18. März 2021
Andere Retail Banking Institute,
Bereits vor einem Jahr hat das IFZ der Hochschule Luzern gemeinsam mit ti&m untersucht, auf welche Technologien Finanzinstitute setzen sollen und welche Prioritäten und Wünsche Kunden haben. Aufgrund der möglichen Trend-Beschleunigung durch Covid-19 haben wir die Umfrage bei 1’024 Kunden bereits nach einem Jahr wiederholt und einige zusätzliche Aspekte vertieft. So haben wir unter anderem eruiert, welche Personas welche Touchpoints nutzen wollen, wie attraktiv Neobanken-Kunden aus Sicht der Banken sind und in welchen Bereichen Covid-19 das Kundenverhalten verändert hat.
Präferenzen von Touchpoints aus Kundensicht
Die Kundeneinschätzungen in Bezug auf die Wichtigkeit der verschiedenen Touchpoints fällt sehr heterogen aus. Jeder Touchpoint wird von einigen Kunden als sehr wichtig betrachtet, derweil andere Kundengruppen diese als unwichtig bezeichnen. Auffällig ist, dass die persönliche Beratung in der Filiale von einem Grossteil der Kunden immer noch als wichtig oder gar sehr wichtig betrachtet wird. Dies bezieht sich nicht nur auf komplexe Bankdienstleistungen, sondern auch auf einfachere Bankdienstleistungen wie Fragen zu Konten oder die Bestellung von Karten. Ein Gespräch über Videochat scheint für viele Kundinnen und Kunden – auch nach ersten Erfahrungen während des Lockdowns – noch nicht wichtig zu sein.
Um eine genauere Sicht auf die favorisierten Touchpoints zu erhalten, zeigt Abbildung 1 den prozentualen Anteil an Kunden, welche den Touchpoint für dieses Produkt in Abhängigkeit vom Geschäftsfall als mindestens wichtig (mindestens 5 Punkte auf einer Ordinalskala von 1 bis 6) taxiert haben.
Worin sich Onliner und Offliner unterscheiden
Basierend auf den subjektiven Präferenzen in Abhängigkeit von unterschiedlich komplexen Bankgeschäften haben wir in einem zweiten Schritt jeden der 1’024 Umfrageteilnehmenden in vier unterschiedliche Personas aufgeteilt. Für die Definition der Personas wurden bewusst nur die angegebenen Präferenzen berücksichtigt. Abbildung 2 visualisiert die Aufteilung und auch die relative Grösse der verschiedenen Gruppen.
19 Prozent aller Kunden ziehen für alle Bankgeschäfte einen digitalen Kanal der Filiale vor („Onliner“). Auf der anderen Seite des Spektrums zählen jene Personen zur Gruppe «Offliner», welche sowohl für einfache als auch komplexe Bankgeschäfte eine Filiale gegenüber den anderen Touchpoints präferieren (15%). Ein Viertel aller Befragten wählt digitale Kanäle für einfache Bankgeschäfte, präferiert aber den persönlichen Kontakt auf der Filiale für komplexere Angelegenheiten (Hybrid). Der grösste Teil der Befragten zeigt keine eindeutige Präferenz (42%) für einen Touchpoint – weder für einfache, noch für komplexe Bankgeschäfte. Diese Persona nennen wir hier «indifferent», da sie keinen digitalen Touchpoint gegenüber der Filiale eindeutig bevorzugt (oder umgekehrt). Diese Persona weicht in Bezug auf Faktoren wie zum Beispiel das Alter oder der Geschlechter- und Einkommensverteilung nicht eindeutig von den anderen drei Personas ab. Auch zeigt das Nutzerverhalten (z.B. Nutzung resp. Nicht-Nutzung von Mobile Banking oder Mobile Payment) keine eindeutigen Muster.
Des Weiteren konnten unter anderem die folgenden Zusammenhänge feststellen:
Einfluss von Covid-19 auf Bankkunden
Das gesellschaftliche Leben und das Verhalten einzelner Menschen hat sich infolge der Covid-19-Pandemie zwangsläufig verändert. Auch für die Bankenwelt hat diese Situation spürbare Konsequenzen. Der Einfluss von Covid-19 kann basierend auf den Umfrageergebnissen 2019 und 2020 bislang vor allem in zwei Bereichen erkannt werden:
In diesen Bereichen erkennen wir (noch) keinen Covid-19-Effekt
Auf der anderen Seite gibt es auch verschiedene digitale Dienstleistungen, welche durch Covid-19 keine erkennbare Weiterentwicklung oder Beschleunigung vorweisen können. So sind beispielsweise die Akzeptanz der elektronischen Unterschrift oder der elektronischen Identität zwar ganz leicht angestiegen. Einen «Covid-19-Effekt» kann man anhand dieser geringen Wachstumsquoten aber nur schwierig erkennen. Des Weiteren haben beispielsweise Chats, Chatbots oder Digitale Assistenten von Banken auf Kundenseite weiterhin eine eher tiefe Akzeptanz.
Mobile Banking hat im vergangenen Jahr zwar weiterhin stark an Bedeutung gewonnen. Auch während des Shutdowns infolge von Covid-19 haben die Logins beim Mobile Banking weiter stark zugenommen. Grundsätzlich kann dies aber weniger auf Covid-19 zurückgeführt werden, sondern steht im Zusammenhang mit einer längerfristigen Trend-Entwicklung. Die Wachstumsentwicklungen waren auch vor dem Lockdown bereits ähnlich hoch.
Geschäftsmodelle der Zukunft
Ökosysteme
Einige Finanzdienstleistungs-Unternehmen versuchen seit einiger Zeit, eigene Ökosysteme aufzubauen und auch Nicht-Bankprodukte darüber zu vermitteln oder zu verkaufen. Grundsätzlich scheinen die Kundinnen und Kunden bereit dazu, auch bankfremde Dienstleistungen über die Bank zu beziehen. 44 Prozent der befragten Personen können sich vorstellen, über ihre Bank Dienstleistungen oder Produkte von anderen Firmen zu beziehen. Etwas jüngere Personen mit höherer Bildung und Einkommen stehen solchen Angeboten grundsätzlich positiver gegenüber als andere. Ein genauerer Blick zeigt aber, dass ein Vertrieb der entsprechenden Zusatz-Produkte oder -Dienstleistungen über die Bank vor allem dann akzeptiert wird, wenn diese einigermassen banknah sind.
Nutzerprofil von Neobanken-Kunden – attraktiv oder unattraktive Kunden?
Neobanken gelten als Vorreiter der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen im Banking. Kunden beginnen zunehmend, deren Services zu nutzen. Wie die Umfrage zeigt, nutzen bereits etwa ein Fünftel aller Befragten Services von Neobanken (19%). Das britische FinTech Revolut in diesem Marktsegment das beliebteste Unternehmen.
Oft wird davon ausgegangen, dass hauptsächlich kostensensitive und für Banken eher unattraktive Retail Kunden die Services von Neobanken nutzen. Unsere Analysen zeigen aber auf, dass Neobanken-Nutzerinnen und -Nutzer jünger, überdurchschnittlich gut gebildet und im Durchschnitt über mehr Einkommen als Nicht-Nutzer von Neobanken verfügen. Banken sollten dementsprechend ein Auge auf die aufkommende Konkurrenz werfen. Grundsätzlich sind von dieser Entwicklung alle Banken betroffen. Interessant ist, dass überproportional viele Regionalbanken-Kunden zusätzlich ein Konto bei einer Neobank eröffnet haben.
Es wird auch davon ausgegangen, dass hauptsächlich die in der Regel tieferen Preise für die Abwanderung von Banken hin zu Digitalbanken verantwortlich sind. Unsere Ergebnisse zeigen, dass tatsächlich der tiefere Preis für die meisten Befragten ein zentrales Argument für die Nutzung von Digitalbanken ist. Ein genau so wichtiger Punkt ist aber auch die Einfachheit der Bedienung («UX»).
Zusammenfassung und Fazit
Einige wichtige Erkenntnisse nochmals zusammengefasst:
Die Studie können Sie kostenlos über diesen Link anfordern.
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