Die bereits siebte Durchführung der Retail Banking Konferenz am IFZ in Zug fand am 15. November einmal mehr vor ausverkauftem Publikum statt. Den 140 Teilnehmenden wurden nebst der Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2018 spannende Referate und Diskussionen zur Zukunft des Retail Bankings geboten. Einige Kernaussagen des Nachmittags möchten wir nachfolgend kurz zusammenfassen.
Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft: Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2016 Eine Zusammenfassung der IFZ Retail Banking-Studie 2018 finden Sie in unserer Medienmitteilungoder in unserem Kurz-Video.
Nachfolgend noch einige Impressionen von der Konferenz:
Transformation statt Disruption, eine Bank ist mehr als ein Netzwerk Roland Ledergerber, CEO, St.Galler Kantonalbank
Roland Ledergerber stellt die zentralen Herausforderungen (Regulierung, Digitalisierung, ökonomisches Umfeld) im Schweizer Banking sowie deren Folgen für die Banken vor (sinkende Margen, steigende Kosten, zunehmende Risiken). Er findet es insbesondere eine problematische Situation, dass Kundinnen und Kunden nicht bereit sind, für mehr Leistung durch Digitalisierung zu bezahlen.
Daher hat die St. Galler Kantonalbank das Ziel, Kunden über die Nutzung von mehreren Produkten zu binden. Der Bruttoertrag bei Kunden mit mehreren Produkten ist um ein vielfaches höher als bei Kunden mit einem Produkt.
Aus strategischer Sicht kann sich die St. Galler Kantonalbank gemäss Roland Ledergerber nur über die Mitarbeitenden differenzieren – die Produkte im Banking sind gemäss seiner Einschätzung austauschbar.
Die St. Galler KB baut stark in der Beratung aus. Hier werden aktuell 35 neue Stellen geschaffen. Zudem hat die Bank ein eigenes Data Analytics Team aufgebaut.
Fusion of traditional and new in a banking world Michal Liday, CEO, Tatra Banka
Die slowakische Tatra Banka hat in den letzten Jahren über 120 Awards erhalten. Sie wurde regelmässig und von verschiedenen Portalen zur unter anderem weltweit besten digitalen Bank für Retail Banking ausgezeichnet.
Die Bank hat sich bereits vor mehr als 10 Jahren entschieden, eine klare Digitalisierungs- und Innovationsstrategie zu verfolgen. Seither sind viele Innovationen eingeführt worden. Dazu gehören beispielsweise die erste Mobile Banking App (2009), die digitale Signatur in Filialen (2011; anhand von 7 verschiedenen Parametern wird erkannt, ob wirklich Person X unterschreibt) oder eine Mobile Payment Funktionen (2012). Aus Sicht von Michal Liday speziell spannend sind die Voice Biometrics (2013) und die Face Biometrics (2018).
Mit Voice Biometrics wird ein Kunde im Callcenter «im freien Gespräch» innerhalb von 20 Sekunden erkannt (zuvor: 1 Minute). Eine klassische Kundenidentifikation entfällt. Der Start in das Gespräch verläuft dadurch auch viel erfolgreicher.
Mit Face Biometrics kann ein Kunde sehr schnell identifiziert werden. Diese Technologie eröffnet der Tatra Bank zahlreiche Möglichkeiten: Einerseits dauert dadurch eine Kontoeröffnung inklusive Kundenidentifikation nicht mehr länger als drei bis vier Minuten (da alles komplett End-to-End digitalisiert ist). Andererseits wird die Technologie auch für andere Produkte eingesetzt, z.B. Konsumkredite (Dauer bis Kredit ausbezahlt wird: 15 Minuten). Interessant dabei: Die Ausweis-Daten werden automatisch mit einer Datenbank des Innenministeriums abgeglichen und von diesem bestätigt, sofern korrekt.
Neben dem klassischen Banking mit Filialen bietet die Tatra Bank also auch eine hochkarätige mobile-only Bank an. Mit der physischen Bank im Hintergrund sieht sich die Tatra Bank gegenüber Challenger Banks wie N26 oder Revolut in ihrem Heimmarkt im Vorteil.
Retail Banking in Zentral- und Osteuropa: Tradition vs. Transformation Christian Wolf, Head of Group Transformation, Raiffeisen Bank International
Die Raiffeisen Bank International RBI ist in 14 mittel- und osteuropäischen Märkten präsent und hat über 14 Millionen Kundinnen und Kunden. Die Märkte sind in Bezug auf das Kundenverhalten oder die Penetration von Karten etc. enorm heterogen.
Eine Entwicklung hin zu vermehrter Nutzung von digitalen Kanälen zeichnet sich hingegen in allen Ländern klar ab. Besonders auffällig: In Ländern, wo auch das traditionelle Banking stark verankert ist, werden digitale Kanäle häufiger genutzt.
Filialbesuche gehen in den meisten Ländern mittel bis stark zurück.
Die RBI versucht bewusst disruptiv zu sein. Sie sieht sich in Zukunft als Plattform-Bank, welche in einem letzten Schritt mit offenen APIs auch komplett für andere Angebote offen sein wird. Die PSD II Richtlinien sind nur ein Treiber der digitalen Strategie der Bank.
Um Innovationen zu fördern, hat RBI verschiedene Gefässe etabliert. Dazu gehört bspw. ein Innovations Garten (Mitarbeitende können Start-up Ideen eingeben), ein Innovations Lab und ein AcceleratorProgramm.
Von der Selbsthilfeorganisation für KMU zur digital(st)en Bank Germann Wiggli, CEO, WIR Bank
Germann Wiggli stellte die Geschichte der Bank sowie das Konzept der WIR Währung vor. Der Anteil der WIR Währung in der Bilanz der Bank nimmt laufend ab. 1993 waren noch 96% der Assets in Höhe von 1 Mrd. in WIR, Ende 2017 lag der Anteil bei einer Bilanzsumme von CHF 5.3 Milliarden noch bei 13%. Das Geschäft in Schweizer Franken hat somit stark an Bedeutung gewonnen.
Die Geschäfts-Idee von WIR basiert auch darauf, die Zinsen für die Mitglieder unter dem Marktniveau zu halten. Dies ist imderzeitigen Marktumfeld etwas schwierig. Sie hat nun aber zu einer unüblichen Massnahmen gegriffen: Als erstes und einziges Schweizer Bankinstitut bietet die WIR-Bank eine Festhypothek mit einem Negativzins an.
Im Bereich der Digitalisierung hat die Bank schon früh P2P-Payment Funktionen für Kunden eingeführt. Ebenfalls gibt es einen Online-Marktplatz, auf welchem Kunden der Bank ihre Produkte oder auch ganze Online-Shops online stellen können.
Die Säule 3a App VIAC ist aus Sicht der Bank ein grosser Erfolg. Bis Ende Jahr erwartet die Bank etwa CHF 75 Millionen AuM. Aktuell nutzen etwa 5’500 Kunden die App.
Finden statt suchen – mit cosmofunding den Finanzierungsmarkt neu organisieren Fredy R. Flury, Head Risk Management FIRC, Bank Vontobel
Mit cosmofunding hat die Bank Vontobel eine
weitere Plattform lanciert. Über die Plattform können institutionelle
Investoren in einem ersten Schritt vor allem in ÖRK Kredite investieren. Ein
wichtiger Vorteil des Modells ist die Anbindung von fedafin, welche
automatisiert eine unabhängige Beurteilung der Bonität von Emittenten &
Emissionen gibt.
Gegenüber bisherigen Gebührenstrukturen über
traditionelle Broker ist cosmofunding etwa ein Viertel günstiger.
Es sind genügend Geldgeber vorhanden, da
Vontobel bereits auf eine breite Kundenbasis im institutionellen Bereich
aufbauen kann. Geldnehmer auf die Plattform zu bringen, ist die grössere
Herausforderung.
In den ersten Wochen gab es bereits
Finanzierungsanfragen im Umfang von CHF 800 Millionen.
Die Zukunftder Geldmärkte – Aufbau eines neuen digitalen Netzwerks Daniel Sandmeier, CEO Instimatch
Insitmatch will den durch Broker geprägtenGeldmarkt auf die Plattform transferieren – und hat ambitionierteinternationale Ambitionen.
Der Geldmarkt ist enorm gross (täglicher Umsatz: in CHF ca. 20-30 Mrd.; in USD ca. 200-300 Mrd), die Margen sind gering – es ist also ein klassisches Volumengeschäft.
Als Geldgeber kommen nicht nur Institutionelle in Frage, sondern auch grössere Unternehmen, welchen beispielsweise anderen Unternehmen Liquidität zur Verfügung stellen können.
Praktisch alle Transaktionen sind 1:1-Beziehungen.
IFZ Retail Banking-Studie 2018
Die 230-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2017» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
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