22. November 2012

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IFZ Retail Banking Konferenz – ein Rückblick

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Daniel Piazza und Dr. Imke Keimer

Die erste IFZ Retail Banking-Konferenz, mit knapp 130 Personen ausgebucht, fand am 15.11.2012 statt und war ein bereichernder Anlass für alle Teilnehmenden. Nachfolgend möchten wir die Kernaussagen der verschiedenen Referenten kurz zusammenfassen:

Prof. Dr. Andreas Dietrich, Hochschule Luzern-Wirtschaft
Vorstellung IFZ Retail Banking-Studie/Analyse der Margenentwicklung

  • Die vom IFZ durchgeführte Umfrage bei 184 Geschäftsleitungsmitgliedern von Schweizer Retail-Banken zeigt, dass sie den Margendruck im Aktivgeschäft sowie die Rekrutierung und Ausbildung von guten, unternehmerisch denkenden Mitarbeitenden als die beiden grössten aktuellen Herausforderungen betrachten. Weitere zentrale Herausforderungen sind die effiziente Umsetzung der Regulatorien, eine erhöhte Diversifikation der Ertragsquellen, die Rentabilisierung des Massenkundengeschäfts oder die Sicherstellung der Refinanzierung.
  • Auffällig ist, dass die wichtigsten 7 Herausforderungen nur bankinterne Probleme betreffen. Kundenorientierte Probleme werden (nach wie vor) vernachlässigt. Deshalb wurde die siebte Herausforderung, Kundenorientierung, von den Autoren ergänzt. Die Vielfalt und Herausforderungen für die Retail-Banken sind insgesamt sehr hoch (vgl. Blogbeitrag vom 16.11.2012).
  • Die Zinsmargen der Aktivseite der Neuabschlüsse haben sich in den vergangenen 7 Jahren um fast 40 Basispunkte reduziert, aber seit dem Jahr 2007 insgesamt stabilisiert. Es existieren grosse Unterschiede nach Regionen. Der Hypothekarmarkt bleibt nach wie vor ein sehr stark regional ausgeprägtes Geschäft.

Alex Geissbühler, Partner, Leiter Regulatory Services KPMG
Regulierung im Retail Banking – Quo Vadis?

  • Die Retail-Banken werden sich voraussichtlich in den kommenden 5-10 Jahren mit einer grossen Vielfalt und Komplexität von regulatorischen Themen beschäftigen müssen. Diese sind in erster Linie:
  1. Transparenzvorschriften bezüglich versteuerter Gelder
  2. Offenlegung von Vergütungen an Dritte beim Vertrieb von Produkten
  3. Anlegerschutz
  4. Cross-border
  5. „Product suitability“
  6. „Client suitability“
  7. Kapital- und Liquiditätsplanung

Bernard Kobler, CEO Luzerner Kantonalbank
Geschäftsstellen – Kostentreiber oder Erfolgsgeneratoren?

  • Geschäftsstellen einer Bank sind Imageträger – sogar für diejenigen, die nie einen Fuss über die Schwelle einer Bank setzen. Geschäftsstellen sind heute auch Orte des erlebbaren Markencharakters einer Bank. Die Wirkung eines Geschäftsstellennetzes auf Differenzierung, Image, Positionierung oder Verankerung ist allerdings schwierig messbar. Trotzdem dürfen Geschäftsstellen als eine Investition zur Erzielung zukünftiger Erträge betrachtet werden.
  • Ein dichtes Zweigstellennetz ist ein glaubwürdiges Differenzierungsmerkmal für eine kundennahe Bank. Dies ist auch in der LUKB-Strategie 2011 – 2015 verankert: „Wir halten am dezentralen Vertriebsnetz fest“. Viele Filialen werden allerdings umgebaut und so den neuen Kundenbedürfnissen angepasst: Markant höhere Gewichtungen der Zonen für Begegnung und Beratung werden angestrebt, Schalter werden an Bedeutung verlieren. Online Banking und Mobile Banking werden immer wichtiger, hier gilt es die Entwicklungen aufmerksam zu beobachten.
  • Nicht nur der Markencharakter der Filialen ist wichtig. Die LUKB hat eine deutlich bessere Marktdurchdringung in Gemeinden mit LUKB-Geschäftsstellen, als in Gemeinden, wo Mitbewerber alleine und die LUKB nicht präsent ist. Dort ist der LUKB-Marktanteil signifikant tiefer. Die Geschäftsstellen werden für die LUKB daher auch in naher Zukunft der wichtigste Vertriebskanal bleiben.

Dr. Pierin Vincenz, CEO Raiffeisen Schweiz
Wachstum und Profitabilität – ein Widerspruch?

  • Margen- und Kostendruck im Retail Banking werden hoch bleiben.
  • Das Wachstum der Kundenausleihungen bei Raiffeisenbanken war deutlich höher als das Wachstum des Zinserfolgs. Das Wachstum der Kundenausleihungen lag bei den Raiffeisenbanken in den vergangenen drei Jahren zwischen 7% und 8.3%, während der Zinserfolg lediglich um 1.3% bis 3.7% angestiegen ist. Insgesamt werden ca. 2/3 der positiven Wachstumseffekte durch negative Zinsmargeneffekte kompensiert.
  • Die Raiffeisenbanken legen auch weiterhin den klaren Fokus auf das qualitative Wachstum bei gleichzeitiger Kostendisziplin und der steten Förderung auch nichtfinanzieller genossenschaftlicher Werte.

Hans-Ulrich Stucki, CEO Clientis AG
Kleine Banken, grosses Vertrauen – Strategien der Clientis Gruppe

  • Die Clientis-Banken möchten zukünftig ihre Erträge durch zusätzliche Aktivitäten in den Geschäftsfeldern „Anlegen und Vorsorgen“ sowie „Privat- und Firmenkunden“ steigern.
  • Die in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich hohe Cost/Income-Ratio von ca. 64% lässt sich vor allem durch IT-Investitionen erklären. Ziel ist es, diese Ratio auf ca. 60% runterzubringen. Der entsprechende Wert steht aber nicht im speziellen Fokus der Eigentümer. Die Banken erhoffen sich einen zusätzlichen Synergienutzen unter anderem durch Kostensenkungen mit gruppenweiter Koordination der IT-Leistungen und durch die konsolidierte Überwachung durch die FINMA.
  • 15 Clientis Banken haben vertraglich vereinbart, der Clientis Gruppe bis mindestens 2017 anzugehören. Sie bleiben jedoch weiterhin eigenständig.

Prof. Dr. Nils Hafner, Hochschule Luzern-Wirtschaft
Kundenkontakt-Management: Die Kunst des 80-20 im Retail Banking

  • Das Management von Retail-Banken muss identifizieren, welches die Standardgeschäftsvorfälle im „First Level“ sind, und diese nachhaltig entlang der Kennzahl der sogenannten „first contact resolution rate“ (Lösungsquote im ersten Anlauf) führen. Entscheidend sind dabei Fehlerfreiheit und Lösungsgeschwindigkeit.
  • Weiter müssen Retail-Banken analysieren, wo die Profilierungsfelder bei den komplexeren Lösungen im „Second Level“ liegen. Hier gilt es zusammen mit den jeweiligen Experten in der Bank nachhaltig positive Kundenerlebnisse zu gestalten.
  • Damit sollte es auch zu einem deutlich positive(re)n NPS-Wert („Weiterempfehlungs-Quote“) kommen. Derzeit sind die Anstrengungen der  Banken in diesem Gebiet noch deutlich zu tief.

Einige Impressionen der Konferenz:

Die 170-seitige «IFZ Retail Banking-Studie Schweiz 2012» kostet 290 Franken und kann hier direkt bestellt werden.

Weitere Artikel in Fachzeitschriften:
Bankmagazin: Die Retailbanken als Fels in der Brandung
http://www.bankmagazin.de/Aktuell/Nachrichten/202/19815/Die-Retailbanken-als-Fels-in-der-Brandung.html

Luzerner Zeitung:
Der Kunde steht weit hinten

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