20. November 2023

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19 Kantonalbanken lancieren neue Hypothekarplattform

Von Dr. Urs Blattmann

Mit hypomarket.ch lanciert eine Gruppe von 19 Kantonalbanken, vertreten durch die NNH Holding, eine neue Selfservice-Plattform für die Finanzierung von privaten Immobilienkäufen. Technisch basiert sie dabei auf der online-Plattform zur Vermittlung von Hypotheken, welche die Thurgauer Kantonalbank vor zwei Jahren lanciert hat und die sich im Markt gut etabliert hat. Wir haben in diesem Blog darüber berichtet.

Die Kantonalbanken wollen in ihrem Kerngeschäft, dem Finanzieren, den digitalen Kanal weiter ausbauen. Letztlich soll der gesamte Prozess, den ein Kunde durchläuft, digital abgebildet werden. Mit hypomarket.ch soll damit ein weiterer Schritt in diese Richtung unternommen werden. Ausgangspunkt ist dabei eine andere, bereits existierende Plattform.

Emonitor, ein PropTech Start-up, an dem sich drei Kantonalbanken beteiligt haben, bietet eine SaaS-Plattform mit zahlreichen Immobilien-Services im Bereich Projekterstellung, Vermietung und Verkauf. Eine Komponente ist melon.sale, bei der Kunden Wohnungen direkt ab Plan reservieren und später kaufen können. Die Plattform wird in der Regel zur Vermarktung von Wohnungen verwendet, welche noch nicht gebaut, sondern erst geplant sind und spricht damit potenzielle Käufer an, die zu einem späteren Zeitpunkt eine Liegenschaft erwerben möchten.

Reservierung von Wohnungen, welche erst geplant und noch nicht gebaut sind

Für die Reservierung einer Wohnung muss der Interessent eine ganze Reihe von Informationen eingeben, wie persönliche Daten und Angaben zum Einkommen. Damit der Verkäufer die Sicherheit hat, dass das Geschäft später auch zustande kommt, verlangt er eine Finanzierungsbestätigung. Mit anderen Worten, eine Bank muss eine Bestätigung abgeben, dass sie für diesen Kunden die Finanzierung der Wohnung grundsätzlich übernehmen würde. Der Interessent kann dazu zur Bank gehen und eine solche Bestätigung einholen, die er dann hochladen und zusammen mit seinem Reservierungsangebot elektronisch einreichen kann.

Der Gang zur Bank für das physische Einholen der Finanzierungsbestätigung wird nun mit hypomarket, einer kompletten Self-Service-Lösung, obsolet, so dass für den Interessenten ein durchgängig elektronischer Prozess 7×24 angeboten wird. Neu kann der Interessent, wenn er die Frage ‘Jetzt eine Finanzierungsbestätigung einholen’ mit ja beantwortet in die neue Plattform hypomarket abspringen und sich eine solche Bestätigung online beschaffen.

Abbildung 1: Absprung in der Plattform emonitor zu hypomarket

Automatische Datenübernahme aus der anderen Plattform

Gibt der Kunde seine Einwilligung, kann hypomarket die dazu erforderlichen Daten, welche er zuvor schon in der Plattform von emonitor eingegeben hat, übernehmen, so dass nur noch wenige zusätzliche Felder, etwa die Angabe zu den Eigenmitteln für den Kauf der Wohnung, auszufüllen sind.

Abbildung 2: Die meisten Datenfelder können bei hypomarket automatisch übernommen werden – im Bild blau hinterlegt.

Da bei hypomarket mehrere Hypothekenfinanzierer ihre Finanzierungsregeln hinterlegt haben, kann das System sofort prüfen, welche Finanzinstitute eine Finanzierungsbestätigung abgeben. Sofern ein Institut eine solche Bestätigung abgeben würde, erhält der Kunde im Namen von hypomarket seine generische Finanzierungsbestätigung. Wird eine Bestätigung der Finanzierung von allen Kapitalgebern abgelehnt, so wird der Interessent aufgefordert, mit der Bank, welche in seiner Nähe ist, Kontakt aufzunehmen.

Dieser Use-Case ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Zum einen, weil sich hier zwei Plattformen verbinden und so dem Kunden einen echten Mehrwert bieten können. Zum andern aber auch, weil die Lösung für die Plattformbetreiber eine Win-Win-Situation schafft: Immobilienentwickler und Vermarkter können ihren Kunden nun einen durchgängigen Online-Prozess anbieten, welche diese orts- und zeitunabhängig nutzen können. Hypomarket auf der anderen Seite schafft für die Hypothekenanbieter die Möglichkeit, schon zu einem viel früheren Zeitpunkt als der Hypothekarfinanzierung mit potenziellen Kunden in Kontakt zu kommen und eine ‘Visitenkarte’ abgeben zu können. Da zwischen der Reservierung der Wohnung und dem Kauf eine gewisse Zeit vergeht, wird natürlich nicht jeder Interessent später auch die Finanzierung über hypomarket abschliessen. Dennoch dürfte mit diesem Instrument ein gewisses Potenzial von Hypothekarkunden geschaffen werden.

Eigene Einschätzung und Fazit

Im Bereich der Immobilienvermittlung und des Immobilienverkaufs existieren aktuell eine Vielzahl von Plattformen, was für viele Kundinnen und Kunden eher verwirrend wirkt und sich deshalb vermutlich negativ auf deren Nutzung auswirkt. Auch der Umstand, dass bei vielen Plattformen noch Medienbrüche vorhanden sind und die Nutzerinnen und Nutzer gezwungen sind, physische Dokumente zu beschaffen, wird von der Kundschaft oft als ärgerlich empfunden. Die Verbindung von zwei Plattformen und die gleichzeitige Elimination eines Medienbruches, welche die Kantonalbanken mit hypomarket nun in die Wege leiten, erachten wir deshalb als einen wesentlichen Schritt in Richtung eines kundenfreundlichen Angebotes.

Für die involvierten Banken wird damit nach unserer Einschätzung ein zusätzliches Marktpotenzial geschaffen und damit auch eine Stärkung der eigenen Marktpositionierung erreicht. Ob es auch gelingen wird, einen substanziellen Anteil der Hypothekargeschäfte über die Plattform abzuschliessen, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden und wird auch vom weiteren Ausbau der neuen Plattform, deren Marketing und vielen weiteren Faktoren beeinflusst werden. Die Zusammenarbeit verschiedener Plattformen zeigt jedoch einen Weg auf, wie für Kundinnen und Kunden ein Mehrwert geschaffen und damit gleichzeitig das eigene Geschäftsmodell noch rentabler gestaltet werden kann. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle von Banken scheint uns dies ein interessanter Lösungsansatz zu sein.

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