21. September 2012
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Am 10. September 2012 lancierte die Glarner Kantonalbank eine für die Schweiz neuartige Online-Plattform zur Ablösung von bestehenden erstrangigen Hypotheken: www.hypomat.ch. Wie ist es für die Glarner Kantonalbank angelaufen? Kommt ein neuer Trend auf uns zu? Antworten auf diese Fragen und mehr finden Sie im folgenden Beitrag.
Hypothekenablösung in 30 Minuten erledigt
www.hypomat.ch macht es dem Kunden einfach: Der Kunde erfasst zuerst die Personen- und Immobiliendaten. Sein Antrag wird anschliessend direkt online überprüft. Danach kann er für Hypothekarvolumen bis zu Fr. 800‘000.- das Produkt (Fest, Variabel, Rollover) selbstständig zusammenstellen. Bereits wenige Tag später liegen die Vertragsunterlagen in seinem Briefkasten. Nach Aussage der Betreiberin, der Glarner Kantonalbank, hat der Kunde innert 30 Minuten die Ablösung der bestehenden erstrangigen Hypothek in die Wege geleitet. Eine Hotline bietet dabei technische Unterstützung. Fachliche Fragen müssen im Kontaktformular eingetragen werden, da die persönliche Beratung im Online-Prozess entfällt. Da ein grosser Teil des administrativen Aufwands entfällt, kann die Glarner Kantonalbank dem Kunden attraktivere Konditionen als über die traditionellen Vertriebskanäle bieten.
Zur Entstehung von hypomat.ch:
Wie hypomat.ch funktioniert:
Bereits verschiedene Hypotheken-Angebote online
Bisherige, direkt über den Online-Kanal von Banken distribuierte Hypotheken-Angebote in der Schweiz waren zumeist Kostenvoranschläge im Sinne von Offerten und boten keine festen Kreditzusagen. Einzig Online-Hypothekenrechner wie www.hypoplus.ch – wo gratis individuell errechnete Hypothekenangebote von mehreren Finanzinstituten miteinander verglichen werden – oder der Vergleichsdienst www.comparis.ch sind hier bereits einen Schritt weiter. Auch sie arbeiten – im Gegensatz zu www.bonus.ch, VZ Hypoindex oder www.homegate.ch – nicht mit Schaufensterpreisen.
www.hypomat.ch liefert im Vergleich zu den oben genannten Portalen automatisiert und direkt feste Kreditzusagen der Glarner Kantonalbank. Der Hypothekarabschluss ist an eng definierte Annahmerichtlinien bezüglich Region, Belehnungshöhe, Kundenbonität usw. gebunden. Die Glarner Kantonalbank führte bei der Lancierung aus, dass diese Möglichkeit, das Hypothekargeschäft bequem von zu Hause aus zu erledigen, insbesondere online-affine Kunden ansprechen soll. Zudem sind Kunden im Fokus, welche bereit sind, für bessere Konditionen auf Beratungsdienstleistungen zu verzichten. Die GLKB erhofft sich dabei die Neuerschliessung dieser Kunden, insbesondere ausserhalb des Heimmarktes im gesamten Marktgebiet Deutschschweiz.
Glarner Kantonalbank zufrieden mit dem Start
«Bereits rund 10 Tage nach der Lancierung dürfen wir feststellen: Unsere Erwartungen sind mehr als übertroffen!» sagt Patrik Gallati, Mediensprecher der Glarner Kantonalbank. Klar habe es gerade in den ersten Tagen nach der Lancierung viel Neugierde-Anmeldungen ohne Abschluss-Interessen gegeben, was aber auch wertvoll sei. Besonders erfreulich sei aber, dass die Glarner Kantonalbank bislang gerade von Kunden ausserhalb des Heimmarktes weit mehr Abschlüsse als erwartet verzeichnen durfte. Darüber hinaus gebe es selbstverständlich eine gewisse Kannibalisierung im Heimmarkt, allerdings sei diese im Business Case vorgesehen und falle bisher noch nicht stark ins Gewicht. Am meisten Hypothekarfinanzierungen konnten für erstbewohnte Einfamilienhäuser sowie Stockwerkeigentum verzeichnet werden, allerdings bislang nur für sehr wenige Ferienwohnungen. Erste Erfahrungen zeigen auch, dass die kommunizierten 30 Minuten für die Eingabe der Informationen auf der Plattform sogar zu grosszügig veranschlagt sind. Im Betrieb zeigt sich nämlich, dass die Kunden schneller sind, sie benötigen in der Regel nur rund 10 – 15 Minuten. Die Applikation hat sich nach Aussagen von Patrik Gallati als sehr stabil erwiesen, es gab bisher keine für die Kunden spürbaren Performance-Probleme. Rundum zufrieden mit der Lancierung stellt er fest: «Die hohe Abschlussquote und die durchwegs positiven Rückmeldungen stimmen uns sehr zuversichtlich».
Eröffnet www.hypomat.ch einen neuen Retail Banking-Trend?
Erste Anzeichen weisen darauf hin, dass im Jahr 2012 einige Retail Banken die Hypothekenvergabe drosseln, nicht zuletzt um die Gefahren eines möglichen Zinsanstiegs sowie potenzielle Refinanzierungsprobleme in den nächsten Jahren zu limitieren. Nichts desto trotz bleibt es aber Fakt: Bereits heute planen mehrere Retail Banken die Lancierung von Online-Hypotheken-Plattformen, ähnlich wie sie die Glarner Kantonalbank lanciert hat. Das Potenzial scheint aus heutiger Sicht tatsächlich grösser zu sein, als dass es www.hypomat.ch alleine zu befriedigen vermag. Bereits heute informieren sich jährlich 180‘000 Personen im Internet über Hypotheken. Wie gross das Potenzial auch in der Schweiz sein könnte, zeigt ein Blick ennet dem Rhein: In Deutschland werden bereits heute 10% der Hypotheken über das Internet abgeschlossen. Nicht auszudenken, was dies für potenzielle Marktanteilsverschiebungen mit sich bringen könnte, wenn die Entwicklung in der Schweiz nur annähernd in diese Richtung geht.
Gerade für regional tätige Retail Banken wie die Glarner Kantonalbank bietet der Online-Vertriebskanal für Hypotheken eine willkommene Gelegenheit, um die Ketten des regionalen Heimmarktes aufzubrechen und die geographische Diversifikation auszubauen. Sie können damit die Produktionskosten senken, welche ganz oder teilweise in Form von kompetitiveren Konditionen an die Kunden weitergegeben werden können. Wer keine Beratungsdienstleistungen in Anspruch nimmt, wird mit besseren Konditionen belohnt, das macht Sinn. Gerade in Zeiten, wo im Hypothekarmarkt nach wie vor ein ausgeprägter Kampf um die besten Konditionen stattfindet, kann dies ein wertvoller Wettbewerbsvorteil. Auch wenn für eine überwiegende Mehrheit der Kunden das persönliche Beratungsgespräch nach wie vor ein wichtiges Glied im Hypothekarfinanzierungsprozess darstellen dürfte, aber auf diese Klientel zielt dieser Kanal nicht ab.
Man mag trotzdem monieren, dass das traditionell wichtige Beratungsgespräch wegfällt. Denn dies beinhaltet einen Mehrwert für die Kundenberater der Bank, insbesondere hinsichtlich des Ausschöpfens von Cross-Selling-Potenzialen sowie der zuverlässigeren Einschätzung der Kreditwürdigkeit. Auch Refinanzierungsherausforderungen können sich durch die gewonnen Hypothekarvolumen noch ausgeprägter akzentuieren, wenn in der aktuellen Niedrigzinsphase eine expansive Volumengenerierungsstrategie gefahren wird. Angesichts der überwiegenden Vorteile sowohl für die Retail Banken wie auch für einen spezifischen Teil der Hypothekarkundschaft dürfen wir davon ausgehen, dass die Erschliessung dieses neuen Online-Vertriebskanal für Hypotheken für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellt und wir in den nächsten Jahren einen Nischen-Trend Richtung Online-Hypothekenplattformen sehen werden. Ob Hoch- oder Tiefzinsphase, ob Hausse oder Baisse, Produktionskosteneinsparungen für die Banken sowie bessere Konditionen für die Kunden sind in jedem Umfeld starke Argumente, und diese Vorteile bringt dieser neue Vertriebskanal mit sich.
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