28. August 2023
Wie gut ist Radicant? Ein erster Testbericht
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Mit Radicant kommt eine weitere Smartphone-Bank in den hiesigen Markt. Was dieses Unternehmen von vielen anderen Lösungen abhebt, ist sein Bestreben, im Bereich der Vermögensverwaltung die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) zu fördern, anstatt sich hauptsächlich auf die sogenannten ESG-Kriterien zu konzentrieren. Ich hatte bereits vor der offiziellen Markteinführung die Gelegenheit, die App zu testen. In meinem heutigen Blogbeitrag werde ich das Angebot sowie meine ersten Erfahrungen damit vorstellen.
Die Geschichte von Radicant
Das Radicant-Projekt wurde Anfang 2021 ins Leben gerufen, wobei die Radicant AG am 22. April 2021 offiziell gegründet wurde. Bereits 12 Monate nach der Gründung wurde die Banklizenz erteilt (seit Juli 2022 firmiert sie als Radicant Bank AG). Es ist bemerkenswert, dass die 100-prozentige Tochtergesellschaft der Basellandschaftlichen Kantonalbank überhaupt eine eigene Banklizenz beantragt. Diese Entscheidung unterstreicht das Bestreben, nicht nur Teil einer Bank zu sein, sondern als Unternehmen selbst nachhaltige Finanzdienstleistungen anzubieten.
Der Hauptteil der Entwicklungen für das Produkt findet in Portugal statt. Des Weiteren ist die Bank eine Kollaboration mit Google Cloud eingegangen. Die Daten werden entsprechend alle im Rechenzentrum von Google in Zürich gespeichert. Derzeit zählt Radicant 100 Mitarbeitende.
Das Angebot kann in die drei Bereiche «Sustainable Investments», «Sustainable Bank Account» und «Sustainable Banking» unterteilt werden. Nach dieser Logik werde ich nachfolgend das Angebot vorstellen.
Anlegen
In der Radicant-App war es mir möglich, innerhalb weniger Minuten ein Vermögensverwaltungsmandat zu eröffnen. Die Investition erfolgt in ein Portfolio, das auf die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen ausgerichtet ist. Dabei kann man wählen, ob man «breit» investieren möchte oder ob man gewisse Nachhaltigkeitsziele stärker unterstützen möchte. Zusätzlich kann man festlegen, ob der Fokus eher auf Schweizer Unternehmen oder auf internationale Anlagen gelegt werden soll. Ich empfinde diese personalisierbare Auswahlmöglichkeit als sehr positiv. Der Einstieg ist bereits mit einem Betrag von CHF 1’000 möglich.
Die Anlagen sind transparent aufgeführt. Die Grundbausteine des Vermögensverwaltungsmandats sind von radicant aktiv gemanagte Investmentfonds (2 Aktien- und 1 Anleihenfonds) und sogenannte Trackerzertifikate auf Aktien (8). Innerhalb der App besteht jederzeit die Option, die umfassende Portfolioübersicht einzusehen, inklusive Details zum von Radicant entwickelten SDG Impact-Rating für jedes individuelle Unternehmen. Dies ermöglicht es, nachzuvollziehen, welchen Beitrag die Unternehmen zu den einzelnen SDGs leisten (vgl. einige Printscreens meiner Lösung, Abbildung 1).

Abbildung 1: Portfolio-Ausweis der Investitionen und Performance-Übersicht (Printscreens App; Die aktuelle Asset Allocation auf Holding-Level ist in der App unter dem Reiter „Asset Allocation“ für jeden Portfoliobaustein einsehbar)
Die Jahresgebühr beträgt 0.9% für Beträge bis CHF 24’999, 0.8% für Beträge zwischen CHF 25’000 und CHF 99’999, 0.65% für Beträge zwischen CHF 100’000 und 499’999 CHF und 0.5% ab einem investierten Betrag von CHF 500’000. Aktuell gilt ein «lebenslanger» Rabatt von 50% auf die Jahresgebühr bei Abschluss eines Vermögensverwaltungsmandats bis 31.01.2024. Hinzu kommen jährliche Produktkosten von zwischen 0.40% bis 0.47%. Dadurch ist das Angebot im Quervergleich eher teuer.
Anlagen in Kryptowährungen sind nicht vorgesehen, da sie nur beschränkt mit den SDG-Zielen übereinstimmen. Ebenso investiert radicant nicht in Rohstoffe. Die Investitionsziele der Firma sind nur Unternehmen oder supranationale Organisationen, die eine positive Wirkung auf die Erreichung der SDGs haben.
Das Radicant Angebot im Alltagsbanking
Selbstverständlich umfasst das Angebot auch die konventionellen Bankprodukte für das Sparen und Bezahlen. Der aktuelle Zinssatz für das Alltagskonto liegt bei 1%, sofern der Kontostand unter CHF 25’000 liegt. Für Beträge zwischen CHF 25’001 und 100’000 beträgt der Zinssatz 0.5%, während für Beträge ab CHF 100’000 kein Zins mehr bezahlt wird. Es gibt keine Rückzugslimiten.
Als Bezahlmethode erhält man eine (virtuelle) Debitkarte von Visa. Optional kann man auch die physische radicant Debitkarte bestellen. Diese ist aus recyceltem PET gefertigt. Bezahlen via Smartphone kann man mit Apple Pay oder Google Pay. Bemerkenswert finde ich, dass Radicant auch eine eigene Twint-App anbietet.
Positiv ist, dass man bereits in der jetzigen Version in der App seine täglichen und monatlichen Limits mit nur wenigen Klicks anpassen kann. Zudem lassen sich mit nur wenigen Klicks die Karte (de-)blockieren und die Sicherheitseinstellungen modifizieren.
Was derzeit hingegen noch fehlt ist ein Multiwährungs-Konti, wie man das von Revolut, Yuh, Neon oder weiteren Smartphone Banken kennt. Auch eBill ist bislang nicht möglich – laut radicant wird diese Funktionalität in naher Zukunft aber auch angeboten. Des Weiteren gibt es in der ersten Version noch keine Säule 3a Produkte.
Anstelle einer 100-prozentigen Haltung der Kundengelder bei der SNB wird ein Teil der Gelder in hoch liquide und nachhaltige (HQLA-)Anlagen mit Impact investiert (z.B. Green Bonds von Emittenten mit höchster Bonität).
Eine Innovation: Der CO2-Fussabdruck
Eine Innovation im Schweizer Markt ist der basierend auf den Transaktionsdaten gemessene CO2-Fussabdruck. Für jede Zahlung kann man den Stand des CO₂-Fussabdrucks abrufen und die Entwicklung seiner gesamten CO₂-Bilanz verfolgen. Die individuelle Übersicht hebt dabei hervor, welche Bereiche für die grösste CO2-Belastung verantwortlich sind. Dieser abstrakte CO2-Wert wird in Relation gesetzt zum Ausstoss eines Autos, das konventionell mit Benzin betrieben wird, um eine anschauliche Vergleichsbasis zu schaffen.

Abbildung 2: CO2-Fussabdruck gemäss meinen Transaktionen (in der Übersicht, im Detail und pro Monat)
Einen CO2-Tracker, der bei jeder Transaktion die damit verbundene CO2-Emission anzeigt, halte ich für eine interessante Idee, die das Bewusstsein für persönlichen ökologischen Fussabdruck stärken kann (ähnlich dem «Schrittzähler» bei Uhren in Bezug auf die körperliche Aktivität). Nachfolgend möchte ich auf einige potenzielle Stärken und Schwächen eines solchen Angebots eingehen. Als Stärken sehe ich die folgenden vier Aspekte:
- Bewusstseinsbildung: Ein CO2-Tracker kann Menschen dazu anregen, über ihre Konsumentscheidungen nachzudenken und zu erkennen, wie diese den Klimawandel beeinflussen. Dies könnte zu bewussteren und umweltfreundlicheren Entscheidungen führen.
- Verantwortungsbewusstsein: Indem Menschen die CO2-Emissionen ihrer Transaktionen sehen, könnten sie ein stärkeres Verantwortungsgefühl für ihren eigenen ökologischen Fussabdruck entwickeln.
- Anreiz zur Veränderung: Die Möglichkeit, die eigenen CO2-Emissionen zu reduzieren, könnte Menschen dazu ermutigen, nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen zu wählen und ihren Lebensstil anzupassen.
- Transparenz: Banken könnten durch die Bereitstellung solcher Daten ihre Transparenz und ihr Engagement für Umweltfragen zeigen, was zu einem positiven Image und Vertrauen bei umweltbewussten Kunden führen könnte.
Auf der anderen Seite sehe ich auch die folgenden Herausforderungen rund um dieses Angebot:
- Komplexität: Die genaue Berechnung von CO2-Emissionen für jede Transaktion kann komplex sein und erfordert genaue Daten über die Produktions- und Transportprozesse, die oft schwer zu ermitteln sind. Anhand meines Beispiels (siehe Abbildung 2) wird deutlich, dass Radicant lediglich darüber informiert ist, dass ich in der Migros eingekauft habe. Es bleibt jedoch unklar, ob meine Einkäufe beispielsweise Rindfleisch aus Argentinien oder einen regionalen Biosalat umfassten.
- Subjektivität: Die Berechnung von CO2-Emissionen ist oft von Annahmen und Schätzungen abhängig, die zu Ungenauigkeiten führen können. Dies könnte das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die Genauigkeit der angezeigten Daten beeinträchtigen.
- Überforderung: Ständig mit CO2-Emissionsdaten konfrontiert zu sein, könnte manche Menschen überfordern oder desensibilisieren, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, dass ihre individuellen Bemühungen wenig Einfluss auf das grössere Bild haben.
Letztendlich hängt der Erfolg eines solchen CO2-Trackers von der Art und Weise ab, wie er implementiert wird, wie genau die Berechnungen sind, wie gut er in den Alltag der Nutzerinnen und Nutzer integriert werden kann und wie er auf die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen der Kundschaft eingeht. Im Fall des Angebots von Radicant erweist sich der Tracker meines Erachtens jedoch als äusserst passend zum Angebot, und ich begrüsse sehr, dass Radicant als erste Schweizer Bank diese Funktion in die App integriert hat.
Sustainable Banking
Schliesslich gibt es aus Sicht von Radicant auch noch das Argument des «Sustainable Banking». Das Bestreben von Radicant ist es, zu den „guten Unternehmen“ zu gehören. Die Firma hat verschiedene Pläne, zahlreiche Berichte zum Thema Nachhaltigkeit zu veröffentlichen und sich diesbezüglich auch sehr transparent zu zeigen.
Welche Kundinnen und Kunden werden Radicant nutzen?
Eine interessante Frage im Zusammenhang mit diesem Angebot betrifft die Nutzergruppen, welche die App ansprechen will. Für Kundinnen und Kunden, bei denen das kostengünstige Alltagsbanking im Vordergrund steht, bieten Revolut, Yuh, Neon und andere Anbieter – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt – alternative Apps an, die preiswerter sind und eine breitere Palette an Funktionen aufweisen als die Radicant-App.
Radicant ermöglicht es aber der digital affinen Kundschaft, ähnlich wie Plattformen wie TrueWealth oder wiLLBe, auch bei vergleichsweise geringen Beträgen von einem professionellen Asset Management zu profitieren. Die Einstiegshürde von CHF 1’000 ist tief und eignet sich dadurch auch für die Retail Kundschaft. Der Fokus von Radicant liegt aber stärker auf der Gruppe der etwas wohlhabenderen Kunden – der sogenannten „Affluent Kundschaft“. Für digital affine Affluent Kundinnen und Kunden mit einer hohen Affinität zum Thema Nachhaltigkeit ist das Angebot interessant. Wichtig zu erwähnen ist aber, dass bei diesem Angebot keine persönliche Beratung angeboten wird. Vielmehr handelt es sich um eine klassische Lösung im Sinne eines digitalen „Vermögensverwaltungs-Mandats“. Es gibt zwar einen telefonischen Kundenservice, der von Montag bis Freitag täglich von 9 Uhr bis 17 Uhr erreichbar ist und es gibt auch den Chatbot «Radi». Ein klassisches Beratungsgespräch ist bei Radicant aber nicht vorgesehen. Bei mir (während der Beta-Testphase) hat Chatbot nur mässig funktioniert und er konnte auch einfache Fragen nicht beantworten. Ich wurde von ihm aber rasch an eine Mitarbeiterin von Radicant weitergeleitet (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Radi der Chatbot und Ronia die physische Person
Interessant ist die Frage nach dem Anlegertyp von Radicant. In Anlehnung an den LGT Private Banking Report (Cocca, 2014) wird typischerweise zwischen drei Anlegertypen unterschieden: Soloisten (Anlageentscheid wird eigenständig getroffen), Validatoren (Anlageentscheid wird zusammen mit dem Berater getroffen) und Delegatoren (Anlageentscheid wird komplett delegiert). Eine frühere Studie von uns zeigt, dass die Mehrheit der Schweizer Investoren Validatoren sind (56%), während 34% die Anlageentscheidungen eigenständig treffen (Soloisten) und 10% die Anlageentscheidungen komplett dem Anlageberater überlassen (Delegatoren). In einem Hintergrundgespräch mit den Verantwortlichen von Radicant wurde mir gesagt, dass sie vor allem die Gruppe der «Delegatoren» als Kundinnen und Kunden erwarten. Diese Gruppe ist aber – wie oben aufgezeigt – eher klein. Wenn man dies auf die gesamte Bevölkerung hochrechnet (58% der Schweizerinnen und Schweizer sind derzeit nicht investiert), würde man nur 4 bis 5 Prozent der Schweizer Bevölkerung ansprechen. Dabei ist zu bedenken, dass die Delegatoren überproportional oft aus der älteren Bevölkerungsgruppe stammen und mit ihren Banken in der Regel zufrieden oder gar sehr zufrieden sind. Daher scheint es aus meiner Sicht anspruchsvoll, eine ausreichend grosse Marktdurchdringung mit dieser Nutzergruppe zu erreichen, selbst wenn möglicherweise auch bisherige Nicht-Anlegerinnen und -Anleger angesprochen werden sollen.
Wie unsere früheren Ergebnisse verdeutlichen, gibt es in der Gruppe der Soloisten etwa doppelt so viele potenzielle Nutzer von digitalen Anlagelösungen im Vergleich zu den Validatoren oder Delegatoren. Eine mögliche Erklärung für diese Erkenntnis könnte darin liegen, dass Soloisten ein stärkeres Interesse an den Finanzmärkten haben als die anderen Anlegerprofile. Dadurch sind sie tendenziell affiner für digitale Anlagelösungen als weniger informierte Personen. Gleichzeitig sind sie jedoch in der Regel auch besonders preisbewusst. Im direkten Vergleich sind die Kosten von Radicant vergleichsweise eher hoch. Für die Investorinnen und Investoren muss das Thema Nachhaltigkeit folglich eine grössere Bedeutung haben als der Preis. Auch die Emotionen müssen bei Radicant wohl stärker in den Vordergrund stehen als bei anderen digitalen Anlagelösungen. Die Frage stellt sich also schlussendlich, ob Kundinnen und Kunden bereit sind, für Nachhaltigkeit auch etwas mehr zu bezahlen.
Fazit
Radicant hat bereits vor der Einführung der App erhebliche Aufmerksamkeit erregt und negative Schlagzeilen erzeugt, die jedoch wenig mit dem Produkt selbst zu tun hatten. Jetzt, da das Produkt eingeführt wird, lässt sich feststellen: Das Produkt selbst ist qualitativ gut. Das Design der App sowie das „Look and Feel“ sind ansprechend gestaltet, und es gibt auch verschiedene innovative und differenzierende Elemente im Vergleich zu anderen Lösungen. Die zentrale Frage ist nun, ob eine digitale Anlagelösung, die auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) ausgerichtet ist, überhaupt im schweizerischen Markt Erfolgspotenzial hat.
Die Schweiz verzeichnet grundsätzlich eine wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten. Immer mehr Menschen sind bereit, in Unternehmen und Projekte zu investieren, die positive soziale und ökologische Auswirkungen haben. Auch die Ausrichtung auf die UN SDGs verleiht der Anlagelösung eine globale und anerkannte Basis für Nachhaltigkeit. Dies könnte das Interesse von Anlegerinnen und Anlegern steigern, die nach Investitionen mit messbaren positiven Auswirkungen suchen. Zusätzlich ist die Bekanntheit von digitalen Anlagelösungen in der Schweiz in den vergangenen drei Jahren ziemlich stark gestiegen.
Auf der anderen Seite gibt es bereits etablierte und aufstrebende nachhaltige Finanzdienstleister auf dem Markt. Neue Akteure wie Radicant müssen sich gegenüber bestehenden Angeboten behaupten. Es ist vermutlich auch erforderlich, das Bewusstsein für die Bedeutung der SDGs und nachhaltige Investitionen in der breiteren Bevölkerung zu stärken, um das volle Potenzial der Lösung auszuschöpfen. Potenzielle Investorinnen und Investoren müssen dazu davon überzeugt werden, dass die ausgewählte Anlagelösung tatsächlich positive Auswirkungen erzielt und ihren Erwartungen entspricht. Dazu müssen sie auch bereit sein, etwas mehr für «Nachhaltigkeit» zu bezahlen als für andere Lösungen, welche diesbezüglich weniger konsequent unterwegs sind.
Insofern wird sehr spannend zu beobachten sein, wie sich dieses Produkt in den nächsten Monaten entwickeln wird. Im Rahmen der Retail Banking Konferenz 2023 vom 23.11 werden wir dazu ein erstes Update hören.
21. August 2023
Eine Revolution für KMU-Kredite in der Schweiz: Eine Analyse des Instant Business Credit der UBS
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die UBS hat im März eine aus meiner Sicht wegweisende Initiative gestartet, indem sie als erste Bank in der Schweiz einen Instant Business Credit («Sofortkredit») eingeführt hat. Dieser Kredit richtet sich speziell an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und zeichnet sich durch eine vollständig digitale End-to-End-abgewickelte Auszahlung aus. Dank des automatisierten Kreditentscheids mit ab Anfang 2024 sofortiger Aktivierung der Kreditlinie können bestehende Firmenkunden der Grossbank schnell und unkompliziert Kredite in Höhe von bis zu CHF 500’000 erhalten. Die „manuelle“ Kreditanalyse und das mühsame Einreichen von Dokumenten für KMU entfällt komplett. Es ist also nicht mehr erforderlich, Bilanzen und Erfolgsrechnungen einzureichen. In meinem heutigen Blog erläutere ich den Prozess und zeige die strategische Bedeutung dieser Lösung sowohl für die UBS als auch – in einem grösseren Kontext – für die Schweizer Volkswirtschaft auf.
Durch das Angebot von Instant Loans für KMU kann die UBS ihre Positionierung bei Schweizer KMU („KMU Bank“) verbessern, indem sie die Benutzerfreundlichkeit stark erhöht. Die Online-Kredite konzentrieren sich insbesondere auf den Bereich der eher «kleinvolumigen» Blanko-Kredite (zwischen CHF 20‘000 und 500‘000). Die Abwicklung von Blankokrediten online gestaltet sich einfacher, da die Einbeziehung von Sicherheiten nur schwierig standardisiert werden kann. Dies ist teurer und wirkt sich negativ auf die Abwicklungs-Geschwindigkeit aus.
Grösse des Schweizer KMU-Kreditmarkts und Relevanz der Bankfinanzierungen
Bankfinanzierungen sind noch immer die zentrale Fremdfinanzierungsform von KMU, wie unsere am IFZ im Auftrag des SECO erstellte Studie zeigt. Das Gesamtvolumen für inländische Unternehmenskredite von Banken in der Schweiz hat sich seit April 2015 von CHF 323 Milliarden um 36 Prozent auf CHF 440 Milliarden per April 2023 erhöht. Im Jahr 2023 entfallen rund 88 Prozent des gesamten Kreditvolumens (oder CHF 388 Milliarden) auf KMU (d.h. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitende).
In der Schweiz nutzen 32 Prozent aller KMU einen Bankkredit. Die Verbreitung ist in der Schweiz damit tiefer als in den Nachbarländern. In Deutschland nutzen 39 Prozent aller KMU einen Bankkredit, in Österreich 48 Prozent, in Frankreich 39 Prozent und in Italien 45 Prozent.
Omnikanal-Strategie der UBS
«Im Firmenkundengeschäft verfolgt UBS eine Omnikanal-Strategie, die je nach Kundenbedürfnis und unabhängig von der Unternehmensgrösse festgelegt wird», erläuterte mir Alain Conte Firmenkundenchef der UBS Schweiz im Gespräch. Die grundlegenden Bedürfnisse der Firmenkunden sollen in der Regel digital abgedeckt werden, beispielsweise über UBS key4 business. Produkte, die nicht besonders komplex sind, aber oft noch Erklärungsbedarf haben, werden über den Remote Sales & Advice (RSA) abgewickelt. Bei komplexen Anliegen steht gemäss Conte nach wie vor der persönliche Kontakt mit Fachexpertinnen und Fachexperten im Vordergrund.
Natürlich ist die Realität nicht immer so eindeutig. Es ist durchaus möglich, dass eine Kundenreise mit einem Marketing-Push im E-Banking beginnt, aber anschliessende Fragen über das Remote Sales & Advice-Team beantwortet werden. Wenn die Anfrage komplexer wird, kann der Kunde auch auf einen Kundenberater oder eine Kundenberaterin zugehen. Durch diese Omnikanal-Ausrichtung stellt die UBS sicher, dass alle Kundeninteraktionspunkte für alle Anwendungsfälle verfügbar sind. Kunden können zwischen den verschiedenen Kanälen navigieren und ihre Präferenzen wählen.
Self Service für UBS KMU-Kunden
Im Rahmen ihrer Sortimentslinie key4 business bietet die UBS bereits verschiedene Self-Service-Lösungen an, wie beispielsweise das digitale Onboarding, Bancassurance-Angebote für Neugründungen (vgl. Blog) oder den UBS marketplace für KMU („beyond Banking“). Der Fokus dieses Artikels liegt derzeit jedoch auf dem Minimum Viable Product (MVP) für den Instant Business Credit. Dieses Produkt wurde erstmals im zweiten Quartal 2022 getestet und ist seit Ende März 2023 im E-Banking live verfügbar. Im Gegensatz zu früheren UBS-Projekten wurde der Instant Business Credit als klassisches MVP entwickelt und gemeinsam mit den Kunden weiterentwickelt.
Rahmenbedingungen für den UBS Instant Business Credit
Um sich als KMU für einen UBS Instant Business Credit zu qualifizieren, müssen folgende Anforderungen erfüllt werden:
- Das Unternehmen muss operativ und älter als drei Jahre sein.
- Der Firmensitz befindet sich in der Schweiz.
- Es besteht seit mehr als zwei Jahren ein Firmenkonto bei der UBS.
- KMU wickeln ihren Zahlungsverkehr mehrheitlich über UBS ab.
- Der Zahlungsverkehrsumsatz über die UBS ist stabil (im Sinne von einem stabilen Umsatz über die letzten 18 Monate, wobei Saisonalitäten wenn möglich berücksichtigt werden). Es dürfen keine Betreibungen vorliegen.
Die Konditionen für die Kredite sind unabhängig vom Risiko respektive dem Unternehmensrating derzeit (fast) immer gleich und lauten wie folgt:
- Kredite bis CHF 100’000: 5.25% p.a.
- Kredite zwischen 100’000 und dem maximalen Betrag von 500’000: 5.00% p.a.
- Kreditkommission: 0.25% p.q.
Die Zinsen fallen erst an, wenn die zusätzliche Liquidität in Anspruch genommen wird.
Die Kreditlimiten werden vollautomatisch vergeben und schwanken auch nach der Vergabe und abhängig vom Geschäftsverlauf. Bei positiver Entwicklungerhöht sich das Kreditangebot. Bei negativer Entwicklung ergibt sich eine Reduktion der Rahmenlimite (eine entsprechende Kommunikation erfolgt zum Voraus).
Prozess
Als Ausgangspunkt für die Kundenreise stehen zwei Optionen zur Verfügung. Zum einen kann der Kunde eigenständig ein „Gesuch“ für einen Kredit bei UBS einreichen (siehe Abbildung 1, linke Seite). Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass die UBS proaktiv dem KMU-Kunden Liquidität anbietet. In beiden Fällen müssen keine weiteren Dokumente eingereicht werden (siehe Abbildung 1, rechte Seite). Selbstverständlich unterbreitet die UBS dieses Angebot nur jenen Kunden, von denen sie weiss, dass sie einen Kredit erhalten können.

Abbildung 1: Start der Customer Journey im E-Banking, Pull (links) oder Push (rechts)
Danach ist der Ablauf wie folgt:
- Zunächst werden interne Informationen wie Kundendaten und Kontobewegungen sowie externe Informationen wie Bonitätsbewertungen herangezogen. Dabei werden keine Informationen von anderen Banken beigezogen. In Zukunft, wenn Multibanking-Lösungen allgemein verbreiteter sind, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass solche Daten auch genutzt werden könnten. Zum heutigen Zeitpunkt macht dies aber erst beschränkt Sinn.
- Basierend auf diesen Informationen erfolgt die vollständig automatisierte Berechnung des maximal möglichen Finanzierungsbedarfs für alle qualifizierten Kunden.
- Bei einer Kreditanfrage des Kunden wird sofort eine Kreditentscheidung getroffen, ohne dass weitere Eingaben oder Dokumente vom Kunden erforderlich sind. Auch die automatisierte Auszahlung des Kredits erfolgt umgehend nach Eingang des unterzeichneten Vertrages (die digitale Signatur folgt Anfang 2024). Gemäss Angaben von UBS dauert die Abwicklung des Kredits dann nur drei Minuten.
- In einem weiteren Schritt kann der Kunde auch entscheiden, ob er neben dem Kontokorrent-Kredit auch Interesse an Investitionsgüterleasing, Garantien und Akkreditiven oder Massnahmen zur Absicherung von Devisenrisiken hat. Wenn der Kunde an diesen Dienstleistungen interessiert ist, wird sich ein Mitarbeiter des RSA-Teams mit ihm in Verbindung setzen. Der Kunde kann angeben, zu welchem Zeitpunkt er gerne kontaktiert werden möchte.
- Etwas unschön ist, dass der Vertrag danach (gemäss UBS: am nächsten Morgen) noch via physische Post den Kunden zugestellt wird. Auch die Limite wird dadurch derzeit erst nach Eingang des physisch unterzeichneten Vertrags aktiviert. Allerdings ist geplant, dass ab einem späteren Zeitpunkt (voraussichtlich Anfang 2024) der Vertrag über die eSignature online abgeschlossen werden kann. Der unterschriebene und gescannte Vertrag wird zudem nicht im E-Banking oder einem digitalen Vertragsarchiv abgelegt, sondern direkt an den Kunden verschickt.
- Die Überwachung seitens UBS erfolgt automatisiert und monatlich anhand verschiedener interner und externer Informationen. Falls erforderlich, werden Kunden automatisch benachrichtigt, wenn eine Reduzierung der Limite notwendig ist. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die Rahmenlimite zu erhöhen, wenn der Geschäftsverlauf nachhaltig positiv ist. Hierbei ist erneut erwähnenswert, dass die KMU nicht jährlich ihre Bilanzen einreichen müssen.

Abbildung 2: Der Prozess im Überblick (Printscreens)
Bisherige Erfahrungen
Das Produkt ist noch nicht lange am Markt und wurde bislang auch nicht aktiv breit beworben. Im Sinne von ersten Erfahrungen hat mir UBS für diesen Blog aber die folgenden Informationen zur Verfügung gestellt:
- Durchschnittlicher Kredit/Limiten-Betrag rund CHF 140’000
- Die wichtigsten Kreditnehmer nach Industrien (60% der Limiten) sind wie folgt:
- Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie
- Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe
- Grosshandel (ohne Handel mit Motorfahrzeugen)
- Architektur Ingenieurbüros
- Technische, physikalische und chemische Untersuchung
- Gesundheitswesen
- Detailhandel (ohne Handel mit Motorfahrzeugen)
- Das Feedback der Kundschaft war bisher sehr positiv. Besonders überrascht waren sie von der Schnelligkeit und Unkompliziertheit der Kreditabwicklung.
Ein kurzer volkswirtschaftlicher akademischer Einschub
Das Thema des Sofortkredits (Instant Credits) könnte auch ein in der Schweiz bisher noch wenig beleuchtetes Problem lösen. Eine von uns am IFZ (Institut für Finanzdienstleistungen Zug) durchgeführte Befragung im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Frühjahr 2021 bei 2’712 Schweizer KMU hat aufgezeigt, dass zunächst alles bestens wirkt: Die Banken lehnen lediglich drei Prozent aller Kreditanträge von KMU ab. Zudem scheinen Schweizer KMU im Allgemeinen mit ihren Bankbeziehungen zufrieden zu sein. Nur 1.4 Prozent der befragten KMU haben im Jahr 2021 ihre Hausbank gewechselt.
Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass es unter den Befragten eine grosse Gruppe von «entmutigten» Kreditnehmenden gibt. Jedes zehnte KMU weist zwar einen Finanzierungsbedarf auf, beantragt aber aus diversen Gründen dennoch keinen Kredit. Überdurchschnittlich viele entmutigte KMU gibt es in der Westschweiz (15%), im Tessin (19%) sowie bei Kleinstfirmen (10%).
Diese Gruppe der entmutigten Firmen ist insgesamt mehr als 60-mal so gross wie die Gruppe der KMU, die trotz eines Kreditantrags keinen Kredit erhalten haben. Bei einer Gesamtpopulation von 161’400 KMU in unserem Zielsegment der KMU mit mehr als zwei Mitarbeitenden gehören also schätzungsweise rund 16’000 Schweizer KMU in die Gruppe der entmutigten Firmen. Wichtig ist auch zu wissen, dass gemäss einer Studie von Dietrich und Rey der überwiegende Teil der Firmen einen Kredit erhalten würde, wenn sie einen Kreditantrag einreichen würden.
Warum haben diese entmutigten KMU trotz Finanzierungsbedarf keinen Bankkredit beantragt? Mehr als die Hälfte der entmutigten KMU haben keinen Kredit beantragt, weil sie davon ausgingen, dass die Bank ihn nicht bewilligen würde. Zwei Drittel bezeichnen den Kreditprozess als „zu mühsam“. Mit dem oben vorgestellten Ansatz des UBS Instant Business Loans wird schnell Transparenz geschaffen, indem sehr rasch klar wird, ob sich das KMU für einen Kredit qualifiziert und wie hoch der Zinssatz für den Kredit ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Kreditantrag sehr einfach ist und kein Einreichen von Dokumenten erforderlich ist.
Strategische Bedeutung des Projekts
Die Abbildung 3 verdeutlicht die grosse Bedeutung der Grossbank(en) im Bereich der grösseren KMUs mit über 50 Mitarbeitenden (VZÄ). Allerdings wird aus der Abbildung auch deutlich, dass die Marktanteile der Grossbanken bei kleineren Unternehmen deutlich geringer sind.

Abbildung 3: Anteil Hauptbank-Beziehungen von KMU nach Unternehmensgrösse (Quelle: Studie Seco/IFZ)
Die UBS hofft, dass sie durch die Einführung des Instant Credits ihren Anteil als Hauptbank bei kleineren KMU erhöhen und dieses Marktsegment noch besser erschliessen kann. Hierbei bietet auch das Zusammenspiel mit dem Remote and Sales Advice Team weiteres Potenzial. So können – sofern man die Kunden gewinnen kann – auch Fremdwährungsmanagement- und weitere Dienstleistungen angeboten werden. Zudem strebt die UBS selbstverständlich an, das Kreditvolumen insgesamt zu steigern und dadurch zusätzliche Erträge zu generieren.
Fazit
Die UBS führte bereits im Jahr 2016 einen Online-KMU-Kredit ein, wie ich damals in meinem Blog beschrieben habe. Zu dieser Zeit war es jedoch erforderlich, vergangene Jahresabschlüsse hochzuladen und zusätzlich ein persönliches Treffen abzuhalten, um die Kreditwürdigkeit zu prüfen. Mit der Einführung des oben vorgestellten Instant Credit hat die UBS damit aus meiner Sicht einen weiteren signifikanten Fortschritt erzielt.
Die Einführung des Instant Credit der UBS stellt meiner Ansicht nach einen bedeutsamen Fortschritt im Bereich der Online-Kredite für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schweiz dar. Im Gegensatz zu einer schrittweisen Verbesserung bestehender Bankprozesse orientiert sich die Instant Credit-Lösung eher an Unternehmen wie Amazon und Alibaba, die sich in der digitalen Welt erfolgreich etabliert haben.
Der Instant Credit wurde vor allem mit den Bedürfnissen der KMU im Hinterkopf entwickelt und ermöglicht ihnen einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Krediten, Geld und Liquidität, ohne sich mit umfangreichen Dokumentenanforderungen, komplexen Prozessen und langen Wartezeiten auseinandersetzen zu müssen. Es ist zweifellos ein beeindruckendes Erlebnis für Kunden, dass sie keine umfassenden Jahresabschlüsse und Bilanzen mehr vorlegen müssen, um einen Kredit zu erhalten.
Dieser Fortschritt hat auch positive Auswirkungen auf die Bank selbst, da die Kundenberaterinnen und Kundenberater nun vermehrt strategische Dialoge mit den Kunden führen können, anstatt Zeit und Ressourcen für die Bearbeitung kleiner Kredite aufzuwenden. Der Kredit wurde als Ankerprodukt positioniert, um den Devisenhandel (FX) und andere Dienstleistungen und Produkte zu fördern. Zusätzlich strebt die Bank an, die Anzahl der Hauptbankbeziehungen mit kleineren KMU zu erhöhen.
Obwohl der Instant Credit bereits vollständig digitalisiert ist, gibt es noch kleinere Anpassungen, die aus meiner Sicht in den kommenden Monaten vorgenommen werden sollten. Dazu gehört unter anderem die Implementierung einer digitalen E-Signatur, um einen nahtlosen Prozessablauf sicherzustellen und ein Archiv für Kreditverträge im E-Banking. Aus meiner Sicht ist es auch suboptimal, dass die Konditionen derzeit hauptsächlich auf der Unternehmensgrösse basieren und noch nicht an das individuelle Risiko angepasst sind. Dies führt – zumindest gemäss akademischer Literatur – auch zu einem möglichen Adverse Selektion Problem. Für die guten Risiken sind diese «Durchschnitts-Zinssätze» womöglich zu hoch. Darüber hinaus ist es derzeit noch schwierig abzuschätzen, ob die Ausfallraten der Kredite infolge dieser Umstellung steigen werden oder ob es der UBS gelingt, mit weniger Informationen die Ausfallwahrscheinlichkeiten gleich gut vorherzusagen wie mit den herkömmlichen Modellen.
Dennoch bleibt die Einführung des Instant Credit der UBS zweifellos eine für mich äusserst vielversprechende Initiative, die den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für KMUs erleichtert und das Potenzial besitzt, die Vergabe von kleinen Krediten auf revolutionäre Weise zu verändern.
Kommentare
1 Kommentare
Max Grubich
13. September 2023
Ich finde es schade, dass der Instant Business Credit nur für UBS Kunden möglich ist. Wobei ich schon den Grund verstehe.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
14. August 2023
Kommt es zur Renaissance von IT-Kooperationen unter Retailbanken?
Von Dr. Urs Blattmann, Dr. Felix Buschor und Joël Ettlin
IT-Kooperationen unter Retailbanken sind nicht neu. Schon seit mehreren Jahren bündeln vor allem kleinere Banken ihre Interessen gegenüber den Herstellern von Kernbankensystemen und den Betriebsprovidern. Neu ist, dass sich diese Kooperationen vermehrt mit der Beschaffung oder Entwicklung von IT-Anwendungen befassen. Neu ist auch, dass sich mit dieser Intention auch zusätzliche IT-Kooperationen formieren.
Beginnend in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts waren zahlreiche Retailbanken über viele Jahre Teil einer IT-Kooperation, in denen Bankanwendungen gebaut, weiterentwickelt und betrieben wurden. Hohe Kosten und Unzufriedenheit mit der Governance haben dazu geführt, dass sich im Verlaufe der Nuller Jahre diese Kooperationen nach und nach aufgelöst haben. Die Banken haben auf Standardprodukte gewechselt, die seitdem in der Regel durch Dritte in einem externen Rechenzentrum betrieben und weiterentwickelt werden. Vor allem mittelgrosse Kantonalbanken haben sich damals entschieden, auf dieser Basis ihren IT-Weg weitgehend selbständig zu gehen. Regionalbanken, Sparkassen und kleinere Kantonalbanken haben sich zwecks Bündelung der Interessen gegenüber den Providern und zwecks Realisierung von Synergien wieder in Kooperationen zusammengefunden. Verbindendes Element dieser IT-Kooperationen ist bis heute das gemeinsame Kernbankensystem, das beim gleichen Provider betrieben wird.
Viele Gründe, IT-Anwendungen gemeinsam zu beschaffen oder zu entwickeln
Die fortschreitende digitale Transformation führt dazu, dass Banken mit der Leistungsfähigkeit des Kernbankensystems unzufrieden sind, weil ihre Anforderungen nur mit grosser Verzögerung und zu hohen Kosten umgesetzt werden.[1] In der Folge intensivieren Banken ihre Anstrengungen, ihre IT-Anforderungen auch ausserhalb des eingesetzten Kernbankensystems umzusetzen. Die digitale Transformation stellt somit die Banken vor die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Bankensoftware gemeinsam in einer IT-Kooperation beschafft oder entwickelt werden kann.
Im Rahmen der IFZ Sourcing Studie wurden zehn Interviews mit insgesamt 15 Expertinnen und Experten geführt. Die Expertinnen und Experten sehen vier Gründe, die Banken veranlassen, sich vermehrt mit der Frage nach möglichen Formen von IT-Kooperationen auseinanderzusetzen (siehe Abbildung 1):
- Um dem Fachkräftemangel in der IT entgegenzuwirken, bietet es sich für Banken an, durch Poolen der Spezialisten nicht nur Abhängigkeiten von IT-Spezialisten zu reduzieren, sondern auch die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen.
- Der Wettbewerb über Funktionalitäten an der digitalen Kundenschnittstelle, der Druck zur Automatisierung der internen Abläufe, das Aufkommen neuer IT-basierter Geschäftsmodelle sowie zunehmende Cyber Risiken führen für alle Retailbanken zu einer deutlichen Steigerung der IT-Kosten. Somit ist nicht weiter erstaunlich, dass sich Banken vermehrt fragen, ob durch eine stärkere Zusammenarbeit der Trend zur Steigerung der IT-Kosten gebrochen oder zumindest gebremst werden kann.
- Die digitale Transformation folgt dem Gesetz der Skalierung über die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer. Langfristig ist eine digitale Lösung nur profitabel, wenn sie auch möglichst breit genutzt wird. Somit gilt es nicht nur für kleinere, sondern auch für mittlere Banken zu überlegen, ob die digitale Transformation und die Notwendigkeit der Skalierung nicht eine intensivere Zusammenarbeit in der Bereitstellung von IT-Funktionalität verlangt.
- Schliesslich beginnen sich die Banken aufgrund der Anforderungen der digitalen Transformation von ihren Kernbankensystemen zu emanzipieren. Nachdem die Banken über viele Jahre als Teil ihrer IT-Strategie den Ansatz «Kernbankensystem First» verfolgt haben, wechseln sie vermehrt zu einem «Satellitenansatz». Dies bedeutet, dass IT-Funktionalität nicht mehr vorzugsweise über das Kernbankensystem bereitgestellt, sondern als eigenständige Anwendungen an das Kernbankensystem angebunden wird. Die Bereitstellung von IT-Lösungen ausserhalb des Kernbankensystems lässt die Banken darüber nachdenken, ob dieser Schritt der Emanzipation vom Kernbankensystem nicht besser gemeinsam gemacht wird.

Abbildung 1: Treiber der Veränderung von IT-Kooperationsmodellen.
Dank Agilität Souveränität trotz IT-Kooperation
Die Interviews mit den Experten zeigen, dass sich die Kooperationsmodelle aktuell in mehrfacher Hinsicht verändern. Bestehende Betriebskooperationen stehen vermehrt vor der Herausforderung, auch Innovationen gemeinsam anzugehen. Parallel sind neue Kooperationen am Entstehen, die sich vor allem der Zusammenarbeit beim Bau oder der Beschaffung von IT-Anwendungen widmen. Zweck zukünftiger IT-Kooperationen ist weniger der gemeinsame Betrieb, sondern vor allem die gemeinsame Innovation im Rahmen einer Innovationspartnerschaft (siehe Abbildung 2).
Trotz der Zusammenarbeit in einer Kooperation bleibt für viele Banken die strategische Souveränität und Unabhängigkeit oberstes Ziel. Was ist der Weg, den Banken auf dieser Gratwanderung zwischen Zusammenarbeit und Autonomie beschreiten? Banken treffen sich regelmässig und häufig, um sich über die Projektportfolios und die Prioritäten auszutauschen. Ziel des Abgleichs ist es weniger, daraus ein gemeinsames IT-Entwicklungs-Portfolio zu konsolidieren, sondern mögliche Themen und Konstellationen der Zusammenarbeit zu identifizieren. Lassen sich daraus zwischen einzelnen Banken Gemeinsamkeiten erkennen, dann macht es Sinn, wenn die interessierten Banken das Thema gemeinsam vertiefen. Mit diesem Ansatz entstehen innerhalb einer Kooperation dynamisch und wechselnd immer neue vertiefte, themenbezogene Partnerschaften. So zeichnet es sich für die Zukunft ab, dass in IT-Kooperationen vermehrt in wechselnden und weniger in dauerhaften Strukturen zusammengearbeitet wird (siehe Abbildung 2).
Sobald eine themenbezogene Innovationspartnerschaft im Grundsatz vereinbart ist, stellt sich die Frage, wie in einem konkreten Projekt zusammengearbeitet und entschieden wird. In der Vergangenheit wurde in der Regel eine ausgewogene Projektorganisation zusammengestellt, in der alle Banken vertreten waren und Entscheidungsbefugnisse hatten. Dies hatte den Vorteil der Akzeptanz des Projektresultats, aber auch den Nachteil der Schwerfälligkeit der Entscheidungsprozesse. Zukünftig werden Projekte eher im Leadbankprinzip aufgesetzt. Danach übernimmt eine Bank die volle Kontrolle und Entscheidungsbefugnis. Die anderen Banken werden von der Leadbank im Vorfeld von Entscheidungen abgeholt. Das Konsultationsergebnis fliesst mit dieser Methode nach dem Ermessen der Leadbank in die Entscheidung ein, wobei die Leadbank vor allem die Interessen der anderen Institute gegenüber einer möglichen Projektverzögerung abwägen muss. Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass in IT-Kooperationen gemeinsame Innovationsvorhaben im Leadbankprinzip und weniger als gemeinsames Projekt ausgeführt werden (siehe Abbildung 2).
Wenn Innovationsvorhaben im Leadbankprinzip abgewickelt werden, dann führt dies zur Frage, wie die Kosten für das Projekt aufgeteilt werden. Immerhin ist die Entscheidungskompetenz ungeteilt in der Hand der Leadbank und die anderen Banken haben lediglich ein Recht im Vorfeld von Entscheidungen angehört zu werden. Deshalb besteht für Projekte, die mit einer Leadbank durchgeführt werden, auch weitgehende Einigkeit darüber, dass die Kosten zu ganz wesentlichen Teilen durch die Leadbank getragen werden. Die beteiligten Banken erhalten die erarbeiteten Resultate oft kostenfrei. Kosten jedoch, die dadurch entstehen, dass Partnerbanken die Ergebnisse auf ihre spezifische Situation anpassen wollen, sind durch die jeweilige Bank selbst zu tragen. Die Leadbank ist damit einverstanden, weil sie darauf vertraut, dass jede Bank früher oder später in einem interessierenden Thema den Lead übernimmt und sich somit in langer Frist die Kosten mehr oder weniger ausgleichen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Bisherige und zukünftige Prinzipien für IT-Kooperationsmodelle.
Die skizzierten Prinzipien der Zusammenarbeit unter Banken, um IT-Anwendungen zu beschaffen oder zu entwickeln, weisen eine grosse Nähe zu agilen Prinzipien auf. Wechselnde Strukturen, Entscheid nach Konsultation interessierter Kreise oder langfristige Nutzensicht statt projektspezifischer Businesscases sind Ideen, die auch in agilen Organisationen gelebt werden.
Fazit
Nach rund 20 Jahren arbeiten Banken wieder vermehrt in IT-Kooperationen zusammen, um gemeinsam IT-Anwendungen zu beschaffen oder zu entwickeln. Mit einer agilen Form der Zusammenarbeit versuchen Banken, die Gratwanderung zwischen Souveränität und maximaler Ausschöpfung von Synergien zu bewältigen.
Vertiefen Sie das Thema mit uns an der IFZ Sourcing Konferenz vom 23. August. Neben Kooperationen unter Banken werden die IFZ Sourcing Studie 2023 sowie innovative Beispiele der Neuordnung von Bank-Wertschöpfungsketten vorgestellt. Hier geht’s zum Programm und zur Anmeldung: (Sourcing Konferenz 2023 | Hochschule Luzern (hslu.ch)).
Ein herzliches Dankeschön gilt unseren Platinsponsoren Inventx und Swisscom sowie unseren Goldsponsoren Finform und FNZ für die Unterstützung der IFZ Sourcing Studie 2023.
[1] Siehe Blattmann, U. Buschor, F., Ettlin, J. IFZ Studie Zukunft der Kernbankensysteme. Verfügbar unter: https://blog.hslu.ch/bankingservices/ifz-studie-zukunft-der-kernbankensysteme/.
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17. Juli 2023
So verändern Daten die Zukunft des Bankings
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Dr. Denis Bieri und Timon Kronenberger
Schweizer Banken verfügen über grosse Datenbestände. Mehr und mehr Banken erkennen die Vorteile von Big Data und KI und nutzen diese Technologien in verschiedenen Geschäftsbereichen. Dabei können selbst kleinere Projekte einen beachtlichen Mehrwert generieren. Die folgenden Inhalte stützen sich auf die Studie «Data-Driven-Banking in Switzerland», welche in Zusammenarbeit mit ti&m und Google Cloud erstellt wurde.
Finanzinstitute gehören nicht zu den Pionieren auf dem Gebiet der Datenanalyse und KI, sondern grosse Technologieunternehmen wie Amazon, Apple, Google, Meta und Netflix. Sie haben sich diese Konzepte zunutze gemacht, was sich auch in den Börsenkursen zeigt. Abbildung 1 gibt einen Überblick einer datengetriebenen Bank und deren Implementierung. Der Nutzen, welche durch eine Datenorientierung geschaffen werden können, sind Kostensenkung, Risikoreduktion und Umsatzsteigerung. Im gesättigten Schweizer Finanzmarkt ist es vor allem eine Kosten- und Risikoreduktion, die anhand von Daten erzielt werden kann. Drei der wichtigsten technologischen Grundlagen in diesem Zusammenhang sind vorhanden. Es handelt sich dabei um Cloud Computing, offene Finanzökosysteme und künstliche Intelligenz. Neben den technologischen Triebkräften sind auch Data Governance und Einhaltung der bestehenden daten- und technologiebezogenen Regulierungen relevant.

Abbildung 1: Treiber und Anwendungsfälle des Data-Driven Bankings
Technologische Treiber drängen Banken in eine datengestützte Zukunft
Die Digitalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Schweizer Bankenlandschaft. Dieser Trend zur Digitalisierung hat den Banken dabei geholfen, ihre Effizient zu verbessern. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass die Finanzinstitute ihre Bilanzsumme und die von ihnen verwalteten Vermögen in den letzten Jahren im Durchschnitt steigern konnten, während ihre Kosten weitgehend stabil geblieben sind, wie die Grafik in Abbildung 2 zeigt. Ein Grund für diese Effizienzsteigerung liegt in der Technologie, genauer gesagt in der Digitalisierung. Die für die Schweizer Finanzindustrie als besonders relevant erachteten Treiber ermöglichen eine agile Skalierung, standardisierte und damit effiziente Formen der Interaktion zwischen verschiedenen Dienstleistern sowie neueste methodische Konzepte zur Auswertung von Daten. Daten, deren Analyse und deren Verarbeitung sind die grundlegende Ressource aller drei Technologietreiber, auf deren Basis Finanzinstitute einen Mehrwert für sich und ihre Kunden generieren können. Die Schweizer Banken verfügen über eine Vielzahl von Daten, die in drei Hauptkategorien unterteilt werden können: Stammdaten (inklusive Kundendaten und sozioökonomische Daten), Transaktionsdaten (wie Zahlungen, Handelsgeschäfte) und Verhaltensdaten (wie Interaktionen über verschiedene Kanäle). Eine der grössten Herausforderungen dabei ist es, die richtige IT-Infrastruktur und ein Datenverwaltungssystem zu implementieren, welches verschiedene Daten aus verschiedenen Quellen sammeln, verarbeiten und speichern kann. Durch den rasanten Anstieg der technischen Kapazitäten, getrieben durch Innovationen im Bereich des Deep Learning, den Zugang zu immer grösseren Datenmengen und günstiger Rechenleistung (z.B. durch Cloud Computing), sind eine Vielzahl von innovativen Anwendungsfällen wie Large Language Models (LLMs) wie Bard oder ChatGPT entstanden, welche auch für das Banking eine grosse Relevanz aufweisen (vgl. Blogartikel). Viele Schweizer Banken setzen bereits KI in einem oder mehreren Geschäftsbereichen ein, und auch die Schweizer FinTechs erkennen zunehmend die Möglichkeiten, die KI bietet.

Abbildung 2: Grössen-, Kosten- und Ertragsindikatoren für Schweizer Banken, indexiert auf 100.
Regulatorische Aspekte sind kein Hindernis
Die Regulierungslandschaft des Schweizer Finanzsektors wird durch eine Reihe von Bundesgesetzen und Ausführungsverordnungen geprägt. Zwei kritischen Aspekte sind: Data Governance und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Die potenziellen Vorteile der gemeinsamen Nutzung von Daten müssen gegen die Auswirkungen auf den Datenschutz abgewogen werden. Technologische Lösungen zur Verbesserung der Datenschutz können dazu beitragen, Bedenken hinsichtlich der gemeinsamen Nutzung von Daten zu zerstreuen. Unabhängig davon, für welche Cloud-Variante sich Finanzdienstleister entscheiden (ob Private, Public oder Multi-Cloud), müssen die Datenhosting-Infrastruktur und die Kontrollmechanismen den regulatorischen Anforderungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA entsprechen. Die aktuellen Vorschriften in der Schweiz stellen jedoch kein Hindernis für die Auslagerung von Geschäftsprozessen dar (einschliesslich Datenanalyse, -verarbeitung oder Datenspeicherung in der Cloud, auch im Ausland). Aus regulatorischer Sicht sind die Voraussetzungen für Data-Driven Banking daher gegeben.
Grosses Potenzial in vielen Banking-Bereichen
Wie bereits beschrieben, bietet Data-Driven Banking drei wichtige Mechanismen, um den Geschäftserfolg der Banken zu steigern. Erstens kann es dabei helfen, Kosten zu senken. Beispiele hierfür sind automatisierte Onboarding-Prozesse für Kunden oder die automatische Überprüfung von Personen, die potenziell politisch exponiert sind. Zweitens kann es dazu beitragen, Geschäftsrisiken zu minimieren, zum Beispiel im Bereich der Kreditvergabe durch genauere Ausfallprognosen. Drittens können die Banken ihre Einnahmen steigern. Dies kann etwa durch Empfehlungssysteme, die dazu führen, dass mehr Produkte verkauft werden oder dass weniger Kunden abspringen, erreicht werden. Aber nicht nur die Banken profitieren, auch die Kunden haben etwas davon – beispielsweise durch eine bessere Personalisierung und ein verbessertes Kundenerlebnis, was wiederum zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt.
Der Weg zu Data-Driven Banking
Die Eintrittsschwelle für das daten-getriebene Banking sind gering. Der Einstieg kann schrittweise und iterativ erfolgen, so dass kontinuierlich Erfahrungen gesammelt und genutzt werden können. Ein Ansatz, der auf einem Minimal Viable Product (MVP) basiert und mit spezialisierten Technologieanbietern zusammenarbeitet, kann hier hilfreich sein, insbesondere wenn die notwendigen Ressourcen intern nicht vorhanden sind (siehe Abb. 3). Innerhalb weniger Wochen können so erste Ergebnisse erzielt werden, die als Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen im datengetriebenen Banking dienen können.

Abbildung 3: MVP-Ansatz
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in der Schweiz die technischen wie auch die regulatorischen Voraussetzungen für das datengetriebenen Banking gegeben sind. Just do it.
Download der Studie Data-Driven-Banking in Switzerland
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10. Juli 2023
Voicebots gewinnen an Bedeutung – einige Beispiele von Schweizer und ausländischen Banken
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Selina Ofner
Während Voicebots in einigen Ländern bereits weit verbreitet und fest etabliert sind, befindet sich die Schweiz noch in einem frühen Stadium der Nutzung dieser Technologie. Insbesondere im Bankwesen gibt es noch viel Raum für Wachstum und Entwicklung. In diesem Blog-Artikel werden wir uns genauer mit Voicebots bei Banken befassen und einige interessante Beispiele aus der Schweiz, Deutschland und den USA präsentieren.
Ein Voicebot ist eine Software, die auf künstlicher Intelligenz respektiver natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) und maschinellem Lernen basiert. Ein Voicebot ermöglicht Nutzerinnen und Nutzern mit ihrer Stimme mit einem Gerät oder einem Dienst zu interagieren. Mit anderen Worten: Ein Voicebot ist in der Lage, Anfragen zu verstehen, zu interpretieren, zu analysieren und mit alltäglichen Wörtern zu beantworten. Dadurch eröffnet sich eine neue Welt für die Selbstbedienung von Kundinnen und Kunden.
Bereits 2016 verzeichnete Google 20 Prozent der Suchanfragen per Stimme. Seither steigt diese Zahl weiterhin an. So nutzen gemäss dem Global Web Index 2019 27 Prozent der globalen «Online Population» die Sprache als Suchinstrument auf dem Smartphone. Es erstaunt daher nicht, dass BigTech Firmen wie Amazon, Apple oder Google viel in Spracherkennung investieren. Generell scheint es, dass die USA im Bereich von Voicebots eine Vorreiterrolle einnimmt (vgl. Abbildung 1). Auch Grossbritannien und Deutschland sind diesbezüglich in einer «Early Adopter» Position. Die Schweiz wurde in dieser Untersuchung nicht analysiert. Wir gehen aber davon aus, dass die Schweiz deutlich hinter diesen drei Ländern hinterherhinkt.

Abbildung 1: Voicebots Adoption nach Land (Quelle: voicebot.ai)
Nachfolgend werden wir nun einige Beispiele von Voicebots bei Banken vorstellen. Es ist nicht das Ziel, eine vollständige und repräsentative Liste von Banken zu erstellen, welche bereits einen Voicebot in Betrieb haben. Stattdessen soll die Analyse exemplarische Voicebots mit unterschiedlichem Funktionsumfang und verschiedenen Implementationsformen vorstellen.
Voicebots im Schweizer Banking
Voicebot von PostFinance
In der Schweiz gilt PostFinance als Pionierin für Voicebots an der Kundenfront. Der Voicebot von PostFinance ist seit 2020 im Einsatz. Das Finanzinstitut hat zuerst einen Voicebot entwickelt, der als digitaler Telefonassistent bei ihrem Customer Center implementiert ist. Der Voicebot ist seit Einführung 2020 im Stande, Kontoauszüge oder Zins- und Saldoausweise für Steuerzwecke zu generieren und die anrufende Kundschaft weiterzuleiten. In den vergangenen Jahren hat PostFinance den Voicebot stetig weiterentwickelt und seit dem Frühling 2023 ist er zusätzlich als digitaler Concierge «tätig». Der Voicebot kann Anliegen der Kundschaft erkennen und sie entsprechend an die Mitarbeitenden mit den richtigen Skills weiterleiten («skillbasiertes» Routing). Des Weiteren können Anrufer seit kurzem die Kartensperrungen über den Voicebot durchführen und Ersatzkarten bestellen.
Bislang existiert noch keine Anbindung des Voicebots an Zahlungs-, Handels- oder Kreditsysteme. Das Aufgeben von Börsenaufträgen oder das Eröffnen von weiteren Produkten ist aber einfacher realisierbar, wenn der Voicebot im Online- oder Mobile-Banking mit bereits vorhandenen Systemanbindungen implementiert ist. Künftig kann der PostFinance Voicebot daher möglicherweise auch Zahlungen entgegennehmen. Dabei stuft PostFinance Sprachschablonen als mittelfristig umsetzbar ein. Hierbei muss die Kundschaft verbal und strukturiert die Zahlungseinzelheiten angeben. Auch der Ausbau von kundenunspezifischen Auskünften ist angedacht. Darunter zählen Auskünfte zu Öffnungszeiten, Support für das Online- oder Mobile-Banking oder die Vereinbarung von Terminen mit einer Kundenberaterin oder einem Kundenberater.
Voicebot der St. Galler Kantonalbank:
Mit der Entwicklung eines sprachbasierten Finanzassistenten hat die St. Galler Kantonalbank erste Erfahrungen mit einem Voicebot gesammelt. Die Kundschaft kann innerhalb der Mobile-Banking-App Sprachkommandos geben. Dabei ist nebst Hochdeutsch auch eine Spracheingabe auf Schweizerdeutsch möglich. Der Voicebot kann Fragen zum Nutzenverhalten beantworten, wie beispielsweise «Wie viel Geld hani de Monät für SBB-Billet usgäh?». Der Voicebot verfügt zudem über Visualisierungsfähigkeiten, um Ausgabenallokationen als Kuchendiagramm darzustellen. Der Voicebot ist bislang nur im eingeloggten Mobile-Banking nutzbar und verfügt daher nicht über Voice Biometrics (Sprachidentifikation).
Die Bank hat sich aus Risikoüberlegungen auch bewusst gegen Transaktionsbefehle entschieden. Im Jahr 2020 haben rund 6% aller Kundinnen und Kunden, welche die Mobile-Banking-App installiert haben, den Sprachassistenten ausprobiert. 2.5% der Kundinnen und Kunden waren 2020 wiederkehrende Nutzende. Mehr zu dieser Lösung finden Sie in diesem früheren Blog-Artikel.
Voicebot der UBS (Pilotprojekt)
Im Jahr 2017 beendete UBS ein Pilotprojekt, bei dem die Testkundschaft via Alexa Marktinformationen abrufen konnte. Basis war die Markteinschätzung namens «UBS CIO House View». UBS betrieb zudem einen digitalen Beratungsavatar namens «Daniel Kalt», der den UBS Regional Chief Investment Officer Switzerland darstellt. Der zweite Avatar, «Fin», ist in der Gestalt eines Emojis. Er wurde von UBS mit Finanzkennzahlen und Marktdaten gefüttert, die er auf Anfrage wiedergibt oder auch in Charts visualisiert. «Fin» kann einfache Transaktionen ausführen, wie beispielsweise eine neue Kreditkarte bestellen. «Daniel» hingegen kann auch in einem Beratungsgespräch gewisse Hausmeinungen «wiedergeben».

Abbildung 2: Der Chefökonom wird als Avatar dazugeschaltet (Quelle: UBS)
Voicebots in den USA
Voicebot der Bank of America:
„Erica“ von der Bank of America gilt weltweit als einer der am weitesten entwickelten Voicebots. Dieser Voicebot verfügt über Spracheingabe und -ausgabe, was bedeutet, dass er menschliche Sprache erkennen und wiedergeben sowie den Dialog als Chat darstellen kann. Die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Im ersten Quartal 2019 lag die Zahl der Nutzenden bei 6.3 Millionen. Bereits im ersten Quartal 2020 hatte sie sich auf 12.2 Millionen erhöht. Im ersten Quartal 2021 verzeichnete Erica bereits 19.5 Millionen Nutzende. Erica verarbeitete im Q1 des Jahres 2021 insgesamt 105.6 Millionen Anfragen (vgl. Abbildung 3)

Abbildung 3: Entwicklung der Erica Users und der Erica Interactions (Quelle: Schwartz, 2021)
Der Voicebot ist in der Mobile-Banking-App verankert und nicht auf Drittsystemen wie Alexa oder Google Home verfügbar. Die Implementation in der Mobile-Banking-App wurde aus Sicherheitsgründen gewählt, damit «Erica» über keine Identifikationsfähigkeiten verfügen muss. Erica ist AI-basiert und steigert ihre Fähigkeit, Finanzempfehlungen abzugeben, laufend. Erica versteht derzeit nur Englisch, aber eine sprachliche Weiterentwicklung auf Spanisch ist geplant. Derzeit hat Erica keine Persönlichkeit (z.B. Gesicht, besonders menschliche Sprachausgabe, etc.).
Zu Erica’s heutigen Funktionen zählen unter anderem Benachrichtigungen, wenn Gelder auf das Konto eingehen, Warnungen bei Doppelbuchungen bei Einkäufen, Auskunft über die Entwicklung von Gewinnen und der Sparquote, Zahlungserinnerungen, Budgetkontrolle, Abfragen zu Konto- und Depotständen, geografische Lokalisierung getätigter Einkäufe, Kartensperrung und -ausstellung sowie Börsenaufträge für spezielle «Merrill Investment»-Konti. Sämtliche Konversationen werden für 90 Tage gespeichert und für maschinelle Lernprozesse genutzt.
Voicebot von CapitalOne
CapitalOne verfügt über einen Chatbot namens «Eno», der im Mobile-Banking implementiert ist. Nebst ihrem Chatbot verfügt CapitalOne zusätzlich über eine Voicebot-Extension, die über Amazon Alexa implementiert ist. Dabei handelt es sich um einen Voicebot, der auf zusätzliche Chatfenster verzichtet. Auf Kommando gibt CapitalOne via Alexa Auskunft zum Kontostand, zu getätigten Ausgaben und ermöglicht die Erfassung von Zahlungen der Kreditkartenrechnung. Um diese sprachbasierten Dienste zu nutzen, müssen Kundinnen und Kunden die App von Amazon Alexa downloaden und den Skill «CapitalOne» aktivieren. Danach fordert die App dazu auf, den Benutzernamen und das Passwort einzugeben und optional einen persönlichen Schlüssel anzulegen. Im Anschluss kann die Kundschaft durch ein Kommando wie «Alexa, ask CapitalOne to pay my credit card bill» Aufträge oder Anfragen platzieren. CapitalOne gibt in ihrem FAQ an, dass der Benutzername oder das Passwort nicht an Amazon überführt werden. Amazon Alexa verfügt zudem nicht über Voice Biometrics. CapitalOne weist daher darauf hin, dass alle Personen Alexa auffordern können, Auskünfte zu geben oder Transaktionen durchzuführen, die Zugriff auf den jeweiligen Amazon Echo-Account oder auf Echo-Show haben. Wer das nicht will, sollte einen persönlichen Schlüssel anlegen, der vor jeder Auskunft angegeben werden muss.
Voicebot der deutschen Sparkasse:
Ähnlich wie CapitalOne entschied sich auch die deutsche Sparkasse für eine Anbindung an einen existierenden Voice-Assistenten. Im Gegensatz zu CapitalOne ist der Funktionsumfang bei der Sparkasse aber geringer und beschränkt sich auf Abfragen zum Kontostand sowie zum Gesamtfinanzstatus. Zudem können Informationen zu Eingängen und Abbuchungen abgerufen werden. Seit kurzem sind auch Auskunftsfunktionen zu Depots und zum ePostfach hinzugekommen. Die Kundschaft kann selbst bestimmen, welche Funktionen aktiv sind. Anfragen werden von Google Home erst beantwortet, wenn die Kundschaft einen Pin-Code mündlich angibt. Im Gegensatz zu CapitalOne ist dieser Pin bei der Sparkasse obligatorisch. Die Sparkasse geht auch proaktiv auf Datenschutzbedenken ein und kommuniziert transparent über den verschlüsselten Datentransfer. Sie versichert, dass sensitive Daten niemals auf den Infrastrukturen von Google gespeichert werden und Protokolle jederzeit gelöscht werden können.

Abbildung 4: Voice Banking bei den deutschen Sparkassen
Fazit
Wie oben aufgezeigt, bieten Voicebots ein breites Spektrum an Möglichkeiten an: Von der Unterstützung bei einfachen Transaktionen bis hin zur Bereitstellung personalisierter Finanzberatung bieten Voicebots vielfältige Möglichkeiten, die das Banking bequemer, effizienter und zugänglicher machen könnten.
Gemäss unserer Einschätzung sind wir in diesem Thema – nicht nur im Banking – in der Schweiz noch wenig weit. Wir gehen aber davon aus, dass das Thema «Sprachassistenz» auch hierzulande deutlich an Bedeutung gewinnen wird und mittelfristig auch im Banking verbreitet Anwendung findet.
Kommentare
1 Kommentare
Alois Eggeter
10. Juli 2023
Danke für diese Information. Es wäre noch interessant zu erfahren, wann genau die Benutzer in Amerika den VoiceBot nutzen und ob sich das so bei uns in der CH etablieren lässt. Meine Vermutung hier: Aufgrund der teilweise sehr langen Pendelwege in den USA (fast ausschliesslich mit den privaten Autos), sind die Benutzer froh, wenn Sie bereits auf dem Pendelweg einen Teil ihrer privaten ToDos so abwicklen können (Kontostand, Sparquote abfragen, etc.) Hierzulande sind doch viele via ÖV unterwegs und dort sehe ich schlicht keine Verwendung für einen Voicebot. Ausserdem verliert meiner Ansicht nach der Voicebot sofort an Attraktivität, sobald der Benutzer die Möglichkeit hat eine App (bzw. Desktop) direkt anzusteuern (wer will sich schon via einem Voicebot durch z.B. das eBanking-Angebot durchquälen, wenn man es via Tippen/Klicken viel einfach und schneller ist) Gruss aus dem Appenzeller-Land
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
6. Juli 2023
Welche nachhaltigen Finanzierungen Schweizer Banken anbieten (sollten)
Von Nadine Berchtold, Dr. Leonard Fister, Prof. Dr. Christian Kraft und Jonas Illi
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) hat zum ersten Mal den Sustainable Lending Markt der Schweizer Banken analysiert und geprüft, ob die aktuellen Angebote die Marktbedürfnisse abdecken und welche Handlungsoptionen daraus zu schliessen sind. Im Blog-Artikel fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse aus der heute veröffentlichten Studie «IFZ-Sustainable Lending Monitor 2023» zusammen (Download). Wir zeigen die wichtigsten Produkte am Markt für nachhaltige Immobilien- und Unternehmensfinanzierung und beleuchten, wie die Marktbedürfnisse dazu passen – oder eben nicht.
Relevanz
Mit der Abstimmungsvorlage «Klima- und Innovationsgesetz» hat sich das Schweizer Stimmvolk am 18. Juni 2023 dafür ausgesprochen, dass der Finanzplatz einen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll. Die Klimastrategie des Bundesrats adressiert mehrere Branchen direkt mit strategischen Zielen als Beitrag zum übergeordneten Netto-Null Ziel. Unternehmen aus diesen Branchen sollen in den kommenden Jahren in die Reduzierung von Treibhausgasemissionen investieren.[1] Diese Investitionen müssen entsprechend finanziert werden.
Aktuell finanzieren Schweizer Banken Privatpersonen, Geschäftskunden wie öffentlich-rechtliche Körperschaften mit einem Kreditvolumen von rund CHF 1.3 Billionen. Das entspricht mehr als 150 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts[2]. Die Studie der Schweizer Bankiervereinigung (SBVg) in Zusammenarbeit mit der Boston Consulting Group (BCG) berechnet einen jährlichen Investitionsbedarf von rund CHF 12.9 Milliarden bis 2050, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.[3] Diese Summe beinhaltet noch keine Investitionen in andere Aspekte der nachhaltigen Entwicklung wie die soziale Nachhaltigkeit und andere Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit.
Schweizer Banken können somit dazu beitragen, das Kreditvolumen von rund CHF 1.3 Billionen gezielt auf nachhaltige Investitionen und Aktivitäten zu lenken und so eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Was bedeutet Sustainable Lending?
Mit Sustainable Lending, respektive nachhaltiger Finanzierung ist die private Kreditvergabe gemeint, welche neben ökonomischen Kriterien zusätzlich Nachhaltigkeitskriterien in den Vergabeprozess miteinbezieht, um eine positive Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft zu erzielen. Sustainable Lending betrifft Privatpersonen und Unternehmen.
Der Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien in die Kreditvergabe kann grundsätzlich verschiedene Zwecke verfolgen. Ein Beweggrund für den Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien kann sein, eine ökologische oder soziale Wirkung, respektive einen Impact, zu erzielen. Ein weiterer Grund für den Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien kann die Minimierung von Risiken sein, die durch eine veränderte ökologische und soziale Umwelt entstehen. Unter diesem Fokus kann die Integration in die Bonitätseinschätzung (Kredit-Rating), in die Bewertung der Sicherheit, wie beispielsweise eine Immobilie, oder in beide Komponenten erfolgen. Gemäss Standpunkt des Bundesrates sollen Finanzprodukte und -dienstleistungen, die lediglich Nachhaltigkeitsrisiken reduzieren, ohne explizite Wirkung zu erzielen, jedoch nicht als nachhaltig bezeichnet werden.[4]
Welche nachhaltigen Finanzierungen bieten Schweizer Banken ihren Kunden an?
Für die Analyse des Angebots an Sustainable Lending Produkten haben wir 88 Schweizer Gross-, Regional- und Kantonalbanken untersucht und dabei die Details der nachhaltigen Finanzierungsprodukte anhand öffentlich zugänglicher Informationen der Banken[5] verglichen. 46 Prozent der Banken mit entsprechenden Produkten haben die Daten auf Anfrage verifiziert.
Nachhaltige Immobilienfinanzierung
Nachhaltige Hypotheken in der Schweiz sind bereits seit einigen Jahren etabliert und haben sich zu einem wichtigen Instrument für die Finanzierung umweltbewusster Immobilieninvestitionen entwickelt.
26 von den untersuchten 88 Schweizer Banken bieten im Bereich von nachhaltigen Immobilienfinanzierungen insgesamt 42 unterschiedliche Produkte an. Der Vergleicht zeigt, dass sich die nachhaltige Immobilienfinanzierung in der Schweiz hauptsächlich auf den Umweltaspekt konzentriert und somit insbesondere auf sogenannte «grüne» Immobilienfinanzierungen.
Bei den untersuchten Schweizer Banken bedeutet eine grüne Immobilienfinanzierung konkret, dass Kreditnehmenden Vorzugskonditionen gewährt werden, sofern sie nachweisen können, dass die finanzierte Immobilie bestimmte Umweltstandards erfüllt. Dabei wird zwischen der Finanzierung nachhaltiger Gebäude, sogenannten grünen Hypotheken, und der Finanzierung von spezifischen Renovationsprojekten mit klimarelevanter Wirkung, sogenannten grünen Renovationskrediten, unterschieden. Den Anreiz, sich für eine grüne Immobilienfinanzierung zu entscheiden, schaffen die untersuchten Banken mehrheitlich mit Zinsabschlägen. Die Produktelandschaft Schweizer Banken hinsichtlich spezieller Konditionen für nachhaltige Hypothekarfinanzierungen ist vielfältig. Die heterogene Namensgebung der Banken spiegelt die schwere Vergleichbarkeit der nachhaltigen Hypothekarprodukten auf dem Schweizer Finanzierungsmarkt von Immobilien wider.
In der folgenden Grafik zeigen wir die durchschnittliche grüne Hypothek im Vergleich mit dem durchschnittlichen grünen Renovationskredit im Angebot der 26 Banken:
Grüne Hypothek | Grüner Renovationskredit | |
Kreditart | Festzinshypothek | Festzinskredit |
Zinsreduktion (Durchschnitt) | 0.38 Prozentpunkte | 0.32 Prozentpunkte |
Zinsreduktion (Median) | 0.30 Prozentpunkte | 0.40 Prozentpunkte |
Höchstlaufzeit (Durchschnitt) | 8.5 Jahre | 9 Jahre |
Höchstlaufzeit (Median) | 10 Jahre | 10 Jahre |
Maximalbetrag (Durchschnitt) | CHF 946’000.00 | CHF 554’000.00 |
Maximalbetrag (Median) | CHF 750’000.00 | CHF 250’000.00 |
Kreditbedingung (Messinstrument) | Minergie Baustandard | Heizungsersatz, Solaranlage oder Photovoltaik |
Tabelle 1: Durchschnittliche grüne Hypothek und grüner Renovationskredit am Schweizer Markt
Nachhaltige Unternehmensfinanzierung
Nachhaltige Unternehmensfinanzierungen, welche nicht hypothekarisch gedeckt sind, haben sich zwar ebenfalls entwickelt, stecken im Vergleich zur nachhaltigen Immobilienfinanzierung jedoch noch in den Kinderschuhen.
Grössere Unternehmen können sich bei Bedarf an einem hohen Finanzierungsvolumen mit einem Konsortialkredit durch mehrere Banken finanzieren lassen. Zudem nutzen rund 10 Prozent der Schweizer KMU Bankkredite mit fixem Betrag und 23 Prozent Kontokorrentkredite, welche nicht hypothekarisch gesichert sind.[6] Für nachhaltige Vorhaben wurden in den letzten Jahren insbesondere zwei Finanzierungsprodukte relevant: Sustainability-Linked Loans sowie Green, Social und Sustainability Loans.
Bei Sustainability-Linked Loans (SLL) ist die Kreditverzinsung zusätzlich an vordefinierte Nachhaltigkeitsziele gekoppelt. Die Kreditgeber:in und die Kreditnehmer:in vereinbaren bei Vertragsabschluss Nachhaltigkeitsziele, welche mit konkreten Kennzahlen gemessen werden. Bei Erreichen der definierten Nachhaltigkeitsziele verringert sich die Kreditmarge um den definierten Prozentsatz. Falls das finanzierte Unternehmen die Ziele nicht erreicht, wird der Zinsabschlag nicht gewährt oder der Zinssatz erhöht. Die Verwendung der Kreditmittel ist an keine Vorgaben gebunden. Im Gegensatz zu einem SLL ist ein Green, Social oder Sustainable Loan (GSSL) an ein explizites Projekt gebunden und die Kreditmittel können ausschliesslich für die Finanzierung dieses Projekts verwendet werden. Das kreditnehmende Unternehmen muss ausführliche und präzise Angaben zum nachhaltigen Nutzen des Projektes machen.
Finanzinstitute in der Schweiz bieten auf ihren Webseiten SLL und GSSL äusserst zurückhaltend an. Ende Mai 2023 haben lediglich die Basler Kantonalbank, Zürcher Kantonalbank sowie die Credit Suisse die Möglichkeit zur Finanzierung über SLL sowie die Basler Kantonalbank und die Credit Suisse die Möglichkeit zur Finanzierung über GSSL aktiv auf der Webseite angeboten. Offizielle Angaben zu den konkreten Kreditkonditionen gibt keine der Banken.
Die Entwicklung von SLL-Konsortialkredit für Schweizer Unternehmen seit 2017 bestätigt jedoch, dass im Bereich der Konsortialkredite bereits einige Schweizer Unternehmen finanziert wurden.

Abbildung 1: Kreditvolumen und Kreditfazilitäten Schweizer Sustainability-Linked Loans als Konsortialkredite von 2017 bis 2022[7]
Gespräche mit Banken bestätigen, dass bereits viele Schweizer Banken in SLL-Konsortialkredite involviert waren, auch wenn nur wenige die Konsortialführung übernommen haben.
Und was sind eigentlich die Marktbedürfnisse?
Für die Analyse der Marktbedürfnisse von nachhaltigen Immobilienfinanzierungen haben wir einen Datensatz aus öffentlich zugänglichen Daten erstellt und ausgewertet. Für die Analyse der Marktbedürfnisse von nachhaltigen Unternehmensfinanzierungen haben wir Unternehmen und Expert:innen interviewt.
Nachhaltige Immobilienfinanzierung
Grüne Hypotheken legen hauptsächlich den Fokus auf die Energieeffizienz von Gebäuden und decken daher nicht alle Aspekte der Nachhaltigkeit gleichermassen ab. Einige wichtige Dimensionen werden im Bewertungsprozess nicht ausreichend berücksichtigt. Dazu gehört die Nähe zu Infrastruktur, Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten, die zu einer Reduzierung des Individualverkehrs und einer verstärkten Nutzung des öffentlichen Verkehrs führen kann. Zudem gewinnt aufgrund des Raumplanungsgesetzes und der anhaltend hohen Nettozuwanderungszahlen der effiziente Landverbrauch zunehmend an Bedeutung.
Unsere Analyse zeigt, dass es erhebliches Potenzial für nachhaltige Produkte und gezielte Investitionen gibt. Ein speziell für diesen Zweck aufbereiteter Datensatz öffentlicher Daten steht auf Anfrage zur Verfügung (leonard.fister@hslu.ch). Mit Hilfe dieser Daten kann das bankeigene Hypothekarportfolio analysiert und Investitionen mit hoher Nachhaltigkeitswirkung identifiziert und priorisiert werden. Dies ermöglicht die Evaluation von Bedürfnissen auf dem eigenen Markt.
Nachhaltige Unternehmensfinanzierung
Die hohen Kreditvolumina pro Kreditfazilität kombiniert mit der ohnehin schon umfangreichen Nachhaltigkeitsberichtserstattung von Grossfirmen, ermöglicht es den Unternehmen, ein gutes Kosten-Nutzenverhältnis zu erlangen. Die Markterweiterung von SLL und Green Loans zu KMUs stellt noch immer eine grosse Herausforderung dar, da das aktuelle Angebot kaum die Bedürfnisse der KMU abdeckt. Die meisten der befragten KMU bringen Nachhaltigkeit mit Kosten in Verbindung und nicht mit zusätzlichen Einnahmen. Der von KMU wahrgenommene Nutzen resultiert aktuell primär aufgrund des gewährten Zinsabschlages. Sie würden sich allerdings wünschen, sich vermehrt mit anderen KMU oder Expert:innen zu spezifischen Nachhaltigkeitsthemen und Best Practice auszutauschen. Das Netzwerk der Bank wäre dafür ideal und so könnte der Nutzen durch nicht-finanzielle Aspekte erhöht werden. Die Kosten für KMU (und Banken) bei nachhaltigen Finanzierungen entstehen hauptsächlich durch den zusätzlichen Aufwand der Berichterstattung. Um dem Bedürfnis tiefer Kosten nachzukommen, sollten für SLL einfach messbare KPI und für Green, Social und Sustainability Loans gängige Nachhaltigkeitsprojekte gewählt werden, die ohne grossen Aufwand erhoben und rapportiert werden können.
Fazit
Aufgrund des hohen Hypothekarvolumens kann durch gezielte Finanzierungen eine grosse Nachhaltigkeitswirkung erlangt werden. Öffentliche Daten ermöglichen die Priorisierung und Evaluation der Investitionsmöglichkeiten für Portfolios, Einzelobjekte und Standorte hinsichtlich der wichtigsten Nachhaltigkeitsdimensionen CO2-Ausstoss, Lage und Landnutzung.
Für nachhaltige Unternehmensfinanzierungen ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis derzeit sowohl für Banken als auch für KMU noch nicht zufriedenstellend. Der Zinsabschlag auf die Finanzierung ist aufgrund der in der Regel tiefen Kreditvolumen, in absoluten Zahlen gerechnet, tief und deckt kaum die Kosten, welche in Form zusätzlichen Aufwandes einer nachhaltigen Finanzierung anfallen. Erst mit gezielten Massnahmen zu einerseits der Nutzenmaximierung und andererseits der Kostenreduzierung können Sustainability-Linked Loans und Green, Social und Sustainable Loans massentauglich gemacht werden.
Sustainable Lending wird sowohl Unternehmen als auch Finanzinstitute weiterhin intensiv beschäftigen. Unternehmen und Finanzinstitute müssen ihre Strategien und Produkte kontinuierlich anpassen, um den Anforderungen einer nachhaltigeren Zukunft gerecht zu werden. Nachhaltige Finanzierungslösungen werden unweigerlich eine zunehmend wichtige Rolle in der Wirtschaft einnehmen und weitere Entwicklungen sind zu erwarten.
Wir möchten diese Untersuchung jährlich durchführen, damit wir die Entwicklungen von Sustainable Lending am Schweizer Markt weiterhin beobachten und und die Studie bedürfnisorientiert gestalten können. Gerne nehmen wir hierfür Feedback und Ideen für weitere Vertiefungsschwerpunkte entgegen (nadine.berchtold@hslu.ch).
Download
Die Studie können Sie hier herunterladen. Für Fragen wenden sie sich direkt an das Autor:innen Team.
[1] Bundesrat, 2021
[2] Basis BIP 2022 (CHF 771 Mrd.)
[3] SBVg & BCG, 2021
[4] Bundesrat, 2022
[5] Webseite, Geschäftsberichte und Nachhaltigkeitsberichte
[6] Dietrich et al., 2021
[7] Schiereck & Pohl, 2023; basierend auf Refinitiv
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26. Juni 2023
Digitales Beratungserlebnis für KMU bei der ZKB – bisherige Erfahrungen
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Bankenbranche sucht weiterhin nach neuen Wegen, um ihren Kundinnen und Kunden das bestmögliche Beratungserlebnis zu bieten. Bisher konzentrierten sich digitale Beratungslösungen vor allem auf Privatkunden. Nun haben erste Banken wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ein auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausgerichtetes digitales Beratungsinstrument eingeführt. Dadurch soll nicht nur die Kundenbetreuung verbessert, sondern auch die Effizienz gesteigert und das Kundenverständnis verbessert werden. In diesem Artikel analysiere ich das Beratungstool der ZKB und teile erste Erfahrungen.
Beratungsgespräche mit privaten Kundinnen und Kunden werden von vielen Banken bereits seit längerer Zeit mit der Hilfe von digitalen Hilfsmitteln durchgeführt. Auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat seit 2016 für Private Kundinnen und Kunden eine Toolbox mit verschiedenen digitalen Hilfsmitteln im Einsatz (siehe meine Blogs zu den Themen Hypothekarberatung, Pensionierungsplaner oder zum Thema der Erbschaftsberatung).
Seit dem letzten Sommer wird ein «digitales Beratungserlebnis» für die ZKB-Unternehmenskunden angeboten. Das Tool wurde dabei komplett eigenentwickelt.
Die Grundidee hinter der Beratungslösung besteht darin, dass ein umfassendes Verständnis des Geschäftsmodells – angelehnt an die Logik des Business Model Canvas – der Unternehmenskunden die Grundlage für einen strategischen und zielgerichteten Dialog bildet. In einem systematischen Prozess werden die verschiedenen Aspekte gemeinsam mit dem Unternehmen erarbeitet. Dadurch sollen auch relevante Handlungsfelder für das Unternehmen erkannt werden.
Aus Sicht der Bank hilft eine gute Informationsgrundlage, die Unternehmenskunden besser zu verstehen und dadurch auch möglichst massgeschneiderte Lösungen anbieten zu können.
Das Beratungstool
Im Rahmen des geplanten strategischen Dialogs zwischen KMU und Bank wird als erstes eine ausführliche Ist-Analyse vom Unternehmen (Unternehmenssituation, Geschäftsmodell; «Mensch und Unternehmen»; siehe Abbildung 1) durchgeführt. Als zweites soll aufgezeigt werden, welche Ereignisse für den Firmeninhaber und auch das Unternehmen künftig relevant sein könnten (Beispiele: Wachstumspläne, Immobilienkäufe respektive Verkäufe, Nachfolgeplanung). Schliesslich kann auch die finanzielle Situation beleuchtet werden.

Abbildung 1: Aufnahme verschiedener Daten, um das Geschäftsmodell des KMU besser zu verstehen
Diese via Tool erhobenen Informationen helfen der Bank und dem Unternehmen, das Geschäftsmodell systematisch und möglichst ganzheitlich zu analysieren. Die Bank erhält dadurch relevante Informationen zur Positionierung des Unternehmens. Beispielsweise wird eruiert, welche Produkte und Dienstleistungen das KMU an welche Art von Kunden (regional, national, international) in welchen Währungen verkauft. Auch wird erfasst, welche Themen derzeit für den Unternehmer im Mittelpunkt stehen. Des Weiteren werden Angaben zu den wichtigsten Lieferanten, den Beteiligten oder den Schlüsselpersonen des KMU diskutiert. Tätigt das Unternehmen Geschäfte in Fremdwährungen, werden logischerweise auch Themen wie Währungsrisiken oder Akkreditiv-Geschäfte relevant(er).
Zusätzlich sind diese Angaben auch aus Sicht des Risiko Managements interessant, da gewisse Aspekte für das Rating relevant sind (dies steht zumindest derzeit aber nicht im Fokus). Im Gegensatz zum klassischen «KMU-Beratungsgespräch» werden die Bilanz oder die Erfolgsrechnung im Rahmen dieses Austauschs nicht erfasst.
In einem zweiten Schritt können die Unternehmen auch einzelne Themen vertieft anschauen. Wie Abbildung 2 aufzeigt, gibt es verschiedene Module wie «Finanzieren», «Nachfolge», «Vorsorge» oder «Anlegen», über die das KMU mit dem Bankberater respektive der Bankberaterin sprechen kann.

Abbildung 2: Beratungsmodule für KMU
Bei meinem Treffen bei der ZKB habe ich verschiedenen Module genauer angeschaut. Dabei habe ich festgestellt, dass einige Module bereits ziemlich fortgeschritten sind und auch interaktive Elemente enthalten. Andere Module hingegen sind im Moment eher wie digitalisierte Präsentationsfolien aufgebaut, auf denen beispielsweise die Vor- und Nachteile einer Lösung aufgeführt sind. Die Beratungsprozesse sind entsprechend in meinen Augen noch nicht überall optimal entwickelt. Die digitale Toolbox soll aber in den nächsten Monaten schrittweise weiterentwickelt und die Prozesse durchgängiger gemacht werden.
Es ist wichtig, dass der Kundenberater oder die Kundenberaterin das Gespräch im CRM vorbereiten kann. Dafür erfolgt ein Upload der relevanten Daten in das System, um während des Gesprächs darauf zugreifen zu können. Nachdem das Gespräch abgeschlossen ist, werden die Daten wieder ins CRM zurückgespielt. Im Anschluss daran erhält die Kundschaft eine Zusammenfassung der Besprechung als PDF-Datei im E-Banking-Postfach.
Erste Erfahrungen
Die ZKB hat die digitale Beratungsunterstützung im Sommer 2022 eingeführt. Erste Erfahrungen sind gemäss der ZKB wie folgt:
- Bisher wurden sowohl sehr kleine als auch grössere Unternehmen mit dem Tool beraten (1 Mitarbeiter vs. 280 Mitarbeitende)
- Über 80 Prozent der Unternehmen, die durch das Tool bisher begleitet wurden, hatten zwischen 1 und 20 Mitarbeitenden. Etwa 10 Prozent hatten 20-50 Mitarbeitende. Nur gerade 1 Prozent der Gespräche fanden mit Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden statt. Ich hatte erwartet, dass das Instrument hauptsächlich in Gesprächen mit grösseren KMUs verwendet wird. Den Nutzen für kleine Unternehmen mit oftmals einfacheren Geschäftsmodellen sah ich weniger. Gerade diese aber schätzen gemäss Angaben der Bank den strategischen Dialog besonders.
- Durchschnittlich betrug die Verweildauer im Beratungsmodul „Ihr Unternehmen“ (Erfassen von Unternehmenssituation, Zukunftsthemen, Ereignisse) rund 24 Minuten.
- Gemäss Angaben der ZKB haben die Kundinnen und Kunden positiv darauf reagiert, da sie durch das strukturierte Gespräch einen ziemlich umfassenden Überblick über ihr Unternehmen und wertvolle Impulse für mögliche Handlungsfelder erhalten haben.
- Kundenbetreuende empfinden das Tool als moderner als die vorhergehenden, weitgehend statischen Hilfsmittel (z.B. Powerpoint Folien). Die Vorbereitung von Folgeprozessen oder -gesprächen wird durch das Tool unterstützt. Gleichzeitig wird die Phase „Gesprächsvorbereitung“ durch eine vorgängige Erfassung der bereits bekannten Unternehmensinformationen zwar fundierter, jedoch in der Dauer verlängert.
- Die kundenseitig am häufigsten gesuchten Zukunftsthemen sind (in dieser Reihenfolge) dieNachfolgeregelung, das Wachstum (neuer Standort, neue Mitarbeitende, neues Produkt, neuer Markt), die Branchenentwicklung, die Liquidität und die Digitalisierung.
Fazit
Das oben vorgestellte digitale Beratungstool für KMU ist keine bahnbrechende Innovation, stellt aber einen wichtigen Schritt in Richtung eines digital unterstützten und durchgängigeren Beratungsprozesses und eines verbesserten Beratungserlebnisses für KMU dar.
Den Ansatz der ZKB halte ich für einen gelungenen Mix aus Beratung und Lösungen. Durch die Nutzung dieses Instruments kann ein strategischer Dialog auf Augenhöhe stattfinden und es werden vielfältige Aspekte des KMU mittels eines strukturierten Vorgehens berücksichtigt. Insbesondere der Bereich „Ihr Unternehmen“ ist dabei ein wichtiger Bestandteil des Beratungsprozesses. Somit passt die Lösung gut zur Betreuungsphilosophie der ZKB, die auf eine «lebensnahe Beratung» abzielt.
Derzeit ist das Tool aus meiner Sicht noch nicht in allen Aspekten ausgereift. Beispielsweise sollten einzelne Beratungsbausteine künftig interaktiver gestaltet werden und die erfassten Informationen sollten vollständig und nahtlos über verschiedene Banksysteme hinweg bereitgestellt werden können. Insbesondere die Nutzung der Informationen für andere Prozesse (z.B. für Finanzierungen, Kreditrating) wäre aus meiner Sicht sehr sinnvoll, ist derzeit aber noch nicht umgesetzt. Des Weiteren könnten zusätzliche Dienstleistungen wie zum Beispiel ein Liquiditätsplanungs-Tool integriert werden. Diese und weitere Aspekte können aber natürlich im weiteren Verlauf der Entwicklungen berücksichtigt werden.
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21. Juni 2023
Trends im digitalen Anlegen und in der digitalen Vorsorge in der Schweiz
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Tatiana Agnesens und Prof. Dr. Anina Hille
Im Auftrag von Raiffeisen Schweiz und Vontobel hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) zum zweiten Mal die Stimmungslage der Schweizer Bevölkerung zu digitalen Anlage- und Vorsorgelösungen erhoben. Seit der Erstdurchführung 2020 hat sich einiges verändert – in Bezug auf Nachfrage wie auch Angebot. Der heutige Blog-Artikel fasst wichtige Erkenntnisse und Trends der heute veröffentlichten Studie «Digitales Anlagen und Vorsorgen in der Schweiz: Trends, Bedürfnisse und Produkteigenschaften» zusammen. Der Fokus liegt dabei auf der Nachfrageseite.
Wie hat sich der Schweizer Markt für digitale Anlage- und Vorsorgelösungen entwickelt?
Der IFZ Blog vom 13. Juni 2022 hat über die dynamische Entwicklung des Schweizer Markts ausführlich berichtet. Die Anzahl digitaler Lösungen in der Schweiz hat sich seit 2020 mehr als verdoppelt und die einzelnen Modelle und die Lösungen werden zunehmend sophistizierter. Es kann auch festgestellt werden, dass der Übergang zwischen Robo-Advisory Lösungen und der digital unterstützten, klassischen Vermögensverwaltung zunehmend fliessend ist. Viele Lösungen verfolgen einen hybriden Ansatz ..Besonders viel Momentum wird aktuell im digitalen Vorsorgemarkt beobachtet.
Welche Rolle spielen klassische Banken im Schweizer Markt für digitale Anlage- und Vorsorgelösungen?
Die Resultate der Umfrage deuten darauf hin, dass klassische Banken noch immer die zentrale Anlaufstelle für Schweizer Kundschaft darstellen und die etablierten Hausbanken – im Bereich der (digitalen) Vermögensverwaltung – weiterhin eine zentrale Rolle spielen.
Unter den existierenden digitalen Anlagelösungen sind die Lösungen etablierter Finanzdienstleister am bekanntesten. Unter den zehn bekanntesten digitalen Anlagelösungen findet sich nur gerade ein Start-up. Die anderen Angebote sind allesamt Produkte etablierter Finanzdienstleister. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bezüglich Bekanntheit existierender digitaler Vorsorgelösungen ab.
Wie vertraut ist die Bevölkerung mit digitalen Angeboten?
Die Bekanntheit digitaler Anlage- und Vorsorgelösungen sowie die Nutzung digitaler Lösungen ist gegenüber 2020 deutlich gestiegen. Nur noch 28% aller 1’027 befragten Personen (und 20% der Investierenden) geben aktuell an, von digitalen Angeboten noch nie gehört zu haben.

Abbildung 1: Vertrautheit mit digitalen Angeboten (Wie vertraut sind Sie mit digitalen Anlage- und Vorsorgelösungen?)
Konsistent mit 2020 deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Personen in der Westschweiz digitale Lösungen tendenziell weniger gut kennen als Personen in der Deutschschweiz oder im Tessin. Zudem scheint das Finanzvermögen ein wichtigerer Faktor für gute Kenntnisse zu digitalen Angeboten zu sein: Je höher das Vermögen, desto höher die Vertrautheit. Die Resultate suggerieren, dass Frauen und Personen aus der Generation Y ihre Kenntnisse in Bezug auf digitale Lösungen gegenüber 2020 besonders erhöht haben. Der Anteil an Frauen, die noch nie von solchen Angeboten gehört haben, ist von 46% im Jahr 2020 auf 33% im Jahr 2022 gesunken. Allerdings sind Frauen gesamthaft weiterhin weniger vertraut mit digitalen Angeboten als Männer.
Wer sind potenzielle Nutzende von digitalen Lösungen und welche Anbieter sind für sie am attraktivsten?
Aktuell können sich 41% der Befragten grundsätzlich vorstellen, digitale Anlage- und/oder Vorsorgeprodukte zu nutzen (sogenannte «potenzielle Nutzende»). Die Umfrageergebnisse suggerieren, dass solche Personen tendenziell eher jüngere und männliche Personen aus der Deutschschweiz sind, sowie Personen, die bereits investieren. Die grosse Mehrheit (68%) der potenziellen Nutzenden kann sich vorstellen, sowohl digitale Anlage- wie auch digitale Vorsorgelösungen zu nutzen.

Abbildung 2: Potenzielle Nutzende von digitalen Lösungen (Können Sie sich grundsätzlich vorstellen, digitale Anlage- bzw. Vorsorgelösungen zu nutzen?)
62% von ihnen erachten es als eher wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich, künftig digital bei ihrer Hausbank zu investieren. FinTech und BigTech Unternehmen scheinen dagegen aktuell noch weniger attraktiv.

Abbildung 3: Typ des präferierten Finanzdienstleisters von potenziellen Nutzenden (Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie künftig bei folgenden Partnern digital investieren werden?)
Was spricht gegen die Nutzung von digitalen Anlagelösungen?
Rund 40% der Befragten können sich keine Nutzung digitaler Anlage- und Vorsorgelösungen vorstellen. Der wichtigste Grund hierfür ist die Bevorzugung persönlicher Beratung. Der Wunsch nach Beratungsunterstützung ist auch unter den potenziellen Nutzenden digitaler Angebote sehr stark ausgeprägt. Die Ergebnisse suggerieren, dass der hybride Ansatz, bei dem ein digitaler Anlageprozess mit einer persönlichen Anlageberatung kombiniert wird, deshalb sehr attraktiv ist. In einem kommenden Blogbeitrag werden wir vertieft auf das Thema Beratungsunterstützung eingehen.
Blick in die Zukunft: Weiteres Wachstum insbesondere bei der digitalen Vorsorge
Zwar liegen die bisherigen Volumenentwicklungen beim digitalen Anlegen in der Schweiz hinter den Erwartungen vieler Marktteilnehmenden. Ausländische Märkte wie Grossbritannien oder die USA weisen – bei allerdings viel grösseren Märkten – deutlich höhere Volumen- und auch Wachstumszahlen aus. Durch die zunehmende Angebotsvielfalt, die weiterhin hohen Marketing-Anstrengungen, den (erwarteten) Einstieg grosser Marktteilnehmer mit einer grossen Kundenbasis und die zunehmenden Produktkenntnisse erwarten wir aber, dass sich dieser Markt in den nächsten Jahren schneller entwickeln wird als in der Vergangenheit. Bei Betrachtung des gesamten Anlagevolumens wird der Markt aber mittelfristig in einer weiterhin (wachsenden) Nische bleiben.
Bei der privaten Vorsorge erwarten wir eine Entwicklung, die mit Hilfe digitaler Lösungen weiter an Fahrt gewinnen dürfte. Dies, weil digitale Lösungen gleichzeitig hoch standardisierte und auch individualisierbare Lösungen zu kostengünstigeren Preisen ermöglichen. Da das Produkt aus Kundensicht nicht komplex ist, können sich viele Schweizerinnen und Schweizern vorstellen, einen Teil des Vorsorgegeldes künftig digital anzulegen – vor allem dann, wenn ihre Hausbank entsprechende Lösungen anbietet. Wie unsere Analyse aufzeigt, haben sich auch Angebote im Bereich der digitalen Vorsorgelösungen in den vergangenen zwei Jahre stark entwickelt.
Fazit:
Zusammenfassend lässt sich beobachten, dass die Vertrautheit mit digitalen Angeboten gestiegen ist. Das Wachstumspotenzial, insbesondere für hybride Modelle, scheint entsprechend gross. Klassische Banken und die Hausbank bleiben weiterhin die zentrale Anlaufstelle für die Schweizer Kundschaft, auch bei digitalen Anlage- und Vorsorgelösungen. Der Aspekt einer unterstützenden Beratung scheint zentral. In einem späteren Blog-Artikel werden wir diesen Aspekt weiter vertiefen und auch auf die Bedürfnisse von potenziellen Nutzenden von digitaler Anlagelösungen eingehen.
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12. Juni 2023
Rückblick auf die Konferenz Innovationen im Banking 2023
Bei der diesjährigen Konferenz „Innovationen im Banking“ am IFZ haben wir mit rund 120 Gästen und 10 Referentinnen und Referenten spannende Entwicklungen im Schweizer (und Deutschen) Bankenmarkt diskutiert. Die Konferenz konzentrierte sich auf die Themen Open Banking, Metaverse und Touchpoints. Dazu wurde die digitalste Retailbank im Privatkundengeschäft ausgezeichnet. In unserem heutigen Blog fassen wir die wichtigsten Aussagen zusammen.

Abbildung 1: Impressionen der Konferenz
Begrüssung und Vorstellung der Studie «Die digitalsten Retailbanken der Schweiz»
Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ der Hochschule Luzern
- Andreas Dietrich stellt die Studie «Die digitalsten Retailbanken der Schweiz» vor, welche die Hochschule Luzern in Kooperation mit e.foresight erstellt hat. Eine Zusammenfassung der Studie finden Sie hier.
Open Banking in der Schweiz
Sven Siat, SIX (Product Lead bLink)
- Der Bundesrat beauftragte Ende 2022 das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) damit, Massnahmen im Bereich Open Banking zu erarbeiten, falls die Finanzbranche ihre Schnittstellen gegenüber Endkunden nicht ausreichend öffnet. Als erste Reaktion (auch darauf) haben nun mehr als 20 Banken kommuniziert, das Thema Multibanking für Privatkunden anzugehen.
- Neben diesem Multibanking Case für Retail Kundinnen und Kunden sieht Siat weitere vielversprechende Initiativen, welche möglicherweise bereits ab 2024 weitere APIs und Anwendungsfälle generieren könnten:
- Künftig soll es möglich sein, auch KMU-Offline-Buchhaltungssoftwares an bLink anzuschliessen. Viele Schweizer KMU verwenden noch solche ältere Buchhaltungsprogramme.
- Auch das Thema Tax API ist ein wichtiges Thema. Können wir künftig per Knopfdruck alle Finanzdaten direkt in die Steuererklärung integrieren?
- Bisher noch nicht optimal gelöst sind die Informationen der Kartenindustrie. Hier laufen derzeit Projekte rund um das Thema «Card API».
- Der Fokus liegt in der Schweiz aktuell auf den Banken – die Öffnung soll aber auch in Richtung der anderen Finanzakteure gehen (Pensionskassen, Versicherungen). In diesem Bereich läuft derzeit noch sehr wenig.
Divizend – Digitale Quellensteuerrückerstattung für Retail-Anleger
Thomas Rappold, CEO Divizend Suisse GmbH
- Divizend hilft, auf digitalem Weg Quellensteuern zurückzuerstatten. Viele private und teilweise auch institutionelle Investoren fordern diese aufgrund der Komplexität und des Aufwands nicht zurück, obwohl sie Anrecht darauf haben (komplizierte Formulare, verschiedene Regeln, je nach Land, etc.). Dies reduziert die Rendite auf ausländischen Wertpapieren.
- Bei Divizend können Privatkunden im Selbstservice und mit einem stark digitalisierten Prozess die Quellensteuer zurückholen. Als Gebühr verlangt das Startup bei Privatkunden eine Gebühr von 17.5%.
- Die Plattform hat im ersten Jahr bereits über 5’000 B2C Kunden. Zukünftig sollen das Modell aber zusätzlich auch im Bereich B2B2C eingesetzt werden können.
Digitaler Bank-Shop: Digital Twin einer Bankfiliale und Zukunftsmodell von Finance
Axel Schardt, Leiter Vertriebskanal-Management, Degussa Bank
Andrea Buchholz, Project Manager, Degussa Bank
- Degussa ist eine Universalbank aus Deutschland, welche das Retail Banking zusammen mit grossen Unternehmen (z.B. aus der Industrie) an deren Standorten mit physischen Filialen betreibt. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Filialen vor Ort jedoch stark zurückgegangen, von ursprünglich 300 auf etwa 60. Als Alternative hat Degussa eine digitale Bankfiliale aufgebaut. Die Degussa Version ist hier zu sehen. Für die Partnerunternehmen sind diese jeweils im Design der entsprechenden Unternehmen gehalten. Im Moment betreibt Degussa 85 solche verschieden «gebrandeten» Online-Filialen.
- Seit der Lancierung im Sommer 2021 wurden die digitalen Filialen von der Kundschaft stark genutzt. Degussa hatte durch ihre digitale Filiale etwa 174’000 Filial-Besuche sowie 10’400 Kundenkontakte (z.B. Terminbuchungen, Videotelefone, Telefone, Chats) generieren können. Die Conversion Rate (Abschlüsse) in der digitalen Welt ist gemäss Angaben der Referierenden etwas höher als in den physischen Filialen.
- Die virtuelle Bankfiliale von Degussa besteht aus mehreren Räumen, die sich auf zwei Etagen erstrecken und in denen man sich durch Navigation bewegen kann. Zusätzlich zur eigenen Nutzung vermietet Degussa auch Räume in den digitalen Filialen an verschiedene Unternehmen wie Reiseanbieter oder Kaffee-Röster. Dabei haben diese Unternehmen die Möglichkeit, die Räume nach ihren individuellen Vorstellungen zu gestalten, einschliesslich der Auswahl der Materialien und der Beleuchtung.
smile.meta Experience: Wie Versicherung erleb- und spürbar wird
Joséphine Chamoulaud, CMO smile-direct.com, Smile Versicherung
- Smile ist die grösste Online-Versicherung in der Schweiz und orientiert sich in vielerlei Hinsicht an anderen Branchen und deren Ideen. Es wurden bereits erfolgreich subscription-basierte Versicherungsmodelle, freemium Geschäftsmodelle (wie die kostenlose Shoppingversicherung) sowie kurze Kündigungsfristen getestet und eingeführt.
- Smile hat das Ziel, im Metaverse Erlebnisse für alle Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen. Dabei spricht das Unternehmen bewusst nicht nur Kunden und Kundinnen an, sondern alle interessierten Personen. Wichtig aus Sicht des Versicherers ist es auch, die Technologie im Metaverse zu erkunden und erste Erfahrungen damit zu sammeln.
- Smile hat im Metaverse einen Raum für virtuelle Beratungen sowie einen öffentlichen Bereich eingerichtet. Der Zugang zum Beratungsraum erfolgt nur auf Einladung. Derzeit werden im Metaverse nur etwa 1-3 Beratungsgespräche pro Woche durchgeführt. Dies bedeutet auch, dass der Vorbereitungsaufwand für die Kundenberaterinnen und Kundenberater bei Metaverse-Beratungen noch sehr hoch ist.
Chat GPT bei Helvetia
Nadine Sonderegger, Conversational Marketing Manager, Helvetia Versicherungen
- Helvetia hat kürzlich einen Chatbot eingeführt, der auf ChatGPT basiert. Erste Tests wurden Anfang März durchgeführt und Ende März 2023 wurde der Chatbot bereits offiziell gestartet.
- Im Rahmen dieser Einführung wurden alle Inhalte der Helvetia-Website in eine Vektordatenbank übertragen. Wenn eine Anfrage eingeht, wird diese über den Chatbot abgewickelt, wobei er auf den Informationen basiert, die zuvor auf der Website von Helvetia verfügbar waren.
- Zu Beginn gab es viele Kundinnen und Kunden, die die Grenzen des Chatbots ausloteten, indem sie sinnlose Fragen stellten oder Fragen stellten, die keinen Bezug zur Versicherung hatten. Inzwischen stellen jedoch auch viele Personen konkrete Fragen, wie zum Beispiel, wann es sich lohnt, eine Versicherungsdeckung abzuschliessen oder ob ein bestimmter Schaden von der Versicherung gedeckt ist. Ein Problem besteht darin, dass der Inhalt auf der Website nicht immer ausreichend als Grundlage für Antworten an die Kundinnen und Kunden dient.
Filiale as a service – neue Chancen im Retail Banking
Simon Treichler, Leiter Geschäftsentwicklung PostNetz
- Vor 19 Jahren gab es noch 2.500 Post-Filialen, während heute nur noch 772 existieren. Um das Netzwerk rentabel zu machen, verfolgt die Post die Strategie, die Filialen in Dienstleistungszentren umzuwandeln. Diese Dienstleistungszentren sind speziell für fünf strategische Partner geöffnet: Banken, Versicherungen, Krankenkassen, Gesundheitsdienstleister und Behörden (mehr dazu in meinem Blog-Artikel). Die Gebührenstruktur für diese Partner setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: einer Grundgebühr, einer Nutzungsgebühr (z.B. pro Fläche) und einer Transaktionsgebühr.
- Im Bankenbereich kooperiert die Post (neben PostFinance) mit der Hypothekarbank Lenzburg, der Cornèr Bank und der Migros Bank. Bis in fünf Jahren erwartet die Post eine zweistellige Anzahl von Bankenpartnern. Zum Vergleich: Die australische Post hat offenbar mehr als 90 Kooperationspartner in ihren Filialen.
- Die Erweiterung des Netzwerks beschränkt sich nicht nur auf analoge Elemente, sondern umfasst auch digitale Aspekte. Dies zeigt sich beispielsweise durch die Möglichkeit der Online-Terminbuchung und die Kombination aus persönlichen Beratungen vor Ort und Remote-Beratungen durch Experten.
Beratung – Made by LUKB
Adrian Lupart, Marktbereichsleiter Privat- und Gewerbekunden
Martin Erni, Senior Projektleiter
- Die Beratungsprozesse bei der Luzerner Kantonalbank waren bisher sehr unterschiedlich, ineffizienz und wenig digital. Das Ziel war es daher, einen harmonisierten und digitaleren Prozess über alle Kundensegmente hinweg zu definieren, damit auch die LUKB-Beratungsphilosophie überall gleich gelebt werden kann. Entsprechend ging es beim Projekt nicht nur um technische Fragen, sondern auch viel um Change-Management Aspekte.
- Im gesamten Prozess sind über 150 Mitarbeiter eingebunden, 1/3 davon sind Kundenberaterinnen und Kundenberater.
- Der präsentierte Beratungsansatz enthält einige bemerkenswerte Aspekte. Dazu gehört eine visuell dargestellte Beratungsreise, eine interaktive Agenda sowie integrierte Rechner und Services, beispielsweise zur Bewertung der Wohnlage einer Immobilie. Zudem werden die Ziele der Kunden in einer „Kundenübersicht“ erfasst, und es gibt einen Warenkorb, in dem ausgewählte Produkte gesammelt werden können. Um die gewünschte LUKB-Welt zu schaffen, wurde intensiv nach Lösungen gesucht und rund 40 verschiedene Optionen wurden geprüft. Dabei konnte aber keine „gute“ Lösung aus Sicht der Bank gefunden werden. Aus diesem Grund wurde das Angebot gemeinsam mit Partnern selber entwickelt.
PS: Am Dienstag, 4. Juli 2023 findet Online das Bancassurance Online Seminar statt. Weitere Informationen finden Sie hier.
PPS: Am Mittwoch, 23. August 2023 findet am IFZ die Sourcing Konferenz statt. Weitere Informationen finden Sie hier.
PPPS: Am Donnerstag, 23. November 2023 findet am IFZ die Retail Banking Konferenz statt. Weitere Informationen finden Sie hier.
Wir danken dem Sponsor der Konferenz:

Wir danken dem Partner der Konferenz:

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9. Juni 2023
Online-Seminar Bancassurance 2.0 – Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherern
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Florian Schreiber
Kooperationen zwischen UBS und Baloise Schweiz, Versicherungslösungen auf Twint oder die Bancassurance-Angebote von Smile – massgeblich getrieben durch die Digitalisierung und die dadurch veränderten Kundenansprüche schliessen die Schweizer Banken und Versicherer strategische Partnerschaften, um das Thema Bancassurance neu zu lancieren. Ziel ist es, die Customer Journey neu zu denken und sich somit einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werden wir am 4. Juli 2023 ein Online-Seminar Bancassurance durchführen. Lernen Sie an einem kompakten Halbtag spannende Use Cases und Best Practices aus dem In- und Ausland kennen.
«Wir sehen die endgültige Beerdigung von Bancassurance» lautete die Einschätzung des AXA-Vorstandsvorsitzenden Henri de Castries im Jahr 2008. Diese Einschätzung beruhte massgeblich auf den jüngsten Enttäuschungen der Marktteilnehmenden – sowohl auf Seiten der Banken als auch auf Seiten der Versicherer. Für beide Player hatten sich die mit dem Thema Bancassurance (damals noch «Allfinanz») hoch gesteckten Ziele nicht materialisiert: zu niedrige Renditen, zu unterschiedliche Kulturen und vor allen Dingen fehlendes Interesse auf Seiten der Kundinnen und Kunden.
Mittlerweile sind gut 15 Jahre vergangen und die rasant fortschreitende Digitalisierung bestimmt sowohl den geschäftlichen als auch den privaten Alltag. Insbesondere die veränderten Kundenansprüche könnten nun einen soliden Grundstein für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherern bieten. Getrieben durch digitale Marktführer unterschiedlicher Branchen sind die Kundinnen und Kunden es gewohnt, verschiedene Produkte und Services direkt aus einer Hand zu erhalten. Auch das Thema Open Finance könnte dem «One-Stop-Shop-Erlebnis» Auftrieb geben und die verschiedenen Finanzdienstleistungen näher zueinander bringen.
Die Banken wittern daher die Chance, neue Umsatzquellen zu erschliessen, wohingegen sich die Versicherer Zugriff auf die online-affine Kundschaft der Bank versprechen.
In unserem Online-Seminar Bancassurance 2.0 vertiefen wir die mit solchen Kooperationen verbundenen Chancen und Herausforderungen für Banken und Versicherer. Auf der einen Seite werden wir die wichtigsten Erkenntnisse aus einer jüngst unter 700 Schweizerinnen und Schweizern durchgeführten Umfrage präsentieren. Auf der anderen Seite beleuchten wir spannende Kooperationen aus dem Schweizer Markt und lassen den Blick anschliessend über den Tellerrand nach Belgien, Holland und Hongkong schweifen.
Das Programm gestaltet sich wie folgt (kleinere Anpassungen noch möglich):
Zeit | Thema | Referierende |
08:30 | Wollen Kundinnen und Kunden überhaupt Bancassurance? Die Resultate unserer Umfrage | Andreas Dietrich Florian Schreiber |
09:00 | InsurHub – die Versicherungsplattform auf TWINT | Stefan Sollberger |
09:30 | Kaffeepause | |
09:45 | UBS & Baloise Ecosystem Partnerschaft – Zusammen Aussergewöhnliches schaffen | Katja Perotto Philipp Marty |
10:15 | Mobile Bancassurance @Smile | Aniello Lena |
10:45 | Kaffeepause | |
11:00 | The various faces of bancassurance and the hybrid customer – the case of Belgium and the Netherlands | Xavier Bekaert |
11:30 | Bancassurance international: ein Blick über den Tellerrand | Stephan Nyfeler |
12:15 | Ende des Seminars | Andreas Dietrich Florian Schreiber |
Zur Anmeldung gelangen Sie hier.
Es würde uns freuen, Sie zum Seminar begrüssen und mit Ihnen aktuelle Entwicklungen im Bancassurance-Bereich diskutieren zu dürfen!
Kommentare
2 Kommentare
Frank Lange
9. Juni 2023
Sehr relevantes und wieder aktuelles Thema. Wenn es im innovative Lösungen gehen soll, fehlt mir in der Agenda allerdings das Model, welches die Postfinance und TONI Digital verfolgen: eine innovative digitale White-Label Lösung , welche über einen den starken Online-Kanal der Postfinance vertrieben wird.
andreasdietrich
9. Juni 2023
Danke für den Hinweis - das hatten wir nicht auf dem Radar.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
Kommentare
7 Kommentare
Phil
1. Oktober 2024
Danke für den Artikel, aber bitte aktualisieren, ist absolut veraltet. Und die Depotgebühren sind total überrissen!!! Das macht Neon einiges viel besser.
Bernhard D.
26. September 2023
Hmmm, wen interessiert denn wirklich so eine Bank? Jede Bank bietet mittlerweile ESG Produkte an - so innovativ kommt die Radicant Bank da nicht an - zumal sie teurer ist als im Vergleich. Mir düngt auch, sie wollen uns etwas "vorpredigen". Unter uns: Wer braucht so eine Bank?
Marco Müller
30. August 2023
Für eine digitale Lösung finde ich die Kosten für die Anlagelösungen deutlich zu hoch. Die Differenzierung zu anderen Lösungen sind höchstens minim. Die ESG- oder eben SGD-Daten bezieht man ja hauptsächlich bei ISS. Insofern fehlt mir auch hier ein effektives Differenzierungsmerkmal. Die Messung des eigenen CO2-Ausstosses ist dermassen "ungenau", dass er nicht hilfreich ist (es wird nicht unterschieden, ob ich argentinisches Rindsfilet oder lokales Gemüse kaufe). Die Bezeichnung "Evangelisten" ist sinnbildlich. Man will etwas "predigen". Ich glaube kaum, dass dies beim Publikum ankommt. Scheitern vorprogrammiert, zumal die Kosten mit den zahlreichen IT-Anbietern und Personal immens sind.
radicant bank ag
30. August 2023
Danke für Ihren Kommentar. Zu einigen Ihrer Punkte merken wir folgendes an: 1) «Kosten»: wir sind davon überzeugt, dass beim nachhaltigen Investieren eine aktive Anlagestrategie notwendig ist. Wir haben daher einen eigenen Research-Bereich und SDG-Rating-Prozess aufgebaut. Ausserdem beschäftigen wir erfahrene Portfoliomanager für die Selektion von Aktien und Anleihen aus unserem eigens definierten Anlageuniversum. Wir sind daher nicht abhängig von Drittanbietern, sondern entscheiden komplett eigenständig, in welche Unternehmen wir investieren. Andere Lösungen am Markt nutzen grösstenteils passive Produkte von Dritten 2) «SDG-Daten»: Wir beziehen Rohdaten von ISS und untersuchen die einzelnen Unternehmen nicht vor Ort. Wir machen unseren eigenen Research und der transparente SDG-Rating-Prozess ist eine radicant-Entwicklung. Dies sehen wir als klares Differenzierungsmerkmal im nachhaltigen digitalen Vermögensverwaltungsmarkt. 3) «CO2-Ausstoss»: richtig ist, dass unser CO2-Footprint-Tracker nicht so genau ist, dass ein einzelner Einkauf auf seine Bestandteile hin analysiert werden kann. Dies ist mit den vorhandenen Daten leider nicht möglich. Bei der Funktion geht es uns darum ein Bewusstsein für den alltäglichen Konsum und seine Wirkung zu schaffen. Sie können sich aber sicher sein, dass wir die aktuelle Lösung mit unseren Partnern weiterentwickeln.
Kapitalismus - Gefahr für die Natur?
28. August 2023
»Nachhaltigkeit« kommt etwa 16x mal vor. Wie kann der (Finanzmarkt)-Kapitalismus per se überhaupt nachhaltig sein?
Flavio C.
28. August 2023
Sie schreiben: Des Weiteren ist die Bank eine Kollaboration mit Google Cloud eingegangen. Die Daten werden entsprechend alle im Rechenzentrum von Google in Zürich gespeichert. 2021 hiess es aber auch: Radicant wählt Swisscom und Finnova (https://www.swisscom.ch/de/about/news/2021/07/06-radicant-swisscom-finova.html) - Wurde finnova/Swisscom durch google ersetzt? Oder ist das Kernbanken-System nach wie vor finnova, aber die App und das Frontend wurden "bei google" entwickelt und gehostet? Arbeitet die Bank mit beiden Firmen zusammen? Danke für eine Aufklärung!
radicant bank ag
28. August 2023
Ja, radicant bank ag arbeitet mit Swisscom / Finnova und Google Cloud Services. radicant bank ag nutzt Finnova als Kernbankensystem und speichert Daten nicht auf eigenen Servern (Hardware), sondern nutzt die Cloud-Services von Google und Swisscom (in Schweizer Rechenzentren verschlüsselt gespeichert). Auf die Daten kann nur radicant bank ag zugreifen. Das Frontend bzw. die App wurde von radicant selbst entwickelt und kann theoretisch auch mit einem anderen Cloud-Anbieter bzw. Kernbankensystem betrieben werden.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.