7. November 2016
Rund drei Viertel aller Erträge der Schweizer Retail Banken stammt aus dem Zinsdifferenzgeschäft. Wesentlicher Treiber des Erfolgs ist dabei das Hypothekargeschäft. Zu den Marktstrukturen dieses für die Retail Banken wichtigsten Geschäftspfeilers innerhalb der Kantone war bisher nur wenig bekannt. Zum ersten Mal analysiert das IFZ nun die Marktanteile der Bankengruppen auf kantonaler Ebene.
Das inländische Hypothekargeschäft ist klar eine Domäne der Banken. Vom Gesamtvolumen von CHF 971 Milliarden halten die Banken im Jahr 2015 CHF 924 Milliarden in ihren Büchern. Weitere CHF 47 Milliarden entfallen auf Pensionskassen und Privatversicherungen. Die Bankenstatistik der SNB hat bisher die Volumen der Hypothekarforderungen aller Banken in den Kantonen ausgewiesen und auch jene der Grossbanken. Basierend auf dem Datenportal der SNB ist es nun erstmals möglich, auch die Marktanteile der Kantonalbanken und der Raiffeisenbanken in den Kantonen zu analysieren. Die ausführliche Analyse erscheint am 17. November 2016 in der IFZ Retail Banking Studie und wird am gleichen Tag an der IFZ Retail Banking Konferenz präsentiert. Nachfolgend präsentieren wir Ihnen bereits erste Erkenntnisse dazu.
Kantonalbanken mit dem grössten Marktanteil auf nationaler Ebene
Auf nationaler Ebene verfügten die Kantonalbanken im Jahr 2015 über einen Marktanteil im Hypothekarmarkt von 36 Prozent. 28 Prozent entfielen auf die Grossbanken, 17 Prozent auf die Raiffeisen Gruppe, 10 Prozent auf die Regionalbanken sowie 9 Prozent auf die Übrigen Banken. Betrachtet man die Entwicklung dieser Marktanteile über die Zeit, zeigt sich, dass insbesondere die Raiffeisen Gruppe ihr Hypothekarportfolio markant ausbauen konnte. Über zwölf Jahre hinweg konnten diese ihr Hypothekarforderungen mehr als verdoppeln, von CHF 74 auf CHF 158 Milliarden, was einer jährlichen Wachstumsrate von 6.5 Prozent entspricht. Im Vergleich dazu verloren insbesondere die Grossbanken deutlich an Boden – ihre jährliche Wachstumsrate von 2003 bis 2015 liegt bei 2.7 Prozent (vgl. Tabelle 1).
In Mio. CHF | 2003 | 2009 | 2015 | ∆ 2003-2009 (p.a.) | ∆ 2009-2015 (p.a.) | ∆ 2003-2015 (p.a.) |
Kantonalbanken | 197’610 | 245’803 | 328’856 | 3,7% | 5,0% | 4,3% |
Grossbanken | 189’984 | 231’266 | 261’284 | 3,3% | 2,1% | 2,7% |
Regionalbanken und Sparkassen | 62’493 | 73’762 | 90’767 | 2,8% | 3,5% | 3,2% |
Raiffeisen Gruppe | 74’154 | 110’678 | 158’120 | 6,9% | 6,1% | 6,5% |
Übrige Banken | 38’776 | 63’255 | 85’655 | 8,5% | 5,2% | 6,8% |
Alle Banken | 563’018 | 724’764 | 924’682 | 4,3% | 4,1% | 4,2% |
Grosse Heterogenität der Marktanteile innerhalb der Kantone
Wie Abbildung 1 zeigt, sind die einzelnen Bankengruppen in den Kantonen unterschiedlich stark vertreten, was häufig auch auf historische Gegebenheiten zurückzuführen ist. Dazu gehören beispielswiese unterschiedliche Bankenstrukturen, Zusammenschlüsse von Banken sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten. Die Marktanteile der Kantonalbanken schwanken beispielsweise zwischen 16 Prozent im Kanton Solothurn und 74 Prozent im Kanton Appenzell Innerrhoden. Grosse Schwankungsbreiten zeigen sich aber auch bei den übrigen Bankengruppen. Bei den Grossbanken liegt die Verteilung der Marktanteile zwischen 8 Prozent (AI) und 54 Prozent (GE), bei der Raiffeisen Gruppe zwischen 7 Prozent (ZH/BS) und 35 Prozent (JU) sowie bei den Regionalbanken und Sparkassen zwischen 1 Prozent (TI) und 29 Prozent (AG, inkl. NAB).
Die Kantonalbanken als Bankengruppe verfügen in 17 von 26 Kantonen über den höchsten Marktanteil an den Hypothekarforderungen (vgl. Abbildung 5). In sieben Kantonen haben sie sogar Marktanteile von über 50 Prozent. Dabei handelt es sich vornehmlich um eher ländlich geprägte Kleinkantone (AI, OW, NW, GL, SZ, ZG). Bei der kantonalen Betrachtung gilt es zu beachten, dass die Kantone Solothurn und Appenzell Ausserrhoden über keine eigenen Kantonalbanken mehr verfügen. Entsprechend ergibt sich im Kanton Solothurn – wo die Kantonalbank nach massiven Verlusten im Jahr 1995 an den Schweizerischen Bankverein überging und heute eine eigenständige Tochter der Baloise Gruppe ist – ein Marktanteil der Kantonalbanken von lediglich 16 Prozent.
Gegenläufige Entwicklung von Raiffeisen und Grossbanken
Die Grossbanken sind primär in den Westschweizer Kantonen Genf (55%) und Waadt (39%) sowie in Kantonen mit grösseren Städten (Zürich, Basel-Stadt) sowie in den Kantonen Tessin und Wallis stark vertreten. In den kleinen und ländlich geprägten Kantonen Glarus, Obwalden und Appenzell Innerrhoden liegen die Marktanteile teilweise deutlich unter 13 Prozent.
Mit Blick auf die Raiffeisen Gruppe zeigt sich, dass diese trotz hohem Wachstum in städtischen Gebieten vor allem in ländlichen Regionen sehr stark vertreten ist. Deren Entwicklung ist rückblickend schon fast als eine Gegentrend zu den Grossbanken zu sehen. In Regionen, in denen die Grossbanken stark an Marktanteilen verloren haben, dürfte die Raiffeisen Gruppe zu einem substanziellen Teil eingesprungen sein.
Die Marktanteile der Regionalbanken und Sparkassen widerspiegeln auch deren unterschiedliche geographische Verbreitung in der Schweiz. Stark präsent sind sie in den Kantonen Aargau, Bern, Schaffhausen und Solothurn. Praktisch keine Rolle im Hypothekarmarkt spielen die Regionalbanken und Sparkassen in den Kantonen Neuenburg, Appenzell Innerrhoden, Zug, Nidwalden, Graubünden, Wallis, Tessin und Uri. In diesen Kantonen erreichen die Banken der Gruppe Regionalbanken und Sparkassen gesamthaft jeweils lediglich Marktanteile von unter zwei Prozent.
Fazit
Die Verteilung der Marktanteile der Bankengruppen im Hypothekargeschäft ist auf kantonaler Ebene sehr verschieden. Die Kantonalbanken als Marktführer in über der Hälfte aller Kantone sowie die Raiffeisen Gruppe und die Regionalbanken und Sparkassen sind in der Tendenz in eher ländlichen Regionen stärker vertreten. Im Gegenzug sind die Grossbanken in städtischen Regionen stark präsent. Sehr oft können Bankenzusammenschlüsse, wirtschaftliche Gegebenheiten sowie die Herkunft der Banken die verschiedenen Marktanteile erklären. Die Marktanteile einzelner Banken und Bankengruppen haben sich in den letzten zwölf Jahren teils markant verschoben. Erwähnenswert ist vor allem die Expansion der Raiffeisen Gruppe, welche – meist zu Lasten der Grossbanken – ihr ohnehin schon beachtliches Hypothekarportfolio überdurchschnittlich steigern konnte.
Die IFZ Retail Banking Studie 2016 wird am 17. November 2016 zum bereits fünften Mal erscheinen und wird an der IFZ Retail Banking Konferenz vorgestellt. Die Studie umfasst 222 Seiten und beinhaltet fünf Teile:
Die Studie kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden und kostet CHF 290.-. Mehrfachbestellungen: ab 3 Exemplaren CHF 240.– pro Studie, ab 5 Exemplaren CHF 190.–, resp. ab 10 Exemplaren CHF 140.– pro Studie.
Für die IFZ Retail Banking Konferenz vom 17.11 gibt es in der Zwischenzeit noch 3 freie Plätze 🙂
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