27. Januar 2025
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit beim Anlegen – und wer legt nachhaltig an?
Von Prof. Dr. Simon Amrein, Dr. Reto Rey und Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Finanzbranche befindet sich im Bereich der Nachhaltigkeit im Wandel. Neue Regulierungen fordern von Banken, die ESG-Präferenzen ihrer Kundschaft systematisch zu erheben. Unsere aktuelle Studie, basierend auf einer repräsentativen Umfrage mit über 3.000 Teilnehmenden in der Schweiz, liefert spannende Einblicke in die Interessen und Verhaltensweisen im Bereich nachhaltiger Investments. In diesem Blogbeitrag analysieren wir zentrale Ergebnisse, untersuchen die ESG-Präferenzen verschiedener demografischer Gruppen und zeigen auf, welche Teile der Bevölkerung bereits heute nachhaltige Anlagestrategien verfolgen.
Seit dem 1. Januar 2024 ist eine neue Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) in Kraft, welche die Banken verpflichtet, das Interesse ihrer Neukunden an Nachhaltigkeit bei Anlagen zu ermitteln. Seit dem 1. Januar 2025 muss dies auch bei Bestandeskunden geschehen. Die SBVg verwendet dafür den Begriff «ESG-Präferenzen».[1] ESG steht für Umwelt («Environmental»), Soziales («Social») und Unternehmensführung («Governance»). Im europäischen Raum ist der Begriff «Nachhaltigkeitspräferenz» gebräuchlich.
Sowohl in der Schweiz als auch der Europäischen Union (EU) müssen Banken sicherstellen, dass die ESG-Präferenzen der Kundschaft mit den ESG-Eigenschaften der angebotenen Anlageprodukte übereinstimmen. Dieser Abgleich – auch «Matching» genannt – ist entscheidend, um die Bedürfnisse der Kundschaft im Bereich Nachhaltigkeit zu erfüllen und Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden.
Vor dem Hintergrund dieser Regulierungsbemühungen stellt sich die Frage, wie hoch das Interesse der in der Schweiz wohnhaften Personen für nachhaltige Anlagen ist und wer (wissentlich) in nachaltige Anlagen investiert. Für die vorliegende Studie haben wir das Thema nachhaltiges Anlegen basierend auf einer repräsentativen Bevölkerungbefragung bei 3’017 in der Schweiz wohnhaften Personen analysiert.[2] Die vollständige Studie zu nachhaltigem Anlegen findet sich in der diesjährigen IFZ Retail Banking Studie. Nachfolgend gehen wir auf einige Aspekte der Studie ein.
Jede zweite Person legt in Wertschriften an
Abbildung 1 zeigt den Anteil der Personen, welche aktuell in Wertschriften anlegen oder dies ausschliesslich über die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) machen. In der Schweiz investieren aktuell 49 Prozent der befragten Personen in Wertschriften. Weitere 8 Prozent der befragten Personen halten zwar Wertschriften, jedoch ausschliesslich in der Säule 3a.
Der Anteil der Frauen, welche Wertschfiten halten, ist mit 41% deutlich tiefer als derjenige der Männer (58%). Des Weiteren sind in Bezug auf das Alter, die Sprachregion, das Bildungsniveau sowie die Vermögens- und Einkommenssituation klare Tendenzen ersichtlich. Ältere Menschen, Personen aus der Deutschschweiz, höher Gebildete sowie Menschen mit höherem Einkommen und Vermögen sind häufiger in Wertschriften investiert als andere Bevölkerungsgruppen.
In Abbildung 1 ist auch ersichtlich, dass Personen mit höherem Finanzwissen und einer grösserer Risikobereitschaft häufiger an den Finanzmärkten partizipieren als Personen mit tieferen Finanzkenntnissen und einer stärkeren Risikoaversion.[3]

43 Prozent sind an nachhaltigen Anlagen interessiert
Die Richtlinie der SBVg schreibt die Erhebung des Interesses an nachhaltigen Anlagen von aktuellen und potenziellen Kundinnen und Kunden bei Schweizer Banken vor. Die SBVg definiert dabei den Begriff der “ESG-Präferenzen” als «Präferenzen der Kundinnen und Kunden darüber, ob und gegebenenfalls welche ESG-Eigenschaften in ihre Anlagelösungen integriert werden sollen.» Seitens der SBVg gibt es aber keine konkreten Vorgaben, mit welchen Fragen dies erhoben werden soll. Die Selbstregulierung der Schweizer Banken sieht lediglich vor, dass Finanzdienstleister die ESG-Präferenzen ihrer Kundinnen und Kunden erfragen und sie danach entsprechend in bestimmte Gruppen einordnen (z. B. sehr interessiert, interessiert, neutral).[4] In der praktischen Umsetzung bei Banken finden sich denn auch verschiedene Ansätze, die von einfachen bis hin zu sehr detaillierten Erhebungen reichen.
Für die vorliegende Untersuchung haben wir die befragten Personen gebeten, ihre Zustimmung zur Aussage «Nachhaltiges Anlegen ist mir wichtig» anzugeben. Es standen fünf Antwortmöglichkeiten von «trifft überhaupt nicht zu» bis «trifft voll und ganz zu» sowie «weiss nicht / keine Angabe» zur Auswahl. Diese Skala kann gut in verschiedene Nachhaltigkeitsprofile übertragen werden, wie es in der SBVg-Richtlinie beschrieben wird. Die Antworten «trifft zu», «trifft eher zu» und «neutral» lassen sich beispielsweise den Kategorien «sehr interessiert», «interessiert» und «neutral» zuordnen.[5]
43 Prozent der befragten Personen sind gemäss eigenen Angaben am nachhaltigen Anlegen interessiert (“trifft voll und ganz zu”, “trifft eher zu”; vgl. Abbildung 2). Bei Anlegerinnen und Anlegern liegt dieser Wert bei 45 Prozent. Bei Personen, die nicht investieren, scheint das Thema etwas weniger wichtig zu sein (41%).
Zudem zeigt sich in der deskriptiven Auswertung, dass besonders die jüngste und die älteste Generation ein ausgeprägtes Interesse an Nachhaltigkeit zeigen. Die Generation X weist bei dieser Frage die tiefsten Zustimmungswerte aller Generationen aus.
Mit steigendem Einkommen nimmt die Präferenz für Nachhaltigkeit tendenziell ab. Ein ähnliches Muster zeigt sich auch in Bezug auf das Vermögen. Vermögendere Personen sind etwas weniger in nachhaltige Anlagen interessiert als Personen mit geringerem Vermögen.
Deutliche Unterschiede zeigen sich auch beim Wissen über die Nachhaltigkeit[6] und beim allgemeinen Finanzwissen.[7] Personen, welche sämtliche Fragen zum Thema Nachhaltigkeit («Sustainability Literacy») korrekt beantworten konnten, wiesen eine um 6 Prozentpunkte höhere ESG-Präferenz auf als Personen, welche null bis zwei (von drei) Antworten korrekt beantworteten. Im Bereich des allgemeinen Finanzwissens («Financial Literacy»), ist der Zusammenhang nicht so deutlich. Hier wurden insgesamt vier Fragen gestellt. Die höchste ESG-Präferenz haben Personen, welche zwei bis drei Fragen korrekt beantworten konnten. In dieser Personengruppe haben 47 Prozent eine ESG-Präferenz. Bei Personen, welche alle vier Fragen korrekt beantworteten, liegt die ESG-Präferenz etwas tiefer (44%).
Mit Blick auf die Bankbeziehung fällt auf, dass die Kundschaft von Regionalbanken (Hauptbankbeziehung) die tiefste ESG-Präferenz haben (37%). Danach folgen die Kundinnen und Kunden von UBS (sowie ehemals Credit Suisse, 40%). Die ESG-Präferenz der Kantonalbanken-, PostFinance-, und Raiffeisen-Kundschaft ist sehr ähnlich und liegt zwischen 44 und 45 Prozent.

37% aller Anlegerinnen und Anleger halten bereits wissentlich nachhaltige Anlagen
Abbildung 3 zeigt deskriptiv auf, wer wissentlich in nachhaltige Anlagen investiert. Insgesamt gaben 4 Prozent der Anlegerinnen und Anleger an, bereits aktuell ausschliesslich in nachhaltige Anlagen zu investieren. Bei Frauen ist dieser Anteil (auf noch tiefem Niveau) etwas höher. 5 Prozent der Anlegerinnen investieren derzeit ausschliesslich in nachhaltige Anlagen, derweil es bei den Anlegern 4 Prozent sind. In den jüngeren Generationen ist der Anteil an Anlegerinnen und Anlegern, welche ausschliesslich nachhaltig investieren, tendenziell höher. So investieren 6 Prozent der befragten Personen aus der Generation Z ausschliesslich nachhaltig, während dieser Anteil bei den Babyboomern lediglich 3 Prozent beträgt. Im Gegenzug ist aber bei den Babyboomern der Anteil der Personen, welche teilweise nachhaltig investieren, am höchsten (33% vs. 25% bei der Generation Z). Insgesammt legen 37% der befragten Anlegerinnen und Anleger teilweise oder ausschliesslich nachhaltig an.

Fazit
In der Schweiz legt jede zweite Person in Wertschriften an. 43 Prozent der befragten Personen geben an, Interesse an nachhaltigen Anlagen zu haben. Bei Anlegerinnen und Anlegern liegt der Anteil der an Nachhaltigkeit interessierten Personen leicht höher (45%). Interessanterweise scheint dieses Interesse bei vielen Anlegerinnen und Anlegern bereits in ihren Wertschriftenportfolios umgesetzt zu sein. So legt ein Drittel der in Wertschriften investierten Personen zumindest teilweise nachhaltig an. Zudem geben weitere 4 Prozent der Anlegerinnen und Anleger an, ausschliesslich nachhaltig zu investieren.
Wir gehen davon aus, dass der Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger durch die systematische Erhebung der ESG-Präferenz der Banken und dem entsprechenden Matching in den nächsten Jahren steigen wird. Die «Lücke» zwischen der ESG-Präferenz und dem Anteil der Anlegerinnen und Anleger, welche nachhaltig anlegen, dürfte sich somit reduzieren. Gleichzeitig muss aber festgehalten werden, dass viele Personen vielleicht auch gar nicht wissen, dass sie nachhaltig anlegen. Dies dürfte insbesondere der Fall bei Kundinnen und Kunden von Banken sein, welche ausschliesslich nachhaltige Produkte vertreiben, dies aber nicht besonders offensiv kommunizieren.
In einem weiteren Blog-Artikel zum Thema nachhaltiges Anlegen werden wir aufzeigen, wie Banken den Anteil an nachhaltigen Anlegerinnen und Anlegern gezielt erhöhen können.
Studienbestellung
Die Studie „Nachhaltiges Anlegen“ ist Teil der IFZ Retail Banking-Studie 2024. Die 240-seitige Retail Banking-Studie umfasst zahlreiche weitere Beiträge und kostet 290 Franken. Bestellungen per E-Mail an ifz@hslu.ch. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
[1] Schweizerischen Bankiervereinigung (2022). Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung.
[2] Die Studie basiert auf einer Befragung von insgesamt 3’017 in der Schweiz wohnhaften Personen zwischen 18 und 74 Jahren. Die Befragung wurde im Juli 2024 online durchgeführt. Die Umfrage ist in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung sowie die Sprachregion der befragten Personen für die Schweiz repräsentativ. Die Befragung erfolgte quotengesteuert, mit einer Überrepräsentation der italienischsprachigen Schweiz für die Sicherstellung von Mindestgrössen der einzelnen Teilstichproben. Sämtliche Auswertungen wurden danach gewichtet, um der Bevölkerungsverteilung zu entsprechen. Für die Darstellungen nach Alter wurden vier Gruppen gebildet: i) Generation Z (geb. 1997–2006 / 18–27 Jahre), ii) Generation Y (geb. 1981–1996 / 28–43 Jahre); iii) Generation X (geb. 1965–1980 / 44–59 Jahre), iv) Babyboomers (geb. 1948–1964 / 60–74 Jahre).
[3] Die Risikobereitschaft wurde mit der Frage «Welches Risiko würden Sie auf einer Skala von 1 (kein Risiko) bis 6 (hohes Risiko) mit Ihrem Finanzvermögen eingehen?» erhoben. Wer mit einem Wert von 4 oder höher antwortete, wurde als risikoavers eingestuft.
[4] Vgl. Art. 11 und 13, Schweizerische Bankiervereinigung (2022). Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung.
[5] Vgl. Art. 11, Schweizerische Bankiervereinigung (2022). Richtlinien für die Finanzdienstleister zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung.
[6] Das Nachhaltigkeitswissen wurde mittels zweier Fragen zu Nachhaltigkeit allgemein (Fragen zu den Pariser Klimazielen und Wissen zum Treibhauseffekt) sowie einer Frage zu nachhaltigem Anlegen (Frage zu Green Bonds) erhoben.
[7] Die Wissensfragen zum Finanzwissen orientierten sich an den sogenannten «Big 3» Fragen zu den Themen Inflation, Zinseszins und Diversifikation von Anlagen. Zudem haben wir eine weitere Frage ergänzt, bei welcher die befragten Personen die Renditepotenziale verschiedener Anlagetypen bewerten mussten. Für die «Big 3», siehe Global Financial Literacy Excellence Center (2024). The Big 3 and Big 5. Online (01.09.2024): https://gflec.org/education/questions-that-indicate-financial-literacy/
20. Januar 2025
Mehr Sicherheit im Export: Wie die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV Banken und KMU im Auslandsgeschäft stärken kann
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV ist für gewisse Unternehmen der Schweizer Exportwirtschaft ein wichtiger Akteur zur Absicherung gegen finanzielle und politische Risiken. Besonders in Märkten mit erhöhtem Risiko und bei langfristigen Exportverträgen bietet die SERV einen Schutz, den private Versicherungen in der Regel nicht abdecken können oder wollen. Auch für Banken eröffnet die SERV attraktive Möglichkeiten: Exportkredite können mit einem reduzierten Risiko vergeben werden. Im heutigen Blog stelle ich die SERV vor und zeige auf, warum das Angebot für KMU und finanzierende Banken nicht erst seit dem Wegfall der Credit Suisse interessant sein kann.
Bedeutung der SERV für die Schweizer Wirtschaft
Die Schweizer Exportwirtschaft ist stark auf den internationalen Handel angewiesen, trägt aber besonders in instabilen und eher risikoreichen Ländern oder bei längerfristigen Exportverträgen Risiken, die private Versicherungen in der Regel nicht abdecken können oder wollen. Daher bietet die SERV eine Palette an Versicherungen und Garantien an und schützt die Unternehmen dadurch vor finanziellen Verlusten durch Zahlungsausfälle oder sonstigen politischen und wirtschaftlichen Risiken. Sie entschädigt Exporteure und Banken, wenn ein Käufer im Ausland aufgrund wirtschaftlicher oder politischer Umstände nicht mehr zahlen kann oder will. Eine Übersicht über die zehn Länder mit dem höchsten Engagement findet sich in Abbildung 1.

Abbildung 1: 10 Länder mit dem höchsten Engagement (2022 vs. 2023; Quelle: SERV)
Um Exportunternehmen bei diesen Herausforderungen zu unterstützen, wurde die Vorgängerorganisation der SERV, die sogenannte Exportrisikogarantie (ERG), 1934 gegründet. Die ERG wurde dann im Jahr 2007 von der SERV abgelöst. Als öffentliche-rechtliche Anstalt des Bundes hat die SERV den gesetzlichen Auftrag, die internationale Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Exportwirtschaft zu fördern und Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern und zu schaffen.
Die SERV ist keine Schweizer Eigenheit. Vielmehr haben weltweit mehr als 80 Länder eine Exportkreditversicherung. Diese sind entweder staatlich oder halbstaatlich organisiert – und mit teilweise sehr unterschiedlichem Leistungsauftrag ausgestattet – oder auch ganz privat, ohne staatliche Unterstützung oder Mandat.
Bei den staatlichen oder halbstaatlichen Exportkreditversicherungen – auf Englisch sogenannte Export Credit Agencies (ECAs) – der OECD-Länder werden diverse Rahmenbedingungen auf Ebene der OECD geregelt, mit dem Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen für Exportkreditversicherungen von mehr als zwei Jahren zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise eine Begrenzung der maximalen Laufzeiten, Mindestzinssätze für Exportkredite, Rückzahlungsbedingungen, Umwelt- und Sozialstandards oder natürlich die Harmonisierung der Prämien für Exportkreditversicherungen. Diese Punkte sind alle im sogenannten «Arrangement on Officially Supported Export Credits» festgehalten. Auch die Prämiengestaltung ist dabei strikt standardisiert, sodass Versicherungsanbieter wie die deutsche ECA (Euler Hermes) und die Schweizer ECA (SERV) bei vergleichbaren Exporten keine Preisunterschiede bieten und zumindest, was die Prämien anbelangt, nicht in Konkurrenz zueinanderstehen.
Für nicht marktfähige Risiken und Kreditlaufzeiten von weniger als zwei Jahren legt die SERV die Prämien eigenständig fest. Dies bedeutet, dass die Prämien in diesen Fällen nicht der OECD-Harmonisierung unterliegen und somit von der SERV basierend auf individuellen Risikoeinschätzungen bestimmt werden. Allerdings muss in diesem Fall der Versicherungsantragsteller der SERV mindestens zwei Absagen von privaten Versicherungen vorweisen können.
Die Prämienkosten trägt stets der Versicherungsnehmer – also das exportierende Unternehmen oder die finanzierende Bank – und nicht die SERV selbst.
Die SERV behandelt alle Unternehmen gleich, egal ob es sich um ein KMU oder ein Grossunternehmen handelt. So versichert sie beispielsweise den Export von Rollmaterial für die Stadler Rail nach Saudi-Arabien oder Kasachstan, das Solardach-Geschäft der dhp technology AG nach Deutschland und die Installation von Wasser-Infrastruktur durch die AquaSwiss AG in der Elfenbeinküste (für eine weitere Übersicht, siehe hier).
Grösse, Erträge und Kunden der SERV
Die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV hat ihren Hauptsitz in Zürich und beschäftigt derzeit knapp E90 Mitarbeitende. Sie agiert autonom und kommt ohne Steuermittel aus, finanziert sich also über Prämien und Zinserträge. Sie verfolgt aber kein Renditeziel und muss auch keine Steuern bezahlen. Mit einem Eigenkapital von CHF 3 Milliarden ist sie gut ausgestattet. Zudem besteht ein Verpflichtungsrahmen vom Bund in Höhe von CHF 14 Milliarden. Die SERV wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beaufsichtigt. Bei der SERV gibt es keine Mindestgrösse für ein «Ticket». Die Höhe der Versicherungssumme ist sehr unterschiedlich und kann zwischen CHF 10’000 und mehreren Hundert Millionen Schweizer Franken liegen.
Den SERV-Geschäftsberichten ist zu entnehmen, dass sich der Bestand an aktiven SERV-Versicherungspolicen in den letzten Jahren insgesamt relativ stabil gehalten hat – aber jahrweise auch einmal stark nach oben oder unten aufgrund von einzelnen Grossgeschäften ausschwenken kann. Per Ende 2023 betrug das Engagement der SERV für die etwa 350 aktive Kunden knapp CHF 7.9 Milliarden (vgl. Abbildung 2). Vor zehn Jahren (per Ende 2013) betrug der Bestand an Versicherungsverpflichtungen CHF 8.9 Milliarden. Das Neuengagement, also die Policen, die jeweils in den aktiven Versicherungsbestand neu dazu kommen, beträgt pro Jahr ca. CHF 2 bis 3 Milliarden. Gleichzeitig laufen Policen in einem ähnlichen Umfang jedes Jahr ab.
Ist das viel oder wenig?
Exporte spielen für die Schweizer Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle. Zwischen 1980 und 2022 stiegen sie beinahe um das Sechsfache von CHF 45 auf CHF 278 Milliarden (SECO, 2023). Die CHF 2 bis 3 Milliarden entsprechen also in etwa einem «Marktanteil» zwischen 0.7 Prozent und 1 Prozent respektive – bei Berücksichtigung, dass der SERV-gedeckte Anteil bei einem Exportgeschäft nur einen Teil des gesamten Auftragswerts eines Exportgeschäfts entspricht – zwischen 1.5 und 2 Prozent. Es hat also noch Raum nach oben. Gleichzeitig wird sie aber immer eine Nischenversicherung bleiben – nicht zuletzt weil viele Exporteure ihre Ware ins nahe Ausland liefern.

Abbildung 2: Entwicklung Versicherungspolicen und Versicherungszusagen 2014-2023 (Quelle: SERV)
Die SERV und Banken
Die SERV ist eine reine Versicherung und keine Bank. Dabei arbeitet die SERV subsidiär und bietet ihre Versicherungen in Ergänzung zu den Leistungen privater Versicherer an. Insofern ist die SERV keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zum Angebot von privaten Versicherungsunternehmen.
Im Gegensatz zu vielen anderen (europäischen) ECAs wie zum Beispiel diejenigen von Schweden oder Österreich darf sie keine Kreditvergabe betreiben. Daher arbeitet die SERV sehr eng mit Schweizer Banken, mit in der Schweiz niedergelassenen ausländischen Banken und mit Banken im Ausland zusammen. Gemäss Angaben der SERV sind Banken bei rund 90 Prozent der SERV-Versicherungsgeschäfte involviert. Ca. 50 Prozent dieser Banken sind Schweizer Banken.
Um eine Kreditversicherung durch die SERV zu erhalten, müssen Unternehmen bestimmte Kriterien erfüllen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind:
- Eintrag im Schweizer Handelsregister: Das Unternehmen muss als juristische Person in der Schweiz eingetragen sein.
- Schweizer Exporteur: Nur Unternehmen, die tatsächlich als Exporteure aus der Schweiz agieren, sind antragsberechtigt.
- Mindestens 20 Prozent Schweizer Wertschöpfung: Die exportierte Ware oder Dienstleistung muss zu mindestens 20 Prozent aus Schweizer Wertschöpfung bestehen. Die SERV-Verordnung erlaubt Ausnahmen, beispielsweise wenn der Durchschnitt von mehreren Geschäften über einen gewissen Zeitraum mindestens 20 Prozent ausmacht.
Für mich es eher erstaunlich, dass nur 350 Kunden die Dienstleistungen von SERV in Anspruch nehmen und man nur ca. 30 Neukunden pro Jahr ausweist. Möglicherweise sind die Kenntnisse von KMU – aber auch von Banken – zum Angebot noch immer ausbaufähig.
Die Bank kann einem KMU einen Vorschuss in Form eines Kredits gewähren, um ein Exportgeschäft zu finanzieren. Sobald der Exporteur seine Lieferungen oder Dienstleistungen erbracht hat, erfolgen die erwarteten Zahlungen durch den ausländischen Abnehmer. Sollte jedoch diese Zahlung ausfallen, springt die SERV als Absicherung ein und entschädigt die Bank entsprechend. Im Falle eines Zahlungsausfalls des ausländischen Käufers erhält die Bank bis zu 95% des Kreditbetrags zurück (es besteht also ein Selbstbehalt).
In der Praxis gibt es hier für die Bank oft eine Hemmschwelle, da neben dem finanziellen Ausfall auch ein erhebliches Dokumentenrisiko besteht: Die korrekte und vollständige Dokumentation aller Schritte und Nachweise ist unerlässlich, damit die SERV im Schadenfall eintreten kann. Dieses Risiko der Dokumentationserfüllung und der damit verbundenen administrativen Aufwände wird von Banken häufig als zusätzliche Hürde angesehen, auch wenn die SERV bei Zahlungsausfall grundsätzlich eine zuverlässige Absicherung bietet.
Potenzial für Banken
Die SERV bietet auch Chancen für Banken, die schlussendlich durch ihre Kreditpolitik massgeblich zur Umsetzung von SERV-Policen beitragen. Wie oben erläutert, sind Banken in 80 bis 90 Prozent der SERV-Policen involviert und spielen somit eine zentrale Rolle bei der Absicherung internationaler Exportgeschäfte. Bisher waren vor allem die Grossbanken für die SERV relevant (und umgekehrt). Durch die Integration der Credit Suisse in die UBS bietet sich nun aber möglicherweise auch für andere Banken die Möglichkeit, mit den potenziell neuen (aber auch bestehenden) Kunden die Zusammenarbeit mit der SERV zu vertiefen. Derzeit sind bei den meisten Banken Exportfinanzierungen ein Nischenangebot, und die Teams, die diese speziellen Dienstleistungen betreuen, sind selbst bei den grossen Banken häufig klein – und bei kleinen gar nicht erst vorhanden. Zudem kennen viele Firmenkundenberater das Angebot der SERV nicht. Ich sehe hier aber durchaus eine spannende Opportunität für Banken. Besonders für mittelgrosse und grosse Kantonalbanken, Raiffeisenbanken oder überregional tätige Retailbanken ergibt sich hier die Chance, ihr grenzüberschreitendes Geschäft zu stärken. Als Bank kann man dank SERV auch lokale Unternehmen in ihren Expansionsbemühungen fördern. Das Modell kann für Banken interessant sein, weil sie den Grossteil des finanziellen Risikos über die SERV absichern können, sofern die Kreditwürdigkeit des Kunden gegeben ist.
Fazit
Mit etwa 350 aktiven Kunden und einem Versicherungsbestand von rund CHF 7.9 Milliarden per Ende 2023 ist die SERV ein nicht sehr bekannter aber für gewisse Unternehmen wichtiger Akteur. Die SERV bietet dabei aber nicht nur für exportorientierte Unternehmen, sondern auch für Banken interessante Möglichkeiten. Durch die Abdeckung von Risiken bei internationalen Exportgeschäften und vor allem bei der Expansion in neue Märkte schafft die SERV eine zusätzliche Sicherheit, die für Banken attraktiv sein kann. Dabei steht die SERV nicht in Konkurrenz zu den Banken, sondern ergänzt deren Kredit- und Liquiditätsprodukte.
Für Banken eröffnet die SERV die Möglichkeit, ihre Nischenangebote im Exportfinanzierungsbereich weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit mit bestehenden Kunden durch ein breiteres Leistungsspektrum zu vertiefen. Gerade im Zuge der Fusion von UBS und Credit Suisse könnten sich durch potenziell neue Kundenbeziehungen zusätzliche Chancen für Raiffeisenbanken, Kantonalbanken und regionale Banken ergeben, die sich im Cross-Border-Banking verstärkt positionieren möchten.
Zurzeit kennen viele Firmenkundenberater das Angebot der SERV noch zu wenig, und nur ein begrenzter Kundenkreis nutzt die SERV-Dienstleistungen regelmässig. Es besteht daher eine Chance, wenn man das Bewusstsein für SERV-Absicherungsmöglichkeiten bei KMU sowie bei Firmenkundenbetreuern in Banken steigern kann. Dies würde nicht nur dem Exportgeschäft, sondern auch den grenzüberschreitenden Aktivitäten der Banken zugutekommen.
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13. Januar 2025
Die Zukunft des Zahlungsverkehrs in der Schweiz: Globale Trends und der wachsende Einfluss digitaler Wallets
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Dr. Denis Bieri und Angelo Gattlen
Die Zahlungsverkehrslandschaft verändert sich, unter anderem geprägt vom Megatrend zur bargeldlosen Gesellschaft. Mobile Payment Apps, oft auch als digitale Wallets bezeichnet, gewinnen an Bedeutung. Diese digitalen Wallets gehen aber über reine Zahlungsfunktionen hinaus und bieten vielseitige Anwendungen. Die «Payment Study» und die «Digital Wallets Study» der Hochschule Luzern geben einen aktuellen Überblick über diese Entwicklungen und deren Relevanz für den Schweizer Markt.
In der globalen Zahlungsverkehrslandschaft findet ein Wandel statt, getrieben durch veränderte Kundenbedürfnisse, technologische Innovationen und den Eintritt neuer Marktteilnehmer. Zu den wichtigsten globalen Veränderungen gehört die Transformation zu einer bargeldlosen Gesellschaft (McKinsey & Company, 2023). Ein Megatrend, der durch die Verbreitung von Smartphones und digitalen Plattformen sowie die wachsende Präferenz für kontaktlose und digitale Zahlungsmethoden erheblich beschleunigt wurde. Diese Entwicklung ist jedoch mehr als nur der Ersatz von Bargeld, sie ist Teil eines umfassenderen Wandels, der weitere Trends wie Cross-Border Payments oder Instant Payments umfasst. Die kürzlich veröffentlichte «Payment Study» beleuchtet aktuelle globale Trends im Zahlungsverkehr und analysiert deren Bedeutung für den Schweizer Markt.
Zehn globale Trends zwischen Nutzerorientierung und technologischen Innovationen
Die Studie identifiziert auf globaler Ebene zehn verschiedene Trends, die entweder eher von den Bedürfnissen und Erwartungen der Endnutzerinnen und -nutzer oder von technologischen Innovationen angetrieben werden. Entsprechend werden die Trends in Abbildung 1 nach ihrer Hauptantriebskraft in die Kategorien «Nutzerorientierung» oder «Technologie» unterteilt. Für Zahlungsanbieter ist es entscheidend, diese Entwicklungen in der Zahlungsverkehrslandschaft zu verstehen, um ihre Dienste an die sich wandelnden Marktanforderungen anzupassen. Einige der identifizierten Trends bilden hierbei die Grundlage für andere, was ihre wechselseitige Verflechtung verdeutlicht.

Abbildung 1: Klassifizierung der globalen Payment Trends
Nicht alle globalen Trends sind für den Schweizer Zahlungsverkehr gleich relevant
Der Trend zu einer bargeldlosen Gesellschaft ist auch in der Schweiz deutlich erkennbar. Mobile Zahlungen haben sich als führende Zahlungsmethode etabliert und machen 26.8 Prozent aller Transaktionen aus (Graf, Heim, Stadelmann, & Trütsch, 2024). Die globalen Trends lassen sich gemäss einer Einschätzung von Fachexpertinnen und -experten für die Schweizer Zahlungsverkehrslandschaft als «hoch relevant», «relevant» und «weniger relevant» klassifizieren. Abbildung 2 fasst die entsprechende Klassifizierung zusammen. Es gilt auch zu beachten, dass die verschiedenen Trends verknüpft oder teilweise aufbauend sind. Die vier Trends, die als «hoch relevant» bewertet werden, sind «Cross-Border Payments», «Payment Security», «Embedded Payments» und «Value-Adding Services». Diese Trends sind wie folgt näher beschrieben:
- Cross-Border Payments: Angesichts der hohen internationalen Verflechtung der Schweizer Wirtschaft spielt diese Art von Zahlungen eine zentrale Rolle. Unternehmen sowie Kundinnen und Kunden in der Schweiz verlangen nach effizienten, kostengünstigen und transparenten Zahlungsdiensten, die über die Landesgrenzen hinaus verfügbar sind. Um dies zu ermöglichen, müssen Schweizer Finanzdienstleister sicherstellen, dass inländische Zahlungslösungen mit internationalen Standards harmonisiert werden. Ein zentrales Element dieser Harmonisierung ist ISO 20022, ein Standard, der im G20-unterstützten Fahrplan zur Verbesserung von Cross-Border Payments eine Schlüsselrolle spielt, indem er abzielt, die Datenqualität und Übertragungseffizienz zu verbessern.
- Payment Security: Mit dem Wachstum digitaler Zahlungen sehen sich Schweizer Finanzinstitute und ihre Kundinnen und Kunden zunehmend komplexeren Cyberbedrohungen ausgesetzt, die stetige Anpassungen der Sicherheitsmassnahmen erforderlich machen. Der Einsatz fortschrittlicher Technologien wie KI zur Echtzeit-Betrugserkennung ist entscheidend, um Betrug zu verhindern und das Vertrauen der Kundinnen und Kunden zu sichern. Andererseits bieten solche Technologien auch neue Angriffspunkte für Cyberkriminelle, die ebenfalls immer raffiniertere Methoden entwickeln, um die etablierten Sicherheitsmassnahmen zu umgehen.
- Embedded Payments: Da sich Kundinnen und Kunden zunehmend neue, nahtlose Services wünschen, bei denen Zahlungen unsichtbar in den Alltag integriert sind, nimmt die Bedeutung von Embedded Payments zu. Dieser Trend wird durch die hohe Akzeptanz solcher Lösungen gestärkt, die es ermöglichen, Transaktionen nahtlos und praktisch unsichtbar im Hintergrund durchzuführen, ohne dass die primäre Plattform (wie ein Onlineshop oder ein Park-and-Pay-System) verlassen werden muss.
- Value-Adding Services: Zusatzdienste wie Treueprogramme und personalisierte Finanzangebote gewinnen immer mehr an Relevanz, da sie den Zahlungsverkehr aufwerten und die Kundenbindung stärken. Schweizer Finanzdienstleister setzen verstärkt auf solche Mehrwertdienste, wie zum Beispiel das Rundungssparen, um ihren Kundinnen und Kunden zusätzlichen Mehrwert zu bieten und sich im Wettbewerb zu differenzieren.

Abbildung 2: Relevanz der globalen Trends für die Schweiz
Die Rolle digitaler Wallets im Schweizer Markt
Obwohl digitale Wallets zunehmend in den Alltag integriert sind, wird der entsprechende Trend in der Payment Studie nur als «relevant», jedoch nicht als «hoch relevant» eingestuft. Der Grund hierfür ist, dass sich digitale Wallets als Zahlungsmittel bereits weitgehend etabliert haben. In einer Umfrage im Jahr 2022 gaben 68 Prozent der Befragten in der Schweiz an, Mobile-Payment-Apps zu nutzen, die aufgrund ihrer Funktion als Zahlungsmethode oftmals auch als digitale Wallets bezeichnet werden, verglichen mit nur 48 Prozent im Jahr 2020 (SNB, 2023). Viele Schweizer Banken und Zahlungsdienstleister bieten heute bereits Lösungen an, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, sicher und bequem mit digitalen Wallets zu bezahlen.
Digitale Wallets sind weit mehr als nur ein Zahlungsmittel
Digitale Wallets, die ursprünglich als digitale Pendants physischer Brieftaschen konzipiert wurden, dienen weit mehr als nur zur Speicherung und Verwaltung von Zahlungsinstrumenten wie zum Beispiel Debit- oder Kreditkarten in mobilen Anwendungen. Ein digitales Wallet ist eine Schnittstelle, um sicher mit Daten und digitalisierten Vermögenswerten zu interagieren und diese zu verwalten. Neben der Abwicklung von Online- und Point-of-Sale-Transaktionen haben digitale Wallets auch das Potenzial, elektronischen Identitäten (e-IDs), digitale Vermögenswerte (wie zum Beispiel Tickets) und andere Daten zu speichern. Mit dem Aufkommen der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) haben sich digitale Wallets zu vielseitigen Plattformen weiterentwickelt, die neben Kryptowährungen auch tokenisierte Vermögenswerte und Rechte verwalten und direkte Interaktionen mit dezentralen Finanzanwendungen (DeFi) ermöglichen.
Taxonomie digitaler Wallets: Klassifizierung und Anwendung am Beispiel Swiss E-ID
Die Studie zu den digitalen Wallets führt eine Taxonomie ein, damit die diversen Wallet-Typen auf der Grundlage verschiedener Attribute wie beispielsweise der Issuer Governance oder den Service Features klassifiziert werden können. Durch die Einordnung dieser Merkmale in einen umfassenden Rahmen kann das Design der verschiedenen Wallet-Lösungen besser verstanden und verglichen werden. Das zukünftige Swiss E-ID Wallet bietet ein Beispiel für die Anwendung der Taxonomie, da es die zukünftigen Möglichkeiten von Wallets exemplarisch aufzeigt.

Abbildung 3: Klassifizierung des im Swiss E-ID Program beschriebenen Wallets
Kein digitales Wallet in Sicht, welches die anderen dominiert
Derzeit gibt es eine Vielzahl an digitalen Wallets, doch ein dominierendes Wallet ist nicht in Sicht. Wahrscheinlich werden sich die Nutzerinnen und Nutzer auf einige wenige Wallets konzentrieren, die verschiedene Produkte und Dienstleistungen nahtlos integrieren. Die Popularität eines Wallets wird vor allem von seiner Bequemlichkeit, Funktionalität, Verfügbarkeit und Kosteneffizienz bestimmt und die Akzeptanzraten werden zeigen, welche Funktionen bei den Kundinnen und Kunden am besten ankommen.
Zusammengefasst zeigen die beiden Studien, dass die Entwicklungen im Zahlungsverkehr und die Verbreitung digitaler Wallets das Potenzial haben, die Finanzlandschaft in der Schweiz weiter zu verändern. Digitale Wallets haben sich bereits als Zahlungsmittel etabliert und gewinnen weiter an Bedeutung, da sie zunehmend zusätzliche Funktionen und Services bieten, auch über den Finanzbereich hinaus. Dabei kann die geplante Swiss E-ID einen grossen Einfluss auf die zukünftigen Wallets und die Finanzindustrie haben.
PS – Am IFZ FinTech Symposium 2025 werden die Einflüsse von AI und Blockchain auf die Finanzindustrie beleuchtet. Dabei werden aktuellste Forschungsresultate und interessante Geschäftsmodelle präsentiert. Das Symposium findet am 12. März 2025 statt und ist kostenlos. Die Details und Anmeldemöglichkeit finden Sie hier
Payment Study Die «Payment Study» wurde von der Hochschule Luzern veröffentlicht. Die Studie analysiert, wie sich globale Trends im Bereich des Zahlungsverkehrs auf den Schweizer Markt auswirken können. Ermöglicht wurde die Studie durch die Unterstützung von e.foresight, Finnova, InvetxLab, dem Kanton Zug, Swiss Fintech Innovations, SIX, Swiss Bankers Prepaid Services und der Zürcher Kantonalbank. https://hub.hslu.ch/retailbanking/download/payment-study/ Digital Wallets Study Die «Digital Wallets Study» wurde von der Hochschule Luzern veröffentlicht. Die Studie bietet einen Vorschlag einer Taxonomie zur strukturierten Klassifikation von digitalen Wallets und wendet diese auf Beispiele aus der Praxis an. Ermöglicht wurde die Studie durch die Unterstützung der Schweizerischen Bankiervereinigung, Swiss Stablecoin AG und ti&m AG. https://www.ti8m.com/en/insights/downloads/wallet-studie |
Quellen
Graf, S., Heim, N., Stadelmann, M., & Trütsch, T. (2024). Aktuelle Ergebnisse Swiss Payment Monitor 2/2024. https://www.swisspaymentmonitor.ch/aktuelle-ergebnisse
McKinsey & Company. (2023). On the cusp of the next payments era: Future opportunities for banks. https://www.mckinsey.com/industries/financial-services/our-insights/the-2023-mckinsey-global-payments-report
Schweizer Nationalbank. (2023). Payment Methods Survey of Private Individuals in Switzerland 2022. https://www.snb.ch/dam/jcr:ca671e5a-d0ff-48ca-bf08-f4c5cc57c9d8/paytrans_survey_report_2022.en.pdf

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6. Januar 2025
Sechs Thesen zu den Schweizer Retailbanken im Jahr 2025
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Nils Hafner
Das neue Jahr hat gerade begonnen, und wie jedes Jahr stellt sich die Frage: Welche Themen werden in den kommenden Monaten die Agenda bestimmen? Für den Bereich der Retailbanken haben wir uns Gedanken gemacht und sechs zentrale Trends identifiziert, die die Branche 2025 besonders beschäftigen werden. Unsere sechs Thesen zeigen, worauf sich Banken einstellen sollten – und welche Chancen und Herausforderungen auf sie zukommen.
- Ertragssituation: Gut, Herausforderungen bei Passivgeldern
Nach den Rekordgewinnen im Jahr 2023 und einem guten Jahr 2024 werden die Gewinne der Schweizer Retailbanken 2025 leicht rückläufig sein und sich auf ein gutes, aber im Vergleich zu 2023 „normaleres“ Niveau einpendeln. Obwohl die Immobilienpreise und damit auch das Hypothekarvolumen weiterhin moderat wachsen, können sie die sinkenden Zinsmargen (v.a. sinkende Passivmargen) nicht vollständig ausgleichen.
Zudem wird die Situation auf der Passivseite für einige Banken schwieriger. Der Kundenausleihungsdeckungsgrad war im vergangenen Jahr stark rückläufig und wird sich 2025 noch nicht flächendeckend verbessern. Banken werden verstärkt versuchen, zusätzliche Kundengelder auf der Passivseite zu akquirieren. Damit könnte auch der Wettbewerb bei den Zinsen auf den Spargeldern etwas zunehmen.
Die erschwerten Bedingungen auf der Passivseite, kombiniert mit den neuen Basel-III-final-Vorgaben, werden dazu führen, dass die Kreditvergabe in bestimmten Segmenten – insbesondere bei Krediten mit hoher Eigenkapitalbindung und grösseren Kreditvolumina – etwas harziger verläuft. Dies könnte zudem zu steigenden Preisen für diese Kredite führen. Im Hypothekarmarkt für selbstbewohntes Wohneigentum hingegen erwarten wir in Bezug auf die Aktivmargen keine grösseren Veränderungen.
2) Mehr Wechsel der Hauptbankbeziehungen als üblich
Im Jahr 2025 wird es in der Schweiz mehr Wechsel der Hauptbankbeziehung geben als in der Vergangenheit. Der Hauptgrund dafür ist die Integration der Credit Suisse in die UBS. Mit dem Wegfall der CS- und CSX-App wird sich dieser Trend weiter verstärken, ebenso wie der Abbau von CS/UBS-Filialen. Von dieser Entwicklung profitieren vor allem Kantonalbanken und Raiffeisenbanken. Auch Smartphone-Banken wie Revolut und Yuh werden ihren Anteil an Hauptbankbeziehungen – ähnlich wie das die Entwicklungen im Ausland zeigen – leicht steigern können, allerdings von einem niedrigen Ausgangswert von etwa 1.3 % der Schweizerinnen und Schweizer.
3) Wissensaufbau und -abruf durch den Einsatz von Generative AI
Ein zentraler Ansatz für den Einsatz generativer KI liegt im Wissensaufbau und dem effizienten Wissensabruf innerhalb der Organisation. Dies ermöglicht es, rechtliche Vorgaben, Produktinformationen und Kundenwissen gezielt und bedarfsgerecht an Mitarbeitende zu vermitteln.
In der Kundenberatung kann so beispielsweise eine umfassende 360-Grad-Sicht auf die Kundenakte unmittelbar bei einem Anruf bereitgestellt werden. Zudem lassen sich Produkte schneller vergleichen und passende Lösungen vorschlagen. Diese sogenannte „Agentic AI“ nutzt das gesamte bankinterne Wissen, um Mitarbeitende produktiver zu machen – ohne dabei den persönlichen Kontakt an der Kundenschnittstelle vollständig zu automatisieren. 2025 werden wir diesbezüglich grössere Fortschritte bei mehreren Banken sehen.
4) Datenqualität als Schlüssel zur Automatisierung
Gleichzeitig werden Schweizer Retailbanken 2025 stark an ihrer Datenbasis arbeiten müssen, um das «Garbage in, Garbage out» Phänomen zu vermeiden. Das Resultat dieser Herkules-Aufgabe lässt sich aber sehen: Zum einen lassen sich so ganze Backoffice-Prozesse automatisieren und somit quasi «dunkelverarbeiten». Zum anderen erhöht sich das verfügbare Wissen über die Kundschaft, da Daten auswertbar und in Echtzeit vorliegen. Das bedeutet aber auch, dass die Fülle von erkannten Lebensereignissen und Ansprachemöglichkeiten die zur Verfügung stehenden Ressourcen der Mitarbeitenden in Marketing und Beratung weit übersteigen. Hier setzt Marketing-Automation ein, um Kundenerlebnisse zu schaffen, die sich hochgradig personalisiert anfühlen, aber das Ergebnis sorgfältig aufgesetzter «Wenn-dann-Regeln» sind. Gleichzeitig kann die Retailbank ganze Dialogstrecken durch geplante Abläufe oder intelligente Bots bestreiten. Gerade beim Verkauf von Standardprodukten, dem Einladungs- und Nachbearbeitungsmanagement von Events oder der Realisation von Chancen, die sich aus dem Leben der Kundeninnen und Kunden ergeben (bspw. «Kunde wird 18», «Kunde wird 50») werden Schweizer Retailbanken 2025 ein neues Level an automatisiertem Kundenmanagement erreichen, ohne die Kostenbasis nachhaltig zu erhöhen. Dies wird 2025 eine der wichtigsten Möglichkeiten sein, dem deutlich ansteigenden Wettbewerbsdruck zu begegnen.
5) Veränderungen im KMU-Markt
Die Situation im KMU-Kreditbereich wird 2025 besonders spannend zu beobachten sein. Die Kreditzinsen für KMU dürften weiterhin höher ausfallen als noch vor zwei Jahren. Dies liegt zum einen am Wegfall der Credit Suisse als eigenständiger Wettbewerber, was den Konkurrenzdruck in gewissen Segmenten verringert hat. Zum anderen führen die neuen Basel-III-final-Regulierungen dazu, dass bei bestimmten KMU-Krediten die Eigenmittelanforderungen für Banken steigen und sich dadurch auch die Kreditkosten erhöhen. Zusätzlich erschweren die Bedingungen auf der Passivseite die Kreditvergabe für einzelne Banken, was zu einer stärkeren Fokussierung auf Margen anstelle von reinem Volumenwachstum führt.
Diese Faktoren könnten zu einer weiteren Verschiebung der Marktanteile führen: Raiffeisenbanken und Kantonalbanken haben die Chance, davon zu profitieren – vorausgesetzt, ihre Bilanzkapazitäten (Eigenkapital, Refinanzierung) lassen es zu.
6) Nachhaltigkeit weiter im Fokus – aber mit neuen Themen
Nachhaltige Anlagen werden in der Schweiz 2025 die Banken stark beschäftigen und im Retail Banking weiterhin an Bedeutung gewinnen. Für die Umsetzung der neuen SBVg-Nachhaltigkeitsrichtlinie müssen die Anforderungen für Neukundinnen und Neukunden seit dem 1. Januar 2024 erfüllt werden, für Bestandskunden seit dem 1. Januar 2025. Die Einführung der ESMA-Naming-Guidance im Mai 2025 zwingt verschiedene Schweizer Anlagebanken zudem dazu, einige ihrer nachhaltigen Fonds umzubenennen, um den neuen EU-Vorgaben gerecht zu werden.
Wir erwarten, dass die Anlage-Volumina im Retail-Bereich weiterhin moderat wachsen. Im Finanzierungsbereich wird das Thema Nachhaltigkeit weiter an Bedeutung gewinnen, insbesondere in der Beratung rund um Renovationen.

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23. Dezember 2024
Die zehn meistgelesenen Blog-Artikel im Jahr 2024
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Das Jahr 2024 neigt sich langsam dem Ende zu, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen, meinen treuen Leserinnen und Lesern, zu bedanken. Zugleich wünsche ich Ihnen einen guten Start in das neue Jahr und vor allem Gesundheit und Zufriedenheit. Zum Abschluss des Jahres habe ich für Sie die zehn meistgelesenen Artikel des Jahres 2024 zusammengestellt. Vielleicht ist ja ein spannender Beitrag dabei, den Sie verpasst haben?
- Wer hat das beliebteste Mobile Banking?
- Welches sind die 30 wertvollsten Banken der Schweiz?
- Wie gut ist Radicant? Ein erster Testbericht
- Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank im Privatkundengeschäft 2024?
- Erreichbarkeit von Bank-Helpdesks: Ein Blick auf die Top 50 Banken
- Banking Touchpoints Reloaded 2024: Ein umfassender Blick auf die Zukunft des Kundenmanagements im Banking
- Digitale Vorsorge im Aufschwung: Neue Zahlen zur Entwicklung von Frankly
- Wie wird Yuh derzeit genutzt?
- Ganzheitliche Eigenheimberatung bei der ZKB: Die Verknüpfung von Hypothekarfinanzierungen mit der Vorsorge
- Eine Art «Intranet-ChatGPT»-Lösung für Mitarbeitende – so setzt UBS künstliche Intelligenz ein – IFZ Retail Banking Blog
Empfehlen kann ich Ihnen zudem auch den IFZ Digital Podcast. In der Zwischenzeit sind wir bei 34 Folgen, in welchen wir gemeinsam mit spannenden Persönlichkeiten in einem rund 15-20-minütigen Gespräch verschiedene Themen beleuchten. Hören Sie doch mal rein!
Gleichzeitig möchte ich Sie auf einige IFZ-Highlights im Jahr 2025 aufmerksam machen:
Konferenzen und Seminare
- 12. März 2025: IFZ FinTech Symposium (inkl. FinTech-Studie)
- 8. Mai 2025: IFZ Forum Bank-IT: Präsentation Sourcing-Studie
- 18. November 2025: Retail Banking-Konferenz (inkl. Retail Banking-Studie)
Weiterbildungen
- Ab 16. Januar 2025: CAS Gesamtbanksteuerung
- Ab 16. Januar 2025: CAS Digital Banking
- Ab 4. September 2025: CAS Sales und Marketing im Banking
Diese und weitere Angebote können so zusammengestellt und ergänzt werden, dass man dadurch einen DAS oder MAS-Titel erlangen kann.
Study Trip nach London
Gemeinsam mit Weiterbildungsstudierenden können Sie uns vom 12. bis 14. Februar 2025 auf einem Study Trip nach London begleiten, spannende FinTechs und Banken besuchen und deren Geschäftsmodell kennenlernen. Falls Sie mehr zu dieser Möglichkeit wissen möchten, können Sie sich bei mir melden (andreas.dietrich@hslu.ch; Kosten: CHF 2’250 ohne Flug und Hotel).
Happy Holidays!
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16. Dezember 2024
Hybride Anlageberatung bei Schweizer und Liechtensteiner Retail- und Universalbanken
Von Dr. Tatiana Agnesens und Simon Rüttimann
Im Herbst 2024 führten der Banking-Trendscout e.foresight und das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) erstmals eine umfassende Studie zur hybriden Anlageberatung für Privatkunden durch. Dabei wurden in einer repräsentativen Umfrage die digitalen Interaktionspräferenzen Schweizer Anlageberatungskunden erfasst, während eine Anbieterumfrage Einblicke in die aktuellen und geplanten Angebote entlang der Anlageberatungs-Journey lieferte. Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse präsentieren wir heute im Blog.
Mit hybriden Modellen sind grundsätzlich Interaktionsmodelle gemeint, bei denen bestimmte Dienstleistungen in der Anlageberatungs-Journey über mehrere Kommunikationskanäle bezogen werden können. In der Studie wird dabei unterschieden zwischen:
- physischen Kanälen (z.B. Filialberatung),
- Remote-Kanälen der menschlichen Beratung (z.B. Videoberatung, Telefonberatung),
- der digitalen Selbstbedienung (z.B. User-gesteuert oder mit Chatbot).
Welche Kommunikationskanäle bieten Banken heute an?
Anhand einer systematischen Anbieterumfrage mit 35 Teilnehmern, vorwiegend Banken, wurde analysiert, welche Interaktionsformen entlang der Anlageberatungs-Journey bereits implementiert sind oder in Planung stehen. Dabei stand die portfoliobezogene Beratung im Sinne von FIDLEG im Zentrum. Sowohl Fondlösungen als auch Vermögensverwaltungs- und Advisory-Mandate wurden berücksichtigt.
- Physische Kanäle und die Videoberatung sind heute bei allen Anlagelösungen nahezu flächendeckend entlang der gesamten Anlageberatungs-Journey im Einsatz. Während die Videoberatung den funktionalen Abdeckungsgrad der physischen Beratung noch nicht erreicht hat, wird erwartet, dass sie dies innerhalb der nächsten drei Jahre nachholt.
- Die digitale Selbstbedienung konzentriert sich derzeit auf frühe Phasen der Anlageberatungs-Journey, wie die Informationsbeschaffung, sowie auf administrative Prozesse. Chatbots werden heute kaum genutzt. Zukünftige Investitionen konzentrieren sich vor allem auf den Ausbau der digitalen Selbstbedienung ohne Chatbots. Die wenigen geplanten Investitionen bei Chatbots zielen überwiegend auf konversationale Lösungen, etwa GenAI-basierte Systeme, ab.

Abbildung 1: Anteil der Anbieter nach Beratungskanälen (Durchschnitt aller Journey-Schritte für Fonds, VV- und Advisory-Mandate) (e.foresight/IFZ 2024)
Welche Kommunikationskanäle bevorzugen Schweizer Anlageberatungskunden?
Die Anbietersicht wurde durch eine repräsentative Bevölkerungsumfrage ergänzt, bei der rund 1000 Schweizer Anlageberatungskunden zu ihren bevorzugten Kommunikationskanälen entlang der Anlageberatungs-Journey befragt wurden. Durch eine systematische Cluster-Analyse konnten vier unterschiedliche Kundentypen identifiziert werden (siehe Abbildung 2).
- Kundentyp 1 «Starke Präferenz für physische Beratung» bevorzugt physische Beratungsinteraktionen für die meisten Schritte der Anlageberatungs-Journey (43% der Schweizer Anlageberatungskunden),
- Kundentyp 2 «Starke Präferenz für Remote-Beratung» hat eine starke Präferenz für menschliche Beratung über Remote-Kanäle für die meisten Schritte der Anlageberatungs-Journey (13% der Schweizer Anlageberatungskunden),
- Kundentyp 3 «Gemischte Präferenzen» wünscht menschliche Beratungsinteraktionen bei strategischen Schritten, jedoch digitale Selbstbedienungsfunktionen für administrative und transaktionale Schritte der Anlageberatungs-Journey (23% der Schweizer Anlageberatungskunden),
- Kundentyp 4 «Starke Präferenz für digitale Selbstbedienung» bevorzugt tendenziell die digitale Selbstbedienung für nahezu alle Schritte der Anlageberatungs-Journey (15% der Schweizer Anlageberatungskunden).

Abbildung 2: Unterscheidbare Kundengruppen bei der Anlageberatung (e.foresight/IFZ 2024)
Wie gut decken Schweizer Banken die vier Kundengruppen ab?
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass in der Schweizer Bankenindustrie derzeit zwei hybride Interaktionsmodelle dominieren:
- Hybride menschliche Beratung: Kombination aus physischer Beratung und Videoberatung.
- Voll-hybrides Modell: Kombination aus physischer Beratung, Videoberatung und digitaler Selbstbedienung.
Modelle, die stärker auf die digitale Selbstbedienung setzen, werden seltener angeboten. Dies führt dazu, dass Kundengruppen 3 und 4, welche die digitale Selbstbedienung ganz oder teilweise bevorzugen, von Schweizer Banken nur teilweise abgedeckt werden.
Fazit:
Aktuell steht für einfache Prozessschritte eine Reihe digitaler Optionen zur Verfügung, während strategisch komplexere Beratungsleistungen weiterhin stark über menschliche Interaktionen abgedeckt werden. Zukünftige Investitionen weisen jedoch auf eine klare Entwicklung hin: Der Ausbau digitaler Selbstbedienungsoptionen wird verstärkt vorangetrieben, und zwar entlang fast aller Schritte der Anlageberatungs-Journey.
Banken, die frühzeitig in digitale Kanäle investieren und diese gezielt mit bestehenden Interaktionsformen kombinieren, können nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch die Erwartungen digital-affiner Kundengruppen besser erfüllen.
Die detaillierten Auswertungen und Analysen dieser Umfrage stehen exklusiv e.foresight-Kunden und den teilnehmenden Instituten zur Verfügung. Falls Sie Interesse an Analysen zu einzelnen Anbietern oder Peer-Gruppen sowie an vertieften Auswertungen der vier Kundengruppen haben, wenden Sie sich gerne an e.foresight: simon.ruettimann@swisscom.com
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12. Dezember 2024
Schweizer Bankkredite als Hebel für klimafreundliche Investitionen
Von Nadine Berchtold
Durch die realwirtschaftlichen Tätigkeiten der Bankkundinnen und -kunden entstehen in der Regel Treibhausgasemissionen. Wenn diese Tätigkeiten zumindest teilweise durch Kredite, Investments und andere finanzielle Engagements von Finanzinstituten ermöglicht werden, so spricht man von finanzierten Emissionen. Eine Hochrechnung der ersten publizierten Zahlen zeigt, dass Schweizer Kreditkund:innen im Inland mit den erhaltenen Kreditbeträgen 2023 zwischen 8.9 und 10.3 Millionen (Scope 1 und Scope 2) Treibhausgase emittiert haben. Über die Kapitalallokation können Banken die Veränderung der Emissionen positiv beeinflussen und die Kreditvergabe als Teil des Klimaschutzes etablieren.
Die Hochschule Luzern und SIX haben im diesjährigen IFZ Sustainable Lending Monitor mit Unterstützung von Swiss Climate AG, die finanzierten Emissionen im Kreditportfolio von Schweizer Banken genauer analysiert. Hier geht’s zum Studien-Download.
Treibhausgasbilanzierung als Schlüssel zur Transparenz
Für das Berichtjahr 2023 haben bereits sechs Schweizer Retailbanken ihre finanzierten Scope 1 und 2-Emissionen der finanzierten Unternehmen und Hypotheken in der Schweiz gemäss dem PCAF-Standard (Partnership for Carbon Accounting Financials) berechnet und publiziert: die Raiffeisen Gruppe[1], die Berner Kantonalbank, die Basler Kantonalbank, die Basellandschaftliche Kantonalbank, die Thurgauer Kantonalbank[2] und die Zuger Kantonalbank. Diese Emissionen werden den Scope 3-Emissionen der Banken zugeordnet, und sind ein wesentlicher Teil ihrer Klimabilanz. Die Messung und das Reporting dieser Emissionen sind entscheidend, um den Einfluss des Finanzplatzes Schweiz auf die Klimaerwärmung sowie die Risikoexposition von Schweizer Banken besser zu verstehen.
Herausforderung und Handlungsbedarf
Die sechs Retailbanken repräsentieren etwa 26 Prozent des Gesamtkreditvolumens der Schweiz. Für die Berechnung der finanzierten Emissionen richten sie ich nach den PCAF-Kreditgruppen
- Hypotheken für Gewerbeimmobilien,
- Hypotheken für Wohnimmobilien und
- Firmenkredite.
Abbildung 1 zeigt für die Banken die Verteilung dieser Kategorien sowohl am gesamten Kreditvolumen (links) als auch an den finanzierten Scope 1 und 2 Emissionen (rechts). Wohn- und Gewerbeimmobilien machen zusammen 94 Prozent des Kreditvolumens aus, während Firmenkredite lediglich einen Anteil von 6 Prozent haben. Bei den finanzierten Emissionen entfallen jedoch fast drei Viertel auf Hypotheken für Gewerbe- und Wohnimmobilien, wobei Wohnimmobilien mit 37.8 Prozent den grössten absoluten Teil ausmachen. Trotz ihres geringen Anteils am Kreditvolumen, verursachen Firmenkredite über ein Viertel der finanzierten Emissionen.
Diese Ergebnisse verdeutlichen zweierlei: Erstens entfällt der grösste absolute Anteil der Emissionen auf das Hypothekenportfolio. Zweitens zeigt sich aber, dass die CO₂-Intensität – gemessen als Verhältnis von Tonnen CO₂e (CO2–Äquivalent) zu CHF Millionen Kreditvolumen – bei Firmenkrediten deutlich höher ist als bei Hypotheken.

Abbildung 1: Anteil der Kreditkategorien am Kreditvolumen und an den finanzierten Emissionen (Stichprobenbanken, Referenzjahr 2023)
Die Scope 1 und 2 CO2-Intensität für Wohnimmobilien-Hypotheken liegt bei den sechs Banken im gewichteten Durchschnitt bei 4.6 Tonnen CO2e pro CHF Million Kreditvolumen. Für Gewerbeimmobilien-Hypotheken liegt sie höher bei 6.6 Tonnen CO2e pro CHF Million Kreditvolumen. Die Scope 1 und 2 CO2-Intensität für Firmenkredite liegt mit durchschnittlich 31 Tonnen CO2e pro CHF Million Kreditvolumen deutlich höher. Über alle Kategorien hinweg gerechnet beträgt die CO2-Intensität für Scope 1 und 2-Emissionen durchschnittlich 6.9 Tonnen CO2e pro CHF Million Kreditvolumen.
Hochrechnung CO2-Emissionen
Mit den publizierten finanzierten Emissionen der sechs Retailbanken als Referenz und der von der SNB veröffentlichten Kreditstatistik können wir die finanzierten Emissionen für das Gesamtkreditvolumen von CHF 1.3 Milliarden (Inland Kredite, Benützung) hochrechnen.
Über alle drei PCAF-Kategorien Gewerbe- und Wohnimmobilien-Hypotheken und Firmenkredite schätzen wir die finanzierten Scope 1 und 2 Emissionen 2023 total zwischen 8.9 und 10.2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e). Für Wohnimmobilien-Hypotheken liegen die Schätzwerte für die Emissionen zwischen 3.5 und 4.2 Millionen Tonnen CO2e, für Gewerbeimmobilien-Hypotheken bei 2.1 und 3.3 Millionen Tonnen CO2e und bei Firmenkredite zwischen 2.3 und 5.3 Millionen Tonnen CO2e.
Für die Hochrechnung haben wir verschiedene Annahmen getroffen, woraus die Bandbreiten der Schätzungen (in Abbildung 2 hellblau eingezeichnet) resultieren. Als Basis der CO2-Intensitäten der einzelnen Kreditkategorien haben wir mit dem gewichteten sowie auch mit dem ungewichteten Mittelwert eine Schätzung angestellt. Weiter haben wir verschiedene Annahmen über die Anteile jeder Kategorie am gesamten Kreditvolumen von CHF 1.3 Milliarden getroffen, da die Anteile der Stichprobenbanken leicht von jenen in der SNB-Statistik abweichen[3].

Abbildung 2: Hochrechnung finanzierte Emissionen 2023 Kreditportfolio von Schweizer Banken
Zu den finanzierten Scope 1 und 3 Emissionen kommen die Scope 3-Emissionen, die alle vor- oder nachgelagerten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette umfassen, wie beispielsweise jene, die bei der Errichtung einer Immobilie oder der Nutzung eines Produkts entstehen. Diese Emissionen stellen den grössten Anteil der Gesamtemissionen dar. Die Hochrechnung der finanzierten Emissionen wird sich in den kommenden Jahren den tatsächlich finanzierten Emissionen immer weiter annähern.
Datenqualität
Momentan zeigen die sechs untersuchten Banken gemäss PCAF-Datenqualitätsscore noch eine niedrige Datenqualität bei ihrer Treibhausgasbilanzierung. Die Kategorisierung von grundpfandgesicherten Krediten an Geschäftskunden für die Berechnung der finanzierten Emissionen ist herausfordernd, da der Verwendungszweck der Mittel oft nicht eindeutig ist und sich ändern kann. Zudem sind Daten zu Umsatz, Eigenkapital und Schulden der Unternehmen oft lückenhaft, etwa wegen verspäteter Bilanzeinreichungen oder unvollständiger Abschlussdaten, insbesondere bei grundpfandgesicherten Krediten. Zudem müssen die Emissionen der meisten Firmenkunden geschätzt werden, da keine Daten eingefordert werden oder verfügbar sind. Die Datenqualität wird aufgrund verbesserter Erhebungen zukünftig zunehmend erhöht. Für 2024 wird deshalb erwartet, dass weitere Banken ihre finanzierten Emissionen veröffentlichen, was die Datenbasis und die Schätzung der Emissionen verbessern wird.
Nächster Schritt: Absenkpfad definieren und umsetzen
Die Berechnung der finanzierten Emissionen stellt für eine Bank jedoch nur den ersten Schritt dar. Im Anschluss müssen Banken gemäss dem PCAF-Standard planen und darlegen, wie sie diese Emissionen aktiv reduzieren wollen, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Banken, welche lediglich die aktuellen Vorschriften aus den Selbstregulierungen der Schweizer Bankiervereinigung umsetzen ohne weitere Massnahmen einzuleiten, werden das Netto-Null Ziel wohl nicht erreichen. Um die Emissionen langfristig senken zu können, müssen neben Emissionsreduzierungen bei Wohnimmobilien auch Reduzierungen bei Gewerbeimmobilien und Firmenkundenkrediten stattfinden. Dazu gibt es grundsätzlich vier Möglichkeiten, wie die CO2-Emissionen im Kreditportfolio langfristig reduziert werden können:
A) Ausschluss von Firmen und Gebäuden mit hohen CO2-Emissionen | B) Angebot von grünen Finanzierungsprodukten | C) Anpassung des Preismodells | D) Sensibilisierung und Schulung von Kunden |
Banken können gezielt Kredite an Unternehmen, Branchen oder für Gebäudetypen verweigern, wenn diese einen zu hohen CO2-Ausstoss verursachen oder keinen glaubwürdigen Transitionsplan zu deren Senkung vorlegen können. | Durch die Entwicklung und das Angebot spezieller Produkte, die auf umweltfreundliche Investitionen abzielen, kann ein Anreiz für Kunden geschafft werden, die eigenen Treibhausgasemissionen zu senken. | Bei überdurchschnittlich hohen CO2-Emissionen kann die Zinsmarge erhöht werden, um finanzielle Anreize zu schaffen, diese zu reduzieren. | Die Sensibilisierung der eigenen CO2-Emissionen sowie die Aufklärung über potenziellen ökologischen wie auch finanziellen Folgen eines hohen CO2-Ausstosses können je nach Kunden dazu motivieren, die eigenen Treibhausgasemissionen zu senken. |
Die Wirksamkeit dieser Massnahmen ist bisher kaum erforscht. Die Priorisierung eines Absenkpfads erfordert eine systematische Analyse des eigenen Kreditportfolios auf emissionsintensive Sektoren sowie eine gezielte Strategie zur Emissionsreduktion. Ein Ausschluss (A) kann zwar kurzfristig die Treibhausgasbilanz einer Bank verbessern, führt jedoch nicht zwangsläufig zu einer CO₂-Reduktion in der Realwirtschaft. Oft ist es sinnvoller, emissionsintensive Gebäude oder Unternehmen im Portfolio zu behalten und aktiv bei ihrer Nachhaltigkeitstransformation zu unterstützen. Diese Herangehensweise verbessert die Bilanz zwar langsamer, ermöglicht aber die Reduzierung der realwirtschaftlichen Emissionen besser nachzuvollziehen.
Hier geht es zum Studiendownload
SIX Sustainable Lending Webinar
Am 27. Januar 2025 findet das SIX Sustainable Lending Webinar statt, während welchem Nadine Berchtold die Studie vorstellen wird. Hier geht es zur Anmeldung.
IFZ Sustainable Lending Monitor
Die Studie analysiert den Schweizer Markt für nachhaltige Finanzierungsprodukte. In diesem Jahr wurde zudem der Fokus auf die Berechnung der finanzierten Emissionen im Kreditportfolio sowie auf KMU Nachhaltigkeits-Assessment Tools gelegt. Die Resultate beruhen auf öffentlich verfügbaren Daten sowie auf einer Erhebung mit Tool-Anbietern. Die Studie wurde durch die SIX Group mitfinanziert.
[1] Die Raiffeisen Gruppe hat bei den Firmenkrediten die Emissionen für NOGA-Code 3530 «Wärme- und Kälteversorgung» nicht berechnet.
[2] Die Thurgauer Kantonalbank hat die finanzierten Emissionen der Firmenkredite nicht publiziert.
[3] Detailierte Ausführungen zur Repräsentativität der Stichprobe sind in der Studie zu finden.
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2. Dezember 2024
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2024
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein, Mariam Naseri und Jonas Omlin
Am 21. November 2024 fand zum 13. Mal die IFZ Retail Banking-Konferenz statt. Auch dieses Jahr stand die Veranstaltung im Zeichen innovativer Strategien, spannender Projekte und zukunftsorientierter Technologien. Präsentationen von Schweizer und internationalen Banken sowie FinTechs boten Einblicke in Themen wie «Digital Customer Experience», «Generative AI im Banking», «Nachhaltigkeit in der Hypothekenberatung» und «Herausforderungen und Chancen für Neobanken». Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Retail Banking Studie 2024
Prof. Dr. Andreas Dietrich, IFZ
Eine Zusammenfassung der Retail Banking-Studie 2024 finden Sie hier.
Nachfolgend einige Impressionen von der Konferenz:

Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft bei der Schaffhauser Kantonalbank
Alain Schmid, CEO Schaffhauser Kantonalbank
Die Schaffhauser Kantonalbank (SHKB) legt besonderen Wert auf ihre Regionalität und Verwurzelung. Bereits seit vielen Jahren verfolgt die SHKB die Vision, Kundinnen und Kunden vom «Sparer zum Anleger» zu entwickeln und fokussiert stark auf Vermögensverwaltungsmandate, welche der Kundschaft bereits ab CHF 30’000 offenstehen. Mit einer beeindruckenden Quote von 43 % bei Vermögensverwaltungsmandaten (im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt von ca. 8-10 %) hebt sich die Bank diesbezüglich klar von anderen Retailbanken ab. Klar wurde: Eine solche Positionierung lässt sich nicht innerhalb eines Jahres erreichen. Dieses Ziel wird bereits seit vielen Jahren von einem stabilen und engagierten Team konsequent verfolgt. Neben den tiefen Einstiegshürden könnte auch der Best-in-Class-Ansatz – der Verzicht auf Eigenprodukte – eine entscheidende Rolle dabei spielen.
Banking reimagined: Platforms for Digital CX Excellence
Ekkehard Preis, CIO Erste Digital
Die Erste Digital, der IT-Dienstleister der Erste Group, ist das zentrale Technologieunternehmen der Gruppe und betreibt unter anderem die Plattform „George“, eine der führenden digitalen Banking-Plattformen Europas mit 10 Millionen Nutzer:innen. Die App verzeichnet monatlich 210 Millionen Logins und gehört zu den am besten bewerteten Anwendungen in den App-Stores.
Die Gruppe investiert intensiv in den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und hat bereits zahlreiche Anwendungsfälle getestet. Dabei wurden mit unterschiedlichem Erfolg verschiedene Lösungen implementiert, darunter interne „Knowledge Chatbots“, Beratungs-Chatbots, KI-gestützte Dokumentenanalyse, CoPilots für geschäftliche und technische Anwendungen sowie maschinelles Lernen für CRM, Compliance und Risikomanagement.
Besonders interessant ist der Plattformansatz der Gruppe (beispielsweise Chatbot-, Daten- oder CX-Plattformen). Eine digitale Plattform bildet dabei die Grundlage für Self-Service-APIs, Module, Tools, Services, Wissen und Unterstützung, die als internes Produkt strukturiert sind. Autonome Delivery-Teams können diese Plattformen nutzen, um Produktfunktionen kanalübergreifend schneller und mit reduziertem Abstimmungsaufwand bereitzustellen.
Nachhaltigkeit in der UBS Hypothekenberatung
Ladina Mitropoulos, UBS und Gian Reto a Porta, Norm
Die UBS hat sich dazu bekannt, eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu fördern. Dabei spielt der Immobiliensektor eine wichtige Rolle, da diese in der Schweiz für 24 Prozent der CO2 -Emissionen verantwortlich sind. Deshalb ist die UBS eine Kooperation mit dem Startup NORM eingegangen (siehe hier auch meinen Blog dazu).
Die Kooperation konzentriert sich darauf, Eigentümer:innen bei der Renovation und Steigerung der Energieeffizienz ihrer Immobilien zu unterstützen. UBS-Kundenberater:innen müssen hierfür kein spezialisiertes Fachwissen erwerben, sondern lediglich ihre Kund:innen auf das Angebot von NORM aufmerksam machen. NORM übernimmt anschliessend die energetische Analyse und erstellt innerhalb von etwa zwei Wochen einen Bericht.
Diese Zusammenarbeit ermöglicht es den UBS-Berater:innen, ihre Kund:innen gezielt bei Nachhaltigkeitsthemen zu unterstützen, ohne selbst Experten auf diesem Gebiet sein zu müssen. Erste Erfahrungen mit dem Ansatz sind durchweg positiv. Eine Herausforderung bleibt jedoch, das Angebot noch stärker bei den Kundenberater:innen zu verankern.
Generative AI: Learnings für das Retail Banking
Sophie Hundertmark und Prof. Dr. Nils Hafner, IFZ
Im Vortrag zur Anwendung von Generativer KI im Banking erläuterten Prof. Dr. Nils Hafner und Sophie Hundertmark anhand der eigens entwickelten GenAI-Skala, wie diese innovativen Technologien das Retail Banking grundlegend transformieren können. Die Anwendungsbereiche reichen von kundenorientierten Lösungen wie Chat- und Voicebots bis hin zu Prozessautomatisierungen und KI-gestützten Co-Piloten, etwa individuell entwickelten ChatGPTs. Neben der Identifikation geeigneter Einsatzmöglichkeiten betonten die Referierenden die Bedeutung einer sorgfältigen Implementierung der neuen Technologien. Hierbei dient der KI-Prozess-Kompass, der als zentrales Ergebnis der jüngsten Studie „Generative AI in Finance“ hervorgegangen ist, als wertvolles Instrument zur strukturierten Einführung und Integration dieser Technologien. (Blog-Artikel mit der Zusammenfassung hier; Download der Studie hier).
Revolut in der Schweiz
Julian Biegmann, General Manager Switzerland, Revolut
Revolut zählt weltweit 50 Millionen Kundinnen und Kunden. In der Schweiz verzeichnet das Unternehmen 900’000 Nutzerinnen und Nutzer – ohne bislang Marketingaktivitäten in der Schweiz gemacht zu haben. Seit einem Jahr hat Revolut in der Schweiz einen eigenen Country Manager und mittlerweile sechs Mitarbeitende, welche das Schweizer Geschäft ausbauen sollen.
Das Hauptziel von Revolut ist es, sich als Hauptbank zu etablieren und jährlich 250’000 neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Parallel dazu wird die Produktpalette stetig erweitert: Neben einer „lokalen“ IBAN und spezifischen Angeboten wie eBill und Säule 3a plant Revolut demnächst auch den Handel mit Aktien und ETFs anzubieten. Hierzu gehören auch „fractional shares“, allerdings vorerst mit einer eingeschränkten Auswahl an Schweizer Titeln. Zudem wird ein Robo-Advisor verfügbar sein, mit einer Mindestinvestitionssumme von CHF 100 und einer Gebühr von 0,75%.
Interessant ist auch das neue Angebot des „Flexible Cash Funds“, das als eine Art digitales “Sparkonto” fungiert. Diese Fonds investieren in kurzfristige Geldmarktfonds mit geringer Volatilität und bieten die Möglichkeit, Gelder jederzeit flexibel einzuzahlen oder abzuheben. Die Erträge werden täglich generiert und direkt ausgezahlt.
Credit Agricole next bank: Expanding out footprint in the Swiss Retail Banking Market
Pierre Fortis, Crédit Agricole next bank
Crédit Agricole next bank (Suisse) SA gehört zur Crédit Agricole, welche einer der grössten Banken weltweit ist und als Genossenschaftsbank über knapp 12 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter verfügt. In der Schweiz ist die Crédit Agricole mit mehreren Firmen präsent, die Crédit Agricole next bank (Suisse) SA richtet sich an die Retailkundschaft und hat in der Schweiz 13 Filialen. Aktuell ist sie vor allem in der Westschweiz präsent – in der Deutschschweiz ist die Marke noch weniger bekannt. Gleichwohl: In der Deutschschweiz hat sie alleine im Grossraum Zürich 3 Filialen (!). Zudem ist sie in Basel und Bern präsent. Weiter mögliche Ausbauschritte in der Deutschschweiz sind möglich.
Das Geschäftsmodell ist auch speziell interessant, da es einen gezielten Fokus auf die Bedürfnisse von Grenzgänger:innen und EU-Bürger:innen mit Wohnsitz in der Schweiz legt. Zur Verdeutlichung: In der Schweiz leben etwa 166’000 französische Staatsangehörige, und es gibt rund 400’000 Grenzgänger:innen.
Studienbestellung
Die 260-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2024» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
Wir danken den folgenden Sponsoren und unserem Partner für die Unterstützung:

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Markus Dietrich
2. Dezember 2024
Das wieder einmal eine spannende Konferenz mit interessanten Inhalten und hochkarätigen Referenten. DANKE!
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25. November 2024
Eine Art «Intranet-ChatGPT»-Lösung für Mitarbeitende – so setzt UBS künstliche Intelligenz ein
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Die Künstliche Intelligenz von Microsoft hält Einzug in den Bankalltag bei der UBS. Im Rahmen des jüngsten Quartalsabschlusses Q3/2024, gab UBS die geplante Einführung von rund 50’000 Microsoft Copilot-Lizenzen bekannt. Zusätzlich hat UBS den KI-Assistenten «Red» vorgestellt, der einen vereinfachten Zugang zu Produktinformationen und Investment-Research ermöglichen soll. In diesem Blog gehe ich auf Red ein, diskutiere den aktuellen Entwicklungsstand und zeige das Potenzial für seine zukünftige Weiterentwicklung auf.
Mit den angekündigten Anwendungen der künstlichen Intelligenz sollen UBS-Mitarbeitende durch KI-gestützte Lösungen in ihrer täglichen Arbeit unterstützt werden. Dies mit dem Ziel, die Effizienz im Kundenservice zu erhöhen. Bis März 2025 sollen die Rollouts abgeschlossen sein.
„Red“ wurde im Sommer 2024 eingeführt und zunächst für eine kleine Testgruppe verfügbar gemacht. Anschliessend wurde der Zugang schrittweise auf weitere Mitarbeitende ausgeweitet, wobei Ende September eine erste grössere Gruppe hinzukam. Derzeit nutzen etwa 7’000 Mitarbeitende «Red». Bis Ende des Jahres 2024 soll das System voraussichtlich etwa 20’000 Mitarbeitenden in der Schweiz, Hongkong und Singapur zur Verfügung stehen. „Red“ soll ihnen einen erleichterten Zugang zu Produktinformationen und Investment-Research bieten, um deren Arbeitsabläufe zu unterstützen und Informationen schneller verfügbar zu machen. Beispielsweise können konkrete Fragen zur passenden Kreditkarte oder eine aktuelle Einschätzung zu einem Aktientitel via Red abgefragt werden (weitere Beispiele siehe unten).
Über Red
Im Kern basiert die Red-Lösung auf der Microsoft-Plattform. Sie wurde als eigenständige Lösung aber dediziert für UBS-spezifische Anwendungsfälle und -prozesse im Kundenservice und Vertrieb weiterentwickelt.
Besonders für Kundenberaterinnen und Kundenberater, die täglich auf umfangreiche und verstreute Informationen angewiesen sind, ist der Zugang zu konsolidiertem Wissen entscheidend. In grossen Organisationen wie UBS existiert eine Fülle an Wissen, das jedoch oft unzureichend verteilt ist. Häufig stellen fragmentierte Informationen, die sich über diverse Tools erstrecken, eine Herausforderung dar. Hinzu kommt die teilweise herausfordernde Navigation durch umfangreiche Dokumente und der zeitaufwändige Prozess, Inhalte für Verkaufsargumente und die Kundenkommunikation aufzubereiten.
Mit Hilfe des generativen KI Tools Red soll das «UBS-Wissen» leichter zugänglich werden und effizienter innerhalb der Organisation verbreitet werden. Red wird derzeit vor allem auch für Kundenberaterinnen und Kundenberater eingesetzt. Red ist dabei eine Art «Intranet ChatGPT» und auch in einem ähnlichen einfachen Design gestaltet wie ChatGPT (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Home Bildschirm von Red
Der Zugriff auf die öffentliche Version von ChatGPT ist für UBS-Mitarbeitende blockiert, um den Datenschutz und die Sicherheitsrichtlinien zu wahren.
Red umfasst verschiedene Bereiche. Im Bereich «General» hat UBS einen Bereich geschaffen, wo Mitarbeitende in einem sicheren, kontrollierten Umfeld auf «ChatGPT für Mitarbeitende» mit externen Informationen zugreifen können. Das entsprechende Angebot wurde speziell für UBS entwickelt und wird in der Schweiz gehostet, um sicherzustellen, dass keine Daten ausserhalb des Unternehmens gelangen.
Die Nutzung von Red erfordert wie auch beim ChatGPT ein gewisses Verständnis dafür, wie man mit gezielten Eingabeaufforderungen (Prompts) arbeitet. Mitarbeitende müssen entsprechend lernen, wie sie präzise und klare Anfragen formulieren, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten.
Red beinhaltet natürlich auch eine integrierte Feedbackschleife, die es den Nutzern ermöglicht, Rückmeldungen zur Qualität der Antworten zu geben. Dieser Mechanismus trägt dazu bei, das Tool kontinuierlich zu optimieren.
Red legt zudem auch klare ethische Richtlinien («Guardrails») fest, um schädliche, voreingenommene oder unethische Handlungen zu verhindern. Diese Leitplanken müssen so präzise wie möglich umgesetzt werden, da sie ein zentrales Thema darstellen – etwas, das bei ChatGPT nicht immer gewährleistet ist.
Anwendungsfälle im Produktebereich
Neben den generellen «externen» Anwendungen gibt es auch verschiedene interne Anwendungsfälle wie zum Beispiel «UBS Investments» und «UBS Products».
Ein gutes Beispiel für einen Anwendungsfall im Bereich Products ist die Bereitstellung von Produktinformationen, die häufig auf Factsheets basiert. Nehmen wir etwa die Frage: „Ist die Kreditkarte XY sinnvoll für eine Person Z, die viel reist und häufig Geld am Bankautomaten abhebt?“. In solchen Fällen folgt die Antwort meist einem standardisierten Aufbau, da dieselben allgemeinen Informationen und Empfehlungen gegeben werden. Die Antworten basieren dabei immer auf dem aktuellsten Factsheet. Für einige Kundenberaterinnen und Kundenberater ist dies weniger relevant, während es bei komplexeren Fragen für andere – insbesondere für Neue – besonders wichtig ist, konsistente und aktuelle Informationen zu erhalten.
Zentral ist aus meiner Sicht, dass man nicht «nur» Antworten erhält, sondern Red auch die Quelle direkt im Tool anzeigt, was Navigationszeit spart. Über die entsprechenden Links kann man zur Originalquelle gelangen oder das Originaldokument herunterladen (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Antworten inklusive der Angabe der entsprechenden Quellen
Interessant finde ich auch Anwendungsfälle im Bereich «UBS Investments». Unter UBS Investments beispielsweise können UBS-Mitarbeitende und Kundenberaterinnen und -berater auf interne von UBS «kuratierte» Informationen zu den Finanzmärkten und Investitionsmöglichkeiten zugreifen. Der KI-Assistent Red ist mit Tausenden von Dokumenten verbunden, und die Wissensdatenbank wächst stetig weiter, um wichtige Funktionen innerhalb der Bank zu unterstützen. Red zeigt den Nutzenden themenrelevante Beispiele für Eingaben an («prompts»), damit die Nutzerinnen und Nutzer besser verstehen, welche Informationen man abholen kann.
Fragt ein Endkunde beispielsweise nach einer Einschätzung von UBS zu Palladium, kann der Kundenberater oder die Kundenberaterin in Red die aktuellste Einschätzung dazu abrufen, inklusive eines Links zu den entsprechenden Dokumenten, in denen die Analysen und Überlegungen dargestellt werden.
Die Kundenberaterinnen und Kundenberater können diese Dokumente nach dem Gespräch an die Kundschaft senden oder während eines Beratungsgesprächs die Informationen direkt über Red abrufen und dem Kunden rasch eine Zusammenfassung zur jeweiligen Frage liefern.

Abbildung 3: Einschätzung zu Gold (via Red)
Aktueller Content stellt für solche Lösungen eine Herausforderung dar, insbesondere, wenn es um zeitkritische und regelmässig aktualisierte Inhalte vom CIO-Office geht. Hier greift eine spezielle Logik, die bestimmt, welche Artikel noch gültig sind und welche ihre Relevanz verloren haben. Sobald ein neuer Artikel veröffentlicht wird, wird er direkt in den Scope aufgenommen und entsprechend berücksichtigt.
Fazit
Der Nutzen von Red liegt vor allem in der Erhöhung der Qualität, der Verbesserung der Effizienz und der Möglichkeit, mit der Erweiterung weiterer Use Cases das UBS-Wissen noch breiter abzudecken. Dies führt zu einer zunehmend optimierten Nutzung des Tools und ermöglicht es, Prozesse noch effizienter zu gestalten. Zudem wird das Wissen der Organisation besser verbreitet, da es nicht nur auf eine zentrale Wissensquelle zugreifen kann, sondern es vor allem einfacher wird, mit gezielten Fragestellungen und Prompts direkt zu den entsprechenden Lösungen zu gelangen. Dies stellt einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zu älteren Intranet-Lösungen dar.
Auch für neue Mitarbeitende kann Red ein Effizienzvorteil bedeuten, da sie schnell auf die benötigten Informationen zugreifen können. So können neue Mitarbeitende rasch die richtigen Informationen erhalten und gleichzeitig die Qualität und Transparenz der Antworten gewährleisten.
Insofern finde ich die Lösung sinnvoll und interessant – es ist aber noch immer der Anfang. Bereits beim Durchdenken verschiedener Möglichkeiten und weiterer Use Cases wird deutlich, wie gross das Entwicklungspotenzial ist. Aktuell ist Red ausschliesslich für UBS-Mitarbeitende konzipiert und nicht für Endkunden vorgesehen. Dabei besteht aber ein grosses Potenzial für zukünftige Schnittstellen zur Kundschaft, zum Beispiel bei beratungsintensiven Gesprächen als unterstützendes Tool. Denkbar sind künftig zudem erweiterte und interaktive Informationsangebote auf Webseiten bis hin zu UBS-(Red)Bots, die direkt mit den persönlichen Bots der Kundinnen und Kunden kommunizieren.
Kommentare
3 Kommentare
KI bei der Migros Bank – Mehrwert für Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende - IFZ Retail Banking Blog
17. März 2025
[…] weltweit in vielen Bereichen verändern. Wir haben in diesem Blog bereits über den Einsatz von KI bei der UBS berichtet. Nun konnten wir uns auch bei der Migros Bank einen Überblick über die wichtigsten […]
Jörg Eugster
26. November 2024
Vermutlich wäre der Begriff "EnterpriseGPT" besser als "Intranet-ChatGPT". Die Frage stellt sich auch, ob es sich bei der UBS um eine generative oder eine allgemeine KI handelt.
Kevin Lancashire
25. November 2024
Aus Kundensicht interessant: Hybride Beratung - Red könnte als unterstützendes Tool in Beratungsgesprächen eingesetzt werden, um komplexe Sachverhalte zu visualisieren oder verschiedene Szenarien zu simulieren..
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
21. November 2024
Regionalbanken und Sparkassen,
IFZ Retail-Banking Studie: 40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer möchten eine Immobilie erwerben
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein, Prof. Dr. Christoph Lengwiler und Prof. Dr. Marco Passardi
Der Traum vom Eigenheim ist bei der Schweizer Bevölkerung weiterhin stark verbreitet. Die Realisierung dieses Traums ist aber herausfordernd und fast nur via Hypotheken möglich. Der entsprechende Zins soll zwar möglichst tief sein. Doch einen Vergleich der Angebote machen viele nicht. Stattdessen setzt man auf die Hausbank. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Hochschule Luzern, welche im Rahmen der IFZ Retail Banking-Studie veröffentlicht wurde.
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung wohnt in einem Mietverhältnis. Weniger als die Hälfte besitzt ein Eigenheim. Die wichtigsten Wohnaspekte sind zwar (auch) für die meisten Mieterinnen und Mieter gut erfüllt, der Wunsch nach Wohneigentum und hier insbesondere nach einem Einfamilienhaus ist aber weiterhin gross. Er symbolisiert nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch eine langfristige Investition in die Zukunft. Rund 40 Prozent aller Personen haben grundsätzlich den Wunsch nach einer (neuen) Immobilie (vgl. Abbildung 1).

Generationen Y und Z träumen weiterhin vom Einfamilienhaus
Zu unterscheiden sind dabei zwei Hauptgruppen: die «Dreamers» und die «Zweitkäufer». Dreamer suchen ihr erstes Eigenheim und müssen die damit verbundenen, finanziellen Hürden überwinden. Unter ihnen befinden sich vor allem Personen der Generationen Y und Z. Gut die Hälfte der Dreamer strebt primär nach einem Einfamilienhaus. Obwohl die Suche nach dem idealen Zuhause aufgrund steigender Preise und eines begrenzten Angebots herausfordernd ist, bleibt der Wunsch, in einem eigenen Haus zu leben, tief im kollektiven Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung verwurzelt. «Zweitkäufer» besitzen bereits Wohneigentum und suchen ein neues Objekt, das veränderten Lebensbedürfnissen besser entspricht. Hier sind die Babyboomer stärker vertreten.
Realisierung zunehmend komplex
Wie Abbildung 2 zeigt, stellen fehlende Eigenmittel und zu wenig Einkommen für die Mehrheit der Dreamer die grössten Hindernisse dar. Im Gegensatz dazu sind bei den Zweitkäufern die Herausforderungen stärker objektbezogen: 60 Prozent berichten von Schwierigkeiten, ein geeignetes Objekt zu finden, sei es wegen einer ungünstigen Lage oder weil es schlichtweg keine passenden Immobilien gibt. Nur bei rund einem Viertel sind es finanzielle Hürden. Dies deutet darauf hin, dass die aktuellen Immobilienbesitzer oft zögern, ihre Immobilien zu verkaufen. Nicht, weil sie nicht verkaufen möchten, sondern weil sie keine adäquate Anschlusslösung finden können.

Beiden Gruppen ist bewusst, dass die Suche und auch die Finanzierung zunehmend komplex werden, was zu gedämpften Erwartungen führt. Über die Hälfte der Eigenheim-Suchenden sehen persönliche Empfehlungen und den Zufall als beste Wege zur Erfüllung ihres Wohntraums.
Hypothek: Zinsen wichtig – doch viele vergleichen gar nicht
Die Umfrage zeigt ausserdem, dass fast 82 Prozent der Schweizer Eigenheimbesitzer nach wie vor eine Hypothek auf ihre Immobilie haben und diese noch nicht vollständig zurückbezahlt ist. Für die meisten Befragten (86 Prozent) ist ein tiefer Zinssatz ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Hypothekaranbieters sei. Jedoch stellen viele Hypothekarkunden gar keine umfassenden Zinsvergleiche an: Für eine Neufinanzierung holt jeder Dritte nur eine einzige Offerte ein, wie Abbildung 3 zeigt. Bei einer Verlängerung sogar jeder Zweite. Mit mangelndem Bewusstsein hat das aus Sicht der Studienautoren aber weniger zu tun. Vielmehr ist die Wechselbereitschaft bemerkenswert tief: Für 30 Prozent der Kundinnen und Kunden kommt ein Anbieterwechsel, unabhängig von der Höhe der Zinsdifferenz, gar nicht in Frage. Die Hausbank geniesst aus Sicht der Studienautoren somit in vielen Fällen noch immer grosse Loyalität, besonders wenn ein Wechsel mit zusätzlichen Hürden verbunden ist.

Jede dritte Person legt nachhaltig an
Seit dem 1. Januar 2024 müssen Schweizer Banken das Interesse ihrer Kundschaft an Nachhaltigkeit bei Anlagen ermitteln. Diese sogenannte «ESG-Präferenz» liegt gemäss einer weiteren repräsentativen Bevölkerungsbefragung der HSLU bei 43 Prozent. Der Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger liegt in der Schweiz aktuell bei 34 Prozent. Die Studie zeigt, dass die persönliche Haltung sowie die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (der Glaube daran, durch das eigene Verhalten etwas zu bewirken) und das Wissen zu Nachhaltigkeitsthemen entscheidende Faktoren dafür sind, ob jemand nachhaltig anlegt oder nicht. Auffällig ist aber, dass selbst Personen mit hohem Nachhaltigkeits-Interesse zentrale Konzepte wie «ESG» und «SDG» nur wenig bekannt sind.
Die Untersuchungen zeigen zudem, dass Banken den Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger deutlich erhöhen könnten, wenn sie der Kundschaft nur noch nachhaltige Anlagevorschläge (mit Möglichkeit eines «Opt-Outs») anbieten würden. Damit liesse sich der Anteil Personen, welche teilweise nachhaltig investieren, um fünf Prozentpunkte erhöhen. Der Anteil Personen, welche ausschliesslich nachhaltig investieren, läge sogar um 15 Prozentpunkte höher. Der Finanzsektor kann somit eine bedeutende Rolle bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsziele spielen.
Retailbanken: steigende Zinsmargen, höhere Gewinne und verbesserte Effizienz
Das IFZ untersuchte auch dieses Jahr die Bilanz- und Erfolgsrechnungen aller Schweizer Retailbanken. Basierend auf neun Kennzahlen zeigt die Studie, welche die aus finanzieller Sicht «beste» Retailbank ist (siehe Abbildung 4). Insgesamt ist die finanzielle Verfassung der Schweizer Retailbanken sehr gut. Insbesondere das gestiegene Zinsniveau hat sich in den Geschäftsabschlüssen per Ende 2023 sehr positiv ausgewirkt. Die Zinsmarge stieg von 1.15 auf 1.31 Prozent, wodurch ein achtjähriger Rückgang in einem Jahr wieder wettgemacht wurde. Die Profitabilität (Return on Assets) hat sich um 9 Basispunkte auf 0.49 Prozent erhöht und die Cost/Income Ratio, welche den Geschäftsaufwand dem Geschäftsertrag gegenüberstellt, sank um 4.72 Prozentpunkte auf nun noch 52.82 Prozent.
Neben der Benchmarking-Analyse findet sich in der Studie auch die umfassende Corporate Governance Analyse inklusive Factshets von 72 Retailbanken.

Studienbestellung
Die 240-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2024» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
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Wie Banken den Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger erhöhen können - IFZ Retail Banking Blog
3. März 2025
[…] Seit dem 1. Januar 2025 erheben die Banken basierend auf der Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) auch das Interesse ihrer Bestandeskunden an nachhaltigen Anlagen. Die SBVg verwendet dafür den Begriff «ESG-Präferenzen».[1] ESG steht für Umwelt («Environmental»), Soziales («Social») und Unternehmensführung («Governance»). Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen haben wir basierend auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung bei 3’017 in der Schweiz wohnhaften Personen das Thema nachhaltiges Anlegen untersucht.[2] Die vollständige Studie zu nachhaltigem Anlegen findet sich in der diesjährigen IFZ Retail Banking Studie. […]
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit beim Anlegen – und wer legt nachhaltig an? - IFZ Retail Banking Blog
27. Januar 2025
[…] analysiert.[2] Die vollständige Studie zu nachhaltigem Anlegen findet sich in der diesjährigen IFZ Retail Banking Studie. Nachfolgend gehen wir auf einige Aspekte der Studie […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
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Wie Banken den Anteil nachhaltiger Anlegerinnen und Anleger erhöhen können - IFZ Retail Banking Blog
3. März 2025
[…] unserem Blog vom 27. Januar 2025 haben wir aufgezeigt, wie hoch die ESG-Präferenz in der Schweiz ist und wer nachhaltig anlegt. Zusammengefasst lässt […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.