20. Mai 2019

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100 Tage Valuu von PostFinance – erste Erkenntnisse

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Hypothekenvermittler wie MoneyPark, Hypoguide oder HypoPlus erlangen im Schweizer Hypothekarmarkt eine zunehmende Bedeutung. Seit rund vier Monaten buhlt mit Valuu, die Hypothekenvermittlungsplattform von PostFinance, ein weiterer Marktteilnehmer um die Gunst der Hypothekarkunden. Im heutigen Blog werde ich aufzeigen, wie die ersten 100 Tage von Valuu verlaufen sind.

Valuu ist eine Geschäftseinheit innerhalb der PostFinance und vermittelt seit der Lancierung der mobilen Applikation im Januar 2019 Angebote für die Finanzierung von Wohneigentum. Potenzielle Immobilienkäufer starten ihre Anfrage dabei (bislang) nicht am Computer, sondern über die Valuu-App. Die App beginnt mit der Abfrage des Bedürfnisses: neue Hypothek abschliessen oder Hypothek verlängern.

Abbildung 1: Customer Journey in der Valuu App und bei Neukauf eines Objekts

Basierend auf den Kundenbedürfnissen werden danach konkrete Offerten in der App angezeigt. Interessanterweise sind am Stichtag 11. Mai 2019 für das ausgewählte Objekt in Zürich gewisse Banken ähnlich teuer wie Pensionskassen oder die Axa Versicherung (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Empfehlung Produkte und Hypothekenangebote. Bei Fragen kann der Kunde zudem einen Berater von Valuu anrufen

Der Markt für Hypothekenvermittler kann in den vergangenen drei Jahren über teilweise eindrückliche Wachstumsquoten berichten. Gemäss einer Umfrage des IFZ können es sich zwar noch immer rund drei von vier der befragten Personen nicht vorstellen, die Hypothek über einen Vermittler abzuschliessen. Das bedeutet aber auch, dass es sich bereits 24 Prozent der Befragten vorstellen können, die Hypothek über einen Vermittler abzuschliessen.

Erste Fakten zur bisherigen Nutzung von Valuu

Thomas Jakob, Leiter der Valuu-Plattform, hat mir für diesen Blog einige erste Fakten zu Valuu zur Verfügung gestellt:

  • Die App wurde bislang – und das finde ich für die ersten 100 Tage eine durchaus beachtenswerte Zahl – 15’000 Mal heruntergeladen.
  • Registriert haben sich bislang eine vierstellige Anzahl Personen.
  • Die Plattform konnte auch bereits im tiefen zweistelligen Bereich Abschlüsse verzeichnen.
  • Aktuell hat Valuu 11 Kreditgeber als Partner. Auf Bankenseite sind derzeit die Credit Suisse, die Glarner Kantonalbank, die Berner Kantonalbank, die WIR Bank, die Baloise Bank SoBA, die Bank EKI, die Bank SLM und die Raiffeisenbank Belalp-Simplon als potenzielle Kreditgeber aufgeführt. Auf der anderen Seite konnte Valuu mit der Axa auch ein Versicherungsunternehmen und mit den Pensionskassen der SBB und der Post auch zwei Pensionskassen als potenzielle Finanzierungspartner gewinnen. Thomas Jakob erwartet weitere Partner noch in diesem Jahr.
  • Bislang sind vor allem die Angebote der beiden Pensionskassen oder der Versicherung von den Kunden gewählt worden. Dies erstaunt nicht, da die Kunden im Moment zu langjährigen, festverzinslichen Hypotheken tendieren und Versicherungen und Pensionskassen bei Hypotheken mit langjährigen Laufzeiten derzeit attraktive Angebote unterbreiten.
  • Die Volumina der bisher abgeschlossenen Hypotheken sind tendenziell etwas tiefer als bei einer Schweizer Durchschnittshypothek. Dies ist aber durchaus nachvollziehbar, da bislang vor allem Ablösungen finanziert wurden.
  • Valuu hatte sich im Vorfeld auf sehr viele persönliche Anfragen der Hypothekarkunden vorbereitet. Effektiv hat aber keiner der Kunden, der bis heute abgeschlossen hat, während des Prozesses angerufen. Etwas salopp ausgedrückt: Entweder kommen die Leute mit der App zurecht und haben Vertrauen in einen digitalen Abschluss – oder sie spielen etwas herum und verlassen die App dann wieder.

Wer sind die bisherigen Kunden?

Noch haben nicht allzu viele Kunden bei Valuu abgeschlossen. Das erste Bild, das man aber zeichnen kann, ist wie folgt:

  • Bislang schliessen vor allem Kunden ab, die ihre Hypothek verlängern respektive ablösen möchten.
  • Personen die Neuhypotheken abschliessen, zeigen zwar offenbar viel Aktivität auf der Plattform, sind dann aber zögerlich beim Abschliessen.
  • Die Kunden, die bisher abgeschlossen haben, sind zinssensitiv (wählen also in der Regel immer den günstigsten Vorschlag) und meist in guten Bonitätsklassen.
  • Geographisch hat Valuu vor allem im Mittelland Abschlüsse gemacht.
  • Bisher haben ausschliesslich Männer über Valuu einen Hypothekarvertrag abgeschlossen. Die Frauen sind bisher nur als Solidarhafterinnen erschienen.

Was sind die nächsten Schritte?

Nach den ersten Erfahrungen, plant Valuu nun die folgenden nächsten Schritte:

  • Die App ist in einem ersten Schritt nur mobil angeboten worden. Für mich wenig überraschend im Bereich von Hypotheken, gibt es aber auch einige Kunden, die eine «Desktop-Version» bevorzugen. Daher wird Valuu in absehbarer Zeit auch eine Web-Lösung zur Verfügung stellen.
  • Ebenso gab es offenbar einige kritische Kundenfeedbacks rund um die Einfachheit in der Handhabung beim Abschluss von Hypotheken. Valuu ist daher daran, das Kundenerlebnis auf der App zu verbessern. Durch ihre monatlichen Release-Zyklen kann sie auch ziemlich schnell Anpassungen vornehmen.

Fazit

Mit Valuu verfolgt PostFinance das Ziel, neue, zinsunabhängige Ertragsquellen zu erschliessen und das Geschäft als Vermittlerin von Hypotheken zu erweitern. Der Geschäftsansatz basiert dabei auf einem klassischen Vermittlungs- und Provisionsmodell.
Die Lösung ist erst seit rund vier Monaten auf dem Markt und muss zuerst noch stärker im Markt bekannt gemacht werden. Durch den PostFinance-Brand hat Valuu hier aber sicherlich eine gute Ausgangslage. Die oben beschriebenen ersten Entwicklungen würde ich als «wie erwartet» bezeichnen.
Aus meiner Sicht ist derzeit auch nicht die entscheidende Frage, von welchem Hypothekenvermittler Valuu Marktanteile gewinnen kann. Es ist aus meiner Sicht klar, dass der Kuchen im Bereich der Hypothekenvermittler insgesamt wachsen wird, wodurch schlussendlich alle Vermittler profitieren können. Ganz generell kann man feststellen, dass weitere Bewegung in den Vermittler-Markt kommt. So hat beispielsweise die Valiant angekündigt, ab Mitte 2019 (zunächst nur in der Ostschweiz) für ihre Privatkunden ein Vergleichsangebot im Hypothekargeschäft zu lancieren. Bei einer Hypothekarberatung bei Valiant werden Interessierte verschiedene Offerten erhalten, auch solche von anderen Anbietern wie Pensionskassen oder Versicherungen. Die entsprechende Marktentwicklung bleibt also spannend.

PS: Diese und weitere spannende Geschäftsmodelle werden anlässlich der Konferenz «Innovationen im Banking» am 18. Juni präsentiert. Es hat derzeit noch 22 Tickets. Anmeldung via diesem Link

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