23. September 2019
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und der Digital Banking Think Tank e-foresight der Swisscom haben eine Studie zum Thema „Digitales Firmenkundengeschäft“ erstellt. Diese hat sich einerseits zum Ziel gesetzt, in der Schweiz die Ist-Situation auf der Angebotsseite aufzuzeigen. Dabei wurde auch ermittelt, welche Schweizer Bank im digitalen Firmenkundengeschäft derzeit führend ist. Andererseits wurde auf der Nachfrageseite mit einer Umfrage bei Firmenkunden der Nutzen ausgewählter Produkte und Dienstleistungen eruiert. Schliesslich wurden beide Seiten zusammengeführt, um aufzuzeigen, ob und in welchen Bereichen Lücken in den Bankangeboten bestehen.
Nach vermehrten Digitalisierungsbemühungen im Retail Banking- und Vermögensverwaltungsgeschäft haben verschiedene Banken auch ihr Firmenkundengeschäft zunehmend digitalisiert. Insgesamt sind die Bemühungen der Schweizer Banken – auch im Vergleich mit dem Retail Banking – aber noch immer nicht sonderlich weit fortgeschritten.
Banken im digitalen Firmenkundenbereich zögerlich
Um einen Überblick über die Angebotsseite zu erhalten, wurde eine ausführliche Marktübersicht erstellt, welche die Angebotspaletten der 50 grössten Retailbanken in der Schweiz berücksichtigte. Dazu erfolgte eine systematische Erfassung von Produkten und Dienstleistungen in den fünf Themenblöcken „e-Banking“, „Kommunikationskanäle“, „Zahlen“, „Finanzieren“ sowie „bank-nahe Dienstleistungen“.
Die Analyse zeigt auf, dass abhängig vom Produkt respektive der Dienstleistung der Anteil der Banken mit einem entsprechenden Angebot stark variiert. Während gewisse Funktionalitäten im Bereich „e-Banking“ bereits von einer Mehrheit angeboten werden, finden sich digitale Angebote in den Bereichen „Kommunikationskanäle“, „Finanzieren“ sowie bei den „bank-nahen Dienstleistungen“ nur bei vereinzelten Banken. Eine klare Differenzierung durch „einzigartige“ Angebote im digitalen Firmenkundengeschäft wird in der Schweiz bislang nur von wenigen Banken betrieben.
Um die Angebotsbreite der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurde ein «Score» berechnet, welcher die Anzahl angebotener Produkte und Dienstleistungen gewichtet und addiert. Die Qualität der jeweiligen Umsetzung wurde dabei nicht berücksichtigt. Der Maximalwert dieses Scores beträgt 61 Punkte und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie miteinbezogenen Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden (was aber nicht unbedingt das Ziel sein kann). Wie in der Übersicht auf Abbildung 1 schnell ersichtlich wird, sind die Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen. Die meisten Banken bieten im Firmenkundengeschäft derzeit erst wenige digitale Funktionen an.
Welche Bank ist im Bereich Digitalisierung im Firmenkundengeschäft am Weitesten?
Gemäss unseren Analysen ergibt sich ein relativ klares Bild an der Spitze. Die drei digitalsten Schweizer Banken (per 30.6.2019) im Firmenkundengeschäft sind:
Auf Rang 4 ist mit PostFinance eine weitere grosse Bank zu finden. Die anderen Banken in den Top Ten sind die Migros Bank, die Valiant, die Hypothekarbank Lenzburg, die Graubündner Kantonalbank, die Banque Cantonale Vaudoise und die Liechtensteinische Landesbank. Diese Banken haben allesamt sehr ähnliche Werte von 16 bis 18 Punkten. Insgesamt kann man gut erkennen (vgl. auch Abbildung 1), dass grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) auch ein etwas grösseres digitales Angebot für ihre Firmenkunden anbieten.
Gegenüber unserer letzten Analyse vor drei Jahren hat vor allem die Credit Suisse viel Boden gut gemacht. Sie hatte damals noch (bei einer allerdings leicht anderen Messmethode) noch einen Score von 9 Punkten und lag damit auf Rang 5. Damals war die UBS Spitzenreiterin. Auch die UBS hat zwar seither zusätzliche Angebote lanciert und damit ihren Score erhöht – sie ist aber im relativen Vergleich leicht hinter ihre Grossbanken-Konkurrentin zurückgefallen.
Selektives Interesse auf der Nachfrageseite
Um die Bedürfnisse und Präferenzen auf der Kundenseite zu quantifizieren, wurde in Zusammenarbeit mit sechs Banken eine Umfrage unter 508 Firmenkunden durchgeführt. Analog zur Struktur auf der Angebotsseite mussten diese den Nutzen von verschiedenen Produkten und Dienstleistungen in den fünf vorher aufgezählten Themenblöcken einschätzen. Die aus Sicht der KMU sechs Angebote mit dem grössten Nutzen sind dabei:
Weitere interessante Erkenntnisse:
Zusammenführung der Angebots- und Nachfrageseite
Durch das Zusammenführen der Angebots- und Nachfrageseite kann aufgezeigt werden, welche Bereiche zwar von den befragten Firmenkunden mit einem hohen Nutzen bewertet wurden, jedoch (noch) nicht im Angebot der Banken sind. Abbildung 2 zeigt die Zusammenführung der Angebots- und der Nachfrageseite in grafischer Form. Die horizontale Achse zeigt den von den befragten Firmenkunden beigemessenen Nutzen für alle abgefragten Punkte. Auf der vertikalen Achse befindet sich der prozentuale Anteil aller 50 miteinbezogenen Banken, welche den entsprechenden Punkt anbieten.
Grundsätzlich sind alle Punkte um den Trendbalken gut von den Banken abgedeckt, auch wenn sich deren Anteil vielfach nur bis 20 Prozent beläuft. Bei diesen Punkten kann somit von keiner generellen Angebotslücke im Markt gesprochen werden, da diese von den Firmenkunden auch nicht als sehr relevant angesehen werden. Für einzelne Institute kann es sich dennoch lohnen, ihre Position zu überprüfen, um nicht hinter die jeweiligen Mitbewerber zurückzufallen. Im Gegensatz dazu sind Punkte unterhalb der Trendlinie aus Kundensicht von Nutzen, werden jedoch nur von verhältnismässig wenigen Banken angeboten. Insbesondere das „digitale Vertragsarchiv“ scheint dabei aus Kundensicht wünschenswert, wird aber von den Banken derzeit noch fast nicht angeboten. Eine detailliertere Analyse ist in der Studie zu finden.
Fazit
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:
PS: Die detaillierten Auswertungen und Analysen dieser Studie erhalten exklusiv e-foresight-Kunden und die an der Umfrage teilnehmenden Institute. Für Fragen wenden sie sich direkt an e-foresight: sophie.bayley@swisscom.com.
Kommentare
3 Kommentare
Tobias
13. Januar 2020
Spannender Artikel, danke für das Reposting. Bezüglich digitalen Finanzierungslösungen lohnt sich ein Blick nach Schweden - vor vier Jahren gab es dort eine knappe Handvoll digitaler Kreditanbieter für KMU, mittlerweile über 25 (die Anzahl KMU ist dabei rund doppelt so hoch wie in der Schweiz). Denke das wird hier mit etwas Verzögerung auch kommen.
Warum das Multibanking der Valiant den Kampf um die Kundenschnittstelle erhöhen wird
18. November 2019
[…] unserer gemeinsam mit e-foresight durchgeführten Studie „Digitales Firmenkundengeschäft“ haben zwei Drittel der Schweizer KMU mehrere Bankbeziehungen: 46 Prozent der Firmenkunden […]
Tom
30. Oktober 2019
Im Vergleich zu anderen Instituten mit physischer Präsenz in der Schweiz ist sie es noch immer – und zwar mit grossem Vorsprung.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.