22. Januar 2024

Allgemein,

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Studie

Status quo der Digitalisierung und internen Organisation der externen Vermögensverwalter

Von Dr. Tatiana Agnesens

In den vergangenen Jahren haben die technologischen Entwicklungen, die zunehmende Regulierung und die Veränderung des Kundenverhaltens die Finanzbranche in erheblichem Masse geprägt. Dieser Paradigmenwechsel hat auch unabhängige Vermögensverwalter (EAMs) stark beeinflusst. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen EAMs neue Technologien und Betriebsmodelle in ihre Arbeitsweise integrieren. Bevor jedoch diese Veränderungen umgesetzt werden können, ist es notwendig, den aktuellen Stand der Digitalisierung und der internen Organisation der EAMs zu ermitteln. Wie steht es also um die operationelle Effizienz im Geschäftsfeld der EAMs? Um diese Frage zu beantworten, haben EAM.Technology und das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) eine umfassende Studie durchgeführt, an der unabhängige Vermögensverwalter aus der gesamten Schweiz teilgenommen haben. Die in der Studie formulierten Schlussfolgerungen, Kernthemen und Handlungsempfehlungen ermöglichen den EAMs die Lokalisierung der wichtigsten Themen und Massnahmen, die zur optimalen Bewältigung des Paradigmenwechsels prioritär anzugehen sind.

Auf dem Markt gibt es verschiedene Bezeichnungen für unabhängige Vermögensverwalter: Sie werden oft als External Asset Managers (EAMs) oder Independent Asset Managers (IAMs) bezeichnet. In diesem Blog-Beitrag verwenden wir den Begriff External Asset Managers (EAMs). EAMs verwalten Finanzvermögen und Investitionen im Auftrag anderer, ohne diese Vermögenswerte zu verwahren.

Insgesamt nahmen 80 EAMs an der Umfrage teil, wobei die Daten von ca. 15% der EAMs aus Qualitätsgründen nicht berücksichtigt werden konnten. Die Einteilung der EAMs erfolgte anhand des von ihnen verwalteten Vermögens (AuM) in vier etwa gleichmässigen Kategorien (vgl. Abb. 1). Die Mehrheit bedient Kunden in der Schweiz und Westeuropa einschliesslich Liechtenstein mit einzelnen Aktivitäten in sämtlichen anderen Märkten.

Abbildung 1: Wie hoch ist das gesamte von Ihrem Unternehmen verwaltete Vermögen (AuM) in Millionen Schweizer Franken?

Priorität auf operationelle Effizienz und Cyber Security

Heute sind die EAMs mit einer Fülle von Nichtkernfunktionen konfrontiert, die früher vor allem Banken betrafen: Compliance, Technologie, Prozessoptimierung usw., und müssen sich selbst damit beschäftigen und gleichzeitig die Profitabilität im Fokus behalten. In einem Paradigmenwechsel stehen sehr viele Themen an, die angegangen werden müssen. Die meisten von ihnen sind mit Massnahmen und Projekten auf der Technologie-Seite verbunden. Aus diesem Grund und um eine klare Übersicht über die Prioritäten zu erlangen, wurde eine Technologie-Roadmap erstellt, in der Wichtigkeit und Dringlichkeit der anstehenden Themen eingeordnet werden (vgl. Abb. 2).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die fünf vorrangigen Themen für EAMs IT & Cyber-Sicherheit, operationelle Effizienz, IT-Infrastruktur & Cloud, Audit & Regulatorik und die Automatisierung repetitiver Aufgaben sind, und zwar unabhängig von ihrer Grösse. Diese Themen sind für die kommenden zwölf bis 36 Monate in ihren Technologie-Roadmaps verankert.

Es ist deutlich erkennbar, dass das Thema operationelle Effizienz für EAMs unabhängig von ihrer AuM-Grösse als das zweitwichtigste und dringlichste Anliegen betrachtet wird und höchste Priorität hat. Die Effizienzsteigerung kann dabei u.a. durch Outsourcing von Geschäftsprozessen an spezialisierte Dienstleister und durch Digitalisierung in den verschiedenen Bereichen erreicht werden. Im Folgenden werden diese beiden Aspekte näher erläutert.

Abbildung 2: Wie wichtig und dringend sind folgende Themen für die Technologie-Roadmap Ihres Unternehmens? Wichtigkeit (1 – sehr unwichtig, 2 – eher unwichtig, 3 – neutral, 4 – eher wichtig, 5 – sehr wichtig)  Dringlichkeit (1 – kein Handlungsbedarf, 2 – In den nächsten 3 Jahren geplant, 3 – in den nächsten 12 Monaten geplant, 4 – in den nächsten 6 Monaten geplant)     

Erhebliches Potenzial in der Auslagerung von Nichtkernfunktionen und Prozessen

Das Outsourcing von Geschäftsfunktionen und Digitalisierung von Prozesse wurde in der Studie im Detail analysiert (vgl. Abb. 3). Es lässt sich festhalten, dass EAMs, unabhängig von der AuM-Grösse, die zentrale Funktion des Portfolio-Managements inhouse belassen, um die volle Kontrolle über die Portfolios ihrer Kunden zu behalten.

Zudem sind die Kernbereiche Reporting, Portfolio Management und Client-Relationship Management bei den teilnehmenden EAMs am stärksten digitalisiert. Im Allgemeinen neigen grössere EAMs eher dazu, diese Bereiche bereits digitalisiert zu haben: Während 94% der EAMs in der Kategorie mit einem Vermögen von 2000+ AuM bereits ein System für Portfolio Management und Customer Relationship Management nutzen, sind das in der Kategorie mit 0-199 AuM nur knapp die Hälfte.  Dennoch planen auch diese die Nutzung eines solchen Tools. Das deutet darauf hin, dass eine umfassendere organisatorische Umstellung mit der Einführung eines PMS-Tools noch bevorsteht.

In Gegenteil zur Kernfunktion des Portfolio-Managements wird die Support-Funktion IT & Infrastruktur am meisten externen Dienstleistern anvertraut; dahinter stehen Kosten- und Effizienzüberlegungen sowie die oft fehlende interne IT-Expertise. Überraschend angesichts der zahlreichen Herausforderungen, welche die EAMs vor sich haben, ist jedoch die Tatsache, dass weitere Nichtkernfunktionen, wie Compliance & Risk Management, Datenmanagement & Reconciliation und Marketing, noch intern angesiedelt sind.

Zudem sind viele Bereiche wie Archivierung, Dokumentenmanagement, Fee Management & Invoicing sowie Internes Kontrollsystem bei nur etwa der Hälfte der befragten EAMs digitalisiert. Grosses Potenzial liegt weiter im Bereich des digitalen Order-Managements, der generellen Automatisierung von repetitiven Aufgaben, und beim Client Engagement (Kundenportale, Apps mit Asset Viewing etc.)

Die Ausschöpfung des Outsourcing- und Digitalisierungspotentials hätte zweifellos den Vorteil, dass sich die EAMs auf ihre Kernkompetenz in einem kompetitiven Umfeld konzentrieren könnten und zugleich eine Steigerung von Geschwindigkeit, Flexibilität und Kosteneffizienz erreichen würden.

Abbildung 3: (links) Welche Funktionen sind bei Ihrem Unternehmen intern besetzt und für welche nutzt Ihr Unternehmen externe Dienstleistungen? (rechts) In welchen Bereichen nutzt Ihr Unternehmen digitale Unterstützung oder wünscht die Nutzung von entsprechenden Tools?

Fazit

Die Technologie-Roadmap der befragten EAMs zeigt deutlich, dass operative Effizienz für sie am wichtigsten und dringlichsten ist, zusammen mit IT & Cyber-Sicherheit, der Automatisierung repetitiver Aufgaben, IT-Infrastruktur & Cloud und Audit & Regulatorik. All diese Themen, die im weitesten Sinne im Bereich der Business Continuity und des Komplexitätsmanagements zu verorten sind. Dies zeigt, dass der Ernst der Lage von den befragten EAMs erkannt wurde und von der Sequenz her klar priorisiert wird. Nichtsdestotrotz zeigt die Analyse des aktuellen Standes der Digitalisierung und der internen Organisation der EAMs ein erhebliches Potenzial für die Auslagerung von Nebenaufgaben und Prozessen. Dank dem aktuellen Paradigmenwechsel im Umfeld der Finanzdienstleistungen und dem laufend wachsenden Ecosystem können EAMs nicht differenzierende Funktionen im Bereich der Compliance, der Technologie, des Datenmanagements usw. neu gestalten, automatisieren und auslagern. Mithilfe von spezialisierten Dienstleistern aus dem Ecosystem können sie nicht nur Zeit für ihre zentralen Geschäftsfelder und für ihre Kunden gewinnen, sondern auch die Qualität und Sicherheit ihrer Betriebsprozesse namhaft steigern unter bestmöglicher Wahrung ihrer Profitabilität.

Detaillierte Schlussfolgerungen, Kernthemen und Handlungsempfehlungen können in der Studie eingesehen werden.

Für Fragen steht Ihnen tatiana.agnesens@hslu.ch zur Verfügung.

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