23. September 2019

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Welches ist die digitalste Schweizer Bank im Firmenkundengeschäft?

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Lukas Compagnoni, Sophie Bayley und Thomas Stüssi

Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und der Digital Banking Think Tank e-foresight der Swisscom haben eine Studie zum Thema „Digitales Firmenkundengeschäft“ erstellt. Diese hat sich einerseits zum Ziel gesetzt, in der Schweiz die Ist-Situation auf der Angebotsseite aufzuzeigen. Dabei wurde auch ermittelt, welche Schweizer Bank im digitalen Firmenkundengeschäft derzeit führend ist. Andererseits wurde auf der Nachfrageseite mit einer Umfrage bei Firmenkunden der Nutzen ausgewählter Produkte und Dienstleistungen eruiert. Schliesslich wurden beide Seiten zusammengeführt, um aufzuzeigen, ob und in welchen Bereichen Lücken in den Bankangeboten bestehen.

Nach vermehrten Digitalisierungsbemühungen im Retail Banking- und Vermögensverwaltungsgeschäft haben verschiedene Banken auch ihr Firmenkundengeschäft zunehmend digitalisiert. Insgesamt sind die Bemühungen der Schweizer Banken – auch im Vergleich mit dem Retail Banking – aber noch immer nicht sonderlich weit fortgeschritten.

Banken im digitalen Firmenkundenbereich zögerlich

Um einen Überblick über die Angebotsseite zu erhalten, wurde eine ausführliche Marktübersicht erstellt, welche die Angebotspaletten der 50 grössten Retailbanken in der Schweiz berücksichtigte. Dazu erfolgte eine systematische Erfassung von Produkten und Dienstleistungen in den fünf Themenblöcken „e-Banking“, „Kommunikationskanäle“, „Zahlen“, „Finanzieren“ sowie „bank-nahe Dienstleistungen“.
Die Analyse zeigt auf, dass abhängig vom Produkt respektive der Dienstleistung der Anteil der Banken mit einem entsprechenden Angebot stark variiert. Während gewisse Funktionalitäten im Bereich „e-Banking“ bereits von einer Mehrheit angeboten werden, finden sich digitale Angebote in den Bereichen „Kommunikationskanäle“, „Finanzieren“ sowie bei den „bank-nahen Dienstleistungen“ nur bei vereinzelten Banken. Eine klare Differenzierung durch „einzigartige“ Angebote im digitalen Firmenkundengeschäft wird in der Schweiz bislang nur von wenigen Banken betrieben.
Um die Angebotsbreite der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurde ein «Score» berechnet, welcher die Anzahl angebotener Produkte und Dienstleistungen gewichtet und addiert. Die Qualität der jeweiligen Umsetzung wurde dabei nicht berücksichtigt. Der Maximalwert dieses Scores beträgt 61 Punkte und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie miteinbezogenen Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden (was aber nicht unbedingt das Ziel sein kann). Wie in der Übersicht auf Abbildung 1 schnell ersichtlich wird, sind die Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen. Die meisten Banken bieten im Firmenkundengeschäft derzeit erst wenige digitale Funktionen an.

Abbildung 1: Kategorisierung der Banken basierend auf ihren Angebotspaletten

Welche Bank ist im Bereich Digitalisierung im Firmenkundengeschäft am Weitesten?

Gemäss unseren Analysen ergibt sich ein relativ klares Bild an der Spitze. Die drei digitalsten Schweizer Banken (per 30.6.2019) im Firmenkundengeschäft sind:

  1. Credit Suisse (35 Punkte)
  2. UBS (31 Punkte)
  3. Zürcher Kantonalbank (28 Punkte)

Auf Rang 4 ist mit PostFinance eine weitere grosse Bank zu finden. Die anderen Banken in den Top Ten sind die Migros Bank, die Valiant, die Hypothekarbank Lenzburg, die Graubündner Kantonalbank, die Banque Cantonale Vaudoise und die Liechtensteinische Landesbank. Diese Banken haben allesamt sehr ähnliche Werte von 16 bis 18 Punkten. Insgesamt kann man gut erkennen (vgl. auch Abbildung 1), dass grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) auch ein etwas grösseres digitales Angebot für ihre Firmenkunden anbieten.
Gegenüber unserer letzten Analyse vor drei Jahren hat vor allem die Credit Suisse viel Boden gut gemacht. Sie hatte damals noch (bei einer allerdings leicht anderen Messmethode) noch einen Score von 9 Punkten und lag damit auf Rang 5. Damals war die UBS Spitzenreiterin. Auch die UBS hat zwar seither zusätzliche Angebote lanciert und damit ihren Score erhöht – sie ist aber im relativen Vergleich leicht hinter ihre Grossbanken-Konkurrentin zurückgefallen.

Selektives Interesse auf der Nachfrageseite

Um die Bedürfnisse und Präferenzen auf der Kundenseite zu quantifizieren, wurde in Zusammenarbeit mit sechs Banken eine Umfrage unter 508 Firmenkunden durchgeführt. Analog zur Struktur auf der Angebotsseite mussten diese den Nutzen von verschiedenen Produkten und Dienstleistungen in den fünf vorher aufgezählten Themenblöcken einschätzen. Die aus Sicht der KMU sechs Angebote mit dem grössten Nutzen sind dabei:

  1. Digitales Vertragsarchiv mit allen Bankverträgen
  2. Digitales Mutieren von Vollmachten, Personen oder Stammdaten
  3. Personalisierte Einstiegsseite
  4. Bestellung, Administration und Kontrolle von Firmen-Debit / Kreditkarten über Online Portal oder e-Banking.
  5. Anbindung von Buchhaltungsprogrammen an das e-Banking
  6. Digitale Signatur

Weitere interessante Erkenntnisse:

  • 58 Prozent der Befragten würden eine Multibanking-Lösung spannend finden.
  • Videoberatung oder eine Chatfunktion ist für KMU noch immer insgesamt wenig relevant. Erklär-Videos und Co-Browsing scheinen hingegen noch eher ein gewisses Potenzial zu haben.
  • Der Nutzen von Online-Finanzierungsgeschäften wird heute als höher eingeschätzt als noch vor drei Jahren. So beurteilen beispielsweise 50 Prozent der Kunden die Möglichkeit einer Online-Verlängerung als eher hoch oder hoch.
  • Der Nutzen bank-naher Dienstleistungen (z.B Online-Versicherungen, Online-Factoring, digitales Trade Finance) wird insgesamt als eher gering angeschaut. Abhängig von der strategischen Ausrichtung der Bank, der Ausrichtung dieser Kunden und der Anzahl Kunden können solche Angebote aber durchaus interessant sind.
  • Insgesamt sehen die befragten Firmenkunden in vielen möglichen Funktionalitäten und Produkten nur einen beschränkten Nutzen. Das allgemein geringe Interesse kann entweder darauf zurückgeführt werden, dass die Unternehmen mit den aktuellen Angeboten der Banken zufrieden sind, oder sie können den Zusatznutzen von neuen, noch nie getesteten Funktionalitäten und Produkten nur schwer einordnen.

Zusammenführung der Angebots- und Nachfrageseite

Durch das Zusammenführen der Angebots- und Nachfrageseite kann aufgezeigt werden, welche Bereiche zwar von den befragten Firmenkunden mit einem hohen Nutzen bewertet wurden, jedoch (noch) nicht im Angebot der Banken sind. Abbildung 2 zeigt die Zusammenführung der Angebots- und der Nachfrageseite in grafischer Form. Die horizontale Achse zeigt den von den befragten Firmenkunden beigemessenen Nutzen für alle abgefragten Punkte. Auf der vertikalen Achse befindet sich der prozentuale Anteil aller 50 miteinbezogenen Banken, welche den entsprechenden Punkt anbieten.

Abbildung 2: Nutzen aus Kundensicht und Anteil der Banken mit einem entsprechenden Angebot

Grundsätzlich sind alle Punkte um den Trendbalken gut von den Banken abgedeckt, auch wenn sich deren Anteil vielfach nur bis 20 Prozent beläuft. Bei diesen Punkten kann somit von keiner generellen Angebotslücke im Markt gesprochen werden, da diese von den Firmenkunden auch nicht als sehr relevant angesehen werden. Für einzelne Institute kann es sich dennoch lohnen, ihre Position zu überprüfen, um nicht hinter die jeweiligen Mitbewerber zurückzufallen. Im Gegensatz dazu sind Punkte unterhalb der Trendlinie aus Kundensicht von Nutzen, werden jedoch nur von verhältnismässig wenigen Banken angeboten. Insbesondere das „digitale Vertragsarchiv“ scheint dabei aus Kundensicht wünschenswert, wird aber von den Banken derzeit noch fast nicht angeboten. Eine detailliertere Analyse ist in der Studie zu finden.

Fazit

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:

  • Einige Banken haben in den vergangenen drei Jahren stark in ihr digitales Angebot im Firmenkundengeschäft investiert. Die meisten Banken stehen aber noch immer am Anfang. Die grösseren Banken sind insgesamt weiter in der Entwicklung als die kleineren Institute.
  • Den grössten Nutzen sehen Firmenkunden vor allem bei transaktionsbezogenen und Selbstadministrations-Funktionen im E-Banking, welche den Alltag erleichtern und ihre Prozesse verbessern.
  • Im digitalen Finanzierungsbereich besteht ein grosses Potenzial. Die meisten Banken bieten hier aber noch keine entsprechenden Lösungen an.
  • Moderne Kommunikationskanäle und neue digitale bank-nahe Dienstleistungen würden zwar derzeit nur von wenigen KMU benutzt. Gleichzeitig besteht darin derzeit noch ein Differenzierungspotenzial für Banken.
  • Die meisten KMU verfügen über mehrere aktive Bankbeziehungen. Digitalisierungsprojekte, die den Kunden stärker an die Bank binden, scheinen daher wichtiger zu werden.

PS: Die detaillierten Auswertungen und Analysen dieser Studie erhalten exklusiv e-foresight-Kunden und die an der Umfrage teilnehmenden Institute. Für Fragen wenden sie sich direkt an e-foresight: sophie.bayley@swisscom.com.

Kommentare

3 Kommentare

Tobias

13. Januar 2020

Spannender Artikel, danke für das Reposting. Bezüglich digitalen Finanzierungslösungen lohnt sich ein Blick nach Schweden - vor vier Jahren gab es dort eine knappe Handvoll digitaler Kreditanbieter für KMU, mittlerweile über 25 (die Anzahl KMU ist dabei rund doppelt so hoch wie in der Schweiz). Denke das wird hier mit etwas Verzögerung auch kommen.

Antworten

Warum das Multibanking der Valiant den Kampf um die Kundenschnittstelle erhöhen wird

18. November 2019

[…] unserer gemeinsam mit e-foresight durchgeführten Studie „Digitales Firmenkundengeschäft“ haben zwei Drittel der Schweizer KMU mehrere Bankbeziehungen: 46 Prozent der Firmenkunden […]

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Tom

30. Oktober 2019

Im Vergleich zu anderen Instituten mit physischer Präsenz in der Schweiz ist sie es noch immer – und zwar mit grossem Vorsprung.

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