1. März 2017
IFZ FinTech-Studie: Die Schweiz hat das Potenzial zum globalen FinTech-Zentrum
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Denis Bieri
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern hat zum zweiten Mal eine umfassende Bestandesaufnahme des Schweizer FinTech-Markts vorgenommen. Die Studie zeigt, dass in der Schweiz die Rahmenbedingungen für FinTech-Unternehmen im internationalen Vergleich ausgezeichnet sind. Dies veranschaulicht auch das beachtliche Wachstum der Anzahl Unternehmen von 17 Prozent auf 190 Unternehmen 2016.
Heute erscheint die «IFZ FinTech Study 2017» der Hochschule Luzern. Darin gibt das Projektteam einen umfassenden Überblick über den Schweizer FinTech-Sektor. Der erste Teil der Studie beschreibt das Ökosystem von FinTech: Einerseits wird das politische und rechtliche, ökonomische, soziale sowie technologische Umfeld im Detail besprochen, anderseits werden Auswertungen über die Geschäftsmodelle der 190 Schweizer FinTech-Unternehmen aufgeführt. Im zweiten Teil der Studie werden 104 Schweizer Unternehmen, welche digitale Finanzdienstleistungen anbieten, genauer vorgestellt. In den Übersichten sind unter anderen Informationen zu Zielmärkten, Vertriebskanälen und Ertragsmodellen sowie verschiedene Unternehmenskennzahlen zu finden.
Die Schweiz bietet ausgezeichnete Rahmenbedingungen für die FinTech-Branche
Um die Leistungsfähigkeit des Schweizer FinTech-Ökosystems im internationalen Kontext zu beurteilen, wurde ein globales Ranking für FinTech-Zentren, sogenannte Hubs, erstellt. Das Ranking basiert auf 68 Indikatoren, welche die Rahmenbedingungen bezüglich des politischen und rechtlichen, ökonomischen, sozialen sowie technologischen Umfelds bewerten. So wurden unter anderem die politische Stabilität, die Effizienz der Behörden, der Zugang zu Krediten und Venture Capital, die Anzahl Studienabgänger in den Bereichen Wissenschaft und Technik sowie der Zugang und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie berücksichtigt. Die Analyse zeigt, dass die Branche hierzulande sehr gute Rahmenbedingungen vorfindet: Von 27 untersuchten Städten liegen Zürich und Genf auf Platz 2 und 3 hinter dem erstplatzierten Singapur (siehe Abbildung 1).

Zürich und Genf haben gegenüber Singapur vor allem in der ökonomischen und technologischen Dimension noch Aufholbedarf, wie Abbildung 2 aufzeigt. Bezüglich der politischen/rechtlichen und insbesondere der sozialen Rahmenbedingungen gehören beide Schweizer Städte zu den Führenden.
Die guten Rahmenbedingungen zahlen sich aus: Die Schweizer FinTech-Szene ist 2016 weiter gewachsen. Im vergangenen Jahr waren hierzulande 190 Firmen tätig, wie die eigens von der Hochschule Luzern erarbeitete Datenbank, in der FinTech-Unternehmen mit Geschäftssitz in der Schweiz aufgeführt sind, veranschaulicht. Im Vergleich zu 2015 entspricht das einem Zuwachs von 17 Prozent. 2010 zählte man noch 24 FinTech-Unternehmen. In Bezug auf die Anzahl domizilierter Unternehmen konnte Zürich mit nun 84 (plus 12) FinTech-Firmen die Spitzenposition ausbauen, gefolgt von Zug mit 29 (plus 8) und Genf mit 19 (plus 6). Trotz der steigenden Zahl von FinTech-Unternehmen, den Branchenvereinigungen und Unterstützungsprogrammen konnte dieses Wachstum noch nicht vollumfänglich in neue Arbeitsplätze oder höhere Unternehmensbewertungen umgesetzt werden. Die FinTech-Branche in der Schweiz hat also noch Wachstumspotenzial.
FinTech ist global
Der Schweizer Markt alleine ist zu klein für die meisten FinTech-Geschäftsmodelle. Als Konsequenz hat die globale Ausrichtung und Spezialisierung der Schweizer FinTech-Unternehmen im vergangenen Jahr weiter zugenommen, wie die Studie zeigt. Rund 60 Prozent der Firmen verfolgen ein internationales Business-to-Business-Geschäftsmodel (siehe Abbildung 3). Das heisst, sie sind oft spezialisierte globale Zulieferer von etablierten Finanzdienstleistungsunternehmen. Auch die Inkubatoren/Akzeleratoren und Venture Kapitalgeber agieren international. Daher wird es für das weitere Wachstum der Schweizer FinTech-Industrie wichtig sein, dass einerseits die Produkte und Dienstleistungen global exportiert werden können, und andererseits ein globaler Zugriff auf talentierte Mitarbeitende und Venture Kapital gewährleistet ist. Des Weiteren muss das regulatorische Umfeld – die Studie liefert eine detaillierte Übersicht diesbezüglich – weiterhin dynamisch auf kommende Entwicklungen angepasst werden. Ansonsten werden viele Unternehmen den globalen Markt nicht mehr von der Schweiz aus bearbeiten.

FinTech-Unternehmen sind im Allgemeinen keine Konkurrenz zu Banken
Die FinTech-Firmen kooperieren in den meisten Fällen mit den Banken oder sind deren Zulieferer. Zudem haben sich die Ertragsmodelle der FinTech-Betriebe im vergangenen Jahr in Richtung Lizenzgebühren und SaaS (Software-as-a-Service), wie üblich für technologiegetriebene Geschäftsmodelle, verschoben. Die typischen Ertragsmodelle der etablierten Finanzunternehmen haben für die Unternehmen eine geringe Bedeutung (Zins- und Handelsgeschäfte) oder verlieren an Relevanz (Kommissionsgeschäfte). Die Firmen unterstützen also die Banken in ihren Digitalisierungsbemühungen als innovative Speerspitze, statt diese direkt zu konkurrenzieren. Für die Zukunft lässt dies eher auf eine evolutionäre Entwicklung im FinTech Bereich schliessen, als einen disruptiven Big Bang.
Die gesamte 125-seitige Studie (auf Englisch) kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden.
Bei Fragen zur „IFZ FinTech Study 2017“ wenden Sie sich bitte an Dr. Thomas Ankenbrand.
Wir bedanken uns herzlich bei folgenden Sponsoren für die finanzielle Unterstützung:
20. Februar 2017
Digitalisierung und neues Produktangebot in der Vorsorge bei der Aargauischen Kantonalbank
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Der Vorsorge-Bereich hat bei Banken zwar eine gewisse Bedeutung. Die Innovationen in diesem Segment haben sich in den vergangenen Jahren aber in Grenzen gehalten. Die Aargauische Kantonalbank (AKB) bietet seit Kurzem eine vergleichsweise flexible Anlagelösung für Vorsorgegelder an. Mit einer interaktiven Informationsplattform können sich Kundinnen und Kunden ein individuelles Portfolio zusammenstellen. Im heutigen Blog-Artikel möchte ich die Lösung der AKB vorstellen.
Potenzial im Vorsorgebereich
Das Anlegen von Vorsorgegeldern ist nicht ausschliesslich eine Aufgabe von Staat und Pensionskassen. Die freiwillige, individuelle, steuerlich begünstigte 3. Säule des Schweizer Altersvorsorgesystems gewinnt aufgrund von Kürzungen bei der beruflichen Vorsorge an Bedeutung. Zurzeit wird diese jedoch noch immer eher wenig genutzt. Laut UBS besitzt „nur“ rund die Hälfte der Menschen im erwerbsfähigen Alter in der Schweiz ein Säule 3a-Konto, davon zahlt weniger als ein Drittel den jährlichen Maximalbetrag ein. Nichtsdestotrotz betrugen die in der Säule 3a gebundenen Vermögenswerte per Ende 2015 bei Banken rund CHF 55 Milliarden und bei Versicherungen rund CHF 42 Milliarden (FINMA, 2015; SNB, 2015).
Grundsätzlich sind Personen, welche über ein Freizügigkeitskonto verfügen (z.B. durch eine zwischenzeitliche Aufgabe der Erwerbstätigkeit) oder ein Säule 3a-Vorsorgekonto unterhalten, selbst (mit-) verantwortlich für deren Ertragsoptimierung.
Neben den „klassischen“ Säule 3a-Konten mit Vorzugszins gibt es auf dem Markt auch eine Vielzahl von Produkten der 3. Säule, die an Wertschriftenanlagen gebunden sind. Obwohl die Berichterstattung über die tiefe Zinssituation von vielen Personen verfolgt wird und in den vergangenen Jahren die Rendite mit dem 3a-Wertschriftensparen oftmals höher war als mit den Vorsorgekonten, schichten nur wenige Kunden ihre Vorsorgegelder in Wertschriftenlösungen um. Gemäss Angaben einiger Banken beträgt der Anteil Fondslösungen der Säule 3a am Gesamtvolumen rund 15 Prozent.
In der Regel beinhalten die entsprechenden Produkte jeweils gemischte Vorsorgefonds, welche die gesetzlichen Anlagerichtlinien BVV2 (z.B. max. Aktienanteil von 50%) einhalten und über diverse Anlagekategorien wie Aktien und Obligationen diversifiziert sind. Diese stehen einem breiten Publikum nur in wenigen unterschiedlichen Ausprägungen zur Verfügung. Wer eigene Vorstellungen und Wünsche bezüglich seiner Portfoliozusammensetzung hat, findet nur bei sehr wenigen Banken ein entsprechendes Angebot.
Der Ansatz der AKB
Genau an diesem Punkt setzt das neue Angebot der AKB an und bietet eine flexiblere Variante im Baukastenprinzip. Allen Vorsorgenehmern stehen über 20 Anlagefonds (oftmals ETF) in den Anlageklassen Obligationen, Aktien, Immobilien und weitere nicht-traditionelle Anlagen (z.B. Rohstoffe, CoCos, Cat Bonds) zur Verfügung. Damit kann eine persönliche und individuelle Vorsorgelösung zusammengestellt werden. Der nicht investierte Vermögensteil verbleibt auf dem Vorsorgesparkonto und wird weiterhin zu Vorzugskonditionen verzinst. Mit diesem Ansatz können zum Beispiel Obligationen komplett weggelassen werden. Wer über eine besonders hohe Risikofähigkeit und -bereitschaft verfügt, kann im Rahmen «erweiterter Anlagerichtlinien» bis zu 75 Prozent in Aktien investieren.
Unabhängig von seinem Anlageentscheid hat der Kunde im Rahmen seiner Vorsorge jederzeit Zugriff auf seine Anlagen. Anpassungen am Portfolio und Titeländerungen können der AKB jederzeit in Auftrag gegeben werden. Bei der Auflösung des Vorsorgeverhältnisses (beispielsweise im Rahmen der Pensionierung) lassen sich die Wertschriften auch in das private Depot übertragen.
Der Tarif beträgt 0.75 Prozent für die Führung des Depots (inkl. Stiftungs-Administrations-Gebühren). Zusätzlich kommen noch die TER der einzelnen Fonds dazu, welche zumeist um die 20 Basispunkte kosten. Nicht traditionelle Anlagen sind teilweise deutlich teurer, wobei der Kunde auch sämtliche Retrozessionen weitergeleitet bekommt. Der Anteil Liquidität auf dem Vorsorgekonto bleibt weiterhin gebührenfrei.
Digital unterstützte Lösung
Für die Lancierung dieses Produkts wurde auf der AKB-Homepage eine Microsite lanciert, welche den Kunden auf einfache Art und Weise durch den Prozess führt und ihm möglichst intuitiv das jeweilige Risiko-Rendite-Profil aufzeigt. Durch „Regelschieber“ sieht man, wie sich das individuelle Portfolio, respektive die erwartete Rendite und das Risiko verändern.
Wie bei vielen Lösungen anderer Banken ist aber auch dieses einfache digitale Front-End (noch) nicht an das Kernbanken-System angebunden, sodass die nachgelagerten Prozesse noch immer teilweise manuell abgearbeitet werden müssen. Gemäss Aussagen von Dr. Pascal Koradi, CEO der AKB, möchte man mit diesem Front-End Tool aber zuerst auch die Akzeptanz testen, bevor man die Anbindung ans Back-End vornimmt.
Mehr zur Lösung finden Sie hier mit einem Video.
Welche Kunden nutzen das?
Wie oben erwähnt, nutzen derzeit erst relativ wenige Personen das wertschriftengebundene Vorsorgesparen. Ebenso ist bekannt, dass die Menschen den Aktienmärkten nur bedingt trauen – trotz ihrer momentan guten Entwicklung. Insofern kann man für ein solches Produkt vor allem drei potenzielle Kundengruppen ansprechen:
- Neue Kunden gewinnen, die zuvor noch gar kein Säule 3a-Konto hatten.
- Den Anteil derjenigen Kunden erhöhen, welche von einem 3a-Vorsorge- oder Freizügigkeitskonto mit Vorzugszins zu einer individuellen wertschriftenbasierten Lösung wechseln.
- Bereits existierende Kunden mit einem gemischten Vorsorgefonds zu dieser flexibleren Lösung bewegen.
Die AKB erhofft sich, wohl insbesondere, Kunden mit Vorsorgegeldern für das flexible Wertpapiersparen zu begeistern. Neue Kunden zu gewinnen ist nicht ganz einfach. Auch das vorgestellte Tool wird aus meiner Sicht nicht wirklich helfen, Neukunden zu akquirieren. Gleichzeitig ist es aber natürlich das Ziel jeder Bank, zusätzliche Säule 3a-Kunden zu gewinnen. Dies ist auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass Kunden meistens ihre Hauptbankbeziehung dort haben, wo sie das Konto 3a führen.
Fazit
Der Vorsorge-Markt in der Schweiz ist zwar ziemlich gross, aber auch eher träge. Ein Produkt im Bereich des steuerbegünstigten Wertschriftensparens kann zwar gut erklärt werden, führt aber wohl bei vielen Kunden auch zu einer gewissen Skepsis, da die meisten Kunden mit dem Vorsorgekonto vor allem Sicherheit und den Erhalt ihres Vermögens als Ziel haben. Die vorgestellte, leicht digitalisierte Version der AKB wird ohne grössere Begleitmassnahmen aus meiner Sicht auch nur bedingt helfen, ein Wachstum in diesem Marktsegment zu erreichen. Gleichzeitig begrüsse ich jedoch diesen Schritt der AKB und finde einerseits die Möglichkeit der individuellen Portfolio-Zusammenstellung ein gutes Angebot (v.a. für etwas sophistiziertere Anleger/Sparer). Auf der anderen Seite finde ich die digitale Umsetzung der vorgestellten Lösung gelungen und intuitiv. Insgesamt bin ich auch gespannt darauf, ob generell der Vorsorgebereich zukünftig stärker in den Fokus der Digitalisierungsbemühungen rücken wird.
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13. Februar 2017
Finanzierung von Gemeinden, Städten und Kantonen via Internet: Fulminanter Start von loanboox
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Simon Amrein
loanboox ist die erste Online-Plattform in der Schweiz, die Kredite für öffentlich-rechtliche Körperschaften via Internet vermittelt. In den ersten fünf Monaten hat die Plattform bereits ein beindruckendes Wachstum hingelegt und Finanzierungen in der Höhe von über CHF 1.3 Milliarden wurden angefragt. Im Gegensatz zu typischen Crowdfunding-Plattformen basiert das Geschäftsmodell auf einem B2B-Ansatz und steht nur institutionellen und professionellen Anlegern offen. Im heutigen Blog-Beitrag stellen wir loanboox kurz vor.
Das Geschäftsmodell
Seit dem 1. September 2016 ist loanboox als Online-Vermittlungsplattform für öffentlich-rechtliche Körperschaften (ÖRK) und professionelle Investoren aktiv. Das Unternehmen hat derzeit 12 Mitarbeitende. Auf der Plattform können Gemeinden, Städte oder Kantone Kreditgesuche von CHF 500’000 bis CHF 500 Millionen aufschalten. Institutionellen Investoren, nicht aber privaten Personen, ist es anschliessend möglich, Finanzierungsangebote zu unterbreiten. Die Kredite können von einem oder mehreren Kreditgebern finanziert werden. Bis anhin wurden die meisten Kredite aber nur von einer einzelnen Gegenpartei vergeben. loanboox beschränkt sich auf die Rolle als reiner Vermittler und verlangt nur vom Kreditnehmer bei erfolgreichem Finanzierungsabschluss eine einmalige Gebühr in der Höhe von einem Basispunkt pro Laufzeitjahr. Für Kapitalgeber ist es kostenlos. Bei Vertragsabschluss bleibt es den Parteien vorbehalten, das Standardvertragswerk von loanboox zu nutzen oder einen eigenen Kreditvertrag aufzusetzen (z.B. gemäss eigenen Richtlinien). Sofern der Kreditnehmer nicht über ein Credit Rating verfügt oder eine zweite Meinung erwünscht ist, kann der Kreditgeber ein solches direkt auf der Plattform über das Credit Research Unternehmen Independent Credit View anfordern.
Fulminanter Start
Seitdem die Plattform im September 2016 online gegangen ist, wurden per Ende Januar 2017 bereits 96 Finanzierungsanfragen mit einem Volumen von über CHF 1.3 Milliarden angefragt. Die effektiv vermittelten Volumina kommuniziert loanboox aktuell nicht. Das angefragte Volumen ist aber durchaus beachtlich, hatten doch Banken zuhanden der öffentlichen Hand per Oktober 2016 rund CHF 25 Milliarden an Krediten ausstehend (Quelle: SNB). Der Bruttoschuldbetrag der öffentlichen Hand (Bund, Kantone, Gemeinden, Sozialversicherungen) betrug gemäss SNB in 2015 rund CHF 220 Milliarden.
Mittlerweile sind über 200 ÖRK und 82 institutionelle Investoren auf der Plattform aktiv. Die ÖRK können dabei nicht nur als Kreditnehmer, sondern auch als Kreditgeber auftreten. Unter den institutionellen Plattformen befinden sich interessanterweise auch Banken.
Fazit
Das Geschäftsmodell von loanboox ist mit seinem Fokus auf ÖRK-Kredite hierzulande bisher einzigartig und überzeugt vor allem durch die Einfachheit und die tiefen Kosten. Diese Kostenführerschafts-Strategie führt aber auch dazu, dass das Geschäftsmodell erst ab einem sehr hohen Volumen überhaupt ausreichend Ertrag abwirft. Beispielsweise führt ein Volumen von CHF 10 Milliarden über die Laufzeit von einem Jahr «nur» zu einem Ertrag von CHF 1 Million. Insofern kann man auch erkennen, in welchen Grössenordnungen das Managementteam denkt, respektive auf welche hohen Volumina die Plattform angewiesen ist, damit auch der Business Case aufgeht. Gleichzeitig können wir uns jedoch gut vorstellen, dass das Modell in einer zweiten Phase weiter ausgebaut wird und auch Unternehmensfinanzierungen direkt über eine solche Plattform laufen könnten. In einem solchen Fall würde das Marktpotenzial natürlich noch einmal stark ansteigen.
Interessant ist aus unserer Sicht zudem, dass sich in der Schweiz nun erste Plattformen im B2B-Bereich (Business-to-Business) positionieren. Derweil die Volumina von P2P-Modellen (Private-to-Private; z.B. Konsumkredite über Crowdfunding-Plattformen) oder P2B-Modellen (Private-to-Business; z.B. KMU-Kredite über Crowdfunding-Plattformen) derzeit noch im tiefen Millionenbereich sind und den Banken (momentan) noch wenig Bauchschmerzen bereiten, sollten solche Modelle im B2B-Bereich (z.B. institutionelle Investoren finanzieren Gemeinden direkt) – ein weiteres Beispiel ist Remaco mit seinem Corporate Direct Lending Modell – auch von den Banken stärker beobachtet werden. Die hohen und schnellen Wachstumszahlen haben uns etwas überrascht, zeigen aber den offenbar grossen Bedarf an solchen Lösungen auf. Ebenso spielt natürlich auch das aktuelle Tiefzinsumfeld der Plattform in die Hände. In der weiteren Entwicklung von loanboox wird es spannend zu sehen sein, ob Banken diese Plattform noch vermehrt auch als neuen Vertriebskanal nutzen um Kredite über die Plattform zu vergeben.
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6. Februar 2017
IFZ FinTech Konferenz 2017
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand und Dr. Denis Bieri
Die Kernaussagen der letztjährigen Ausgabe der IFZ FinTech Studie waren:
- Das Schweizer FinTech Ökosystem ist grösser und besser als generell wahrgenommen.
- Der Schweizer Markt alleine ist zu klein für die meisten FinTech Geschäftsmodelle.
- Es ist genug Venture Capital verfügbar.
- Regulierung erlaubt Innovation.
Möchten Sie nun wissen, wie sich der Schweizer FinTech Markt im Jahr 2016 weiterentwickelt hat? Die IFZ FinTech Konferenz, welche am Nachmittag des 1. März 2017 in Zug stattfindet, gibt insbesondere konkrete Antworten zu folgenden Fragen:
- Hinkt die Schweizer FinTech Szene tatsächlich hinter London, Singapur, dem Silicon Valley, etc. her? Was können wir in der Schweiz von den Besten lernen?
- Ist in der Schweiz nach den CHF 27 Mio. im Jahr 2015 nun mehr Geld in die FinTech Branche geflossen?
- Wieso kann BioTech viel mehr Geld anziehen als FinTech?
- Was ist ein Initial Coin Offering?
- Welche regulatorischen FinTech-Veränderungen haben das Jahr 2016 geprägt?
- Welcher Bereich entpuppt sich als stärkstes FinTech-Segment?
- Stellen FinTechs, wie oftmals postuliert, tatsächlich eine Konkurrenz für traditionelle Banken dar?
Hochkarätige Referenten beantworten diese und weitere Fragen und geben Auskunft über verschiedene Aspekte und Entwicklungen im FinTech Bereich. Ebenso stellen wir die Resultate der zweiten IFZ FinTech Studie vor.
Gerne laden wir Sie ein, an den spannenden Vorträgen und Diskussionen teilzunehmen. Das Programm sieht wie folgt aus:
- Patrick Winistörfer, Stv. Leiter Sektion Finanzmarktanalysen, SIF/EFD Regulatorische Herausforderungen durch die Entwicklungen im FinTech-Bereich
- Michael Dillhyon, YouBase What does it need to be the leading blockchain company in the world?
- Stefan Heitmann, CEO and founder, moneypark Erfolgsfaktoren und Stolpersteine für FinTechs in der Schweiz
- Thomas Ankenbrand, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft Vorstellung der IFZ FinTech Studie 2017
- Roundtable: What is needed to become a champion or to survive? Oliver Bussmann (Founder & Managing Partner, Bussmann Advisory), Dolfi Müller (Stadtpräsident Zug) und Myriam Reinle (CEO Lendico Schweiz AG)
Die IFZ FinTech Studie 2017 umfasst folgende Inhalte:
- Die Studie beinhaltet eine umfassende Beschreibung der rechtlichen, sozialen, technologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen für FinTech Unternehmen und vergleicht diese mit dem Ausland.
- Hauptbestandteil der Studie bildet die FinTech Unternehmens-Datenbank. Sie erlaubt ausgewählte Analysen und Einblicke in den Schweizer FinTech Markt.
- Der zweite Teil der Studie enthält über 100 übersichtliche Factsheets von Schweizer FinTech Unternehmen, welche u.a. Einblicke in deren Geschäftsmodell, Zielmärkte, Vertriebskanäle, Finanzierungsstrukturen, etc. geben.
Die Teilnahme an der Konferenz kostet CHF 560.-. Als Teilnehmer erhalten Sie die IFZ FinTech Studie 2017 (Wert CHF 290.-). Bitte melden Sie sich unter ifz@hslu.ch, wenn Sie nur die Studie bestellen möchten. Die Auslieferung der Studie erfolgt nach der Konferenz.
Wir würden uns sehr freuen, Sie an der Konferenz begrüssen zu dürfen!
Hier finden Sie das Anmeldeformular für die Konferenz (inkl. Studie)
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30. Januar 2017
Wie können Retail Banken Data Analytics einsetzen? Use Cases und der Ansatz der Schwyzer Kantonalbank
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Fabio Sigrist
Wie schon einmal erwähnt, hat der Bereich Business Analytics derzeit im Rahmen der Digitalisierung im Bankenbereich (noch) nicht die Bedeutung, die er eigentlich haben könnte. Der Umgang mit Daten ist unseres Erachtens aber ein zentrales Element einer Digitalisierungs-Strategie. Banken verfügen traditionell über viele Daten und mit fortschreitender Digitalisierung wachsen die Datenmengen und auch die Auswertungsmöglichkeiten weiter. Die Frage ist nun vor allem auch, wie Banken diese Daten für eine individuellere Kundenansprache nutzen und damit indirekt auch monetarisieren können. Nachfolgend werden wir einerseits potenzielle verschiedene Anwendungsfälle für Data Analytics für Retail Banken vorstellen. Andererseits werden wir ein Projekt kurz vorstellen, welches das IFZ in Zusammenarbeit mit der Schwyzer Kantonalbank entwickelt hat. Das Ziel dieses Projekts war es, automatisch aus Kundendaten Produktempfehlungen zu generieren.
Was ist Data Analytics?
Allgemein bezeichnet Data Analytics, oder kurz Analytics, das Untersuchen von Daten, um nützliche Informationen zu sammeln, welche für bessere Unternehmensentscheidungen und eine individuellere Kundenkommunikation genutzt werden können. Data Analytics nutzt dabei Daten um auf Faktenbasierte Entscheidungen zu fällen und dadurch einen Zusatznutzen für die Kunden (und damit auch für die Bank) zu generieren. Dabei werden Methoden aus der modernen Statistik und Machine Learning eingesetzt, um erklärende, prädiktive und präskriptive Modelle zu entwickeln. Nachfolgend werden fünf mögliche Einsatzgebiete («Use Cases») von Analytics kurz vorgestellt:
Use Case 1: Churn Prediction
„Customer Churn“ bezeichnet die Wechselwilligkeit und damit das Verlieren von Kunden. Das Ziel eines Churn-Modells ist es, Frühwarnsignale zu generieren, um Kunden zu identifizieren, welche eine hohe Absprung-Wahrscheinlichkeit haben. Machine Learning Modelle versuchen typische Muster zu finden, welche zum Beenden der Kundenbeziehung führen. Dies erlaubt es der Bank Massnahmen zu ergreifen, um den Verlust von Kunden zu verhindern. Gleichzeitig muss man jedoch zwischen den Kosten für diese Massnahmen und den finanziellen Einbussen durch den etwaigen Verlust dieser Kunden abwägen.
Use Case 2: Customer Lifetime Value
Im engen Sinne bezeichnet der Customer Lifetime Value den gesamten Ertrag, den ein Kunde während seines „Kundenlebens“ generieren kann. Häufig beinhaltet die Analyse vom Customer Lifetime Value verschiedene Komponenten. Eine wichtige Komponente ist die Vorhersage vom zukünftigen Vermögen der einzelnen Kunden. Dies erlaubt es Kunden mit viel Entwicklungspotenzial zu identifizieren. Anderseits sind auch Kunden interessant, welche zum jetzigen Zeitpunkt bereits über ein zusätzliches Vermögen bei anderen Banken verfügen. Mit Modellen, welche Vermögen bei Drittbanken erkennen und abschätzen, versucht man die entsprechenden Kunden zu identifizieren und die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um die Hauptbank dieses Kunden zu werden.
Use Case 3: Kundensegmentierung
Die Kundensegmentierung wird von der Mehrheit der Schweizer Retail Banken noch immer über das Vermögen und das Alter des Kunden gemacht. Daneben gibt es jedoch noch eine Vielzahl an weiteren Kundenattributen wie zum Beispiel Transaktionsdaten, Kauf- und Produkt-Nutzungsverhalten, oder auch Verhaltensdaten wie z.B. Web-Nutzungsverhalten, welche für eine Segmentierung verwendet werden könnten. Eine präzisere Segmentierung der Kunden ist aus unserer Sicht für Banken zentral und bietet einen Mehrwert im Bereich eines gezielteren Marketings bei der Preisgestaltung oder auch bei neuen Produktlancierungen.
Use Case 4: Produktempfehlungen generieren
Mit einem Recommender-System kann eruiert werden, welche Produkte oder Dienstleistungen mit grösster Wahrscheinlichkeit von Kunden noch zusätzlich gebraucht werden. Dieses von Amazon bekannte Beispiel («Kunden, die A gekauft haben, haben auch B gekauft») hilft vor allem im Bereich von Cross-und Up-Selling. Algorithmisch generierte Leads können Vertriebskanal übergreifend eingesetzt werden. Je nach Kunde und Vertriebspräferenz, kann man Produktempfehlungen z.B. im direkt Kontakt durch den Kundenberater oder über einen digitalen Kanal machen.
Recommender System der Schwyzer Kantonalbank
Auch die Schwyzer Kantonalbank (SZKB) hat sich entschieden, in Zusammenarbeit mit dem IFZ, ein Recommender System zu verwenden. Das Ziel des Projekts ist es, klare(re) Hinweise darauf zu haben, welche Produkte für welche Kunden möglicherweise spannend sein könnten. Solche Leads können unter anderem direkt online in einem Webportal, im direkten Kontakt mit dem Kundenberater oder für spezielle Promotionen verwendet werden. Der entsprechende Algorithmus wurde dabei individuell auf die Bedürfnisse der SZKB abgestimmt. Bei der Entwicklung wurde eine Vielzahl von möglichen Machine Learning Lösungen getestet und diejenige ausgewählt, welche am Besten auf die Datengrundlage und die Bedürfnisse der SZKB passt. Grob gesagt funktioniert das entwickelte Recommender System so, dass der Algorithmus automatisch lernt, welche Kombinationen von Hat-Produkten und Kundenattributen dazu führen, dass ein Kunde ein weiteres Produkt kauft. Als Bank muss man zudem oft abwägen zwischen Produkten, welche am ehesten zusätzlich vom Kunden gekauft werden, und Produkten, welche man als Bank gerne empfehlen möchte. Die Erfahrung zeigt, dass dies nicht immer dieselben Produkte sind. In diesem Sinne kann die SZKB Präferenzen angeben und das entwickelte Recommender System einfach adjustieren, so dass gewisse Produkte eher empfohlen werden als andere.
Wichtige Punkte bei der Umsetzung
Nebst der Entwicklung und dem Roll-out einer Analytics Lösung, ist auch das anschliessende Monitoring sehr wichtig. Mit Hilfe von Kontrollgruppen lässt sich entscheiden, ob eine neue Analytics Lösung auch tatsächlich einen Mehrwert bringt. Im einfachsten Fall geht man dabei so vor, dass man zwei gleich grosse Gruppen, zufällig ausgewählter Kunden, bildet. Für Kunden der sogenannten „Kontrollgruppe“ wendet man die neue Analytics Lösung nicht an. Man behandelt diese Kunden so, wie man es bis anhin gemacht hat. Je nach Fall, benutzt man weiterhin das bestehende System, überlässt die Entscheidungen dem Kundenberater oder unternimmt nichts Spezifisches. Für Kunden der sogenannten „Experimentalgruppe“ hingegen wendet man die neue Analytics Lösung an. Nach einer Testphase kann dann eruiert werden, ob es signifikante Unterschiede zwischen den zwei Gruppen gibt.
Zudem ist es wichtig, dass Erkenntnisse und Feedbacks aus einer Pilot, oder auch späteren Umsetzungsphasen, wieder in die Entwicklung bzw. Verbesserung der Analytics Lösung fliesst. So ergibt sich ein fruchtbarer Zyklus, in welchem analytische Systeme datenbasiert stets verbessert werden.
Fazit
Die hier vorgestellte Auswahl an Use Cases ist bei weitem nicht vollständig. Es gibt eine Vielzahl an weiteren interessanten und potenziell wichtigen Anwendungen, bei welchen Data Analytics zum Einsatz kommt. Dies beinhaltet unter anderem die automatische Betrugserkennung, die Vorhersage von Kreditwürdigkeit oder die Analyse von Marketingkampagnen. Dass die automatische Auswertung und Verwendung einer wachsenden Datenmenge in Zukunft immer wichtiger sein wird, dürfte unbestritten sein. Welche Analytics Lösungen und Anwendungen schlussendlich den grössten Mehrwert für Retail Banken generieren, wird die Zukunft zeigen. Wichtig scheint aus unserer Sicht aber, dass sich auch Retail Banken bald intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen.
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23. Januar 2017
Aktuelle Entwicklungen im Schweizer Crowdlending Markt
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Simon Amrein
Der Crowdlending-Markt in der Schweiz ist seit einiger Zeit sehr stark in Bewegung. Es gibt zahlreiche neue Unternehmen und Geschäftsmodelle, welche sich in diesem Markt etablieren möchten. In einer losen Serie möchten wir auf diesem Blog auf einige aus unserer Sicht interessante neue Angebote eingehen. Heute stellen wir einerseits die in der Schweiz seit dem 1. Dezember 2016 aktive Plattform Lendico vor. Auf der anderen Seite zeigen wir das Konzept von CreditGate24 auf, welche seit dem 9. Januar 2017 einen Sekundärmarkt für Crowdlending-Kredite anbietet.
Das Jahr 2016 hat im Schweizer Crowdfunding-Markt einige Veränderungen gebracht. Zum einen kann man einen bedeutenden Wachstumsschub bei der Anzahl der vermittelten Kredite wie auch beim Kreditvolumen beobachten (die genauen Zahlen dazu werden im Mai im Crowdfunding Monitoring des IFZ veröffentlicht). Zum anderen sind neben den bereits im Markt etablierteren Firmen Cashare und CreditGate24 zahlreiche neue Plattformen in den Markt eingetreten. Im Bereich des Crowdlendings für KMU-Kredite waren dies im Jahr 2016 die Plattformen creditworld, swisspeers und Lendico. Auf die Firma Lendico möchten wir nachfolgend etwas genauer eingehen.
A) Lendico
Im Dezember 2016 hat Lendico den Schritt von Deutschland in die Schweiz gewagt. Lendico fokussiert sich auf Crowdlending-Kredite für KMU. In Deutschland ist Lendico seit dem Jahr 2013 aktiv. Das Unternehmen gibt zwar keine Volumenzahlen bekannt, analysiert man aber die Kreditgesuche auf der Webpage in den vergangenen 12 Monaten, so kann man von einem Volumen von rund EUR 20 Millionen im Jahr 2016 ausgehen (für Konsumkredite). Zudem ist Lendico in den Niederlanden, in Österreich und in Brasilien (dort allerdings nur im Bereich der Konsumkredite) tätig. Die Lendico Schweiz AG gehört der LendicoGruppe sowie der PostFinance AG. Weltweit beschäftigt die Lendico Gruppe derzeit rund 100 Mitarbeitende.
Weitere Facts:
- Obwohl Lendico in mehreren Ländern seit einigen Jahren Plattformen betreiben, wurde die Schweizer Plattform für KMU Kredite neu gebaut, um einen hohen Automatisierungsgrad und eine schnelle Skalierung zu ermöglichen.
- Die Schweizer Plattform bietet KMU-Kredite in der Höhe von CHF 10’000 bis CHF 500’000 an.
- Investorenseitig steht die Lendico-Plattform sowohl privaten als auch institutionellen Investoren offen. Insbesondere institutionelle Anleger dürften im Hinblick auf grössere Finanzierungen wichtig sein, limitiert doch die Bankenverordnung die Anzahl Investoren im Crowdlending aktuell noch auf 20 Parteien (siehe dazu auch die vom Bundesrat festgelegten Eckwerte für eine neue Regulierung von FinTech Unternehmen). Die entsprechenden institutionellen Investoren müssen aber zuerst noch «akquiriert» werden.
- Im Gegensatz zu einigen anderen Schweizer Crowdlending-Plattformen ist Lendico immer Gegenpartei von Kreditnehmer und Anleger. Somit fungiert Lendico als Intermediär und schliesst jeweils einen Forderungskaufvertrag (mit dem Anleger), bzw. einen Ratentilgungskreditvertrag (mit dem Kreditnehmer) ab. Entsprechend besteht keine direkte vertragliche Beziehung zwischen Anlegern und dem Kreditnehmer. Dadurch ist die Anonymität für beide Seiten gewährleistet.
- Die Zinssätze für den Kredit bestimmt Lendico – wie beispielsweise auch CreditGate24 oder swisspeers, aber im Gegensatz zum Auktionsverfahren von Cashare – über ein Ratingmodell.
- Die Gebühren bewegen sich für den Kreditnehmer je nach Laufzeit des Kredits zwischen 2.0-4.5 Prozent (einmalig und nur im Erfolgsfall). Den Anlegern wird 1.0 Prozent von jeder erfolgten Rückzahlung des Kreditnehmers abgezogen. Kreditnehmer können zudem ihren Kredit vor Ende der vereinbarten Laufzeit ohne Gebühren jederzeit zurückzuzahlen.
Fazit zu Lendico
Das Angebot von Lendico sieht optisch gut aus, differenziert sich aber von den wichtigsten Konkurrenten im Markt inhaltlich nur in Details. Ebenso sind die Kosten für einen Kreditabschluss von Lendico bei den meisten Krediten etwas höher als bei den anderen Plattformen. Ein möglicher Vorteil von Lendico ist auf der einen Seite die Expertise des deutschen Mutterhauses. Auf der anderen Seite – und dies ist aus unserer Sicht ein wichtiger Erfolgsfaktor von Lendico – ist die auch medial schon breit diskutierte Zusammenarbeit mit PostFinance sicherlich von grossem Vorteil. Die Nutzung des PostFinance-Logos auf der Lendico-Seite und auch das Potenzial, dass die PostFinance gerade auf der Kreditnehmerseite möglicherweise Unterstützung bieten kann, könnten Lendico helfen, sich im hiesigen Markt zu etablieren.
B) CreditGate24 führt einen Sekundärmarkt ein
Rechtlich ähnlich aufgebaut wie Lendico ist die Plattform von CreditGate24, das schon seit März 2015 P2P Kredite vermittelt. Auch in diesem Geschäftsmodell sind keine direkten Vertragsabschlüsse zwischen Kreditnehmer und -geber vorgesehen. Stattdessen schliessen beide Parteien mit CreditGate24 einen Vertrag ab. Dieses Konstrukt ermöglicht es CreditGate24, auf relativ unkomplizierte Art einen Sekundärmarkt aufzubauen. Der Sekundärmarkt basiert wiederum auf dem P2P-Modell. Der ursprüngliche Investor tritt dabei seine Forderungen an einen neuen Investor ab. Die verkaufende Person kann dabei die Forderung entweder zum eigentlichen Wert oder mit Auf- bzw. Abschlag weiterverkaufen (bis zu +/- 10%). Direkte Zusatzgebühren fallen für die verkaufende Person keine an. Da CreditGate24 aber jeweils 1.0 Prozent auf dem vermittelten Kredit verdient, erhält die Firma abhängig vom ausstehenden Kreditvolumen für den gleichen Kredit aber mehr, wenn er auf dem Sekundärmarkt gehandelt wird. Wir erachten dieses Gebührenmodell entsprechend als fair.
Fazit zum Sekundärmarkt im Crowdlending
Gemäss Aussagen von Teddy Amberg, Partner bei CreditGate24, habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Suche nach privaten Investoren bei Krediten mit längeren Laufzeiten von über drei Jahren deutlich schwieriger gewesen sei und vorwiegend institutionelle Investoren diese Kredite finanziert haben. Crowdlending ist, wie andere alternative Anlageklassen, bisher ein sehr illiquider Markt. Ein funktionierender Sekundärmarkt könnte nun dazu beitragen, dass die Hürden für private Investoren für längerfristige Investitionen etwas sinken, da man (theoretisch) jederzeit die Möglichkeit hat, seine Forderungen abzutreten. Alleine schon die Exit-Option könnte also dazu führen, dass zusätzliche private Investoren längerfristige Kredite finanzieren. Ob diese Möglichkeit auch tatsächlich genutzt wird, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen. Wir persönlich begrüssen diesen Schritt aber und sind der Meinung, dass sich ein entsprechender Versuch – auch in Anbetracht des beschränkten Aufwands auf Seiten der Plattform – lohnt. Gleichzeitig erwarten wir nicht, dass allzu viele Investoren von diesem Recht Gebrauchen machen werden. In der Schweiz ist dies der erste Sekundärmarkt im Bereich des Crowdfunding. In den USA hatten Lending Club und Prosper einen Sekundärmarkt für Notes auf der Broker Plattform FOLIOfn eingeführt. Prosper hat den Sekundärmarkt aber gerade im letzten Oktober wieder geschlossen, weil er gemäss Aussagen von Prosper zu wenig genutzt wurde.
Schlussfazit
Beide Plattformen – Lendico und CreditGate24 – sind Beispiele dafür, dass sich insbesondere der Crowdlending-Markt im Bereich KMU-Finanzierungen in der Schweiz weiterentwickelt hat. Die Anzahl an Crowdlending Plattformen hat sich stark erhöht, zudem werden die Geschäftsmodelle weiter differenziert. Für uns sind dies typische Merkmale einer frühen Phase der Marktentwicklung. Wir erwarten denn auch, dass sich die Volumina in diesem Bereich im 2016 und 2017 sehr stark ausweiten werden.
PS: Myriam Reinle, CEO von Lendico wird gemeinsam mit Oliver Bussmann (Bussmann Advisory) und Dolfi Müller (Stadtpräsident Zug) anlässlich der IFZ FinTech Konferenz am 1. März das Thema „What is needed to become a champion or to survive?“ diskutieren. Mehr Infos zu dieser spannenden Konferenz finden Sie hier.
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17. Januar 2017
Online signieren einfach gemacht: Die UBS lanciert die qualifizierte elektronische Signatur
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Im Januar wird UBS als schweizweit erste Bank die qualifizierte elektronische Signatur (QES) einführen. Die Hürden für die Einführung dieser Unterschrift waren hoch und das Projekt entsprechend umfangreich. Warum es sich aus Sicht UBS trotzdem lohnen könnte und ob die Einführung der qualifizierten elektronischen Signatur auch eine Option für andere Banken ist, erläutere ich im nachfolgenden Blog.
Viele Bank-Dokumente werden heute noch ausgedruckt, weil sie aufgrund rechtlicher oder bankinterner Vorgaben eine oder mehrere handgeschriebene Unterschriften benötigen. Dieser Prozess bedeutet für den Kunden viel Aufwand (ausdrucken, unterschreiben, scannen – evtl. Postversand) und einen Zeitverzug in der Nutzung der damit verbundenen Dienstleistungen. Seitens der Bank führt der Prozess oftmals zu einer tieferen Effizienz, einer erhöhten Komplexität infolge der Archivierung und nicht zuletzt zu einer Belastung der Umwelt durch die Verwendung und den Transport von Papier. Daher macht es Sinn, dass sich auch Banken verstärkt mit elektronischen Unterschriften befassen.
Mit der qualifizierten elektronischen Signatur können Geschäftsprozesse vollständig auf dem digitalen Weg abgewickelt werden. Das Einholen von Unterschriften, der Postversand und das Einscannen der unterschriebenen Dokumente entfallen dadurch – die Kunden gewinnen Zeit. Obwohl diese Möglichkeit schon länger ein Thema ist, haben sich elektronische Signaturen bisher nur sehr langsam verbreitet. Neben Kosten-Nutzen-Überlegungen auf Seiten von Banken und anderen Unternehmen stehen auch weiche Faktoren – sprich: Vorbehalte, respektive mangelnde Akzeptanz der Kunden – und zu einem gewissen Grad auch die Anpassung der bestehenden Systeme und Prozesse an die neue Technologie einer weiteren Verbreitung derzeit noch im Weg.
Formen der elektronischen Signatur
Grundsätzlich können drei Arten von elektronischen Signaturen unterschieden werden: Neben den „einfachen“ gibt es auch „fortgeschrittene“ und „qualifizierte“ elektronische Signaturen. Die rechtlichen Details sind im Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) geregelt. Eine elektronische Signatur dient dazu, die Authentizität und Integrität von elektronischen Informationen zu verifizieren. Im Gegensatz zur einfachen Signatur ist es mithilfe der fortgeschrittenen Signatur möglich, deren Inhaber eindeutig zu idenfizieren und die authentifizierten Informationen nachträglich nicht mehr zu verändern, ohne dass dies erkannt wird. Die qualifizierte Signatur geht noch einen Schritt weiter: Sie weist alle Merkmale der fortgeschrittenen Signatur auf, beruht jedoch auf einem qualifizierten Zertifikat (sozusagen einem kryptographischen Schlüssel, der von einem anerkannten Zertifizierungsanbieter erstellt wurde), welches nur für Personen erstellt werden darf, die bestimmte Identifikationskriterien erfüllt haben.
Die fortgeschrittene elektronische Unterschrift wendet beispielsweise die Valiant bei ihrem Digital Onboarding-Prozess an. Weil bei UBS im Onboarding-Paket aber auch der Verkauf einer Kreditkarte inkludiert ist (innerhalb des Bundles), bot sich diese Lösung für UBS nicht an. Denn gemäss dem Konsumkreditgesetz müssen Kreditkarten zwingend eigenhändig oder qualifiziert elektronisch unterschrieben werden. Das ist auch der Grund, warum der Onboarding-Prozess bei UBS bis anhin noch einen unschönen Medienbruch hat und nicht vollständig digital abgewickelt werden kann. Mit der Einführung der qualifizierten elektronischen Unterschrift (QES) hingegen könnte dieser Prozess in Zukunft komplett digital durchgeführt werden. Der Bundesrat hat Ende November 2016 mit der Genehmigung der Totalrevision der Verordnung über die elektronische Signatur, die per 1.1.2017 in Kraft getreten ist, die Voraussetzung dafür geschaffen. Die elektronische Signatur könnte damit mit allen relevanten gesetzlichen Identifikationsanforderungen bereits im Onboarding-Prozess bedient werden. So könnte beispielsweise der Kreditkartenantrag zukünftig direkt im Onboarding-Prozess elektronisch unterzeichnet werden.
Der Ansatz der UBS
Die neue Lösung der UBS sieht vor, die rechtlichen Anforderungen der QES mithilfe der bereits vorhandenen zweistufigen UBS Authentifizierungsmethode (Kartenleser und UBS Access Card) und der zusätzlichen Integration neuer Technologie umzusetzen (#Cryptomathic). Die dafür benötigte Technologie ist derzeit noch sehr teuer, was in hohen Anfangs-Investitionen resultiert. Aufgrund der Einsparung von Versandkosten, der höheren Kunden-Convenience und der verbesserten Prozesseffizienz gehe ich aber davon aus, dass sich diese Investitionen zumindest langfristig rechnen werden.
Das Projekt baut auf bestehenden Prozessen auf. Dies soll garantieren, dass sowohl auf Seiten der Kundenberater, wie auch bei den Kunden keine bedeutenden Verhaltensänderungen notwendig sind. Für Kundenberater und Kunden soll die Möglichkeit der elektronischen Signatur zunächst eine zusätzliche Möglichkeit innerhalb ihrer bekannten Prozesse sein.
Der Prozess
- Die Bank sendet dem Kunden das zu unterschreibende Dokument wie gewohnt an sein E-Banking Konto. Dort findet es der Kunde im „Agreements-Ordner“ seiner Inbox.
- Um den Vertrag elektronisch unterzeichnen zu können, muss er ihn einmal komplett durchscrollen. Verglichen zur physischen Unterzeichnung hat man aus Bankensicht entsprechend etwas mehr Sicherheit, dass der Kunde den Vertrag tatsächlich liest. Interessant wäre zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich auch eine Analyse, wie lange sich der Kunde wirklich Zeit nimmt für das Lesen des Vertrags.
- Danach muss der Kunde per Klick entscheiden, ob er den Vertrag gelesen und verstanden hat oder nicht. Änderungen innerhalb des Vertrages können nicht angebracht werden. Da es sich bei den meisten Verträgen aber um Standardverträge handelt, ist das kein bedeutendes Problem.
- Akzeptiert der Kunde den Vertrag, nimmt er, wie vom Login ins E-Banking gewohnt, seine Access Card Display oder den Kartenleser/Access Card noch ein zweites Mal zur Hand, gibt die von UBS angezeigte Eingabenummer ein und überträgt dann den generierten Code zur Unterzeichnung in das Eingabefeld.
- Das vom Kunden „unterschriebene“ Dokument wird sofort zur Handlungsauslösung weitergereicht und anschliessend bei UBS archiviert, ohne jemals die Bank verlassen zu haben.
Strategische Relevanz
Bei der UBS gibt es derzeit über 2’300 verschiedene Dokumente, die ein Kunde theoretisch unterzeichnen könnte. Es erstaunt deshalb auch nicht, dass in 2015 im Booking Center Schweiz ca. 2.5 Millionen Dokumente „von Hand“ gescannt wurden. Insofern gibt es hier natürlich ein grosses Potenzial, die Versand- und Prozesskosten nachhaltig zu optimieren und gleichzeitig Medienbrüche zu unterbinden. Aus Kundensicht kann die Convenience durch eine elektronische Signatur weiter gesteigert werden. Vor allem für Auslandkunden des Booking Centers Schweiz könnte dieser Digitalisierungsschritt eine grosse Erleichterung sein, bleibt ihnen doch der mehrtägige Postweg erspart. Gleichzeitig steht es aber natürlich nach wie vor allen Kunden frei, auch den klassischen Weg (Unterschrift auf Papier) zu wählen. Zu guter Letzt ist es für die UBS strategisch gesehen wichtig, auch in diesem Bereich der First Mover zu sein und ihre Innovationskraft ein weiteres Mal unter Beweis stellen zu können.
Fazit
Ich persönlich begrüsse den Schritt der UBS, die qualifizierte elektronische Unterschrift im Banking hierzulande einzuführen. Ich sehe dabei vor allem auch grosses Potenzial im Bereich der Erhöhung der Prozesseffizienz und bei der Verbesserung der Kunden Convenience.
Die grosse Herausforderung dieses Projektes, vor allem in Bezug auf eine rasche und erfolgreiche Einführung, liegt dabei einerseits innerhalb der UBS, weil dadurch auch eine gewisse Verhaltensänderung beim Kundenberater veranlasst werden muss. Da die Prozesse aber nicht gross angepasst werden müssen, stehen die Chancen hier ziemlich gut, dass der interne Widerstand begrenzt ist oder das Projekt sogar positiv aufgenommen wird. Auf der anderen Seite liegt ein kritischer Faktor natürlich darin, ob und wie Kunden von diesem Angebot Gebrauch machen werden. Ein Kundennutzen ist zwar vorhanden und es fallen auch keine zusätzlichen Kosten für den Kunden an, um elektronisch signieren zu können. Eine gewisse Skepsis gegenüber elektronischen Signaturen (vgl. SuisseID) könnten aber dazu führen, dass dieses Angebot nicht so schnell angenommen wird, wie man sich das heute erhofft. Des Weiteren deckt auch das Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) noch nicht alle Use Cases kundenfreundlich ab. Vermutlich wird aber die Weiterentwicklung des Gesetzes der Idee der qualifizierten Unterschrift deutlich weiterhelfen.
Eine Prognose zu wagen ist für dieses Projekt nicht ganz einfach, hängt es doch stark von der Akzeptanz der Kunden ab. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass in drei bis fünf Jahren ca. 20-30 Prozent der Verträge der UBS elektronisch unterschrieben werden. Des Weiteren dürfte die qualifizierte elektronische Unterschrift bei der UBS schon bald zu einem durchgängigen Digital Onboarding Prozess führen.
Ob sich die qualifizierte elektronische Unterschrift für reine Retail Banken lohnt, ist zumindest heute noch fraglich. Ich sehe kurzfristig vor allem einen Business Case für Banken mit einem grossen Anlagegeschäft, da die Anzahl Verträge, welche Wealth Management Kunden und Retail Kunden unterschreiben müssen, wohl etwa in einem Verhältnis von 10:1 stehen.
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Lorenz Neher
19. Januar 2017
Hallo Herrr Lehmann Seit geraumer Zeit ist der Service "Signing in the cloud" eine Möglichkeit, wie ein Anbieter elektronische Signaturen in seinen Geschäftsprozess integrieren kann, ohne dabe selbst ein zertifizierter Certifikatsanbieter zu sein. Dabei wird die Signatursoftware in den Prozess integriert und der Hash der Signatur an den Certificate Service Provider (CSP) gesendet. Dort wird der Hash mit dem vom CSP aufbewahrten Signaturschlüssel signiert und zurück gesendet. Die Aufgabe der Bank ist dabei den Signaturschlüssel Inhaber eindeutig zu identifizieren und sicherzustellen, dass über eine vertrauenswürdige Authentifizierung die Signatur eindeutig dem Schlüsselinhaben zugewiesen werden kann. Um dies zu ermöglichen wurde in der überarbeiteten ZertES, die ab dem 1.1.2017 in Kraft ist diese Möglichkeit explizit beschrieben. Die Aufgabe des Dienstanbieters ist also dabei eine Authentifizierung der Person vorzunehmen, die den Anforderungen des ZertES entsprechen und intern das System so abzusichern, dass die Signatur eindeutig der entsprechenden Person zugewiesen werden kann. Das heisst also, dass alle Firmen die wirklich wollen durchgängige, elektronische Geschäftsprozesse realisieren können und gesetzeskonforme Vertragsabschlüsse ohne Medienbrüche realisieren können, ohne selbst ein zertifizierter Dienstanbieter zu sein oder dass jedem Kunden eine Signaturkarte abgegeben werden muss. Das einzige was es braucht ist eine vertrauenswürdige elektronische ID.
Online signieren einfach gemacht: Die UBS lanciert die qualifizierte elektronische Signatur – Blog des VZ Innovation Lab
18. Januar 2017
[…] Quelle: Online signieren einfach gemacht: Die UBS lanciert die qualifizierte elektronische Signatur […]
Daniel Lehmann
17. Januar 2017
Eine qualifizierte elektronsiche Signatur kann nur von einem Zertifizierungsdiensteanbieter erbracht werden, der gemäss ZertES anerkannt ist. Wer ist bei der UBS der Zertifizierungsdiensteanbieter, der für den Identifikationsprozess, das Erstellen des qualifizierten Zertifkats und für den Rest des Zertifizierungsdienstes verantwortlich ist? Hat sich die UBS selbst anerkannen lassen? Wenn ja, wäre dies wohl als am Vertrag selbst beteiligte Partei etwas heikel? Wenn nein; wer erbringt den Zertifizierungsdienst gemäss ZertES? Swisscom? SwissSign? Quo Vadis? Vgl. https://www.sas.admin.ch/sas/de/home/akkreditiertestellen/akkrstellensuchesas/pki.html
Prof. Dr. Andreas Dietrich
17. Januar 2017
Guten Tag Herr Lehmann Das ist die KPMG. Diese ist derzeit meines Wissens die einzige akkreditierte Anerkennungsstelle in der Schweiz.
Daniel Lehmann
17. Januar 2017
Merci Herr Dietrich für Ihre Antwort. KPMG ist Anerkennungsstelle - also die Stelle, welche die Zertifzierungsdiensteanbieter "prüft und zulässt" und anerkennt, dass diese den Zertifizierungdienst in Einhaltung der Bestimmungen des ZertES erbringen. Nicht nach ZertES anerkannte Anbieter von Zertifizierungdiensten dürfen keine qualifizierten elektronischen Signaturen ausstellen. Bei der Lösung der UBS ist also die Frage, wer als (von KPMG) anerkannter Zertifizierungdiensteanbeiter nach ZertES agiert: Entweder hat sich die UBS selbst anerkennen lassen (auf Homepage des BAKOM noch nicht vermerkt - vgl. Link in meinem Post oben) oder sie nutzt den Zertifizierungsdienst eines anerkannten Zertifizierungsdiensteanbieter. Meines Wissens gibt es keinen anderen Weg, um qualifizierte elektronische Signaturen erstellen zu können.
Prof. Dr. Andreas Dietrich
17. Januar 2017
Das wurde gemäss den Informationen, die ich erhalten habe, von SwissSign, einem Unternehmen der Schweizerischen Post, gemacht.
Darius Zumstein
17. Januar 2017
Danke für den spannender Blogeintrag, Andreas! Mir ist es nach wie vor ein Rätsel, warum im Banken- und Versicherungsumfeld immer noch so viel Papier verschickt wird und sich elektronische Signaturen wie die Suisse ID bisher nicht ansatzweise durchsetzten. Die Idee und technische Machbarkeit von digitalen Signaturen wäre ja uralt. Der Abbau der Skepsis und eine Verhaltensänderung bei den Kunden muss durch die Unternehmen wohl durch ökonomische Anreize gefördert bzw. gar erzwungen werden. So wie man z.B. im Telco-Bereich für Dokumente in Papierform Extra-Gebühren verlangt und einer scheinbar banalen Verhaltensänderung nachhelfen musste. Für die junge, neue Generation an Bank- und Versicherungskunden sollte die Nutzung einer digitalen Signatur so selbstverständlich sein, wie die Benutzung der Fingerprint-Authentifizierung bei Apple- oder Android-Geräten. Das Digital Onboarding ist bei einigen Banken wie Raiffeisen, UBS und Valiant schon umgesetzt, viele andere ziehen nach. Die elektronische Unterschrift ist ein wichtiger, weiterer Schritt, eine logische Konsequenz...
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9. Januar 2017
Videoberatung im Banking? Das sagen die Kunden
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Hans-Hinnerk Spindler
Derzeit existieren nur wenige Studien oder Umfrageergebnisse, welche das Thema Videoberatung für Bankgeschäfte aus Sicht der Kunden analysieren. Für die Schweiz sind diesbezüglich – zumindest öffentlich – derzeit noch keine Zahlen vorhanden. Im Rahmen einer nicht repräsentativen Kurz-Umfrage am IFZ wurde daher eruiert, wie Kunden den Einsatz von Videoberatung im Finanzdienstleistungssektor beurteilen.
Wie wir bereits in einem früheren Blog-Artikel aufgezeigt haben, bieten vereinzelte Schweizer Banken seit Längerem verschiedene Formen von Videoberatung an. Einige weitere Institute sind sich derzeit am überlegen, ob und wie sie dieses Instrument einsetzen wollen. Dabei sind sich Banken oftmals noch unsicher, wie und ob Kunden auf solche Angebote ansprechen. Im heutigen Blog-Artikel legen wir daher den Fokus auf die Kundenseite.
Kernergebnisse der Umfrage
An der Umfrage haben insgesamt 97 tendenziell eher jüngere und digital affinere Personen teilgenommen. Entsprechend können die nachfolgenden Informationen für die Schweiz nicht als repräsentativ betrachtet werden. Nichtsdestotrotz gibt es eine erste Indikation, wie Schweizer (Bank-) Kunden diesen zusätzlichen Touch Point beurteilen.
Die wichtigsten Erkenntnisse sind wie folgt:
- Während sich gut zwei Drittel der Teilnehmenden eine Nutzung von Videotelefonie für einfache Anfragen vorstellen können, ist eine Nutzung für komplexe Beratungen nur für knapp 30 Prozent der Teilnehmenden denkbar.
- Eine knappe Mehrheit (56%) kann sich gut vorstellen, ein Produkt über Videotelefonie abzuschliessen (z.B. Kontoeröffnung).
- Nur zwölf Prozent der Teilnehmenden gibt an, dass sie dank Videoberatung häufiger als heute mit ihrer Bank in Kontakt treten würden. Für 88 Prozent der Befragten würde sich die Kontakthäufigkeit nicht ändern.
- Rund zwei Drittel der Teilnehmenden würden Videotelefonie in einer Filiale nicht nutzen (unabhängig davon, ob in diese in der 24h-Zone oder in einem separaten Raum stattfindet).
- Eine Nutzung von Videoberatung auf dem Computer innerhalb des e-Banking oder der Webseite ist dagegen für über 80 Prozent der Teilnehmenden denkbar.
- Videoberatung über das Mobiltelefon oder das Tablet würde nur rund die Hälfte der Umfrageteilnehmenden nutzen. Diese tiefere Zustimmung bei Smartphone und Tablet im Gegensatz zu einer Desktop-Lösung steht auch im Einklang mit der noch immer relativ tiefen Nutzung von mobilen Geräten für Bankgeschäfte.
Insgesamt zeigen diese und weitere Auswertungen, dass die Kunden – wenn sie sich schon für eine Beratung in eine Filiale begeben – einen persönlichen Kontakt erwarten und diesen nicht über einen Videoterminal herstellen wollen. Vor diesem Hintergrund ist das im vergangenen Herbst vorgestellte Modell der unbemannten Beraterbank der Raiffeisenbank Obwalden umso interessanter (vgl. Blog vom 26.9.2016).
Betrachtet man die Ergebnisse in ihrer Gesamtheit, so kann man daraus schliessen, dass die Videotelefonie zwar ein sinnvoller zusätzlicher Kanal sein kann, sie aber heute (noch) nicht das Potenzial hat, andere Kanäle komplett zu ersetzen oder die Kontaktfrequenz der Bank mit ihren Kunden signifikant zu erhöhen. Die Mehrheit der Befragten bevorzugt für komplexe Beratungen nach wie vor den persönlichen Kontakt.

Vergleich mit den Resultaten einer deutschen Studie
Während das Thema Videotelefonie in der Schweiz bisher noch nicht umfassend in einer Studie beleuchtet wurde, haben die Beratungshäuser ELABORATUM und EUROGROUP CONSULTING diese Fragestellung in 2015 für den deutschen Markt behandelt (EGC Eurogroup Consulting AG, 2015). Im Rahmen dieser bevölkerungsrepräsentativen Studie wurden über 3‘200 Bankkunden befragt. Gemäss dieser Studie bleibt der persönliche Kontakt – unabhängig vom Kundensegment – die bevorzugte Variante für die Beratung vor dem Abschluss, wenn es um Finanzprodukte geht. 51 Prozent der befragten Bankkunden bevorzugen das Gespräch in der Filiale. Nur 32 Prozent betrachten die Beratung per Videotelefonie als gleichwertig. Wie die Umfrage auch zeigt, haben 68 Prozent ein grösseres Vertrauen in die persönliche Betreuung in der Filiale. 65 Prozent der befragten Teilnehmenden geben zudem an, vor Ort komplexe Zusammenhänge besser verstehen und die persönlichen Bedürfnisse stärker einbringen zu können. Des Weiteren ist für 52 Prozent der Befragten die („gefühlte“) geringere Sicherheit und für 39 Prozent der Datenschutz der Grund, wieso sie der Videoberatung gegenüber skeptisch sind.
Grundsätzlich zeigt diese Studie also ein ähnliches Bild wie die nicht-repräsentative Umfrage des IFZ. Gerade bei komplexen Beratungen sind nur knapp 30 Prozent der Schweizer Befragten bereit, dies über den Videokanal zu tun. Umgekehrt lässt sich aber auch argumentieren, dass sowohl in Deutschland wie auch in der Schweiz für jeden dritten Bankkunden die Videoberatung eine gleichwertige Alternative zum persönlichen Gespräch vor Ort darstellt. Hinzu kommt, dass sich eine virtuelle persönliche Beratung oftmals spontaner organisieren lässt und geringeren Aufwand (Zeit und Kosten) für Kunden erzeugt.
Fazit
Nimmt man die oben vorgestellten Umfragen als Basis, wird der Kanal der Videoberatung andere Kanäle zumindest kurz- bis mittelfristig nicht ersetzen. Es zeigt sich auch hier, dass sich die Gewohnheiten von Kunden nicht so schnell ändern wie man das vielleicht erwarten könnte. Hat sich ein Bankkunde einmal den für ihn passenden Kanal ausgesucht, ist er danach nur schwierig zu einem Kanalwechsel zu bringen. Gleichwohl empfehlen wir, dass sich Banken frühzeitig mit diesem Kanal und all den verschiedenen Anwendungsfällen auseinandersetzen sollen.
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Videoberatung im Banking? Das sagen die Kunden – VZ Innovation Blog
10. Januar 2017
[…] Quelle: Videoberatung im Banking? Das sagen die Kunden […]
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19. Dezember 2016
Die 10 meist gelesenen Blog-Artikel im Jahr 2016
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Das Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ganz schöne und ruhige Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr wünschen! Zum Abschluss des Jahres finden Sie unten die 10 meistgelesenen Artikel im Jahr 2016. Vielleicht haben Sie einen dieser spannenden Artikel verpasst?
- Digital Onboarding nun auch in der Schweiz möglich – das Beispiel der UBS
- Crowdfunding Monitoring Switzerland
- UBS digitalisiert das Schliessfach
- So fördert PostFinance Innovationen
- Markantes Wachstum im Online-Hypothekarmarkt Schweiz – die Studienergebnisse
- Beratung in einer unbemannten Filiale: Das interessante Experiment der Raiffeisenbank Obwalden
- Welche Bank hat die beliebteste Mobile Banking App?
- Die Digitale Anlageberatung der Graubündner Kantonalbank im Test
- Das neue Login-Verfahren im e-Banking der UBS – Sicherheit und Convenience auch in den Händen der Kunden
- Ähnliches Ziel, anderer Weg: Ein Besuch bei den neuen Filialen von PostFinance und der BKB in Basel
Gleichzeitig möchte ich Sie auch auf einige IFZ-Highlights im Jahr 2017 aufmerksam machen:
Konferenzen
1.3 FinTech Konferenz (inkl. FinTech Studie)
22.6 Innovative Angebote im Banking
16.11 Retail Banking Konferenz (inkl. Retail Banking Studie)
Summer School
3.7-7.7 Summer School FinTech: Blockchain und Data Analytics in der Praxis
Weiterbildungen
Ab 6.4 CAS Digital Banking (Achtung: Der Kurs ist schon fast wieder ausgebucht)
Ab 9.3 MAS Bank Management
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15. Dezember 2016
UBS Immo-Check: Alles aus einer Hand für den Immobilienkauf
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Kunden verbringen vor einem wichtigen Entscheid wie dem Kauf einer Immobilie immer mehr Zeit auf digitalen Kanälen um zu recherchieren und auch Preise zu vergleichen. Gleichzeitig benötigen insbesondere Erstfinanzierer noch professionelle Unterstützung. Die UBS lanciert heute mit dem Immo-Check ein Online Tool, das in Bezug auf die Informationsvielfalt und den Kundennutzen in dieser Recherche-Phase neue Massstäbe setzt. Nachfolgend werde ich im Blog erläutern, warum ich vom neuen Angebot begeistert bin und welches die grosse Frage rund um dieses Angebot ist.
Für komplexe Produkte gilt: Research Online, Purchase Offline (ROPO)
Nur wenige Personen können sich vorstellen, den Abschluss einer Hypothek komplett über den Online-Kanal abzuwickeln. Gleichzeitig ist der Online-Kanal bereits heute zentral in der Suche nach einer passenden Hypothek, resp. einem passenden Angebot für den Kunden. Der Kaufprozess komplexer Bankprodukte beginnt entsprechend in der Regel mit der Analyse im Internet, wird jedoch überwiegend in der Filiale und nach einem persönlichen Gespräch mit einem Experten abgeschlossen (sogenannter „ROPO-Effekt“).
Die heutigen Online- und Vergleichsplattformen oder auch die heute von verschiedenen Banken online zur Verfügung gestellten Informationen zu einem Immobilienkauf bieten insgesamt eher wenig Informationen an. Der Fokus liegt bis anhin auf einem sogenannten „Hypothekenrechner“, der eine erste Indikation gibt, ob potenzielle Kunden die Tragbarkeitsrichtlinien erfüllen. Die Customer Journey beginnt aber eigentlich an einem ganz anderen Ort. Ein Käufer interessiert sich nicht in erster Linie für die Finanzierung, sondern für in Bezug auf das Wohnobjekt relevante Faktoren wie den Steuerfuss, die Nachbarschaft, Lagefaktoren wie beispielsweise die Distanz zu Schulen oder Lärmimmissionen, typischerweise anfallende Renovationskosten je nach Alter der Liegenschaft, oder eine Einschätzung des Marktpreises.
An dieser Stelle setzt die (Multikanal-)Strategie der UBS an. Mit dem neuen, digital unterstützten Beratungsprozess möchte die UBS einerseits den Kunden schon auf der öffentlichen Website spannende(re) Tools zur Verfügung stellen, welche potenzielle Kunden im (online) Recherche-Prozess besser unterstützen. Andererseits soll die Beratungslösung die rund 3‘000 UBS-Retail Kundenberater durch den ganzen Beratungsprozess hindurch – von der Gesprächsvorbereitung bis hin zum eigentlichen Beratungsprozess und der Dokumentenaufbereitung – unterstützen.
Das Konzept des Immo-Check
Der Kunde kann sich auf dieser Plattform zu verschiedenen Teilaspekten eines Haus- oder Wohnungskaufs informieren und sich online auf die Beratung vorbereiten. Der Immo-Check bietet Informationen zu Elementen wie „Lage“, „Gemeinde“, „Renovation“, „Marktwert“ oder „Finanzierung“ an. Die entsprechenden Informationen muss man sich bisher als Kunde auf verschiedenen Webpages etwas mühsam zusammensuchen. Mit dem UBS Immo-Check erhält man alle Informationen aus einer Hand, respektive auf einer Plattform.
Für dieses Projekt ist die UBS eine strategische Partnerschaft mit ImmoScout24 eingegangen, im Bereich der Immobilienverkäufe einer der grössten Player in der Schweiz. Immobiliendaten können via ImmoScout24 direkt im UBS Immo-Check eingelesen werden, wodurch der Kunde die entsprechenden Informationen nicht mehr separat einfügen muss. Ebenso sind die Informationen vom Kunden zum Objekt direkt mit der Beratungsplattform der UBS verknüpft, sodass der Berater nach einer Terminanfrage des Kunden auf alle Informationen sowie hochgeladene Dokumente zugreifen kann. Wenn der Kunde weitere Themen wie die Finanzierungsstrategie sowie einen konkreten Finanzierungsvorschlag diskutieren möchte, ist der Kundenberater dadurch schon gut vorbereitet und kann auf den existierenden Informationen aufsetzen. Der Kunde kann seine Recherche-arbeiten jederzeit unterbrechen und später wieder aufnehmen. Das Tool kann auch von Nicht-Kunden genutzt werden und ist nur für Immobilienkäufe, aber nicht für Verlängerungen von Hypotheken gedacht. Die UBS wird also auch weiterhin keine Online-Hypotheken anbieten, sondern geht hier einen anderen Weg. Weiterhin sind und bleiben die Beratungskompetenz und die Filiale zentral für den Abschluss.
Die Möglichkeiten im Tool
Das Vorgehen im Tool basiert auf den fünf Elementen „Lage“, „Gemeinde“, „Renovation“, „Marktwert“ und „Finanzierung“. Ich werde nachfolgend anhand dieses Prozesses auf die verschiedenen Aspekte eingehen.
1. Lage
Die Mikrolage wird anhand der Wohndresse mithilfe von Daten von Wüest Partner in Bezug auf insgesamt 14 Faktoren bewertet. Sämtliche Aspekte der Infrastruktur und der Immissionen werden mit dem bekannten 5-Sterne Modell bewertet (siehe Abbildung 1). Bereits hier hatte ich persönlich einen Wow-Effekt und habe gestaunt, dass man diese Informationen kostenlos online zur Verfügung erhält. Möchte man hier einzelne Aspekte ausschliessen (z.B. mag für ein älteres Ehepaar die Nähe zu einem Kindergarten nicht entscheidend sein) oder noch mehr in die Tiefe gehen, muss man sich mit einer Email-Adresse und einem Benutzernamen registrieren. Die entsprechenden Präferenzen bleiben auch für zukünftig analysierte Objekte gespeichert.
2. Gemeinde
Unter dem Punkt «Gemeinde» wird unter anderem aufgezeigt, wie hoch der Steuerfuss ist, wie sich die Bevölkerung zusammensetzt, wie viele Einwohner die Gemeinde hat oder wie die Einkommensstruktur ausschaut. Diese Informationen sind sehr wertvoll und werden heute wohl von den meisten Kunden noch selber und separat recherchiert. Im UBS Immo-Check sind all diese Informationen bereits aufbereitet (vgl. Abbildung 2).
3. Renovationsrechner
Persönlich gefällt mir auch der Renovationsrechner. Dieser bietet aus meiner Sicht für den Kunden einen Mehrwert, da er unter anderem basierend auf dem Jahrgang der Liegenschaft aufzeigt, wie hoch die sich unterdessen angestauten Investitionen in Renovationen ausfallen würden (siehe Abbildung 3). Die UBS hat den Renovationsrechner bisher ihren Kunden nur während der Beratungsdienstleistung in der Filiale angeboten. Neu stellt sie dieses Tool auch (Nicht-)Kunden online und kostenlos zur Verfügung. Die entsprechenden Informationen fliessen zudem zu einem späteren Zeitpunkt in die Tragbarkeitsberechnungen ein.
4. Marktwert
Etwas überraschend bietet die UBS auch bereits eine erste Einschätzung zum Marktwert kostenlos und online an. Anhand einer vereinfachten Rechnung und «nur» neun Parametern wird aufgezeigt, ob der Kaufpreis für das Objekt in der zu erwartenden Preisspanne liegt oder ob der Preis etwas höher ist als man dies erwarten könnte. Der genaue Schätzpreis darf online nicht zur Verfügung gestellt werden, aber es gibt den Kunden bereits eine erste wertvolle Einschätzung, ob sich der Objektwert in etwa in einer marktüblichen Spannbreite bewegt. Möchte man eine exaktere Bewertung haben, kann man Kontakt zu einem UBS-Kundenberater aufnehmen und dies in der Filiale diskutieren.
5. Finanzierung
Erst jetzt, in einem 5. Schritt, erfolgt der für den Kunden eigentlich am wenigsten spannendste Schritt: Die Finanzierung der Hypothek. Denkt man konsequent aus Sicht des Kunden, ist es eigentlich logisch, dass die Tragbarkeitsberechnung erst am Schluss erfolgt und nicht am Anfang.
Auch in diesem Teilbereich bietet die UBS einige Zusatzelemente, die ansonsten von anderen Banken zumindest online nicht zur Verfügung stehen (z.B. Miteinbezug Renovationsrechner, genauere Definition der Eigenmittel-Kategorie). Ansonsten sind die Unterschiede zu anderen guten Angeboten nicht fundamental.
Weitere Schritte
Hat man sich durch alles durchgeklickt und möchte man mit einem Kundenberater sprechen, erfolgt nun der «Bruch» von der Online- in die Offline-Welt. Wie oben schon erläutert, werden die vom Kunden erfassten Daten allesamt weitergeleitet und direkt in die UBS Beratungsplattform geladen. Die Vereinbarung eines Termins erfolgt hingegen – und zum Beispiel im Gegensatz zu Möglichkeiten bei der Luzerner Kantonalbank oder bei Retailern wie Apple – noch nicht über ein Online Terminvereinbarungs-Tool. Stattdessen kann man als Kunde angeben, wann man für einen Anruf erreichbar ist, um einen Termin zu vereinbaren. Gleichzeitig steht aber bei jedem Schritt des Immo-Checks das Chat-Angebot der UBS zur Verfügung.
Fazit
Mich persönlich hat der UBS Immo-Check begeistert und teilweise auch erstaunt. Mit diesem Angebot macht die Grossbank aus meiner Sicht einen ziemlich grossen Schritt nach vorne, indem sie sehr viele hochkarätige Informationen, welche dem Kunden bisher nur in einem Beratungsgespräch zur Verfügung gestellt wurden, auch Nicht-Kunden kostenlos (resp. gegen Angabe einer Email-Adresse) online zur Verfügung stellt. Der Immo-Check soll dadurch natürlich als Akquisitionstool für das Ankerprodukt Hypothek verwendet werden. Persönlich schätze ich vor allem, dass die UBS dem Kunden ein Problem löst und ihm viel Recherche-Arbeit erspart. Gerade kürzlich habe ich mich auch persönlich um eine Immobilie gekümmert und dabei gespürt, auf wie vielen Websites man hierfür mühsam Informationen zusammensuchen muss. In diesem UBS-Angebot erhält man dagegen sehr viele wertvolle Informationen kostenlos aus einer Hand. Insofern setzt dieses Online Tool neue, hohe Massstäbe im Markt. Auch die Zusammenarbeit mit ImmoScout24 und die Möglichkeit, die Daten per Mausklick direkt in das UBS-Tool zu übertragen, erachte ich als sinnvoll und innovativ. Ebenso setzt man hier natürlich am genau richtigen Zeitpunkt in der Suche an. Zu guter Letzt erachte ich den Immo-Check als ein Instrument, das klar aus Sicht eines Kunden konzipiert wurde. Das sollte zwar selbstverständlich sein, ist es aber bei vielen digitalen Produkten noch nicht.
Gleichzeitig kann man feststellen, dass die Grossbanken – und hier auch die UBS – in den vergangenen Jahren regelmässig und bedeutend Marktanteile im Hypothekargeschäft verloren haben. Ein zentraler Grund liegt sicherlich auch darin, dass sich die UBS in einem eher hochmargigen Bereich positioniert hat. Insofern wird es interessant zu beobachten sein, ob dieses Tool hilft, nicht nur zusätzliche Kunden auf ihrer Customer Journey zu begleiten, sondern sie auch von der Kompetenz so zu überzeugen, dass sie eventuell etwas höhere Margen zu bezahlen bereit sind. Diese sogenannte Conversion Rate, also die Umwandlung eines Interessenten in einen Kunden, ist aus meiner Sicht das einzige, aber dafür grosse Fragezeichen in diesem Projekt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieses Angebot von potenziellen Kunden rege benutzt wird und die UBS danach gegenüber heute zusätzliche Chancen erhält, ein Finanzierungsangebot zu unterbreiten. Gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass die entsprechenden Kunden weiterhin mindestens zwei weitere Angebote prüfen. Bleibt die UBS weiterhin ihre Premium-Strategie treu, wird sie die entsprechenden Kunden möglicherweise trotzdem verlieren. Ein durchschnittlicher Kunde akzeptiert gemäss meiner Erfahrung in der Regel maximal 5 Basispunkte Unterschied zum günstigsten von ihm eingeforderten Angebot.
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