10. Juni 2024
Bereits zum sechsten Mal veröffentlicht das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ die Studie Bank-IT und Sourcing. Darin wird untersucht, wie sich das Sourcing aus Sicht der Retailbanken entwickelt. Der Studie ist ein breites Verständnis von Sourcing zugrunde gelegt, das nicht nur die Auslagerung wesentlicher Funktionen an Dritte, sondern auch jegliche Form der bankübergreifenden Zusammenarbeit beinhaltet. Nachdem in einem früheren Blog darüber berichtet wurde, wie kleine Banken mit der digitalen Transformation umgehen, werden im heutigen Blog-Beitrag die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammengefasst.
Die IFZ Studie Bank-IT und Sourcing wurde anlässlich des IFZ Forums Bank-IT vom 28. Mai 2024 vorgestellt. Sie basiert auf 22 Expertengesprächen sowie einer Umfrage, die 36 Retailbanken beantwortet haben.
Nach wie vor ungenutztes Potenzial im Sourcing der Retailbanken
Die meisten Retailbanken weisen immer noch eine grosse Wertschöpfungstiefe auf. Vertriebs- und Beratungsleistungen werden von allen Banken als Kernkompetenz gesehen (siehe Abbildung 1). Auch wenn verarbeitende Tätigkeiten wie Zahlungsverkehr oder Kredit- und Wertschriftenadministration nur für einige Banken zu den Kernkompetenzen gehören, so sind doch bestenfalls nur Teile davon ausgelagert. So bleiben mit Ausnahme der Informatik die Wertschöpfungstiefe und damit auch das Potenzial, Tätigkeiten an Dritte auszulagern, hoch.
Abbildung 1: Einschätzung der Banken zu ihren Kernkompetenzen.
Um die Vorteile eines Outsourcings zu erkennen, muss die Blickrichtung geändert werden. Durch den Rückzug der Babyboomer aus dem Erwerbsleben wird sich bei den Retailbanken in den verarbeitenden und unterstützenden Funktionen der Fachkräftemangel verschärfen. Während in der Vergangenheit Sourcing-Optionen vor allem aus der Optik möglicher Kostenoptimierungen geprüft wurden, dürfte in naher Zukunft der Erhalt der Fachkenntnisse als Entscheidungskriterium an Bedeutung gewinnen.
IT-Sourcing Management wird anspruchsvoller
Spitzenreiter im Outsourcing der Retailbanken ist weiterhin die Informatik. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass bei den meisten Retailbanken die Wertschöpfungstiefe höchstens noch 30 Prozent beträgt. Neue Herausforderungen machen das Management der IT-Sourcing Landschaft jedoch anspruchsvoller, siehe Abbildung 2.
Abbildung 2: Herausforderungen fürs IT-Sourcing Management.
Aufgrund dieser Herausforderungen sind die Banken gefordert, die Komplexität ihrer IT-Sourcing-Landschaft zu begrenzen, beispielsweise durch Richtlinien und Standards. Die Koordination verschiedener, untereinander über Prozesse vernetzter Provider verlangt bei den Banken den Aufbau von Kompetenzen, um jene aus einer End-to-End-Sicht zu koordinieren. Schliesslich sind die Prozesse zur Auswahl und Überwachung von Providern und deren Sub-Lieferanten an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Die Einführung von Kryptowährungen ist auch ein Sourcing-Entscheid
Im Sommer 2023 hat die Valiant Bank damit begonnen, ihrer Kundschaft Kryptowährungen anzubieten. Kurz darauf haben mehrere Kantonalbanken ein ähnliches Angebot lanciert. Deutlich früher, nämlich bereits 2017 hat Swissquote ihre Plattform für Handel und Verwahrung von Kryptowährungen geöffnet.
Trotz der nach wie vor unsicheren Marktlage und der damit verbundenen Skepsis gegenüber Anlagen in Kryptowährungen zeigt Abbildung 3, dass Retailbanken verstärkt Anstrengungen unternehmen, Crypto-Assets als vollwertige Anlageklasse zu etablieren. Von den befragten Banken bieten 10 Institute (28%) ihrer Kundschaft bereits Kryptowährungen an oder haben dies in absehbarer Zukunft vorgesehen.
Abbildung 3: Ausdehnung des Angebots von Retailbanken um Crypto Assets.
Mit der Einführung von Kryptowährungen erweitern Banken nicht nur ihre Produktpalette, sondern haben sich vor allem auch mit der Blockchain als einer neuen Technologie auseinanderzusetzen. Aus diesem Blickwinkel stellt sich die Frage, wie gross die strategische Bedeutung der Blockchain für die Zukunft der Bank sein wird. Manche Banken sehen Blockchain als eine Technologie, die das Rückgrat des Bankings der Zukunft bilden wird. Das Beherrschen der Blockchain Technologie wird in diesem Fall als Kernkompetenz angesehen. Andere Banken sind sich diesbezüglich weniger sicher. Im ersten Falle wird unabhängig von einem kurzfristigen Businesscase jetzt substanziell investiert, um Know-how, Systeme und Prozesse aufzubauen. Im zweiten Fall wird in der Erwartung eines kurzfristigen Businesscases vorläufig Know-how eingekauft. Man hält sich die Option offen, sich zu einem späteren Zeitpunkt geeignetes Wissen hausintern anzueignen. Da Kryptowährungen auf einer neuen Technologie aufsetzen, deren Potenzial unterschiedlich eingeschätzt werden kann, verlangt deren Einführung auch einen Sourcing-Entscheid.
Fazit
Zusammenfassend sind die Autoren der Meinung, dass das Sourcing für Retailbanken ein wichtiger Stellhebel bleibt, wenn es darum geht, die Wertschöpfungskette der Bank sicher und effizient zu organisieren:
Die IFZ Studie Bank-IT und Sourcing 2024 ist hier kostenlos verfügbar: Banking Services – Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ (hslu.ch).
Ein herzliches Dankeschön gilt unseren Platinsponsoren Accenture, Finnova, Inventx, Swisscom und Zühlke sowie den beiden Goldsponsoren Crealogix und Finform, deren Unterstützung die Studie erst möglich gemacht hat.
Möchten Sie die Themen mit uns vertiefen? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf felix.buschor@hslu.ch, urs.blattmann@hslu.ch oder joelmarco.ettlin@hslu.ch.
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