21. April 2014

Allgemein,

Digitalisierung

Digitalisierung umfasst auch die interne Zusammenarbeit

Von Prof. Dr. Nils Hafner

Bislang haben wir in diesem Blog die Auswirkungen der Digitalisierung vor allem im Hinblick auf die Kundenschnittstelle des Retail Banking dargestellt. Ein interessanter Hebel ist jedoch auch die interne Anwendung von sozialen Technologien auf die Zusammenarbeit innerhalb einer Retailbank.

Betrachtet man die Tatsache, dass sich Banken heute noch primär als Organisationen verstehen, die ihren Kunden eine auf Wissen basierte Dienstleistung verkaufen, so fällt einem eine Studie vom McKinsey Global Institute zum Thema: „The social economy: Unlocking value and productivity through social technologies“ auf. 28 Stunden pro Woche, so haben die Experten herausgefunden, verbringt ein durchschnittlicher Wissensarbeiter in der Woche damit emails zu schreiben, nach Informationen zu suchen und mit Kollegen intern zusammen zu arbeiten. Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 42 Stunden verbleiben so noch 14 Stunden für die Arbeit mit dem Kunden.  Zahlen wie Donnerhall eigentlich.

Völlig klar wird dies, wenn man heute Mitarbeiter in Banken nach der Anzahl und Aufteilung  ihrer emails befragt. In den allermeisten Fällen sind mehr als zwei Drittel aller emails von internen Absendern. Gleichzeitig sind diese emails oftmals an mehrere Personen gerichtet und es ist festzustellen, dass je höher ein Mitarbeiter in der Hierarchie des Unternehmens angesiedelt ist, desto häufiger wird er aus politischen Gründen in „cc“ gesetzt.

Die Anzahl und der Inhalt solcher emails überfordert häufig schier die zur Verfügung stehenden Ressourcen und hemmt nachhaltig die Produktivität bei der Erledigung der eigentlichen Aufgaben. Gleichzeitig steigt gerade bei einem erhöhten regulatorischen Druck die Notwendigkeit der Vermittlung neuer Richtlinien und Weisungen. Das bedeutet, es ist sicher zu stellen, dass die betroffenen Mitarbeiter, die für sie wichtigen Dokumente auch lesen und anwenden. Auch das geschieht heute vornehmlich via Intranet und email. Dieser Sachverhalt trägt also ebenfalls zur steigenden emailflut bei.

Ausserdem kann bei einer solchen „klassischen Verteilung“ via email und Intranet nicht immer überprüft werden, ob Mitarbeiter die Information erhalten haben, gelesen haben, einem Link gefolgt sind und die dazu gehörige Weisung auch verstanden haben.  Die Banken sind also im Bezug auf die interne Zusammenarbeit in einem Produktivitätsdilemma angekommen: Man will mehr beim Kunden sein, gleichzeitig steigen aber intern die Notwendigkeiten zu Koordination und Abstimmung.

Betrachtet man soziale Netzwerke, wie beispielsweise Facebook oder in kleinerem Masse WhatsApp wird schnell klar, wie Kommunikation anders funktionieren kann. In solchen Netzwerken, stellt sich der Benutzer seinen Informationsstrang so zusammen, wie er es aufgrund seiner Bedürfnisse für richtig empfindet, er kann Informationen lesen, bewerten und kommentieren. Je öfter ein Inhalt bewertet oder kommentiert wurde, desto relevanter ist er und desto weiter oben im Newsstream findet ihn der Benutzer. Auf der Basis seiner Vorlieben und Interaktionen werden dem Benutzer weitere passende Themen und die Interaktion mit anderen Benutzern vorgeschlagen. Das schönste aber: Der Sender der Informationen kann in Kommunikationsgruppen sehen, wer welche Information gelesen hat und erhält so Sicherheit über den Erfolg seiner Information.

Nun eignen sich öffentliche soziale Netzwerke wie Facebook nicht, um die Zusammenarbeit innerhalb einer Retail Bank zu organisieren, jedoch sind in der Zwischenzeit Plattformen auf den Markt gekommen, die über einen ähnlichen Funktionsumfang verfügen. Zu erwähnen sind hier beispielsweise die Plattformen Jive (mit denen UBS und Credit Suisse in begrenztem Umfang bereits arbeiten), Chatter, oder Yammer, die vor einigen Monaten für 1,2 Milliarden US$ von Microsoft übernommen wurde. Im Vergleich zu den beschrieben Vorteilen von Facebook orientieren sich solche Plattformen aber an den Rollen und Aufgaben eines Benutzers. Die Funktionsweise in Bezug auf Kommentieren, Bewerten und Periodisieren ist jedoch die selbe.  

Natürlich erfordert eine derartige interne Zusammenarbeit einen hohen Willen zur Veränderung. Aber die Zahlen sprechen für sich. McKinsey berichtet von einer um 15% erhöhten Produktivität und einer deutlichen Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit.

Kommentare

1 Kommentare

Aegetswil

23. April 2014

Ich hab mal mein Chef gesagt: -Ich habe einen neue Arbeit! Ich bin inzwischen ein 'email-responder' - denn ich verbringe die meiste Zeit emails zu lesen/beantworten Eine Woche später sagte ich den Chef: -Ich wurde befördert: Nun bin ich ein "email-forwarder" - und kann vieles 'delegieren'! Wiederum eine Woche später sagte ich den Chef: -Ich wurde wiederum befördert: Nun bin ich ein "email-creator", den mein Name steht im untersten email (nach unten scollen!) - FAZIT: Wir sind email Krank. Man sollte ein email Zähler einführen, die nur so-und-so viele Personen pro Tag erlaubt. Danach ist man bis zum nächsten Tag 'gesperrt'. So würden die Leute aufhören, alle im cc) zu nehmen!

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