30. Oktober 2018
Der Megatrend «Digitalisierung» ist allgegenwärtig und sollte entsprechend auch eine grosse strategische Bedeutung für die Banken haben. Doch wie relevant sind Themen wie Digitalisierung, FinTech und Innovation wirklich für Banken? Wir gehen dieser Frage nach, indem wir 845 Geschäftsberichte von Schweizer Banken im Hinblick auf Begrifflichkeiten aus diesen Themenfeldern untersuchen. Wir analysieren, wie stark diese Themen in den Geschäftsberichten der Banken über die letzten 10 Jahre hinweg präsent waren. Dabei stellen wir fest, dass sich die Bedeutung dieser Themen in den letzten Jahren bei den verschiedenen Banken unterschiedlich entwickelt hat. Gemäss dieser Analyse gibt es einen überraschenden Gewinner in Bezug auf die «digitalste Bankengruppe».
Der Geschäftsbericht von Banken ist ein umfangreiches Werk. Er dokumentiert nicht nur die Erfolgsrechnung und die Bilanz, sondern beschreibt auch die Geschäftsentwicklung, beleuchtet Entwicklungen und zeigt die Ziele für die Zukunft auf. Struktur und Form von Geschäftsberichten sind ziemlich stark vorgegeben. Den Umfang hingegen können die Banken zu einem guten Teil auch selbst bestimmen. Wie Abbildung 1 aufzeigt, scheinen die meisten Banken aber eine «typische» Länge definiert und gefunden zu haben. Die meisten Banken verwenden immer in etwa die gleiche Anzahl an verwendeten Wörtern in ihren Geschäftsberichten. Diese hat sich in den vergangenen zehn Jahren praktisch nicht verändert.
Doch über welche Aspekte berichten die Schweizer Banken in den Geschäftsberichten eigentlich? Wie wichtig sind strategisch relevante Themen wie «Digitalisierung», «Innovation» oder «FinTech» in der Kommunikation? Haben diese in den vergangenen Jahren an Relevanz gewonnen?
Mit Hilfe einer Textanalyse versuchen wir zu messen, wie sich die Bedeutung dieser Begriffe im Laufe der letzten 10 Jahren entwickelt hat.
Vorgehen
Die Analyse beinhaltet insgesamt 845 Geschäftsberichte von 80 Schweizer Retail Banken in der Zeitperiode zwischen 2007 und 2017. Die Geschäftsberichte stammen von 18 Kantonalbanken, 52 Regionalbanken, 2 Grossbanken, 7 anderen Banken und der Raiffeisenbank, weshalb die Untersuchung für den Retail Banking Markt Schweiz als repräsentativ betrachtet werden kann. Für die Analyse wurden die Geschäftsberichte zuerst in reine Textdateien umgewandelt und anschliessend bereinigt und standardisiert. Damit wurden die Sonderzeichen sowie die numerischen Zeichen eliminiert. Die bereinigten Texte wurden daraufhin in Worteinheiten zerlegt. Auf Basis der Worteinheiten konnte die absolute Häufigkeit der verwendeten Wörter in jedem Geschäftsbericht berechnet werden. Anschliessend wurde eine relevante Auswahl an Begriffen bezüglich Innovation, Digitalisierung und FinTech basierend auf der Kategorisierung unserer FinTech-Studie vorgenommen. Mit verschiedenen Synonymen, Wortstammbildungen und Übersetzungen sollten die wichtigsten Begriffe für die Untersuchung definiert worden sein. Für die Auswertungen haben wir die absoluten Häufigkeiten der definierten Wörter auf aggregierter Ebene ins Verhältnis zur Gesamtsumme aller verwendeten Wörtern in den Geschäftsberichten gesetzt. So konnten wir die Wichtigkeit der Digitalisierung, Innovation und von FinTech in den Geschäftsberichten feststellen und auch aufzeigen, wie sich der Trend über die Jahre entwickelte.
Entwicklung der Anzahl an «FinTech-Wörter»
Abbildung 2 zeigt auf, dass sich generell die Anzahl an Wörtern, von den von uns untersuchten Banken in den vergangenen zehn Jahren nicht bedeutend verändert hat. Gleichzeitig wird ersichtlich, dass sich die Anzahl an «FinTech-Wörtern» über die letzten Jahre erhöht hat. Insgesamt haben die 80 analysierten Banken in ihren Geschäftsberichten 2017 1’987 Wörter verwendet, die rund um die Themen «Innovation», «Digitalisierung» oder «FinTech» anzusiedeln sind. Der Anteil dieser Wörter an der Anzahl Gesamtwörter in den Geschäftsberichten hat sich dabei in den vergangenen Jahren beinahe verdoppelt.
Wie in Abbildung 3 ersichtlich wird, ist dieser Anstieg der FinTech-Wörter in erster Linie auf den Geschäftsbericht der Raiffeisen Bank zurückzuführen. Sie hat dem Thema Digitalisierung im Vergleich zu den anderen Bankengruppen deutlich mehr Platz gewidmet. Auch bei den Kantonalbanken ist eine entsprechende Entwicklung festzustellen.
Erstaunlich ist hingegen, dass die Grossbanken in ihren Geschäftsberichten die Themen Digitalisierung, Innovation und FinTech verhältnismässig nur wenig prominent platzieren. Obwohl sie in Bezug auf die Projekte aktiv sind, scheinen diese Entwicklungen nicht oder nur am Rande in den Geschäftsbericht einzufliessen.
Auch die Regionalbanken schneiden bei dieser Statistik verhalten ab. Sie haben aber relativ gesehen gegenüber dem Jahr 2007 den höchsten Zuwachs dieser Wörter von allen Bankengruppen.
In unserer FinTech-Studie unterscheiden wir jeweils sechs Bereiche: Banking Infrastructure, Payment, Investment Management, Distributed Ledger Technology, Deposit and Lending sowie Analytics. In dieser Logik haben wir in einem zweiten Schritt die Wörter pro Kategorie aufgeschlüsselt. Wie der untenstehenden Abbildung entnommen werden kann, sind die meisten Nennungen im Kontext der Themen «Banking Infrastructure» und «Payment» zu sehen. Andere Themen wie die Blockchain-Technologie, Kryptowährungen, Crowdfunding oder Analytics scheinen – nimmt man die Geschäftsberichte als Basis – (noch) keine grosse Bedeutung in der Kommunikation zu haben.
Die in den Geschäftsberichten am meisten verwendeten Stichworte sind dabei die eher allgemeinen Begriffe wie «Digitalisierung», «Innovation» und «Web». Des Weiteren werden Begriffe wie «E-Banking», «Mobile» oder «Transformation» relativ häufig verwendet. Interessanterweise war der Begriff «Twint» in den vergangenen vier Jahren jeweils der am neuntmeisten verwendete «Innovations»-Begriff.
Fazit
Mithilfe der oben durchgeführten Textanalyse erhält man einen Indikator, wie relevant Begrifflichkeiten rund um die Themen Digitalisierung, FinTech oder Innovation im Rahmen der Kommunikation der Geschäftsberichte sind und wie sich die Häufigkeit dieser Begriffe in den Geschäftsberichten entwickelt hat. Aus der oben vorgestellten Analyse können wir das folgende Fazit ziehen:
Gleichzeitig gilt es natürlich zu beachten, dass die obigen Analysen nur einen Aspekt der Analyse abdecken, wie relevant diese Themen in der strategischen Umsetzung der verschiedenen Banken tatsächlich sind. Zu einem späteren Zeitpunkt planen wir, die Geschäftsberichte der Schweizer Banken unter dem oben vorgestellten Aspekt auch international zu vergleichen.
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