20. April 2016
Mit dem Aktienfonds LUKB Crowders TopSwiss der Luzerner Kantonalbank (LUKB) wird ab Mitte Juni erstmals in der Schweiz (und meines Wissens gar in Europa) für einen Anlagefonds das Wissen einer grossen Anzahl von Menschen genutzt, um dessen Anlagetaktik zu bestimmen. Die Meinungen zu den 30 liquidesten und grössten Titeln des Schweizer Aktienmarktes von Leuten beliebiger Professionalität im Anlagebereich werden dabei auf der seit heute zugänglichen Seite Crowders.ch aggregiert und dann bei der Allokation des Fondsvermögens berücksichtigt. Die Idee dahinter: Die Weisheit einer grossen Personengruppe soll zu einer besseren Performance führen als einzelne Expertenmeinungen. Das Projekt ist sowohl spannend aus einer Social Banking- als auch aus einer Gamification-Perspektive.
James Surowiecki hat mit seinem Buch „Wisdom of Crowds“ im Jahr 2004 argumentiert, dass Entscheidungen von Gruppen oft zu besseren Lösungen führen als jene von einzelnen Experten. Die Güte und Aussagekraft von Einschätzungen könnte möglicherweise ansteigen, wenn Einzelmenschen ihr Wissen zusammentragen, respektive wenn die Informationen einer Gruppe zu gemeinsamen Entscheidungen aggregiert werden.
Wie funktioniert Crowders.ch?
Crowders ist eine elektronische Plattform, auf der eine Internet-Community die Kursentwicklung der 30 Titel des Swiss Leader Index (SLI®) prognostiziert. Dabei geben die User (sogenannte „Crowders“) ihre Einschätzung der Kursentwicklung einmal monatlich in Form eines Votings der im Fonds enthaltenen Titel im Verhältnis zum Swiss Leader Index ein. Eine Empfehlung kann für jeden Titel entweder positiv, neutral oder negativ sein (vgl. Abbildung 1). Die Votes können dabei während des ganzen Monats bis zum Ablauf des Countdowns beliebig oft angepasst werden. Ein unvollständig ausgefülltes Voting (bspw. nur 29 Titel bewertet) fliesst nicht in die Gesamtgewichtung mit ein. Als „Unterstützung“ stellt Crowders ihren Voters die Meinung der LUKB Research-Abteilung, von „The Screener“ (Meinung basierend auf quantitativen Analysen) und von „Stock Pulse“ (Big Data Analytics) zur Verfügung. Diese Zusatzinformationen finde ich einerseits spannend – auf der anderen Seite fragt sich, ob die Meinungen der Voters dadurch möglicherweise nicht (zu) stark beeinflusst werden.
Die Votes aller Crowders werden per monatlichem Stichtag zu einer Gesamtschätzung je SLI-Titel zusammengefasst. Alle Gesamtschätzungen gehen dann an die LUKB Expert Fondsleitung AG (eine Tochtergesellschaft der LUKB). Die Fondsmanager berücksichtigen in der Folge diese Schätzungen bei der Gewichtung der Anlagen im Aktienfonds „LUKB Crowders TopSwiss“ mit. Die einzelnen Voters müssen weder Anteile an diesem Fonds besitzen noch Kunde bei der LUKB sein, um mitmachen zu können. Crowders steht also entsprechend allen Nutzern offen – ob Kunde der LUKB oder nicht. Die Registrierung und die Teilnahme bei Crowders sind kostenlos.
Wie oben erwähnt, kann seit heute gevotet werden. Der Fonds hingegen wird erst Mitte Juni zur Zeichnung aufgelegt. Aus regulatorischen Gründen darf die LUKB den Fond auf Crowders nicht bewerben.
Gamification
Ein ganz zentrales und erfolgsbestimmendes Thema bei diesem Konzept ist der Aufbau und der Erhalt einer aktiven Community. Voten zu wenige Personen, ist wohl auch der Erfolg dieses Projekts in Frage gestellt. Die Gewinnung der Voters erfolgt einerseits durch Werbung, andererseits aber auch durch das Vertriebsnetz der LUKB, inkl. des Einbezugs eigener Mitarbeiter. Stefan Lüthy, Leiter Multikanalmanagement & Digitalisierung bei der LUKB, ist diesbezüglich optimistisch. Er war auch erfreut darüber, dass sich im Vorfeld bereits einige hundert Personen auf http://www.crowders.ch/ für den E-Mail-Newsletter registriert haben.
Damit man Voters zur regelmässigen Teilnahme motivieren kann, muss man entsprechende Anreize schaffen. Daher erhalten die besten Voter jeweils monatlich und Ende Jahr eine finanzielle Belohnung. Es ist vorgesehen, dass monatlich rund CHF 2’500 für Belohnungen zur Verfügung stehen. Die besten Crowders erhalten zudem Ende Jahr eine Sonderausschüttung. Für jeden korrekten Vote (also die korrekt prognostizierte Entwicklung eines Titels im Vergleich zum SLI) erhält ein Crowder einen Trefferpunkt. Diese Punkte bestimmen dann die Rangierung, welche man im monatlich erscheinenden Report stetig überwachen kann (siehe Abbildung 2).
Des Weiteren erhalten alle registrierten Personen einen monatlichen Report, in welchem sie sehen können, ob die kollektive Intelligenz oder die Experten bessere Entscheidungen getroffen haben (siehe Abbildung 3)
Neben diesen Gamification-Anreizen investiert die LUKB auch einen beträchtlichen Betrag in Werbung für Crowders und in einer späteren Phase für den Fonds. Dabei werden rund 80 Prozent der Mittel in Online-Kanäle investiert (Twitter, Facebook, Banner, etc.).
Fazit
Ich persönlich bin Fan dieses Projekts. Es verbindet den Aufbau einer Community, resp. von Social Banking mit Gamification-Aspekten für ein aus Kundensicht nützliches Produkt. Sowohl im Bereich des Community Bankings als auch im Bereich der Gamification stehen die Schweizer Banken derzeit erst ganz am Anfang. Ob das Projekt ein finanzieller Erfolg wird und wie gross das Fondsvolumen sein wird, ist schwierig abzuschätzen. Wenn der Erfolg aber nicht finanzieller Natur ist, erwarte ich zumindest viele Learnings für die LUKB-Organisation. Auch intern wird das Projekt positiv beurteilt. Gemäss Klaus Theiler, Leiter Asset Management und Initiator der Initiative bei der Luzerner Kantonalbank, sind die „Anlageprofis“ der LUKB gespannt darauf, wer die besseren Anlageentscheidungen treffen wird, resp. ob die „Demokratie der kollektiven Intelligenz“ die „Diktatoren“ schlägt.
Mehr dazu:
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Kommentare
2 Kommentare
Roman Rackwitz
26. April 2016
Danke für den Bericht. Nur der Part mit dem Gamification ist leider falsch. ;-) Was sie beschreiben ist das Anwenden eines klassischen Belohnungsprogramms zur Motivation. Genau so wie wir es bereits seit hunderten von Jahren anwenden. Jedoch wird das fälschlicherweise immer mit dem Grund weshalb Menschen, unter anderem, gerne spielen verwechselt. Warum sich das so hartnäckig in der Welt von Gamification hält, verstehe ich nicht. Schließlich würde nie einer sagen, dass er Siedler, Risiko oder WoW spielt, Sport betreibt und seinen Hobbies nachgeht, weil er dafür eine Belohnung bekommt. Spielerische Faszination, und damit auch Gamification, basiert auf was völlig anderem ;-) Nicht das wir uns falsch verstehen. Der Ansatz ist durchaus interessant und der Erfolg gibt dann ja auch recht. Jedoch ist es ein klassisches Belohungsprogramm, dass hier seinen Nutzen beiträgt (jedenfalls so weit wie beschrieben) und nicht Gamification.
Johannes Höllerich
20. April 2016
Sehr spannend. In Deutschland es seit ein paar Jahren bereits ähnliche Fondskonstrukte : https://www.investtor.de/qa/#q4 oder auch http://www.ir-system.com/fonds/ Bisher jedoch mit recht geringem Fondsvolumen. Beste Grüsse, JH
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.