16. September 2013

Allgemein,

Kundenorientierung

Die Schweiz sucht den Service Champion – Retail Banken unter der Lupe!

Von Prof. Dr. Nils Hafner

Retail Banken in der Schweiz sind ja nach wie vor leider grösstenteils austauschbar. Vor allem, wenn man die Produkte betrachtet. Daher stellt sich für Neukunden die Frage, welches Institut man wählen sollte. Eine Entscheidungshilfe und somit Differenzierungsmöglichkeit für die Finanzinstitute kann der Kundenservice sein. Daher untersuchte Frau Jasmin Ursprung im Auftrag des IFZ in ihrem Bachelorarbeitsprojekt den Kundenservice der Credit Suisse, PostFinance, Raiffeisenbank Schweiz, UBS, Valiant sowie der Luzerner, Thurgauer und Zürcher Kantonalbank. So sollte ein Kundenservicevergleich im Retail-Banking Schweiz stattfinden.

Hierbei konstruierte Frau Ursprung auf Basis aller vorliegenden Studien und einer grossen Auswahl an Fachliteratur ein Modell zum Kundenservicevergleich im Retail-Banking Schweiz. Dieses Modell basiert auf drei Analysepunkten, welche anschliessend bewertet werden. Zusätzlich wurden zur Informationsgewinnung Interviews mit den Kundenserviceverantwortlichen der jeweiligen Finanzinstitute durchgeführt. Schlussendlich sollte herausgefunden werden, welche Kundenserviceinstrumente die acht Finanzinstitute einsetzen, welchen Einfluss der Kundenservice auf den Unternehmenserfolg hat und was ihnen ihr Kundenservice letztendlich bringt. Ausserdem sollen Empfehlungen für die Finanzinstitute abgegeben und ein Kundenservicechampion ermittelt werden.

Anhand der drei bewerteten Analysepunkte (Analyse der öffentlich zugänglichen Informationen zum Thema Kundenservice; Praxisanalyse der Kundenservicekanäle und Kundenzufriedenheitsanalyse) konnten die UBS und die Luzerner Kantonalbank als Gesamtsieger ermittelt werden. Es muss jedoch bei diesem Modell beachtet werden, dass eine gewisse Subjektivität in den Bewertungen nicht ausgeschlossen werden kann und dies somit keine repräsentative Bewertung darstellt. Es kann dennoch gesagt werden, dass diese Arbeit aufgrund ihrer vielen zusammengetragenen Informationen einen guten Einblick in den Kundenservice der untersuchten Finanzinstitute gibt.

Dank der Interviewauswertung konnten zudem die Forschungsfragen beantwortet werden. Es konnte herausgefunden werden, dass vorwiegend der telefonische und elektronische Kundenservicekanal benutzt wird. Ausserdem liegen die Vorteile eines Kundenservice in der Entlastung der Geschäftsstellen, Differenzierung des Finanzinstitutes selbst und in der Förderung von Kundenbindung. Alle Interviewpartner waren sich zudem einig, dass der Kundenservice mindestens einen indirekten Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Durch die Entlastung der Geschäftsstellen können diese sich auf die Akquisition von Kunden konzentrieren und somit Erträge erwirtschaften. Ausserdem stärkt der Kundenservice die Kundenbindung und dies hat somit ebenfalls Einfluss auf den langfristigen Unternehmenserfolg. Auf der anderen Seite kann ein Kundenservice selbst Erträge generieren, wenn dieser noch Cross-Selling betreibt.

Abschliessend können den Finanzinstituten folgende Empfehlungen gegeben werden:

  • Die Finanzinstitute sollten, damit die Servicekonformität gegeben ist, Prozess- und Servicestandards haben.
  • Es sollten nur beim Telefon Kundenservicekosten anfallen. Diese Kosten sollten den Normal-bzw. Ortstarif nicht übersteigen.
  • Eine Kundenservicetelefonnummer sollte mindestens zu den normalen Öffnungszeiten erreichbar sein. Je länger eine Telefonnummer geöffnet ist, desto mehr kann sich ein Unternehmen von der Konkurrenz abheben. Notfalltelefonnummern, wie Kartensperrungsnummern, sollten jederzeit erreicht werden können.
  • Der angestrebte Servicelevel sollte mindestens 80 zu 30 betragen (d.h. 80% der Anrufer werden innert 30 Sekunden persönlich bedient) um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Die höchst genannten Werte hierbei betragen 90 zu 15 oder 85 zu 12.
  • Schriftliche Antwortzeiten sollten allgemein nicht länger als 48 Stunden dauern um konkurrenzfähig zu bleiben. Einfache Anfragen sollten sogar mindestens innerhalb von 24 Stunden beantwortet werden.
  • Es ist wichtig, dass die neuen Mitarbeitenden bereits früh auf Servicequalität sensibilisiert und optimal aus- und weitergebildet werden.
  • Neu einzustellende Mitarbeitende sollten vor allem gute kommunikative Fähigkeiten und idealerweise ergänzend fachliche Skills mitbringen.
  • Mitarbeitende sollten regelmässige Feedbacks über ihre Arbeitsqualität bzw. Servicequalität erhalten. Allgemein gesagt, sollte die Servicequalität stetig geprüft werden.
  • Den Kunden sollte ein persönlicher, erreichbarer, schneller, freundlicher, hilfsbereiter, abschliessender, kompetenter und fehlerloser Service gewährleistet werden.
  • Leistungen, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt versprochen wurden, müssen eingehalten werden.
  • Die Kundenzufriedenheit sollte gemessen werden, damit sich die Finanzinstitute laufend verbessern können, sie wissen wie sich die Kunden fühlen und sie keine Kunden verlieren.
  • Die Kundenzufriedenheit sollte mindestens alle zwei Jahre gemessen werden. Am geeignetsten hierfür sind vor allem Kundenbefragungen oder Mystery Shopping.
  • Die Kundenzufriedenheit kann durch die Gewährleistung der Standards der Finanzinstitute, die systematische Erfassung der Kundenreaktionen im System sowie durch Kundenrückmeldungen sichergestellt werden.

Schlussendlich kann gesagt werden, dass vor allem die Mitarbeitenden in den Empfehlungen für die Institute eine zentrale Rolle spielen. Es ist deshalb wichtig, diese gut auszuwählen und gut aus- und weiterzubilden.

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