Verkehrswerts ist die Basis für die Finanzierung und hängt stark von der Einschätzung des nachhaltigen Mietzinsniveaus ab, der in der Bewertung zur Anwendung kam. Hinzu kommt, dass sich Renditeliegenschaften häufig im Besitz von juristischen Personen befinden. Auch die Bonität von juristischen Personen ist aufwendiger zu beurteilen. Dementsprechend funktioniert auch das Modell von UBS Atrium etwas anders als dasjenige für selbstgenutztes Wohneigentum.

So funktioniert UBS Atrium im Detail

Konkret läuft der Prozess bei UBS Atrium wie folgt ab:

  • Der Kreditnehmer reicht bei seinem UBS-Kundenberater eine Kreditanfrage für eine Renditeliegenschaft ein.
  • Immobilienspezialisten der UBS nehmen eine Objektbewertung und Kreditprüfung vor. Anhand eines ausführlichen Kriterienkatalogs klärt der Kundenberater ab, ob die Finanzierungsanfrage die Plattformkriterien von UBS Atrium erfüllt und auf die Plattform gestellt werden kann.
  • Der Kunde muss – falls die genannten Kriterien erfüllt werden – aktiv zustimmen, dass der Kredit auf die Atrium-Plattform kommen darf (hierfür muss er die UBS auch vom Bankkundengeheimnis entbinden).
  • Auf die Atrium-Plattform gelangen nur Finanzierungsanfragen bzgl. in der Schweiz gelegenen Renditeliegenschaften, d.h. sowohl Mehrfamilienhäuser wie auch kommerziell genutzte Objekte (z.B. Laden, Büro, Praxis). Über UBS Atrium finanzierbar sind nur bereits bestehende Objekte. Das Finanzierungsvolumen muss mindestens CHF 1.6 Millionen betragen. Die Laufzeit eines Kredits beträgt zwischen 2 und 15 Jahren. Möglich sind nur maximal eine Festzinstranche oder Libor-Hypotheken in Kombination mit einer Festzinstranche. Zwei verschiedene Festzinstranchen sind hingegen derzeit nicht möglich. Möchte ein Kunde zwei Festzinstranchen, kommt das Kreditgesuch nicht auf UBS Atrium. Stattdessen kann die UBS ein entsprechendes traditionelles Angebot machen.
  • Als Kunden kommen heute nur Immobilien-Kunden vom Segment UBS Corporate und Institutional Clients in Frage. UBS Atrium Kreditnehmer sind entsprechend vor allem Generalunternehmungen, Immobilienfonds, Immobiliengesellschaften, Wohnbaugenossenschaften oder private Investoren mit einem Hypothekarvolumen von mehr als CHF 10 Millionen.
  • Wenn die Kreditanfrage alle UBS Atrium-Kriterien erfüllt, erhalten die potenziellen Investoren über das Atrium Investoren-Portal in der Auktionsübersicht unter „neue Auktionen“ (siehe Abbildung 1) einen anonymisierten Teaser mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Informationen zur Finanzierung. Es werden an dieser Stelle noch keine Kundennamen oder Personenangaben genannt.
Abbildung 1: UBS Atrium Investor Portal – Auktionsübersicht online
  • Haben die Investoren ihr Interesse an der Finanzierungsanfrage bekundet, so erhalten sie von UBS über das UBS Atrium Investoren-Portal ein Investmentdossier mit den wesentlichen Informationen zur Finanzierung (siehe Abbildung 2). Die Investoren haben danach drei Tage Zeit, um eine eigene Kreditprüfung durchzuführen und ein verbindliches Angebot über ein standardisiertes «Bidding sheet» abzugeben. Danach leitet UBS sämtliche eingegangene Angebote dem Kreditnehmer weiter.
Abbildung 2: UBS Atrium Investor Portal – Investment Dossier online
  • Auch UBS macht im Bieterverfahren mit. Zentral dabei ist, dass der erste Preis immer von der UBS kommt. So wird sichergestellt, dass UBS nach der Eingabe sämtlicher Preise auf die anderen Offerten nicht mit einem Gegenangebot aufwartet.
  • Der Kreditnehmer prüft danach die einzelnen Offerten und entscheidet sich innert drei Tagen für ein Angebot (die verschiedenen Bieter wissen nichts von den anderen Angeboten).
  • Unabhängig von der Wahl des Kreditgebers setzt UBS einen standardisierten Kreditvertrag zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber auf. Der Kreditnehmer kann danach Zinsen und Amortisation normal über sein Konto bei UBS überweisen. Die Weiterleitung der Zahlungen an den ausgewählten Kreditgeber wird von der UBS übernommen.
  • Im Rahmen eines Servicing-Vertrages überwacht UBS die Zahlung der Fälligkeiten und die Einhaltung von Vertragszusicherungen. Alle drei Jahre wird zudem ein Mieterspiegelcheck vorgenommen. Kommt es zu einem Kreditausfall, kann der Investor optional und gegen ein zusätzliches Honorar den Recovery Service der UBS mandatieren.

Für die Kreditnehmer ändert sich durch dieses Vorgehen wenig, da die UBS für die angeschlossenen Kreditgeber die Betreuung der Finanzierungen während der gesamten Kreditlaufzeit übernimmt und sie auch nach Abschluss der Finanzierung weiterhin betreut.

Vorteile für Hypothekarnehmer und Investoren

Aus Sicht der Investoren bieten sich dank UBS Atrium Investitionsmöglichkeiten in der ganzen Schweiz. Die UBS kann durch ihre schweizweite Präsenz und der Finanzierung von Objekten in allen Regionen den angeschlossenen Pensionskassen oder Sammelstiftungen zu einer besseren Hypothekenportfolio-Diversifikation verhelfen. Die Investmentdossiers sind einheitlich aufgebaut und dadurch gut vergleichbar. UBS gibt eine Einschätzung zum Belehnungswert der zu finanzierenden Liegenschaft ab (Objektbewertung). Der Investor ist danach für die Kreditprüfung und den Kreditentscheid aber natürlich selbst verantwortlich. Des Weiteren wickelt UBS den ganzen Prozess ab. Die Investoren müssen dadurch ihre Hypotheken nicht selber bewirtschaften oder eine eigene Kreditverwaltung aufbauen. Kosten fallen für Investoren und Kreditnehmer zudem nur dann an, wenn eine erfolgreiche Vermittlung zustande kommt.
Aus Sicht der Hypothekarnehmer ist es sicherlich positiv, dass man – wie bei Vermittlern üblich – oftmals für eine Anfrage mehrere Offerten erhält und danach selber entscheiden kann, für welche Offerte man sich entscheidet.

Kannibalisiert sich die UBS nicht selber?

Bei solchen Modellen stellt sich natürlich unweigerlich das Thema der Kannibalisierung. Aus Sicht von Matteo Bernardoni, verantwortlich für Lending-Plattformen bei UBS, ist es nicht zuletzt eine Frage der weiteren Entwicklungen von Plattformen und von frühzeitigen strategischen Antworten. Er ist persönlich davon überzeugt, dass entsprechende Vergleichs- und Vermittlungs-Plattformen immer mehr an Bedeutung gewinnen werden.

Generell kann man in einem Modell wie UBS Atrium vor allem drei Vorteile erkennen:

  • Der Kunde, respektive die Kundenschnittstelle, verbleibt weiterhin bei UBS. Dies ist absolut zentral.
  • Aufgrund unterschiedlicher Eigenmittelunterlegungsanforderungen und Finanzierungsmodellen zwischen Banken und anderen institutionellen Investoren (z.B. Pensionskassen), sind die Zinsofferten je nach Laufzeit oftmals sehr unterschiedlich. Mit UBS Atrium kann UBS dem Kreditnehmer eine bzgl. Laufzeiten breitere und attraktivere Palette an Angeboten unterbreiten.
  • Der Trend der «Brokerisierung» von Hypotheken ist in verschiedenen internationalen Märkten bereits seit Jahren beobachtbar und scheint auch in der Schweiz ein Kundenbedürfnis zu werden. Mit UBS Atrium erhalten die Kunden somit den «Shopping-Aspekt», ohne mehrere Kreditanfragen (und -dossiers) und Diskussionen mit verschiedenen Instituten aufbereiten bzw. führen zu müssen.

Karin Oertli, COO von UBS Schweiz, hat mir im Gespräch erläutert, dass sie mehrere verschiedene Vertriebskanäle nutzen möchte. Atrium ist vor dem Hintergrund dieser Perspektive einfach ein interessanter Vertriebskanal. Sie ist zudem überzeugt davon, dass Plattformen immer wichtiger werden und man durch solche Angebote neue Kunden gewinnen kann. Des Weiteren ist es aus ihrer Sicht zentral, dass UBS im Bereich der Digitalisierung ihre Innovationskraft weiterhin hoch halten kann.
Gemäss Markus Kuster, UBS Atrium Plattform-Koordinator, haben auch die Kundenberater die Vorteile des neuen Offering insgesamt begrüsst. Zentral für die Kundenberater sei es vor allem, die Kundenschnittstelle zu behalten und ein attraktives Angebot unterbreiten zu können. Beides ist mit UBS Atrium gegeben.

Bisherige Entwicklungen

Ich habe von UBS Atrium einige interessante Fakten in Bezug auf die bisherige Entwicklung erhalten, die ich nachfolgend gerne präsentiere:

  • Insgesamt wurden in den ersten zwei Jahren etwas mehr als CHF 800 Millionen Kreditvolumen über UBS Atrium vermittelt.
  • Für die bisher 189 abgeschlossenen Kreditverträge ergibt sich ein durchschnittliches Kreditvolumen von rund 4.2 Millionen CHF.
  • Alle Kredite wurden stets in einer 1:1 Beziehung zwischen Investor und Kreditnehmer abgeschlossen.
  • Die durchschnittliche Belehnung ist 58 Prozent.
  • Die durchschnittliche Kreditlaufzeit beträgt rund zehn Jahre.
  • 35 Prozent der Finanzierungen gehen an Privatpersonen und 65 Prozent an juristische Personen.
  • Rund zwei Drittel der Kredite, die auf die Atrium-Plattform gelangen, konnten auch auf der UBS Atrium-Plattform abgeschlossen werden. Insgesamt waren also schon 300 Kreditdossiers auf der Plattform. Bei den nicht zustande gekommenen Hypotheken haben in der Regel Wettbewerber attraktivere Konditionen geboten, oder die Kunden die Zinsen noch nicht langfristig anbinden wollen.
  • Nur bei 2 von 300 Kreditdossiers gab es kein Angebot eines Investors.
  • Dank der von UBS Asset Management verwalteten Hypotheken-Anlagegruppe der Anlagestiftung der UBS für Personalvorsorge können Schweizer Pensionskassen auch indirekt über ein kollektives Anlagegefäss in diese Hypotheken investieren. Derzeit tun dies rund 100 Pensionskassen mit einem Anlagevolumen von über CHF 900 Millionen.

Fazit

Mit UBS Atrium ist UBS in das Geschäft der Hypothekenvermittlung eingetreten und hat dadurch auch einen Paradigmen-Wechsel eingeleitet. Interessant am UBS Atrium-Geschäftsmodell ist sicherlich, dass im Gegensatz zu anderen Vermittler-Modellen nicht das selbstbewohnte Wohneigentum, sondern Renditeliegenschaften im Fokus stehen. Ein weiteres Differenzierungskriterium ist, dass nicht nur die Vermittlung durch die UBS stattfindet, sondern auch das Servicing bei der UBS bleibt. Die UBS betreut die Kreditnehmer und Investoren während der Laufzeit und stellt die Bewirtschaftung des Kredites sicher. Dadurch kann ein nicht unerheblicher Teil der Hypothekar-Marge gesichert werden – auch für Laufzeiten, welche von UBS nicht aktiv angeboten werden. Interessant ist auch, dass dank UBS Atrium institutionelle Investoren direkt in Hypotheken investieren können, ohne dafür eigene, teure Vertriebsstrukturen und eine eigene Hypotheken-Bewirtschaftung aufbauen zu müssen.
Das grosse Thema bei solchen Geschäftsmodellen ist sicherlich auch die potenzielle Kannibalisierung. Die bisher vermittelten CHF 800 Millionen wären teilweise direkt in den Büchern der UBS gewesen – mit einer höheren Marge. Die entscheidende Frage ist aber natürlich, wie viele dieser Geschäfte die Bank tatsächlich abgeschlossen hätte. Des Weiteren ist zentral, dass die Bank die Kundenschnittstelle dank UBS Atrium halten kann.
Das Modell der Plattform ist aus meiner Sicht sehr gut durchdacht, strategisch gut eingebettet und auch gut umgesetzt. Es zeigt exemplarisch, wie „Plattform-Banking“ in ein bestehendes Banken-Geschäftsmodell eingebettet werden kann. Erstaunlich ist nur, dass UBS Atrium bisher nur wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten hat. Auch für andere Banken könnte ein solches Modell nämlich durchaus interessant sein.

PS: Atrium und weitere 8 spannende Fälle werden auch anlässlich der Konferenz vom 18.6. „Innovationen im Banking“ ausführlich vorgestellt und diskutiert. Der Anlass findet in Zug statt.

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