11. Januar 2016
Im Rahmen der Retail Banking-Studie 2015 wurden die Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Banken befragt, wie sie verschiedene strategische Optionen im Hinblick auf ihre zukünftige Relevanz beurteilen. Dabei wurde unter anderem auch gefragt, welche Bedeutung Online KMU-Kredite in Zukunft haben werden. Wie die Abbildung 1 aufzeigt, haben die 202 Teilnehmenden diesen Bereich wie folgt eingeschätzt:
Insgesamt sind vier Prozent der Bankenvertreter der Meinung, dass das Thema Online KMU-Kredite für sie zukünftig eine sehr hohe Relevanz hat. 17 Prozent messen diesem Themengebiet eine hohe Relevanz zu, während 36 Prozent der befragten Bank-Vertreter der Meinung sind, dass dieses Thema in Zukunft nur eine mittelhohe Relevanz haben wird. 43 Prozent sehen im Bereich der Online KMU-Kredite nur eine tiefe oder gar keine Relevanz. Zusammengefasst kann man also – aus meiner Sicht etwas überraschend – festhalten, dass dieses Thema derzeit bei den Banken noch wenig im Fokus steht. Dies im Gegensatz zum Thema Online-Hypothek, welche aus Bankensicht eine sehr grosse Bedeutung erlangen wird.
Eine Bank, die dem Online KMU-Kredit ein grosses Potenzial beimisst, ist die UBS. Deshalb möchte ich nachfolgend den Ansatz der Bank und die bisherige Entwicklung aufzeigen.
Der UBS-Ansatz
Mit dem Angebot eines Online-Kredites für KMU verfolgt die UBS insbesondere die Ziele, sich einerseits besser bei den Schweizer KMU zu positionieren („KMU Bank“) und andererseits die „Client Convenience“ zu erhöhen, indem man auf einfache Art und Weise schnell (d.h. in 10-15 Minuten) einen Kreditantrag online einreichen kann. Die Online-Kredite fokussieren sich insbesondere auf den eher kleinvolumigen Blanko-Kreditbereich (zwischen CHF 20‘000 und 300‘000) und dem (derzeit noch eher unbedeutenden) Firmenleasing. Blankokredite sind online einfacher zu vollziehen, da der Einbezug von Sicherheiten teuer und nur schwierig standardisierbar ist und somit die Abwicklungs-Geschwindigkeit darunter leidet.
Kreditanträge können online entweder über ubs.com (Abbildung 2) oder über das E-Banking (Abbildung 3) eingegeben werden. Die „User journey“ ist identisch und die Daten fliessen in die gleichen Kreditsysteme. Der Kunde geniesst aber Vorteile, wenn der Antrag auf dem E-Banking ausgefüllt wird: Beispielsweise kann der Antrag für spätere Bearbeitung gespeichert werden, einige Kreditnehmer-Angaben sind schon bekannt, und man erhält auf dem E-Banking gleich online ein indikatives Finanzierungsangebot.
Der Antrag bei diesen eher kleinvolumigen Krediten ist einfacher gehalten als bei Krediten mit einem hohen Volumen. Der Kunde muss hierfür einige Angaben machen und seine Jahresabschlüsse online hochladen. Teilweise werden danach – auch abhängig davon, ob ein (potenzieller) Kunde den Antrag über das eBanking oder die Webpage einreicht – durch Mitarbeitende des Service-Centers noch manuelle Plausibilitäts-Checks durchgeführt. Ansonsten wird die Kreditfähigkeitsprüfung vollkommen automatisiert durchgeführt. Zur Kreditfähigkeitseinschätzung werden aus den verschiedenen Angaben insgesamt sechs Finanzzahlen berechnet. Aus Sicht UBS ist es wichtig, dass das Risiko durch diese Online-Kredite im Portfolio nicht erhöht wird. Nicht zuletzt daher nimmt man die Kreditwürdigkeitsprüfung am Schluss noch immer persönlich vor. Die UBS möchte den Kunden also persönlich sehen, um zu entscheiden, ob ein Kunde nicht nur kreditfähig, sondern auch kreditwürdig ist.
Der Prozess ist grundsätzlich identisch, ob man als KMU in die Filiale geht oder den Antrag online einreicht. Ebenso ist das Pricing genau gleich. Kunden, welche aus Sicht der UBS den kostengünstigeren Weg über den Online-Kreditantrag wählen, werden hierfür also Pricing-technisch nicht „belohnt“.
Das Ziel der Bank ist es insbesondere, ihre Prozesse zu optimieren, dadurch die Effizienz zu erhöhen und die Client Convenience zu verbessern. Entsprechend hat die UBS sehr viel Zeit und Geld investiert, dass der ganze Antrag vollständig im System integriert ist.
Bisherige Erfahrungen
Gemäss Aussage von Gerald Leb, Head Business Management der Corporate und Institutional Clients Division, sei der Start bisher „gut“ gewesen. Durch das neue Angebot sei das Volumen gestiegen. Ein Drittel der Kunden sind Neukunden, welche für dieses Angebot sogar die Hauptbankbeziehung wechseln (Voraussetzung für den Abschluss eines solchen Kredites ist es, dass die UBS die Hauptbank ist, über welche auch der Zahlungsverkehr abgewickelt wird). Die anderen zwei Drittel Kunden, welche online einen Kredit beantragt haben, waren zwar schon zuvor UBS-Kunden mit Hauptbankbeziehung, hatten aber noch keinen KMU-Kredit bei der Bank. Aus einer Channel-Sicht beträgt der Anteil der externen/Self-Service Kanäle (UBS.com, e-banking) ca. 55%; die restlichen 45% kommen via Client Advisor (der dann die Eingabe bzw. die Beantragung übernimmt). Die durchschnittlich beantragten Kreditvolumina betragen ca. CHF 100’000.
Fazit und Einschätzung
In der Schweiz ist die UBS meines Wissens die erste Bank, welche ein solches Angebot im Markt lancierte. Im Ausland gibt es hier aber schon verschiedene bedeutende Unternehmen, wie zum Beispiel die Rabobank, welche sogar Online-Kredite für KMU bis zu einer Million EUR vergibt. Grundsätzlich bewegt sich die UBS derzeit noch in einer Nische – einer Nische allerdings, die aus Bankensicht wichtig ist und in den nächsten Jahren stark wachsen könnte. Derzeit fokussiert sich die UBS noch auf einfache, kleine KMU. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass man später auch einmal den Schritt hin zu eher mittelgrossen Kunden macht. Solche Anträge wären dann aber nochmals deutlich komplexer, was entsprechend einen Einfluss auf die Standardisierung der Prozesse hat. Auch aus einer UBS-Gesamtbankperspektive ist dieses Digitalisierungs-Projekt nur ein Element der gesamten Digitalisierungsstrategie für KMU. Weitere Projekte sind beispielsweise die Zusammenarbeiten mit bexio (früher easySYS, siehe Blog) oder mit SumUp (auch darüber habe ich schon berichtet). Insgesamt beurteile ich diesen Schritt sehr positiv – es ist aus Skalengründen nachvollziehbar, dass man nach den beiden Segmenten Retail Banking und Private Banking nun auch das Firmenkundengeschäft verstärkt digitalisiert.
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