8. März 2021
Wie ich bereits in früheren Blog-Artikeln aufgezeigt habe, bieten verschiedene Schweizer Banken unterschiedliche Formen von Videoberatung an. Durch die Covid-19-Krise hat die Bedeutung solcher Angebote weiter zugenommen. Im heutigen Blog zeige ich auf, wie die Migros Bank die Videoberatung einsetzt, welche Erfahrungen sie damit bislang gemacht hat und welche Kunden diesen Touchpoint nutzen.
Videotelefonate sind in der Schweiz bereits ziemlich verbreitet. Rund 29 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer führen gemäss einer Umfrage von Moneyland (in unterschiedlicher Häufigkeit) Video-Telefonate. Hingegen werden Videoberatungen bei Finanzinstituten noch immer selten eingesetzt, obschon sie einige Vorteile bieten. Durch die Covid-19-Krise haben aber einige Institute erkannt, dass ein solches Angebot in verschiedener Hinsicht sinnvoll sein kann (vgl. auch meinen Blog zur Nutzung bei der Helvetia Versicherungen sowie der Basler Kantonalbank und der Bank Cler).
Auch die Migros Bank hat einen neuen interessanten Ansatz lanciert, wie man Videoberatung bei komplexeren Beratungsthemen einsetzen kann. Der Vorteil für den Kunden ist, dass er sich den Weg zur Filiale spart und möglicherweise auch von erweiterten „Öffnungszeiten“ profitieren kann. Mein Gesprächspartner, Rolf Knöpfel, Leiter Innovation und Marketing bei der Migros Bank ist auch der Überzeugung, dass man sich dadurch an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden orientiert. In der technischen Umsetzung ist wichtig, dass der Kunde nicht zusätzliche Software installieren muss. Die Funktionalität der Videoberatung darf also lediglich einen Mausklick entfernt sein. Die Migros Bank hat dies entsprechend so umgesetzt.
Interessanter Ansatz der Migros Bank
Auf der Webseite der Migros Bank (z.B. im Hypothekarbereich) kann der Kunde einen Online Termin vereinbaren. Dabei kann er wählen, ob er die Beratung in Form einer Videoberatung online oder in einer Niederlassung machen möchte. Danach kann er sein gewünschtes Datum und seine präferierte Uhrzeit angeben. Nach Eingabe verschiedener Informationen (vgl. Abbildung 1) wird der Termin per Mail bestätigt.
Einerseits kann der Kunde von sich aus eine Videoberatung wünschen. Als zweite Option kann auch der Kundenberater, respektive die Kundenberaterin, die Initiative ergreifen und entweder spontan während eines Telefonats auf eine Videoberatung während des Gesprächs «umschalten» oder ein Beratungsgespräch per Video auf Termin vorschlagen. Wie oben erwähnt, muss der Kunde der Migros Bank hierfür keine zusätzliche Software installieren.
So läuft es bislang
Folgende erste Zahlen habe ich von der Migros Bank für diesen Blog-Artikel erhalten:
Am Ende eines Beratungsgesprächs können Kunden noch ein Feedback zum Gespräch abgeben («Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die Migros Bank weiterempfehlen werden?»). Nur rund 20 Prozent der Kunden geben zwar am Ende eine Bewertung ab – diese ist aber sehr positiv, wie Abbildung 2 unten aufzeigt. Der Net Promotor Score «NPS» hat einen Gesamtwert von rund 71.
Abbildung 2: NPS nach Videoberatungs-Gespräch (Quelle: Migros Bank)
Videoberatung wird wichtiger – braucht es da noch grosse Filialen?
Filialen bleiben für die Migros Bank wichtig und im Gegensatz zu den meisten anderen Banken erweitert die Migros Bank sogar ihr Niederlassungsnetz. Interessant ist dabei die im dritten Quartal 2020 eröffnete Geschäftsstelle in Affoltern am Albis. An diesem Standort probiert die Bank aus, ob sie auch mit einer flächenmässig kleinen Filiale erfolgreich sein kann. In der neuen Filiale ist jeweils nur eine Person zu den wichtigsten Zeiten vor Ort. Dieser und auch weitere neue und eher kleine Standorte kombinieren ein breites Service-Angebot, indem eine physische Beratung vor Ort durch Beizug weiterer Experten – entweder vor Ort oder via zuschaltbarer Videoberatung – ergänzt wird.
Fazit
Bei den Schweizer Banken ist die Videoberatung gerade für komplexere Dienstleistungen noch immer eher eine Seltenheit. Durch die Corona-Krise und auch veränderte Kundengewohnheiten macht es aber Sinn, wenn sich Banken intensiver mit den Möglichkeiten der Videoberatung – auch im Sinne von «Kollaborations-Plattformen» – auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund begrüsse ich den aus meiner Sicht gut umgesetzten Ansatz der Migros Bank. Positiv finde ich einerseits, dass das Angebot spezifisch für komplexere Geschäfte gemacht wird (das machen aber auch andere Banken bereits so). Andererseits finde ich es interessant, dass der Kunde bereits auf der Webseite wählen kann, ob er eine Videoberatung oder eine «klassische» Beratung in einer Niederlassung machen möchte. Die obigen Analysen zeigen auch, dass die Anzahl der Beratungsgespräche über diesen Touchpoint zumindest während einer durch Covid-19 bedingten Shutdown-Situation, durchaus beachtlich sein können.
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