22. Oktober 2025
Der Markt für börsengehandelte Fonds (Exchange-Traded Funds, kurz ETFs) wächst stark und prägt zunehmend die Schweizer Fondslandschaft. Seit 2021 fliessen Neugelder bevorzugt in ETFs statt in klassische Anlagefonds. Das zeigt die neue «ETF-Anlegerstudie Schweiz 2025» der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit Finanzen.ch. Die Studie stellt die erste umfassende Untersuchung zum Anlageverhalten, Wissensstand und Kostenbewusstsein von Schweizer ETF-Anlegern dar.[1] In diesem Blog-Beitrag zeigen wir, wer in der Schweiz in ETFs investiert.
ETFs gewinnen im Schweizer Fondsmarkt zunehmend an Bedeutung. Sie machen mit rund 1’500 Produkten zwar erst 16 Prozent aller Publikumsfonds aus, doch seit 2021 fliesst der Grossteil der Neugelder in ETFs (vgl. Abbildung 1). Und dieser Trend dürfte anhalten: 87 Prozent der heutigen ETF-Anleger wollen ihr Engagement in den nächsten zwei Jahren ausbauen, und gleichzeitig plant ein Drittel der bisherigen Nicht-ETF-Nutzer erstmalig in ETFs zu investieren. Man kann diese Entwicklung als einen schleichenden Paradigmenwechsel im Anlageverhalten der Schweizer Retailanleger bezeichnen.
Abbildung 1: Neugeldallokation in Schweizer Publikumsfonds.
31 Prozent der Schweizer Anleger besitzt ETF-Anlagen
58 Prozent der erwachsenen Schweizer Bevölkerung verfügt derzeit über Finanzanlagen. Unter diesen Anlegern besitzen 31 Prozent ETF-Anlagen (vgl. Abbildung 2). Die ETF-Durchdringung unter Schweizer Anlegern ist damit noch begrenzt. ETFs sind in Schweizer Anlageportfolios noch nicht als Standardprodukt etabliert.
Abbildung 2: Ein Drittel der Schweizer Investoren besitzt ETFs.
Die Schweizer ETF-Anleger sind überwiegend jung, männlich und gut gebildet
Zwischen ETF-Anlegern und Nicht-ETF-Anlegern zeigen sich markante Unterschiede: ETF-Investoren sind jünger als 45 Jahre, mehrheitlich männlich und verfügen über einen höheren Bildungsstand. Besonders auffällig ist die Altersstruktur der ETF-Kohorte (vgl. Abbildung 3): 59 Prozent der ETF-Anleger in der Schweiz sind jünger als 45 Jahre, fast jeder Fünfte (19 Prozent) sogar unter 30. Bei den Nicht-ETF-Anlegern, die 69 Prozent der Gesamtanleger ausmachen, zeigt sich hingegen das umgekehrte Bild: 60 Prozent sind älter als 44 Jahre, und knapp ein Drittel (31 Prozent) zählt bereits zur Gruppe 60 plus.
Abbildung 3: Die Altersverteilung von ETF-Anleger vs. Nicht-ETF-Anleger
Jüngere Investoren bevorzugen ETFs, ältere Anleger klassische aktive Anlagefonds
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass ETFs vor allem bei jüngeren Anlegern beliebt sind. Abbildung 4 verdeutlicht dies: 40 Prozent der unter 45-Jährigen investieren in ETFs, während dies bei den über 45-Jährigen nur auf 24 Prozent zutrifft. Letztgenannte bevorzugen klassische aktive Anlagefonds deutlich stärker, während Direktanlagen wie Aktien altersunabhängig zu den favorisierten Anlageformen zählen.
Für Schweizer Banken ist dies von Bedeutung, da insbesondere die jüngere Kundschaft eine ausgeprägte Präferenz für ETF-Anlagen zeigt. Dabei handelt es sich um ein Produktsegment, dessen Angebotsstruktur auf dem Schweizer Fondsmarkt derzeit noch eher Nischencharakter besitzt.
Abbildung 4: Jüngere Investoren bevorzugen ETFs gegenüber klassischen Anlagefonds. Nicht so ältere Anleger.
Junge ETF-Anleger: Nutzung digitaler Vertriebskanäle, Präferenz für Selbstverwaltung und Online-Banken
Auffällig ist zudem, dass Jüngere ETF-Anleger deutlich häufiger über ihr persönliches Umfeld auf ETFs aufmerksam werden, was darauf hindeutet, dass Finanzanlagen oft im Bekanntenkreis thematisiert werden. Zudem spielen im Vertrieb von ETFs für jüngere Investoren digitale Kanäle wie Finanzportale und Blogs eine zentrale Rolle, während ältere ETF-Anleger deutlich stärker auf Bankberater und die klassische Finanzpresse setzen. Darüber hinaus halten 64 Prozent der ETF-Anleger ihre Anlagen in einem selbstverwalteten Portfolio. Online-Banken nehmen hierbei eine Schlüsselrolle ein: 49 Prozent der ETF-Investoren tätigen ihre ETF-Investments über eine solche Bank. Sämtliche dieser Merkmale sind beim durchschnittlichen Schweizer Anleger deutlich weniger stark ausgeprägt.
Fazit
ETFs gewinnen in der Schweiz an Bedeutung, auch wenn bisher nur rund ein Drittel der Anleger in diese Anlageform investiert. Besonders junge, gut gebildete und männliche Investoren prägen diese Entwicklung und bevorzugen ETFs deutlich stärker als ältere Anleger, die nach wie vor klassische Anlagefonds wählen. Der Vertrieb von ETFs erfolgt dabei häufig über digitale Kanäle und Online-Banken. Für Schweizer Retailbanken und Finanzanbieter eröffnet sich damit ein wachsendes Potenzial in einem Marktsegment, das sich perspektivisch von der Nische zum Mainstream entwickeln dürfte. Produktanbieter, die dieses Segment ansprechen möchten, sollten berücksichtigen, dass sich diese Anleger in ihrer Struktur, ihrem Verhalten und ihren Bedürfnissen unterscheiden. Die ETF-Anlegerstudie 2025 liefert dazu Erkenntnisse für eine gezielte Marktbearbeitung.
[1] Finanzen.ch hat die Studie bei der HSLU beauftragt. Dazu wurde vom 29. April bis 8. Mai 2025 mit dem Schweizer Marktforschungsinstitut intervista eine repräsentative Umfrage unter 3’460 Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz durchgeführt. Die Repräsentativität bezieht sich auf Alter, Geschlecht und Sprachregion. Die Studie ist digital auf der Webseite der HSLU sowie in einer webbasierten Version auf Finanzen.ch verfügbar.
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