15. Dezember 2016
UBS Immo-Check: Alles aus einer Hand für den Immobilienkauf
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Kunden verbringen vor einem wichtigen Entscheid wie dem Kauf einer Immobilie immer mehr Zeit auf digitalen Kanälen um zu recherchieren und auch Preise zu vergleichen. Gleichzeitig benötigen insbesondere Erstfinanzierer noch professionelle Unterstützung. Die UBS lanciert heute mit dem Immo-Check ein Online Tool, das in Bezug auf die Informationsvielfalt und den Kundennutzen in dieser Recherche-Phase neue Massstäbe setzt. Nachfolgend werde ich im Blog erläutern, warum ich vom neuen Angebot begeistert bin und welches die grosse Frage rund um dieses Angebot ist.
Für komplexe Produkte gilt: Research Online, Purchase Offline (ROPO)
Nur wenige Personen können sich vorstellen, den Abschluss einer Hypothek komplett über den Online-Kanal abzuwickeln. Gleichzeitig ist der Online-Kanal bereits heute zentral in der Suche nach einer passenden Hypothek, resp. einem passenden Angebot für den Kunden. Der Kaufprozess komplexer Bankprodukte beginnt entsprechend in der Regel mit der Analyse im Internet, wird jedoch überwiegend in der Filiale und nach einem persönlichen Gespräch mit einem Experten abgeschlossen (sogenannter „ROPO-Effekt“).
Die heutigen Online- und Vergleichsplattformen oder auch die heute von verschiedenen Banken online zur Verfügung gestellten Informationen zu einem Immobilienkauf bieten insgesamt eher wenig Informationen an. Der Fokus liegt bis anhin auf einem sogenannten „Hypothekenrechner“, der eine erste Indikation gibt, ob potenzielle Kunden die Tragbarkeitsrichtlinien erfüllen. Die Customer Journey beginnt aber eigentlich an einem ganz anderen Ort. Ein Käufer interessiert sich nicht in erster Linie für die Finanzierung, sondern für in Bezug auf das Wohnobjekt relevante Faktoren wie den Steuerfuss, die Nachbarschaft, Lagefaktoren wie beispielsweise die Distanz zu Schulen oder Lärmimmissionen, typischerweise anfallende Renovationskosten je nach Alter der Liegenschaft, oder eine Einschätzung des Marktpreises.
An dieser Stelle setzt die (Multikanal-)Strategie der UBS an. Mit dem neuen, digital unterstützten Beratungsprozess möchte die UBS einerseits den Kunden schon auf der öffentlichen Website spannende(re) Tools zur Verfügung stellen, welche potenzielle Kunden im (online) Recherche-Prozess besser unterstützen. Andererseits soll die Beratungslösung die rund 3‘000 UBS-Retail Kundenberater durch den ganzen Beratungsprozess hindurch – von der Gesprächsvorbereitung bis hin zum eigentlichen Beratungsprozess und der Dokumentenaufbereitung – unterstützen.
Das Konzept des Immo-Check
Der Kunde kann sich auf dieser Plattform zu verschiedenen Teilaspekten eines Haus- oder Wohnungskaufs informieren und sich online auf die Beratung vorbereiten. Der Immo-Check bietet Informationen zu Elementen wie „Lage“, „Gemeinde“, „Renovation“, „Marktwert“ oder „Finanzierung“ an. Die entsprechenden Informationen muss man sich bisher als Kunde auf verschiedenen Webpages etwas mühsam zusammensuchen. Mit dem UBS Immo-Check erhält man alle Informationen aus einer Hand, respektive auf einer Plattform.
Für dieses Projekt ist die UBS eine strategische Partnerschaft mit ImmoScout24 eingegangen, im Bereich der Immobilienverkäufe einer der grössten Player in der Schweiz. Immobiliendaten können via ImmoScout24 direkt im UBS Immo-Check eingelesen werden, wodurch der Kunde die entsprechenden Informationen nicht mehr separat einfügen muss. Ebenso sind die Informationen vom Kunden zum Objekt direkt mit der Beratungsplattform der UBS verknüpft, sodass der Berater nach einer Terminanfrage des Kunden auf alle Informationen sowie hochgeladene Dokumente zugreifen kann. Wenn der Kunde weitere Themen wie die Finanzierungsstrategie sowie einen konkreten Finanzierungsvorschlag diskutieren möchte, ist der Kundenberater dadurch schon gut vorbereitet und kann auf den existierenden Informationen aufsetzen. Der Kunde kann seine Recherche-arbeiten jederzeit unterbrechen und später wieder aufnehmen. Das Tool kann auch von Nicht-Kunden genutzt werden und ist nur für Immobilienkäufe, aber nicht für Verlängerungen von Hypotheken gedacht. Die UBS wird also auch weiterhin keine Online-Hypotheken anbieten, sondern geht hier einen anderen Weg. Weiterhin sind und bleiben die Beratungskompetenz und die Filiale zentral für den Abschluss.
Die Möglichkeiten im Tool
Das Vorgehen im Tool basiert auf den fünf Elementen „Lage“, „Gemeinde“, „Renovation“, „Marktwert“ und „Finanzierung“. Ich werde nachfolgend anhand dieses Prozesses auf die verschiedenen Aspekte eingehen.
1. Lage
Die Mikrolage wird anhand der Wohndresse mithilfe von Daten von Wüest Partner in Bezug auf insgesamt 14 Faktoren bewertet. Sämtliche Aspekte der Infrastruktur und der Immissionen werden mit dem bekannten 5-Sterne Modell bewertet (siehe Abbildung 1). Bereits hier hatte ich persönlich einen Wow-Effekt und habe gestaunt, dass man diese Informationen kostenlos online zur Verfügung erhält. Möchte man hier einzelne Aspekte ausschliessen (z.B. mag für ein älteres Ehepaar die Nähe zu einem Kindergarten nicht entscheidend sein) oder noch mehr in die Tiefe gehen, muss man sich mit einer Email-Adresse und einem Benutzernamen registrieren. Die entsprechenden Präferenzen bleiben auch für zukünftig analysierte Objekte gespeichert.
2. Gemeinde
Unter dem Punkt «Gemeinde» wird unter anderem aufgezeigt, wie hoch der Steuerfuss ist, wie sich die Bevölkerung zusammensetzt, wie viele Einwohner die Gemeinde hat oder wie die Einkommensstruktur ausschaut. Diese Informationen sind sehr wertvoll und werden heute wohl von den meisten Kunden noch selber und separat recherchiert. Im UBS Immo-Check sind all diese Informationen bereits aufbereitet (vgl. Abbildung 2).
3. Renovationsrechner
Persönlich gefällt mir auch der Renovationsrechner. Dieser bietet aus meiner Sicht für den Kunden einen Mehrwert, da er unter anderem basierend auf dem Jahrgang der Liegenschaft aufzeigt, wie hoch die sich unterdessen angestauten Investitionen in Renovationen ausfallen würden (siehe Abbildung 3). Die UBS hat den Renovationsrechner bisher ihren Kunden nur während der Beratungsdienstleistung in der Filiale angeboten. Neu stellt sie dieses Tool auch (Nicht-)Kunden online und kostenlos zur Verfügung. Die entsprechenden Informationen fliessen zudem zu einem späteren Zeitpunkt in die Tragbarkeitsberechnungen ein.
4. Marktwert
Etwas überraschend bietet die UBS auch bereits eine erste Einschätzung zum Marktwert kostenlos und online an. Anhand einer vereinfachten Rechnung und «nur» neun Parametern wird aufgezeigt, ob der Kaufpreis für das Objekt in der zu erwartenden Preisspanne liegt oder ob der Preis etwas höher ist als man dies erwarten könnte. Der genaue Schätzpreis darf online nicht zur Verfügung gestellt werden, aber es gibt den Kunden bereits eine erste wertvolle Einschätzung, ob sich der Objektwert in etwa in einer marktüblichen Spannbreite bewegt. Möchte man eine exaktere Bewertung haben, kann man Kontakt zu einem UBS-Kundenberater aufnehmen und dies in der Filiale diskutieren.
5. Finanzierung
Erst jetzt, in einem 5. Schritt, erfolgt der für den Kunden eigentlich am wenigsten spannendste Schritt: Die Finanzierung der Hypothek. Denkt man konsequent aus Sicht des Kunden, ist es eigentlich logisch, dass die Tragbarkeitsberechnung erst am Schluss erfolgt und nicht am Anfang.
Auch in diesem Teilbereich bietet die UBS einige Zusatzelemente, die ansonsten von anderen Banken zumindest online nicht zur Verfügung stehen (z.B. Miteinbezug Renovationsrechner, genauere Definition der Eigenmittel-Kategorie). Ansonsten sind die Unterschiede zu anderen guten Angeboten nicht fundamental.
Weitere Schritte
Hat man sich durch alles durchgeklickt und möchte man mit einem Kundenberater sprechen, erfolgt nun der «Bruch» von der Online- in die Offline-Welt. Wie oben schon erläutert, werden die vom Kunden erfassten Daten allesamt weitergeleitet und direkt in die UBS Beratungsplattform geladen. Die Vereinbarung eines Termins erfolgt hingegen – und zum Beispiel im Gegensatz zu Möglichkeiten bei der Luzerner Kantonalbank oder bei Retailern wie Apple – noch nicht über ein Online Terminvereinbarungs-Tool. Stattdessen kann man als Kunde angeben, wann man für einen Anruf erreichbar ist, um einen Termin zu vereinbaren. Gleichzeitig steht aber bei jedem Schritt des Immo-Checks das Chat-Angebot der UBS zur Verfügung.
Fazit
Mich persönlich hat der UBS Immo-Check begeistert und teilweise auch erstaunt. Mit diesem Angebot macht die Grossbank aus meiner Sicht einen ziemlich grossen Schritt nach vorne, indem sie sehr viele hochkarätige Informationen, welche dem Kunden bisher nur in einem Beratungsgespräch zur Verfügung gestellt wurden, auch Nicht-Kunden kostenlos (resp. gegen Angabe einer Email-Adresse) online zur Verfügung stellt. Der Immo-Check soll dadurch natürlich als Akquisitionstool für das Ankerprodukt Hypothek verwendet werden. Persönlich schätze ich vor allem, dass die UBS dem Kunden ein Problem löst und ihm viel Recherche-Arbeit erspart. Gerade kürzlich habe ich mich auch persönlich um eine Immobilie gekümmert und dabei gespürt, auf wie vielen Websites man hierfür mühsam Informationen zusammensuchen muss. In diesem UBS-Angebot erhält man dagegen sehr viele wertvolle Informationen kostenlos aus einer Hand. Insofern setzt dieses Online Tool neue, hohe Massstäbe im Markt. Auch die Zusammenarbeit mit ImmoScout24 und die Möglichkeit, die Daten per Mausklick direkt in das UBS-Tool zu übertragen, erachte ich als sinnvoll und innovativ. Ebenso setzt man hier natürlich am genau richtigen Zeitpunkt in der Suche an. Zu guter Letzt erachte ich den Immo-Check als ein Instrument, das klar aus Sicht eines Kunden konzipiert wurde. Das sollte zwar selbstverständlich sein, ist es aber bei vielen digitalen Produkten noch nicht.
Gleichzeitig kann man feststellen, dass die Grossbanken – und hier auch die UBS – in den vergangenen Jahren regelmässig und bedeutend Marktanteile im Hypothekargeschäft verloren haben. Ein zentraler Grund liegt sicherlich auch darin, dass sich die UBS in einem eher hochmargigen Bereich positioniert hat. Insofern wird es interessant zu beobachten sein, ob dieses Tool hilft, nicht nur zusätzliche Kunden auf ihrer Customer Journey zu begleiten, sondern sie auch von der Kompetenz so zu überzeugen, dass sie eventuell etwas höhere Margen zu bezahlen bereit sind. Diese sogenannte Conversion Rate, also die Umwandlung eines Interessenten in einen Kunden, ist aus meiner Sicht das einzige, aber dafür grosse Fragezeichen in diesem Projekt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieses Angebot von potenziellen Kunden rege benutzt wird und die UBS danach gegenüber heute zusätzliche Chancen erhält, ein Finanzierungsangebot zu unterbreiten. Gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass die entsprechenden Kunden weiterhin mindestens zwei weitere Angebote prüfen. Bleibt die UBS weiterhin ihre Premium-Strategie treu, wird sie die entsprechenden Kunden möglicherweise trotzdem verlieren. Ein durchschnittlicher Kunde akzeptiert gemäss meiner Erfahrung in der Regel maximal 5 Basispunkte Unterschied zum günstigsten von ihm eingeforderten Angebot.
5. Dezember 2016
Publikation der Studie „Digitales Firmenkundengeschäft“
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Dr. Falk Kohlmann, Christoph Duss und Carina Them
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und der Digital Banking Think Tank e-foresight der Swisscom haben heute die Studie „Digitales Firmenkundengeschäft“ publiziert. Diese hat sich einerseits zum Ziel gesetzt, in der Schweiz die Ist-Situation auf der Angebotsseite aufzuzeigen. Andererseits wurde auf der Nachfrageseite mithilfe einer Umfrage bei Firmenkunden den Nutzen ausgewählter Produkte und Dienstleistungen eruiert. Schliesslich wurden beide Seiten zusammengeführt, um aufzuzeigen, ob und in welchen Bereichen Lücken in den Bankangeboten bestehen.
Nach vermehrten Digitalisierungsbemühungen im Retailbanking- und Vermögensverwaltungsgeschäft haben erst einzelne Banken damit begonnen, ihr Firmenkundengeschäft zu digitalisieren. Diese zögernde Herangehensweise kann vor allem darauf zurückgeführt werden, dass die Gruppe der Firmenkunden als eher heterogen erachtet wird und ihre (digitalen) Bedürfnisse deshalb stark variieren.
Nur wenige Schweizer Banken mit expliziter Profilierung
Um einen Überblick über die Angebotsseite zu erhalten, wurde eine ausführliche Marktübersicht erstellt, welche die Angebotspaletten der 50 grössten Retailbanken in der Schweiz berücksichtigte. Dazu erfolgte eine systematische Erfassung von Produkten und Dienstleistungen in den fünf Themenblöcken „e-Banking“, „Kommunikationskanäle“, „Zahlen“, „Finanzieren“ sowie „Bank-nahe Dienstleistungen“.
Die Analyse zeigt auf, dass je nach Produkt/Dienstleistung der Anteil der Banken mit einem entsprechenden Angebot stark variiert. Während gewisse Funktionalitäten im Bereich „e-Banking“ bereits von einer Mehrheit angeboten werden, finden sich digitale Angebote in den Bereichen „Kommunikationskanäle“, „Finanzieren“ sowie bei den „Bank-nahen Dienstleistungen“ nur bei vereinzelten Banken. Eine Profilierung durch „einzigartige“ Angebote im digitalen Firmenkundengeschäft wird in der Schweiz bislang nur von ganz wenigen Banken betrieben.
Um die Angebotsbreite der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurde ein Score berechnet, welcher die Anzahl angebotener Produkte und Dienstleistungen gewichtet und addiert. Der Maximalwert dieses Scores beträgt 40 Punkte und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie miteinbezogenen Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden. Wie in Abbildung 1 ersichtlich, sind die Schweizer Banken aber noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen.
Basierend auf den erreichten Scores können die Banken in drei verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
- Unter den „First Movers“ befinden sich Banken, welche die Digitalisierung im Firmenkundengeschäft aktiv vorantreiben und ihre digitalen Angebote entsprechend ausgebaut/weiterentwickelt haben.
- Rund ein Drittel der untersuchten Banken kann der Kategorie „Followers“ zugewiesen werden. Diese bieten erste digitale Produkte und Dienstleistungen an, jedoch nicht im selben Ausmass wie die First Movers.
- Die letzte Kategorie „Late Followers“ umfasst die Mehrheit der Banken. Sie haben noch keine oder nur vereinzelte Digitalisierungsinitiativen im Firmenkundengeschäft lanciert.
Welche Bank in welche Kategorie eingeteilt wurde, kann in der Studie nachgelesen werden. Da viele Banken ihre Umsetzungen im Bereich des digitalen Firmenkundengeschäfts vielfach erst kürzlich gestartet haben, ist es jedoch noch zu früh, daraus ein nachhaltiges Bild abzuleiten. Man kann aber erkennen, dass tendenziell grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) schon ein etwas grösseres digitales Angebot für ihre Firmenkunden anbieten.
Begrenztes Interesse auf der Nachfrageseite
Um die Bedürfnisse und Präferenzen auf der Kundenseite zu quantifizieren, wurde in Zusammenarbeit mit sechs Banken eine Umfrage unter 473 Firmenkunden durchgeführt. Analog zur Struktur auf der Angebotsseite mussten diese den Nutzen von verschiedenen Produkten und Dienstleistungen in den fünf vorher aufgezählten Themenblöcken einschätzen. Nachstehend sind die Haupterkenntnisse dieser Befragung aufgeführt:
- Insbesondere neue, innovative Funktionalitäten im „e-Banking“ scheinen auf ziemlich grosses Interesse zu stossen.
- Neue „Kommunikationskanäle“, wie zum Beispiel Web-Chats oder Video-Beratung, sowie „Bank-nahe Dienstleistungen“ sind in den Augen der Befragten hingegen weniger relevant.
- Insgesamt hat sich gezeigt, dass die befragten Firmenkunden in den meisten Funktionalitäten und Produkten nur einen beschränkten Nutzen sehen. Viele digitalen Angebote wurden mit einem „eher tiefen“ oder „sehr tiefen“ Nutzen bewertet.
Das allgemein geringe Interesse kann entweder darauf zurückgeführt werden, dass die Unternehmen mit den aktuellen Angeboten der Banken zufrieden sind, oder sie können den Zusatznutzen von neuen, noch nie getesteten Funktionalitäten und Produkten nur schwer einordnen.
Zusammenführung der Angebots- und Nachfrageseite
Durch das Zusammenführen der Angebots- und Nachfrageseite kann aufgezeigt werden, welche Bereiche zwar von den befragten Firmenkunden mit einem hohen Nutzen bewertet wurden, jedoch (noch) nicht im Angebot der Banken sind. Abbildung 2 zeigt die Zusammenführung der Angebots- und der Nachfrageseite in grafischer Form. Die horizontale Achse zeigt den von den befragten Firmenkunden beigemessenen Nutzen für jeden der 27 Punkte. Auf der vertikalen Achse befindet sich der prozentuale Anteil aller 50 miteinbezogenen Banken, welche den entsprechenden Punkt anbieten.
Grundsätzlich sind alle Punkte um den Trendbalken gut von den Banken abgedeckt, auch wenn sich deren Anteil vielfach nur bis 20 Prozent beläuft. Bei diesen Punkten kann somit von keiner generellen Angebotslücke im Markt gesprochen werden, da diese von den Firmenkunden auch nicht als sehr relevant angesehen werden. Für einzelne Institute kann es sich dennoch lohnen, ihre Position zu überprüfen, um nicht hinter die jeweiligen Peers zurückzufallen. Im Gegensatz dazu sind Punkte unterhalb der Trendlinie aus Kundensicht von Nutzen, werden jedoch nur von verhältnismässig wenigen Banken angeboten. Insbesondere das „digitale Vertragsarchiv“ scheint dabei aus Kundensicht wünschenswert, wird aber von den Banken derzeit noch fast nicht angeboten. Eine detailliertere Analyse sowie ein Ranking der individuellen Produkte und Funktionalitäten sind in der Studie zu finden.
Fazit
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden:
- Insgesamt stehen Banken in ihren Digitalisierungsbemühungen im Firmenkundengeschäft noch am Anfang. Die meisten Banken haben ihren Fokus diesbezüglich bisher viel stärker auf das Retailbanking-Segment gelegt. Da zahlreiche Finanzinstitute dem Firmenkundengeschäft aber eine strategisch hohe Priorität zumessen, ist zu erwarten, dass die Digitalisierung auch in diesem Segment stärker Eingang finden wird. Möglichkeiten für Digitalisierungsprojekte gibt es sehr viele. Die Priorisierung und Auswahl der umzusetzenden Projekte hingegen ist herausfordernd.
- Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss stets dafür eingesetzt werden, ein Kundenbedürfnis besser und/oder einfacher zu befriedigen. In unseren Umfragen zeigte sich, dass die Firmenkunden vielen potenziellen Digitalisierungsprojekten eher skeptisch gegenüberstehen und deren Nutzen nicht oder nur teilweise (an)erkennen. Es kann auch festgestellt werden, dass die befragten KMU insgesamt deutlich weniger digital affin zu sein scheinen, als man dies hätte erwarten können. Gleichzeitig muss man in der Interpretation dieser Resultate etwas vorsichtig sein, da die Firmenkunden gewisse Angebote noch nicht kennen und deren Nutzen deshalb auch (noch) nicht richtig einschätzen können.
- Die höchste Relevanz sehen die Firmenkunden vor allem bei Transaktions-bezogenen und Selbstadministrations-Funktionen im e-Banking, welche den Alltag erleichtern, respektive ihre Prozesse verbessern. Solche von den Firmenkunden gewünschten Aspekte werden derzeit praktisch noch von keiner Bank angeboten. Es scheint aus Bankensicht aber ratsam zu sein, solche gegen aussen hin teilweise unspektakuläre Massnahmen zu ergreifen und in diese Projekte zu investieren. Bank-nahe Dienstleistungen sind hingegen nur von sehr wenigen Firmenkunden erwünscht. Funktionen, die auf Einfachheit und Convenience setzen, scheinen für einen deutlich grösseren Anteil von KMU relevant zu sein.
- Es zeigte sich, dass die meisten KMU über mehrere aktive Bankbeziehungen verfügen. Digitalisierungsprojekte, die den „Locked-in Effekt“ fördern und den Kunden stärker an die Bank binden, scheinen daher wichtiger zu werden – gerade in einer digitalen Welt.
Unsere Thesen zur Entwicklung des digitalen Firmenkundengeschäfts bis ins Jahr 2020 finden Sie in der Studie.
Digitales Firmenkundengeschäft – 2016
Digitales Firmenkundengeschäft – 2016
Webinar am 15. Dezember 2016
Welche Chancen schlummern für Banken im Firmenkundengeschäft? Antworten liefern Prof. Dr. Andreas Dietrich, Sascha Gysel und Carina Them in einem Webinar am 15. Dezember 2016, 12.00-13.00 Uhr, mit Insights aus der neuen Studie. Hier können Sie sich für das Webinar anmelden.
Bei Fragen können Sie sich gerne an Prof. Dr. Andreas Dietrich wenden.
Kommentare
1 Kommentare
Swiss Banks Are Falling To Meet Corporate Clients and SME Digital Needs | FINTECHNA
7. Dezember 2016
[…] report points out how banks can fill the gap between their digital offerings and the real needs of their […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
28. November 2016
Regionalbanken und Sparkassen,
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2016
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Reto Rey
Die fünfte Durchführung der Retail Banking Konferenz am IFZ in Zug fand am 17. November einmal mehr vor ausverkauftem Publikum statt. Den 140 Teilnehmenden wurden nebst der Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2016 spannende Referate und Diskussionen zur Vergangenheit und Zukunft des Retail Bankings geboten. Einige Kernaussagen dieses Nachmittags möchten wir nachfolgend kurz zusammenfassen.
Prof. Dr. Andreas Dietrich und Prof. Dr. Christoph Lengwiler, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft: Vorstellung der IFZ Retail Banking-Studie 2016
- Eine Zusammenfassung der IFZ Retail Banking-Studie 2016 finden Sie in unserer Medienmitteilung.
Dr. Patrik Gisel, CEO Raiffeisen Schweiz: Retail Banking – ein Geschäft mit Zukunft
- Auch als eine der wachstumsstärksten Banken (7.1% Ertragswachstum in 2015) ist die Raiffeisen nach wie vor daran, ihr Filialnetz zu konsolidieren. Gisel vermerkt dazu, dass abhängig von der Kostenrechnung rund 200 der derzeit 970 Bankstellen nicht rentabel sind.
- Im Hinblick auf die Zukunft des Retail Banking sieht Gisel die Bedeutung des heute oft vernachlässigten „Produktionsfaktors“ Vertrauen als Kernpunkt. Die Bedeutung einer starken Marke in Bezug auf Vertrauen und Kompetenz wird künftig (noch) wichtiger.
- Die Abwälzung von Negativzinsen an die Kunden steht für die Raiffeisen nicht zur Diskussion, da man den Kunden Negativzinsen nicht erklären könne. Falls der daraus entstehende Margendruck anhält, käme eher eine Anpassung der Gebührenregelung in Frage.
- Gisel bekräftigte auch seine Haltung gegenüber der in den Medien diskutierte mögliche Anpassung der Tragbarkeitsberechnung bei der Hypothekenvergabe. Für ihn sind die heute angewandten Tragbarkeitswerte „zu weit weg von der Realität“. Entsprechend plant Raiffeisen, noch im Dezember ein Produkt zu lancieren, welches eine Hypothek mit einem Sparplan sowie einer Versicherung verbindet und die Finanzierungskapazität für Wohneigentumskäufer erhöhen soll.
Jürg Ritz, CEO Baloise Bank SoBa: Das Eis schmilzt – strategische Antworten im Retail Banking und die „Gletscherspalte“ Digitalisierung
- Im Gegensatz zur Raiffeisen sieht die Baloise Bank SoBa nicht nur die Anzahl Filialen, sondern auch deren „Form“ einem starken Wandel unterzogen. Für Ritz ist das Smartphone die Filiale der Zukunft. Er ist der festen Überzeugung, dass man künftig „beim Kunden in der Hosentasche sein muss“ und alle Dienstleistungen auf diesem Kanal anbieten sollte. Als erfolgreiches Beispiel fügte er die schwedische Bank Länsfärsäkingar an, bei welcher sechs Monate nach Einführung eines Hypotheken-Apps bereits knapp die Hälfte der Kunden ihre Hypotheken per Mobile App verlängere.
- Für Ritz ist klar, dass der Wettbewerbsdruck weiter steigen und die Zinsmarge noch mehr sinken werden. In Bezug auf die Preisstrategien, resp. ein «agiles Pricing» hebt er die Angebote von Tankstellen und Fluggesellschaften als interessant hervor.
- Ritz stellt selbstkritisch fest, dass sie noch „viel zu kompliziert“ seien, unter anderem in Bezug auf Anzahl Klicks, Sprache, Auftritt und Funktionalität. Ein Konzerngrundsatz sei daher nun die „Vereinfachung“.
Andrew Richards, Head of Regional Retail Banking, Metro Bank London: Metro Bank – a disrupter bank case study
- Mit der Gründung der Metro Bank 2010 in London wurde in England zum ersten Mal nach über 150 Jahren wieder eine Lizenz an eine neue „high street“ Bank erteilt. Um in diesem Markt nach der Finanzkrise als „Neuling“ erfolgreich zu sein war für den Gründer, Vernon Hill, eines klar: Wir müssen vieles anders machen. Andrew Richards führte eindrücklich aus, wie sich die Metro Bank von herkömmlichen Banken unterscheidet. Sie wollen keine Bank sein, sondern eine „retail looking institution“. Diese Haltung solle auch unter den Mitarbeitenden verankert werden. So werden diese beispielsweise ermutigt, sich auf Yammer, dem firmeninternen „Facebook“, proaktiv einzubringen (unter anderem mit dem „Spiel“: „kill a stupid bank rule“).
- Entgegen der Kernaussagen seiner beiden Vorredner strich Richards die für seine Bank wichtige physische Präsenz mit Filialen heraus, und dies nicht nur als Marketing-Instrument. Auch auf dem Bankenplatz London bewegt sich die Metro Bank in gewissen Bereichen, wie zum Beispiel dem Angebot von Bankschliessfächern, entgegen den dortigen Entwicklungen.
- Das Betriebskonzept sei klar auf die aktuellen Bedürfnisse der Kundschaft ausgerichtet. Die Filialen sind sieben Tage die Woche geöffnet (Mo-Fr: 08.00-20.00 Uhr; Sa: 08.00-18:00; So: 11.00-17:00). Nur gerade an drei Feiertagen im Jahr bleiben sie geschlossen.
- Die Frontmitarbeiter sind frei von Verkaufszielen. Der Kunde stehe im Mittelpunkt und das einzige Ziel sei die Servicequalität, führt Richards aus. Transparenz ist dem gebürtigen Amerikaner wichtig. Die Bank steht auch dazu, nicht der günstigste Anbieter zu sein.
Dr. Beat Oberlin, CEO Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB): Rock ‚n‘ Roll im Banking: Spielt die Musik auch in der Zukunft?
- Oberlin zeigte in seinem Rückblick auf die Highlights von 50 Jahre Banking nicht nur eine heile Banking-Welt auf. Mit intransparenten Handhabungen von Retrozessionen oder Valutadifferenzen bis hin zu Platzabsprachen sieht er die Bankenindustrie nicht ganz unschuldig an der aktuellen Regulierungswelle. Auch haben gewisse Akteure Diskretion über Ehrlichkeit gestellt, was auf die lange Dauer dem Vertrauen nicht dienlich war.
- Den Verkaufszielen für Kundenberater tritt auch Oberlin mit gewissen Vorbehalten entgegen und bläst damit ins selbe Rohr wie die Metro Bank. Die Kundenzentrierung ist elementar und muss auch in der Organisationsstruktur noch stärker verankert sein.
- Ähnlich wie die Baloise Bank SoBa setzt auch die BLKB auf strategische Partner, vor allem mit Non-Banks. Die Interaktion auf Augenhöhe mit dem Eingeständnis, dass diese „es“ besser können, sei wichtig. Dazu gehöre jedoch teilweise auch eine gewisse Bereitschaft zur Kannibalisierung.
- Eine starke Aussage machte der erfahrene Banker im Hinblick auf „change management“: Die Bereitschaft zur Veränderung seitens der Mitarbeiter sei für ihn zentral. Wer heute nicht verstanden habe, dass es Wandel brauche, sei wohl am falschen Ort.
Compliance vs. Marketing? Ein Streitgespräch zwischen Prof. Dr. Nils Hafner und Prof. Dr. Monika Roth, IFZ, Hochschule Luzern – Wirtschaft
- Viele Banken seien sehr vorsichtig (geworden) – die Compliance setzt dabei oftmals noch höhere interne Standards als die Regulierung.
- Die Geschwindigkeit der Entwicklung benötigt möglicherweise eine Moderation zwischen Marketing und Kunden bezüglich Compliance.
- Ein Grossteil der Akteure handelt tadellos, die Regulierung trifft jedoch alle. Gleichzeitig haben auch heute noch immer nicht alle Banken verstanden, um was es eigentlich geht (vgl. beispielsweise 1MDB). Dabei wären skandalfreie Banken eigentlich das beste Marketing.
PS: Die 222-seitige «IFZ Retail Banking-Studie Schweiz 2016» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
Wir danken für die Unterstützung:
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
21. November 2016
Digitales Firmenkundengeschäft bei der Hypothekarbank Lenzburg: Der Hypiplan im Test
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Als erste Bank in der Schweiz bietet die Hypothekarbank Lenzburg ein webbasiertes Tool für KMU an, welches neben der Budgetierung und Mehrjahresplanung auch eine Liquiditäts- und Investitionsplanung sowie die Simulation verschiedener Währungsszenarien für KMU beinhaltet. Interessant ist das Angebot auch vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit dem Verband Treuhand Suisse. Im nachfolgenden Blog möchte ich aufzeigen, warum die Hypi dieses Angebot lanciert, welche Kunden von diesem Angebot möglicherweise Gebrauch machen werden und wie meine persönlichen Erfahrungen mit dem Tool waren.
Die Hypothekarbank Lenzburg ist mit einer Bilanzsumme von rund CHF 4.8 Milliarden (Stand 30. Juni 2016) eine mittelgrosse Regionalbank. Sie fällt aber immer wieder mit innovativen Ideen und (digitalen) Dienstleistungsangeboten auf. Mit dem kürzlich lancierten webbasierten Tool Hypiplan möchte sie nun insbesondere das digitale Dienstleistungsangebot für Unternehmenskunden erweitern.
PFM und BFM
Personal Finance Management (PFM) für Retail Kunden entwickelt sich je länger je mehr zu einem „Hygienefaktor“ im Schweizer Banking. In der Zwischenzeit bieten schon einige Banken entsprechende Tools an, die aus Kundensicht helfen, Kontobewegungen zu visualisieren sowie seine Finanzen transparent(er) darzustellen und besser zu organisieren. Im Bereich der Firmenkunden gibt es noch wenige Bestrebungen, die in Richtung „BFM“ (Business Finance Management) gehen. Neben einigen Banken, welche mit der Buchhaltungssoftware Bexio kooperieren, habe ich in diesem Blog auch schon das spannende Angebot der Valiant Bank vorgestellt (siehe Blog-Artikel von 17. Mai 2016). Mit dem webbasierten Tool Hypiplan der Hypi Lenzburg werden mehrere Bereiche der finanziellen Unternehmensführung für KMU abgedeckt. Interessant ist auch, dass das Tool nicht von den zwei etablierten PFM-Anbietern Qontis oder Contovista entwickelt wurde, sondern vom bis anhin zumindest in Bankenkreisen noch eher unbekannten Dietiker Softwareunternehmen Datalizard.
Das Konzept
Nachfolgend möchte ich anhand einiger Bullet Points zuerst einige zentrale Aspekte von Hypiplan aufzeigen:
- Die Anwendung basiert auf dem gängigen Schweizer Kontenrahmen für KMU und ist damit eine geeignete Ergänzung für die Buchhaltung kleinerer und mittlerer Unternehmen. Der Kontenplan ist individualisierbar. Eine gewisse Logik und Systematik in Anlehnung an den Kontenrahmen ist aus Sicht der Hypothekarbank Lenzburg aber zentral, da ansonsten das Potenzial in Bezug auf die Automatisierung nicht ausgeschöpft werden kann (siehe unten).
- Die Daten können – gegen einen Aufpreis – in einem visuellen Cockpit grafisch dargestellt und für Mitarbeiter- und Firmenpräsentationen aufbereitet werden. Die Cockpit-Option soll mit dem nächsten Software-Release bis Ende 2016 verfügbar sein.
- Für den Vertrieb von Hypiplan konnte die Hypothekarbank Lenzburg Treuhand Suisse, die Standesorganisation der Schweizer Treuhänder und Treuhänderinnen, als Partnerin gewinnen. Treuhand Suisse hat rund 2000 Mitglieder, welche ca. 350’000 KMU und Klienten betreuen.
- Das Basisangebot ist ab CHF 840 pro Jahr erhältlich. Die Kosten erhöhen sich noch leicht, wenn das Angebot zum Beispiel noch um zusätzliche Benutzer erweitert wird (+ CHF 240 pro Benutzer, der auch am Tool arbeiten kann). Für eine Lösung, welche die Buchhaltung und Planung kombiniert, ist das aus meiner Sicht ein sehr fairer Preis.
- Positiv bewertet werden kann auch, dass Hypiplan webbasiert ist und die Unternehmen dadurch jederzeit und mit mehreren Benutzern auf die Planungsdaten zugreifen können. Gespeichert werden die Informationen in der Cloud eines Schweizer Datencenters.
Das Tool im Test
Grundsätzlich ist Hypiplan ein relativ einfach zu bedienendes Tool. Gleichwohl ist es durch die vielen Möglichkeiten und Szenarien nicht trivial und es braucht einige Zeit, bis man sich eingearbeitet hat. Dies liegt aber wohl in der Natur der Sache. Interessant sind die Möglichkeiten, regelbasiert verschiedene Szenarien durchzuspielen und beispielsweise auch die Währungseinflüsse zu überprüfen. Ebenso können verschiedene Ansichten stark individualisiert werden. Ganz generell scheinen die Möglichkeiten zahlreich und das Tool daher ziemlich mächtig zu sein.
Persönlich hat mir aber das „Look and Feel“ des Tools nur mittelmässig gefallen. In diesem Bereich orte ich noch ein grosses Verbesserungspotenzial. Natürlich ist das aber auch eine Geschmacksache. Nachfolgend drei Print Screens, damit sich jeder selber ein erstes Bild machen kann.

Lohnt sich der Business Case?
Wie auch bei vielen anderen Digitalisierungsprojekten ist die Antwort nur auf den ersten Blick einfach. Der Business Case für Hypiplan wird sich gemäss meiner Einschätzung nicht lohnen, wenn man dieses Projekt isoliert betrachtet. Auf der anderen Seite hat die Hypothekarbank Lenzburg aber mindestens fünf gute Gründe, dieses Projekt trotzdem zu lancieren:
- Wer das Tool einmal nutzt und den ganzen Kontoplan eingerichtet hat, wird die Bank nicht mehr so schnell wechseln. Das Tool wird deshalb helfen, die Kundenbindung (weiter) zu erhöhen. Gerade in einer digitalen, schnelllebigen Zeit ist dies ein wichtiger Vorteil.
- Mit diesem Angebot verbreitert die Bank die (digitale) Produktepalette für KMU und steigert dadurch ihre Attraktivität für Firmenkunden. Nicht das einzelne Tool ist hier entscheidend, aber die Vielzahl an Möglichkeiten führt möglicherweise dazu, dass sich ein KMU für oder gegen eine Bank entscheidet, da die Bank dadurch positiv(er) wahrgenommen wird.
- Im Zuge der Digitalisierung plant die Hypothekarbank Lenzburg, Hypiplan auch für die Automatisierung des Kreditprozesses zu verwenden und damit auch Kosten einzusparen. Dies erreicht man, indem Unternehmen ihre Daten aus dem Liquiditätsplanungstool der Bank zur Verfügung stellen und diese die Daten direkt in ihr Rating-System einpflegen kann.
- Eine Möglichkeit, welche die Hypothekarbank Lenzburg gemäss Projektleiter Ronny Fuchs auch ins Auge fasst, sind Cross-Selling-Aktivitäten. Die Hypothekarbank Lenzburg möchte eine Art einfache „Analytics“ über das System legen, welches dann jeweils zum richtigen Zeitpunkt aufzeigt, welche Beratungsmöglichkeiten bei welchem Kunden möglicherweise gerade relevant sind.
- Last but not least haben solche neuen Instrumente natürlich immer auch einen positiven Marketing-Effekt für die Bank zur Folge. Sie zeigen auf, dass die Bank innovativ ist und Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennt.
Die unter den Punkten 3 und 4 ausgewiesenen Elemente werden erst in etwa 1-2 Jahren im Einsatz sein.
Welche Kunden nutzen das Tool?
Wie bei vielen anderen bisher auf dem Markt verfügbaren digitalen KMU-Produkten ist auch hier davon auszugehen, dass eher kleinere KMU das Angebot nutzen werden. Kurzfristig erwartet Ronny Fuchs, dass man vor allem Firmen mit weniger als 10 Mitarbeitern gewinnen kann, welche derzeit noch nicht mit solchen Tools arbeiten. Mittelfristig erhofft man sich aber, dass auch grössere KMU bis ca. 50 Mitarbeiter das Tool benutzen werden. KMU in dieser Grössenkategorie verwenden oftmals eher „handgestrickte“ Instrumente, welche sie nicht kurzfristig aufgeben möchten. Bis es bei diesen KMU zu einem Wechsel kommt, kann durchaus noch ein Jahr dauern.
Die Hypothekarbank Lenzburg hat in etwa 2‘000 KMU, welche als Kunden in Frage kommen. Gleichzeitig können aber auch Nicht-Kunden der Hypi Lenzburg das Tool benutzen.
Über das Produkt werden die KMU Kunden der Hypothekarbank Lenzburg nicht per Brief informiert (das wäre wohl zu komplex), sondern man plant, ausgewählten KMU bei Gesprächen live mit den realen KMU-Daten aufzuzeigen, worin der Nutzen dieses Tools besteht. Ebenso möchte man das Tool an KMU Anlässen vorstellen. Des Weiteren wird das Angebot auch im Internet und auf den Social Media-Kanälen der Banken gepusht.
Generell gibt es drei Optionen, wie das Angebot genutzt werden kann:
- Ein KMU-Kunde kann das Instrument für sich selber anwenden, ohne dass er mit einem externen Partner zusammenarbeitet.
- Ein KMU kann auch einen Treuhänder für das Instrument mandatieren, so dass dieser auch jederzeit mithelfen kann.
- Treuhänder können Hypiplan auch für sich selber, resp. für ihre Kunden kaufen.
Wie oben schon kurz erwähnt, war es der Hypothekarbank Lenzburg wichtig, dass sie Treuhänder an Bord haben. Daher sind sie eine entsprechende Kooperation mit dem Treuhänder-Verband eingegangen.
Fazit
Während es für KMU bereits Buchhaltungsprogramme und Online-Bilanzerstellungs-Tools gibt, ist das Angebot der Liquiditätsplanung von Bankenseite her ziemlich neu und die Möglichkeit der Planung und Simulation meines Wissens ganz neu. Grundsätzlich finde ich daher dieses Angebot sehr spannend. Gleichwohl erwarte ich nicht, dass das Angebot von einer Mehrheit der Kunden genutzt wird, sondern eher ein Nischenprodukt bleiben wird.
Mit diesem Projekt wird auch aufgezeigt, dass sich auch die Treuhänder der Digitalisierung stellen müssen. Derweil einige grössere Treuhandgesellschaften in ihren digitalen Bemühungen schon etwas weiter sind, gibt es zahlreiche vor allem kleinere Treuhand-Gesellschaften, welche noch weit von der digitalen Welt entfernt sind. Möglicherweise helfen solche Tools aber auch diesen Treuhändern, zukünftig effizienter zu arbeiten. Aus meiner Sicht noch nicht optimal ist, dass Hypiplan derzeit noch nicht ins Online-Banking eingebunden ist. Gemäss dem Projektleiter Ronny Fuchs war dies aber ein bewusster Entscheid, da die Hypothekarbank Lenzburg derzeit an einer umfassenden Erneuerung des Online-Bankings arbeitet, sich dieses aber noch in der Entwicklungsphase befindet. Derzeit ist geplant, dass Hypiplan in etwa Ende 2017 im dann neuen e-Banking integriert ist. Parallel dazu wird man das Tool aber auch weiterhin separat auf www.hypiplan.ch anbieten, damit auch Nicht-Kunden das Angebot nutzen können.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
18. November 2016
IFZ Retail Banking-Studie 2016: Retail Banken zeichnen düsteres Bild für die Zukunft
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Christoph Lengwiler, Prof. Dr. Marco Passardi und Prof. Dr. Simon Amrein
– MEDIENMITTEILUNG –
Retail Banken zeichnen düsteres Bild für die Zukunft
In seiner fünften Studie zum Schweizer Retail Banken-Markt zeigt das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern auf: Die Banken schätzen ihre Zukunft mehrheitlich eher pessimistisch ein. Gleichzeitig veranschaulicht die Kennzahlenanalyse, dass just Kleinbanken erfolgreich unterwegs sind.
Die «IFZ Retail Banking-Studie 2016» der Hochschule Luzern setzt fünf Schwerpunkte: Der erste Teil der Studie befasst sich mit den Entwicklungen der Unternehmensumwelt, dafür wurden Geschäftsleitungsmitglieder befragt. Im zweiten Teil werden die Kennzahlen der Schweizer Retail Banken analysiert und die besten Banken gekürt. Im dritten Teil fokussiert die Studie auf die Staatsgarantie von Kantonalbanken und zeigt Vor- und Nachteile für Banken und Kantone auf. Im vierten Teil veröffentlichen die Autoren erstmals Daten zu den Marktanteilen der Bankengruppen im Hypothekargeschäft auf kantonaler Ebene. Der fünfte Teil schliesslich beschäftigt sich mit der Corporate Governance der Schweizer Retail Banken.
Negative Zukunftserwartungen – Technologie als Lichtblick
Die Befragung von 220 Geschäftsleitungsmitgliedern zeigt, dass die Bankenvertreter ein insgesamt düsteres Bild der Zukunft zeichnen. Fast in allen Bereichen erwarten sie künftig strengere Richtlinien und schwierigere Bedingungen. Sie gehen davon aus, dass sich der Wettbewerb weiter intensivieren, der Margendruck infolge sinkender Kundenloyalität und höherer Preissensitivität zusätzlich verstärken sowie die Bautätigkeit abnehmen wird, derweil die regulatorischen Anforderungen noch komplexer werden. Gleichzeitig rechnen die Banken in den nächsten Jahren mit hohen Investitionen: Denn die Digitalisierung der Geschäftsmodelle schreitet voran, für die Produktentwicklung und Kundenberatung werden immer mehr Technologien eingesetzt und die Compliance muss sichergestellt werden. Aufgrund dieser Entwicklungsszenarien befürchten die Schweizer Retail Banken, dass ihre Erträge künftig gering ausfallen werden.
Studienautor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern weist aber auch auf Opportunitäten in der Zukunft hin: «Insbesondere technologische Veränderungen bieten Chancen, um Kosten zu senken und Erträge zu steigern – Banken müssen diese aber proaktiv nutzen». Dies sehen auch die Banken so. Die überwältigende Mehrheit der Bankenvertreterinnen und -vertreter geht davon aus, dass Kunden immer mehr ihre Bankgeschäfte selbst tätigen wollen, was unter anderem kosteneffiziente Self-Service-Angebote zulässt. Zudem erwarten zahlreiche Umfrageteilnehmende eine abnehmende Wertschöpfungstiefe, was ebenfalls zu Kostensenkungen führen sollte. Des Weiteren sind sich die Befragten überraschend einig, dass die Geschäftsmodelle in Zukunft weiter digitalisiert werden, die Nutzung von mobilen Geräten (massiv) zunehmen und die Bereitschaft der Kunden, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, steigen wird.
Kleinbanken teilweise mit enorm guten Kennzahlen
Für das Ranking der besten Schweizer Retail Banken wurden Kennzahlen von 91 Instituten analysiert. Der Fokus lag dabei auf zehn Kennzahlen, welche das Risiko, die Rentabilität sowie die Struktur von Bilanz und Erfolgsrechnung berücksichtigen. Dabei konnte lediglich das Jahr 2015 analysiert werden, weil sich die Rechnungslegungsvorschriften verändert haben und deshalb ein Vergleich mit Zahlen aus den Vorjahren nicht möglich ist. Entsprechend können in diesem Jahr einzelne Ausreisser nicht durch eine mehrjährige Betrachtung gemindert werden.
Mit der Bank EEK AG, der Ersparniskasse Affoltern i.E. AG sowie der Spar- und Leihkasse Wynigen AG sind dieses Jahr gleich drei Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 1.5 Milliarden Franken unter den besten fünf Retail Banken. Ebenfalls sehr gut platziert sind die Kantonalbanken aus Schwyz und Graubünden (siehe Anhang). «Es wäre vermessen, von einem Siegeszug der Kleinbanken zu sprechen», sagt Dietrich. Deren insgesamt gutes Abschneiden ist trotzdem auffällig. Bei der Analyse der Zahlen zeigt sich: Einige Kleinbanken wehren sich trotz des Tiefzinsumfeldes erfolgreich gegen den Margendruck im Aktivgeschäft. Zudem sind sie häufig sehr gut kapitalisiert und finanzieren ihre Kundenausleihungen zu einem grossen Teil durch Kundengelder.
Betrachtet man alle Retail Banken, so zeigt sich, dass diese insgesamt die regulatorischen Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität deutlich übertreffen. Der Trend zu einer schlechteren Cost/Income Ratio hält weiter an, während die Rentabilität (Return on Assets) insgesamt stabil bleibt.
Staatsgarantie: Chancen und Risiken für die Kantone
Von den 24 Kantonalbanken in der Schweiz verfügen lediglich die Kantonalbanken in den Kantonen Waadt, Bern und Genf über keine Staatsgarantie (mehr). Aus Sicht der Kantone ergeben sich durch die Beteiligung an der jeweiligen Kantonalbank zwar Risiken, aber eben auch zahlreiche Chancen. So waren die Kantonalbanken in den letzten 13 Jahren ein rentables Investment: Für die Kantone betrug die Rentabilität im Durchschnitt 10.7 Prozent pro Jahr. Die Ausschüttungen der Kantonalbanken machten zudem durchschnittlich 3.6 Prozent der Fiskaleinnahmen der Kantone aus. Zudem betrachtet die Studie auch, in welchem Ausmass sich die Kantone im Falle eines Ausfalls bei den Kundenausleihungen beteiligen müssten. Die Analyse versucht so, ein differenziertes Bild zwischen Chancen und Risiken der Staatsgarantie aufzuzeigen und zeigt Handlungsoptionen für die Kantone auf.
Immobilienfinanzierungen: Raiffeisen auf Expansionskurs – Grossbanken im Rückzug
Basierend auf neu verfügbaren Daten der Schweizerischen Nationalbank haben die Studienautoren zum ersten Mal den Hypothekarmarkt in den Kantonen untersucht. Die Analyse zeigt auf, dass die Kantonalbanken in fast allen Kantonen den grössten Marktanteil bei der Immobilienfinanzierung auf sich vereinen können. Tiefe Marktanteile ergeben sich primär dort, wo keine regionalen Kantonalbanken mehr vor Ort tätig sind (Solothurn und Appenzell Ausserrhoden), sowie in den Kantonen Tessin, Genf und Bern, wo sich im Gegenzug andere Bankengruppen sehr stark positionieren konnten. Mit Blick auf die Raiffeisen Gruppe zeigt sich, dass diese vor allem in ländlichen Regionen stark vertreten ist, trotz hohem Wachstum in städtischen Gebieten. Die Grossbanken sind hingegen insbesondere in städtischen Gebieten stark vertreten. Schweizweit ist der Marktanteil der Grossbanken zwischen 2003 und 2015 von 33.8 auf 28.3 Prozent gesunken, derjenige der Raiffeisenbanken hingegen von 13.2 auf 17.1 Prozent gestiegen.
Frauenanteil in Verwaltungsratsgremien ist gestiegen
Für den letzten Teil der Studie zur Corporate Governance der Schweizer Retail Banken wurden unter anderem die Vergütungen der Verwaltungsratsmitglieder analysiert. Der Personalaufwand für den gesamten Verwaltungsrat der untersuchten Institute reichte im Jahre 2015 von 32’000 Franken bei der Deposito-Cassa der Stadt Bern bis hin zu 2.19 Millionen Franken bei Raiffeisen Schweiz. Für die Höhe der jeweiligen Vergütungen ist die Bankengrösse relevant: Je grösser das Institut ist, desto komplexer werden in der Regel die Geschäfte; damit steigen wiederum Anforderungen und Zeitaufwand für die Verwaltungsratsmitglieder – und somit auch die Vergütungen. Der Frauenanteil in den Verwaltungsratsgremien liegt bei 18 Prozent (Vorjahr 16 Prozent). In den Geschäftsleitungen beträgt dieser Anteil sieben Prozent.
Die 222-seitige «IFZ Retail Banking-Studie Schweiz 2016» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar.
Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis der Studie.
Anhang: Die aus Kennzahlen-Sicht besten fünf Banken (Teil Benchmarking).
Wir danken für die Unterstützung:
Kommentare
1 Kommentare
Rückblick auf die IFZ Retail Banking Konferenz 2016
28. November 2016
[…] Eine Zusammenfassung der IFZ Retail Banking-Studie 2016 finden Sie in unserer Medienmitteilung. […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
7. November 2016
Kantonale Marktanteile der Bankengruppen im Hypothekenmarkt
Von Prof. Dr. Christoph Lengwiler und Prof. Dr. Simon Amrein
Rund drei Viertel aller Erträge der Schweizer Retail Banken stammt aus dem Zinsdifferenzgeschäft. Wesentlicher Treiber des Erfolgs ist dabei das Hypothekargeschäft. Zu den Marktstrukturen dieses für die Retail Banken wichtigsten Geschäftspfeilers innerhalb der Kantone war bisher nur wenig bekannt. Zum ersten Mal analysiert das IFZ nun die Marktanteile der Bankengruppen auf kantonaler Ebene.
Das inländische Hypothekargeschäft ist klar eine Domäne der Banken. Vom Gesamtvolumen von CHF 971 Milliarden halten die Banken im Jahr 2015 CHF 924 Milliarden in ihren Büchern. Weitere CHF 47 Milliarden entfallen auf Pensionskassen und Privatversicherungen. Die Bankenstatistik der SNB hat bisher die Volumen der Hypothekarforderungen aller Banken in den Kantonen ausgewiesen und auch jene der Grossbanken. Basierend auf dem Datenportal der SNB ist es nun erstmals möglich, auch die Marktanteile der Kantonalbanken und der Raiffeisenbanken in den Kantonen zu analysieren. Die ausführliche Analyse erscheint am 17. November 2016 in der IFZ Retail Banking Studie und wird am gleichen Tag an der IFZ Retail Banking Konferenz präsentiert. Nachfolgend präsentieren wir Ihnen bereits erste Erkenntnisse dazu.
Kantonalbanken mit dem grössten Marktanteil auf nationaler Ebene
Auf nationaler Ebene verfügten die Kantonalbanken im Jahr 2015 über einen Marktanteil im Hypothekarmarkt von 36 Prozent. 28 Prozent entfielen auf die Grossbanken, 17 Prozent auf die Raiffeisen Gruppe, 10 Prozent auf die Regionalbanken sowie 9 Prozent auf die Übrigen Banken. Betrachtet man die Entwicklung dieser Marktanteile über die Zeit, zeigt sich, dass insbesondere die Raiffeisen Gruppe ihr Hypothekarportfolio markant ausbauen konnte. Über zwölf Jahre hinweg konnten diese ihr Hypothekarforderungen mehr als verdoppeln, von CHF 74 auf CHF 158 Milliarden, was einer jährlichen Wachstumsrate von 6.5 Prozent entspricht. Im Vergleich dazu verloren insbesondere die Grossbanken deutlich an Boden – ihre jährliche Wachstumsrate von 2003 bis 2015 liegt bei 2.7 Prozent (vgl. Tabelle 1).
In Mio. CHF | 2003 | 2009 | 2015 | ∆ 2003-2009 (p.a.) | ∆ 2009-2015 (p.a.) | ∆ 2003-2015 (p.a.) |
Kantonalbanken | 197’610 | 245’803 | 328’856 | 3,7% | 5,0% | 4,3% |
Grossbanken | 189’984 | 231’266 | 261’284 | 3,3% | 2,1% | 2,7% |
Regionalbanken und Sparkassen | 62’493 | 73’762 | 90’767 | 2,8% | 3,5% | 3,2% |
Raiffeisen Gruppe | 74’154 | 110’678 | 158’120 | 6,9% | 6,1% | 6,5% |
Übrige Banken | 38’776 | 63’255 | 85’655 | 8,5% | 5,2% | 6,8% |
Alle Banken | 563’018 | 724’764 | 924’682 | 4,3% | 4,1% | 4,2% |
Grosse Heterogenität der Marktanteile innerhalb der Kantone
Wie Abbildung 1 zeigt, sind die einzelnen Bankengruppen in den Kantonen unterschiedlich stark vertreten, was häufig auch auf historische Gegebenheiten zurückzuführen ist. Dazu gehören beispielswiese unterschiedliche Bankenstrukturen, Zusammenschlüsse von Banken sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten. Die Marktanteile der Kantonalbanken schwanken beispielsweise zwischen 16 Prozent im Kanton Solothurn und 74 Prozent im Kanton Appenzell Innerrhoden. Grosse Schwankungsbreiten zeigen sich aber auch bei den übrigen Bankengruppen. Bei den Grossbanken liegt die Verteilung der Marktanteile zwischen 8 Prozent (AI) und 54 Prozent (GE), bei der Raiffeisen Gruppe zwischen 7 Prozent (ZH/BS) und 35 Prozent (JU) sowie bei den Regionalbanken und Sparkassen zwischen 1 Prozent (TI) und 29 Prozent (AG, inkl. NAB).

Die Kantonalbanken als Bankengruppe verfügen in 17 von 26 Kantonen über den höchsten Marktanteil an den Hypothekarforderungen (vgl. Abbildung 5). In sieben Kantonen haben sie sogar Marktanteile von über 50 Prozent. Dabei handelt es sich vornehmlich um eher ländlich geprägte Kleinkantone (AI, OW, NW, GL, SZ, ZG). Bei der kantonalen Betrachtung gilt es zu beachten, dass die Kantone Solothurn und Appenzell Ausserrhoden über keine eigenen Kantonalbanken mehr verfügen. Entsprechend ergibt sich im Kanton Solothurn – wo die Kantonalbank nach massiven Verlusten im Jahr 1995 an den Schweizerischen Bankverein überging und heute eine eigenständige Tochter der Baloise Gruppe ist – ein Marktanteil der Kantonalbanken von lediglich 16 Prozent.
Gegenläufige Entwicklung von Raiffeisen und Grossbanken
Die Grossbanken sind primär in den Westschweizer Kantonen Genf (55%) und Waadt (39%) sowie in Kantonen mit grösseren Städten (Zürich, Basel-Stadt) sowie in den Kantonen Tessin und Wallis stark vertreten. In den kleinen und ländlich geprägten Kantonen Glarus, Obwalden und Appenzell Innerrhoden liegen die Marktanteile teilweise deutlich unter 13 Prozent.
Mit Blick auf die Raiffeisen Gruppe zeigt sich, dass diese trotz hohem Wachstum in städtischen Gebieten vor allem in ländlichen Regionen sehr stark vertreten ist. Deren Entwicklung ist rückblickend schon fast als eine Gegentrend zu den Grossbanken zu sehen. In Regionen, in denen die Grossbanken stark an Marktanteilen verloren haben, dürfte die Raiffeisen Gruppe zu einem substanziellen Teil eingesprungen sein.
Die Marktanteile der Regionalbanken und Sparkassen widerspiegeln auch deren unterschiedliche geographische Verbreitung in der Schweiz. Stark präsent sind sie in den Kantonen Aargau, Bern, Schaffhausen und Solothurn. Praktisch keine Rolle im Hypothekarmarkt spielen die Regionalbanken und Sparkassen in den Kantonen Neuenburg, Appenzell Innerrhoden, Zug, Nidwalden, Graubünden, Wallis, Tessin und Uri. In diesen Kantonen erreichen die Banken der Gruppe Regionalbanken und Sparkassen gesamthaft jeweils lediglich Marktanteile von unter zwei Prozent.
Fazit
Die Verteilung der Marktanteile der Bankengruppen im Hypothekargeschäft ist auf kantonaler Ebene sehr verschieden. Die Kantonalbanken als Marktführer in über der Hälfte aller Kantone sowie die Raiffeisen Gruppe und die Regionalbanken und Sparkassen sind in der Tendenz in eher ländlichen Regionen stärker vertreten. Im Gegenzug sind die Grossbanken in städtischen Regionen stark präsent. Sehr oft können Bankenzusammenschlüsse, wirtschaftliche Gegebenheiten sowie die Herkunft der Banken die verschiedenen Marktanteile erklären. Die Marktanteile einzelner Banken und Bankengruppen haben sich in den letzten zwölf Jahren teils markant verschoben. Erwähnenswert ist vor allem die Expansion der Raiffeisen Gruppe, welche – meist zu Lasten der Grossbanken – ihr ohnehin schon beachtliches Hypothekarportfolio überdurchschnittlich steigern konnte.
Die IFZ Retail Banking Studie 2016 wird am 17. November 2016 zum bereits fünften Mal erscheinen und wird an der IFZ Retail Banking Konferenz vorgestellt. Die Studie umfasst 222 Seiten und beinhaltet fünf Teile:
- Analyse des Unternehmensumfeldes von Banken, basierend auf einer Umfrage bei 220 Geschäftsleitungsmitglieder, Regionenleiterinnen und Bankleiter von Retail Banken
- Benchmarking-Analyse der Schweizer Retail Banken
- Ausführliche Diskussion von Chancen und Risiken der Staatsgarantie von Kantonalbanken, inkl. Ausführungen zur Ausgestaltung der Staatsgarantie sowie Vor- und Nachteile für die Kantone
- Analyse der kantonalen Hypothekarmärkte
- Corporate Governance-Analyse von 73 Retail Banken
Die Studie kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden und kostet CHF 290.-. Mehrfachbestellungen: ab 3 Exemplaren CHF 240.– pro Studie, ab 5 Exemplaren CHF 190.–, resp. ab 10 Exemplaren CHF 140.– pro Studie.
Für die IFZ Retail Banking Konferenz vom 17.11 gibt es in der Zwischenzeit noch 3 freie Plätze 🙂
Hier geht finden Sie die Informationen zur Konferenz.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
1. November 2016
Das neue Login-Verfahren im e-Banking der UBS – Sicherheit und Convenience auch in den Händen der Kunden
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Lange Zeit hat sich die UBS gegen ein erleichtertes e-Banking-Login gewehrt und Einbussen im Bereich der Convenience akzeptiert, um die (gefühlte) Sicherheit auf einem sehr hohen Niveau zu halten. Nun scheint man aber einen Weg gefunden zu haben, das Authentifizierungsverfahren kundenfreundlicher zu gestalten. Die Access Card wurde digitalisiert und als App auf das mobile Gerät gebracht, was den Login-Prozess vereinfacht. Ich möchte mich im nachfolgenden Blog aber weniger auf das neue Authentifizierungsverfahren als viel mehr auf die neu angebotenen und meines Wissens in dieser Form in der Schweiz noch nicht verfügbaren personalisierbaren Einstellungen im Bereich der Sicherheit fokussieren. Der Kunde kann durch die sogenannten «user managed security» Einstellungen zukünftig selber zwischen Sicherheit und Convenience mitentscheiden.
Das neue Login-Verfahren
Das bisherige Verfahren mit dem Anmelden über die physische Access Card war zwar sicher, aber aus Kundensicht eher umständlich. Mit der Digitalisierung der Access Card scheint man nun eine für den Kunden einfachere Lösung gefunden zu haben. Konkret kann ein UBS-Kunde die Access Card sozusagen „digitalisiert“ als Access App herunterladen. Der Onboarding-Prozess erfolgt zwar aus Sicherheitsgründen nach wie vor physisch, respektive über den Postweg. Nach der erstmaligen Installation ist die Access Card aber beim Login im Hintergrund automatisch aktiviert und man kann sich dadurch auch ohne physische Karte einloggen. Kunden müssen nur noch die 6-stelligen PIN eingeben, um ins e-Banking zu gelangen oder alle Mobile Banking Funktionen zu nutzen. Gleichzeitig wird bei bestimmten Transaktionen oder hohen Transaktionsvolumina aber nach wie vor die physische Access Card zwecks zusätzlicher Authentifizierung benötigt. Wie eine „bestimmte Transaktion“ oder ein „hohes Transaktionsvolumen“ definiert ist, kann der Kunde bei der UBS neu bis zu einem gewissen Grad selber bestimmen und gemäss seinen subjektiven Präferenzen und Empfindungen festlegen.
Convenience vs. Sicherheit – der Kunde entscheidet mit
Auch wenn der Leiter E-Banking der UBS, Stefan Brunner, versichert, dass das neu Login-Verfahren die gewohnt hohen Sicherheitsstandards erfüllt: Es ist nicht auszuschliessen, dass die gefühlte Sicherheit eines Durchschnittskunden mit diesem Login tiefer ist als mit der physischen Access Card. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die UBS einige Funktionalitäten angepasst, welche die Sicherheit weiter erhöhen und dem Kunden die Möglichkeit geben, bei mehreren Funktionen und Transaktionen seine Sicherheit individuell zu definieren. Die Kunden können dabei drei verschiedene Arten von Sicherheitsmassnahmen selbst im e-Banking festlegen: Neben Limiten für einmalige Zahlungen können auch verschiedene Zahlungen ins Ausland im Bereich der „Ländereinschränkungen“ eingeschränkt und gewisse Konten für das e-Banking deaktiviert werden.
Limiten für Zahlungen:
Spannend finde ich vor allem die Möglichkeit, dass Kunden das (kumulierte) Limit für Zahlungen an neue Begünstigte selber bestimmen können. Das Limit wird dabei erst überschritten, wenn die Summe aller in dem Monat getätigten Zahlungen an neue Begünstigte das eingestellte Limit überschreitet. Alle Zahlungen an neue Begünstigte, die (insgesamt) unter diesem Limit bleiben, können ohne weitere Bestätigung durchgeführt werden. Wird das Limit jedoch überschritten, wird diese Transaktion (noch) nicht ausgeführt. In diesem Fall muss der Kunde die Zahlung mit der Access Card weiterhin zusätzlich bestätigen. Derweil also die monatlich anfallenden Miet- und Kita-Rechnungen problemlos mit dem vereinfachten Login bezahlt werden können, muss eine Rechnung an einen neuen Begünstigten, welcher seitens UBS nicht bereits bestätigt ist (zum Beispiel eine bisher einmalige Zahlung an eine Gartenbau-Unternehmung in der Höhe von CHF 2‘000) wieder mit der physischen Access Card bestätigt werden. Das Sicherheitsniveau kann der Kunde aber selber einstellen. Als Default muss jede Zahlung an neue, respektive nicht bereits freigegebene Begünstigte bestätigt werden. Der Kunde kann jedoch eine freie monatliche Limite bis CHF 1’500 setzen. Er kann also beispielsweise bestimmen, dass eine zusätzliche Abfrage über die physische Access Card bei Zahlungen unter z.B. CHF 200 nicht nötig ist. Dadurch entscheidet er selber, wie er das Verhältnis von Sicherheit und Convenience gewichtet.
Des Weiteren können Kunden demnächst jederzeit das monatliche Limit für Zahlungen durch e-Banking und Mobile Banking selbst einstellen. Als Default wird das Überweisungslimit von der UBS verwaltet. Kunden können dieses aber jederzeit selbst ändern.
Ländereinschränkungen:
Interessant finde ich auch die sogenannte „Geo Control“-Funktion. Kunden können mit dieser Funktion ihre Sicherheit beim Online und Mobile Banking erweitern, indem sie spezifische Länder auswählen, an die Online-Zahlungen nicht erlaubt sind. Dadurch werden entsprechende Auslandszahlungen blockiert. Auch hier kann der Kunde basierend auf seinem normalen Verhaltensmuster definieren, für welche Länder eine Zahlung blockiert ist. Wenn man eine Zahlung an einen Begünstigten in einem neuen Land tätigen möchte, welches man bis dahin sperrte, kann man jederzeit auch einzelne Länder freigeben. Die Schweiz und Liechtenstein sind immer freigegeben und können nicht gesperrt werden.
Konto sperren:
Kunden können jetzt jederzeit ihre Konten für Zahlungen im e-Banking und Mobile Banking deaktivieren, bzw. bei Bedarf jederzeit auch wieder aktivieren. So können sie bestimmen, welche Konten überhaupt als Belastungskonto bei der Erfassung von Zahlungen im e-Banking ausgewählt werden können.
Als weitere Säule in der e-Banking-Sicherheit versucht die UBS die Möglichkeiten zur Erkennung von Anomalien bei Transaktionen – ähnlich wie das Kreditkartenunternehmen praktizieren – laufend zu erweitern (warum ist das eigentlich noch nicht Standard bei Banken, wenn es doch die Kreditkartenfirmen schon so lange erfolgreich praktizieren?). Wenn eine Transaktion oder auch deren Online-Erfassung nicht dem üblichen Kundenverhaltensmuster entspricht, wird sie entsprechend blockiert, resp. erst nach einer separaten Abfrage wieder freigegeben.
Fazit
Der bisherige aus meiner Sicht eher umständliche Login-Prozess beim e-Banking der UBS war zwar wenig kundenfreundlich, hat aber (gerade deshalb?) auf Kundenseite zu einem hohen Sicherheitsgefühl geführt. Mit dem neuen Authentifizierungsverfahren vereinfacht man diesen Prozess und reduziert dadurch möglicherweise die gefühlte Sicherheit. Da man dem Kunden aber die Kontrolle über die Sicherheit durch die oben beschriebenen Möglichkeiten gibt, sollte sich diese gefühlte Sicherheit wieder erhöhen. Daher begrüsse ich insbesondere die neuen Möglichkeiten der „user managed security“ sehr. So unterschiedlich die Kunden sind, so unterschiedlich sind auch deren individuelle Sicherheitspräferenzen. Insofern halte ich dieses Angebot im eBanking als innovativ und richtungsweisend.
Meines Wissens sind User-Managed Security Anpassungen im e-Banking einzigartig in der Schweiz. Bekannt sind mir solche Beispiele von umfassenderen User-Managed Security Einstellungen nur von den beiden türkischen Banken GarantiBank und YapiKredi.
Stefan Brunner geht davon aus, dass per Ende 2017 bereits 60 Prozent der e-Banking-Kunden mit aktiver Nutzung das neue Login-Verfahren verwenden werden. Ich persönlich erwarte deutlich tiefere Werte. In einem Jahr können wir hier möglicherweise ein erstes Zwischenfazit ziehen…
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
29. Oktober 2016
Online-Verlängerung von Hypotheken: Der Ansatz der Obwaldner Kantonalbank
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich
Online-Hypotheken werden zunehmend zu einem Standardangebot von Schweizer Banken. Die meisten Bankenvertreter erwarten vor allem, dass zukünftig Online-Verlängerungen von Hypotheken an Bedeutung gewinnen werden. Auch die Obwaldner Kantonalbank (OKB) ist dieser Überzeugung und bietet ab dieser Woche einen interessanten Ansatz für eine online Hypothekenverlängerung an. Nachfolgend zeige ich das Konzept der OKB auf.
Werden in 5 Jahren 10 Prozent aller Hypotheken online verlängert? Im Rahmen einer Umfrage für unsere IFZ Retail Banking-Studie 2014 haben wir den Bankenvertretern verschiedene Thesen zur Bedeutung und Entwicklung der Digitalisierung unterbreitet. Dabei sind wir im Bereich der Online-Hypotheken auf die Möglichkeiten der Verlängerung und Ablösung eingegangen. Unter anderem haben wir die These in den Raum gestellt, dass in fünf Jahren mehr als 10 Prozent der Hypotheken online verlängert werden. Die Antworten, respektive die Zustimmung der 214 Geschäftsleitungsmitglieder von Retail Banken zu dieser These sehen wie folgt aus:
Die Banken scheinen sich ziemlich einig, dass künftig ein beträchtlicher Teil der Hypothekenverlängerungen online abgewickelt werden. 79 Prozent aller Umfrageteilnehmer stimmen dieser Aussage zu oder eher zu. 19 Prozent stimmen dieser These eher nicht zu, derweil lediglich zwei Prozent (bzw. vier Teilnehmende) dieser Aussage nicht zustimmen. Auch die Obwaldner Kantonalbank – eine Bank mit einem Hypothekarvolumen von knapp CHF 3 Milliarden – ist der Meinung, dass Online-Verlängerungen von Hypotheken bedeutender werden. Daher hat die Bank ihre ersten Digitalisierungsbemühungen im Finanzierungsbereich auf dieses aus ihrer Sicht wichtigste Produkt gelegt.
Das Konzept
Zunächst definiert der Kundenberater aufgrund vorgegebener Qualifikationskriterien diejenigen Kunden, welche sich überhaupt für eine Online-Hypothekenverlängerung eignen könnten. Damit sich ein Kunde dafür eignet, braucht dieser beispielsweise einen e-Banking Vertrag. Online verlängert werden können zudem nur Ersthypotheken von Privatkunden mit einem guten Rating. Für Firmenkunden ist das Angebot (noch) nicht verfügbar. Gemäss Carina Britschgi, Produktmanagerin Finanzieren bei der OKB, erwartet man, dass mittelfristig ca. ein Drittel aller Kunden ihre Hypotheken online verlängert. Nach dieser Vorprüfung erhalten die ausgewählten Hypothekarschuldner vor dem Ablauf der Hypothek einen Brief, dass die Festhypothek bald ausläuft. Gleichzeitig wird im Brieftext empfohlen, diese Hypothek online zu verlängern, da man dadurch von einem Rabatt in Form einer Zinsreduktion profitieren könne. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass dieser Rabatt nur für Online-Verlängerungen gilt und bei einem allfälligen Beratungsgespräch entfällt. Entscheidet sich der Kunde für den Online-Weg, muss er sich über die Webseite www.owkb.ch/e-hypothek mit seinen e-Banking Vertragsdaten anmelden.
Interessant ist diesbezüglich, dass die Verlängerung – im Gegensatz zu den Lösungen der Credit Suisse oder NAB – nicht im eigentlichen e-Banking der OKB abgewickelt wird, sondern dass die OKB hierfür gemeinsam mit ti&m eine separate Webpage aufgebaut hat. Diese ist leider (noch) nicht an das Finnova-Kernbankensystem angebunden, weshalb die OKB-Mitarbeitenden im Hintergrund nach wie vor manuelle Arbeit erledigen müssen. Insofern ist – wie bei fast allen bisherigen Online-Hypotheken Angeboten in der Schweiz – aktuell noch fraglich, ob der Rabatt gerechtfertigt ist (meine Vermutung: betriebswirtschaftlich derzeit vermutlich nicht…). Hat der Kunde den Login-Prozess erfolgreich durchlaufen, wird er mithilfe von vier Fragen durch den Verlängerungsprozess hindurchgeführt. Bei diesen muss er Stellung nehmen zu verschiedenen Aspekten, welche seine Risikoneigung und seine Präferenzen bezüglich der Laufzeit widerspiegeln. Basierend auf diesen Informationen wird vom System automatisch ein Angebot mit einem verbindlichen Zinsvorschlag errechnet und präsentiert. Der Kunde kann sich dabei auch für eine Aufteilung der Hypothek in verschiedene Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten entscheiden. Hypothekarkunden mit guten Kenntnissen können den Fragebogen aber auch überspringen und direkt zur Produktauswahl gehen.
Entscheidend bei diesem Prozess ist, dass der Fragenkatalog verständlich, gut und einfach gestaltet ist. Dabei werden in etwa die gleichen Fragen gestellt, die ein Kundenberater auch in einem persönlichen Beratungsgespräch bei einer Hypothekenverlängerung stellen würde. Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, dass bei der Verlängerung einer einzelnen Tranche möglicherweise das Gesamtbild etwas vernachlässigt wird. Beispielsweise ist es gut möglich, dass beim Verlängern einer kleinen Tranche basierend auf dem Fragenkatalog und unter Berücksichtigung des Gesamtbilds eine andere Empfehlung resultiert als für den Kunden sinnvoll wäre. Der Kunde wird aber auf diese Schwäche aufmerksam gemacht und kann den präsentierten Vorschlag noch manuell übersteuern. Die OKB arbeitet jedoch zurzeit daran, das Gesamtbild noch etwas fundierter in die Empfehlungen miteinzubeziehen.
Falls ein Kunde seine Hypothek nicht online verlängern möchte, besteht natürlich immer noch die Möglichkeit, dass er sie wie bis anhin auch persönlich bei seinem Kundenberater verlängern kann. Dadurch kann er jedoch nicht vom oben erwähnten Rabatt für Online-Verlängerungen profitieren.
Fazit
Die OKB macht mit diesem Projekt auch im Finanzierungsgeschäft einen ersten Schritt in die (neue) Digitalisierungswelt und in Richtung Kundenportal. Aus meiner Sicht ist beim oben vorgestellten Angebot essentiell, dass der Zinsvorschlag bei Online-Verlängerungen stets günstiger sein muss als wenn der Kunde zu seinem Kundenberater geht. Entsprechend ist zentral, dass die Kundenberater diese strategische Absicht mittragen und in der Filiale keine tieferen Zinssätze gewähren als im Online-Portal. Interessant finde ich vor diesem Hintergrund auch, dass die OKB die „guten“ Kunden grundsätzlich auf den Online-Kanal bringen möchte.
Positiv zu bewerten sind der interessante Ansatz mit dem Fragenkatalog, die vorgelagerte Kundenüberprüfung, der verbindliche Zinssatz und die schnelle Abschlussmöglichkeit.
Unschön finde ich jedoch, dass für dieses Projekt die Schnittstellen zum Kernbankensystem (noch) nicht geöffnet wurden. Man ist zwar diesbezüglich mit Finnova im Gespräch und geht von einer Lösung bis Ende 2017 aus, aber generell besteht in der Schweiz aus meiner Sicht Handlungsbedarf in diesem Bereich. So nachvollziehbar das „Halten“ dieser Schnittstellen ist und so komplex diese Thematik auch sein mag, so wünschenswert wäre es, wenn sie gerade für solche Projekte offener wären als bis anhin.
PS: Am 17.11.2016 findet die Retail Banking Konferenz mit hochkarätigen Rednern wie Dr. Patrik Gisel, CEO von Raiffeisen Schweiz, Dr. Beat Oberlin, CEO Basellandschaftliche Kantonalbank, Jürg Ritz, CEO der Baloise Bank SoBA und Andrew Richards, Head of Regional Retail Banking, Metro Bank, London statt. Ebenso stellen wir die die rund 220 (!)-seitige diesjährige Retail Banking Studie vor. Es hat noch 8 Plätze frei. Hier finden Sie weitere Informationen.
Kommentare
1 Kommentare
Jérôme Bernard
30. Oktober 2016
Interessant aber ich befürchte, dass es sehr schwierig wird keine tieferen Zinssätze in der Filialen als im Online-Portal zu gewähren. Bei manchen Banken sind jetzt Kunden gewöhnt, Ihre Zinsen wie beim Autokauf zu verhandeln.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
17. Oktober 2016
Die Schweiz ist in den Top 5 der globalen FinTech Hubs
Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand und Dr. Denis Bieri
Die Schweiz wurde in globalen FinTech Rankings oftmals nicht aufgeführt oder ist erst im hinteren Teil der Ranglisten zu finden. Dies erstaunt insbesondere vor dem Hintergrund, dass unser Land bei Innovationsrankings regelmässig Spitzenplätze einnimmt. In einer Metastudie haben wir nun 21 Studien und Artikel rund um das Thema FinTech ausgewertet. Bei einer umfassenden Betrachtung der Rahmenbedingungen erreicht die Schweiz hinter Singapur, Amsterdam, New York, und San Francisco den 5. Rang. Somit können wir unsere Hypothese aus der IFZ FinTech Study 2016 erhärten, dass der Schweizer FinTech Markt bedeutender ist als generell postuliert.
Ausgangslage
Die Schweiz hat eine lange Tradition als internationaler Finanzplatz und hat mit Zürich und Genf zwei global relevante Finanzzentren. Neben der Stärke des Finanzplatzes wird die Schweiz auch bezüglich ihrer Innovationskraft international geachtet. Die Schweiz rangiert in den letzten sechs Jahren jeweils an erster Position des Rankings des Global Innovation Index, welcher jährlich von der Cornell University und der INSEAD Business School publiziert wird. Mit wenigen Ausnahmen[1] wird die Schweiz in FinTech Rankings oftmals gar nicht einbezogen oder rangiert auf den hinteren Plätzen.[2] Basierend auf 21 Studien und Artikel vergleichen wir im Folgenden anhand von 68 Indikatoren die Rahmenbedingungen des Schweizer FinTech Ökosystem mit 17 internationalen FinTech Hubs.
Dimensionen eines FinTech Ökosystems
Grundlage für die Bewertung der FinTech Ökosysteme sind die Rahmenbedingungen, welche sich aus den folgenden sechs Sub-Dimensionen zusammensetzen und aus der PESTEL-Methode abgeleitet wurden:
- Political
- Economic
- Social
- Technological
- Environmental
- Legal
Die 68 Indikatoren werden je einer dieser sechs PESTEL- Dimensionen zugeteilt (siehe Abbildung 1).
FinTech Ökosystem Ranking
Um die einzelnen FinTech Ökosysteme vergleichbar zu machen, haben wir ähnlich zur Vorgehensweise des Global Innovation Index ein Ranking erstellt. Dabei wurde in einem ersten Schritt für jeden Indikator ein Ranking der 18 berücksichtigten Regionen abgeleitet. Die Schweiz wurde aufgrund ihrer räumlichen Nähe als ein einzelnes Ökosystem betrachtet. In einem zweiten Schritt wurden die PESTEL-Rankings über eine Aggregation der zugrundeliegenden Indikatoren-Rankings erstellt. Abschliessend wurden diese sechs Rankings wiederum aggregiert und ein übergeordnetes FinTech Hub Ranking der Rahmenbedingungen abgeleitet. Dies führt zu folgenden Resultaten:
Die Resultate zeigen, dass das Schweizer FinTech Ökosystem bezüglich den Rahmenbedingungen zu den globalen Spitzenreitern gehört. Nur die Ökosysteme von Singapur, Amsterdam, New York City und San Francisco schneiden besser ab. Die gute Position des Schweizer FinTech Ökosystems beruht vor allem auf dessen Ausgewogenheit. Es gehört in allen sechs Dimensionen zu den besten 8 Regionen. In der politischen Dimension liegt die Schweiz sogar auf dem zweiten Platz. Dies beruht nicht zuletzt auf der politischen Stabilität.
Um die Resultate auf ihre Robustheit zu prüfen, wurden die angewandte Methodik und deren Annahmen auf verschiedene Arten abgeändert. Beispielsweise wurde anstelle einer Einteilung der Rahmenbedingungsindikatoren in die sechs PESTEL-Dimensionen eine Gleichgewichtung aller 68 Indikatoren gewählt. Die Resultate an der Spitze des Ranking bleiben jeweils robust, das heisst, die Zusammensetzung der Top fünf FinTech Hubs bleibt überwiegend konstant. Grundsätzlich sind die Resultate von indikativer Natur, da es keine universell geltende Definition zu FinTech und dessen Rahmenbedingungen gibt.
Fazit
Die Analyse vergleicht die Rahmenbedingungen verschiedener FinTech Ökosysteme miteinander. Die Resultate zeigen, dass das Schweizer FinTech Ökosystem international zu den führenden gehört, aber nicht zu den allerbesten wie bei der Innovationskraft. Singapur, Amsterdam, New York und San Francisco bieten zurzeit die besseren FinTech Rahmenbedingungen als die Schweiz. Was es braucht um auf die Podestplätze zu kommen, wollen wir mit unserer nächsten FinTech Studie 2017 noch detaillierter untersuchen. Diese wird am 1. März 2017 präsentiert.
[1] Siehe zum Beispiel die Studie von Deloitte
[2] Siehe zum Beispiel These are the world’s fintech hubs (World Economic Forum, 2016)
Kommentare
1 Kommentare
Was wir lesen (KW 42): Innovation und Digitalisierung im Finanzbereich – Innovationsblog der DZ BANK Gruppe
24. Oktober 2016
[…] Blog Hochschule Luzern: Die Schweiz ist in den Top 5 der globalen FinTech Hubs […]
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
10. Oktober 2016
Einsatz von Videotelefonie bei Banken: Anwendungsfälle und Beispiele
Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Hans-Hinnerk Spindler
Seit längerem bieten vereinzelte Schweizer Banken verschiedene Formen von Videoberatungen an. Einige weitere Institute sind sich derzeit am überlegen, ob und wie sie dieses Instrument einsetzen wollen. Im nachfolgenden Blog erläutern wir mögliche Anwendungsfälle der Videotelefonie und zeigen anhand von verschiedenen Beispielen auf, welche Banken ihren Kunden zurzeit Videotelefonie anbieten.
Technologische Voraussetzungen
Die Technologie, zusätzlich zu reiner Sprache auch Videobilder zu übertragen, ist nahezu so alt wie das Fernsehen. Jedoch wurde Videotelefonie erst mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen und entsprechenden Mobilfunktechnologien wie UMTS für jedermann und auf verschiedenen Geräten verfügbar. Gleichzeitig wurden auch Kameras immer billiger und qualitativ besser, sodass heute nahezu jeder Laptop und jedes Smartphone oder Tablet über eine Kamera in HD-Qualität verfügt. So bietet beispielsweise das Chatprogramm Skype bereits seit 2006 Videotelefonie an und auch Apple führte im Jahr 2010 die App „Facetime“ ein. Heute ist Videotelefonie zudem technisch auch ohne Installation eines Programms möglich und kann direkt aus einer Webseite heraus genutzt werden. Auch auf der Benutzerseite hat sich Videotelefonie in der Zwischenzeit durchgesetzt. In einer Umfrage im Jahr 2013 ermittelte das Marktforschungsinstitut forsa, dass gut ein Drittel (31%) der Internetnutzer die Videotelefonie bereits nutzen.
Videotelefonie bei Banken?
Der Einsatz von Videotelefonie in einer Bank bedingt oftmals die Anpassung von Prozessen und Richtlinien im Callcenter. Üblicherweise werden für die Videotelefonie dedizierte Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, welche entsprechend aufgeräumt sind und über einen möglichst neutralen Hintergrund hinter dem Berater verfügen. Auf dieser Wand kann über die Videotelefonie-Software bei Bedarf auch dynamisch ein Logo eingeblendet werden. So kann ein Callcenter auch verschiedene Banken unterstützen oder auf die verschiedenen Sprachen der Anrufer reagieren.
Die Berater selbst müssen für die Videotelefonie speziell geschult werden, denn neben der Stimme nimmt der Bankkunde nun auch das Aussehen, die Mimik und die Umgebung des Beraters wahr, was deutlich höhere Ansprüche an die Kommunikation stellt. Allein schon die Position der Kamera im Verhältnis zum Bildschirm des Beraters kann dazu führen, dass der Kundenberater dem Kunden nicht direkt in die Augen schaut (weil er beispielsweise immer wieder zur Seite in seinen Bildschirm schauen muss), was auf den Kunden irritierend wirken kann. Folglich ist es wichtig, dass die Bank ihre Berater auch für diese Form der Kommunikation schult.
Anwendungsfälle und Beispiele aus der Schweiz
Grundsätzlich lässt sich die Videotelefonie für alle Anwendungsfälle verwenden, bei denen heute auch schon eine telefonische Kontaktaufnahme möglich ist. Zusätzlich zur Sprache kommt hier das Bild dazu und der Kontakt wird dadurch persönlicher. Nachfolgend präsentieren wir eine (nicht abschliessende) Liste der Anwendungsmöglichkeiten und gehen kurz auf diejenigen Schweizer Banken ein, die bereits über ein solches Angebot verfügen. Gleichzeitig werfen wir auch einen Blick ins Ausland – wo immer es in der Schweiz noch keinen Anwendungsfall gibt.
- Zuschaltung eines Experten im Beratungsgespräch: Gerade in kleineren Filialen sind oft nur „normale“ Kundenberater anwesend. Hat ein Kunde einen spezifischen Beratungsbedarf, z.B. zu Vorsorgelösungen, so muss entsprechend ein Experte eingeladen werden. Dieser muss für den Termin anreisen, was einerseits zu „verlorener Zeit“ und Reisekosten führt und andererseits auch spontane Beratungen verunmöglicht. Würde dieser per Videotelefonie zugeschaltet, können zusätzlich auch Dokumente am Bildschirm gemeinsam diskutiert werden. Ein solches Verfahren ermöglicht es zum Beispiel die Experten zu zentralisieren, deutlich besser auszulasten und Reisezeit zu sparen. In der Schweiz bietet dies seit kurzem die Basler Kantonalbank an (vgl. Blog vom 19.9.16). In Deutschland wird dies bereits seit längerem von der HypoVereinsbank angewendet.
- Videoberatung zuhause über die Webseite: Ein weiterer spannender Anwendungsfall ist die Videotelefonie aus dem Browser heraus über die Webseite der Bank. Der Kunde kann dabei auf seinem Computer die Beratung starten und mit (s)einem Berater Kontakt aufnehmen. Der Vorteil für den Kunden ist hier, dass er sich den Weg zur Filiale spart und möglicherweise auch von den erweiterten „Öffnungszeiten“ des Callcenters profitieren kann. Auf diese Weise sind auch Beratungen am Abend oder, abhängig vom Angebot, auch am Samstag möglich. Wichtig scheint dabei, dass der Kunde nicht noch zusätzliche Software installieren muss. Die Funktionalität darf also lediglich einen Mausklick entfernt sein. Eine Videoberatung über die Webseite bietet beispielsweise die ZKB an (vgl. Blog vom 8.7.2013 – ja: auch damals gab es diesen Blog schon…). Im Mai 2015 gab die ZKB auf Anfrage des Magazins cash an, dass seit dem Beginn ca. 1‘500 Beratungsgespräche stattgefunden haben – das ergibt bei einer vereinfachten Rechnung ca. 3-4 Gespräche pro Tag über diesen Kanal. Wie und ob das Projekt aber weitergeführt wird, ist derzeit noch nicht ganz klar. Auch die Raiffeisenbank Mischabel-Matterhorn bietet eine Videoberatung unter dem Label „live eisen“ an (vgl. Blog vom 13. Juni 2016). Die Beratungszeiten sind hierbei auf den Abend gelegt (18-20 Uhr) und bieten so eine Ergänzung zu den Filialöffnungszeiten.
- Co-Browsing auf der Webseite / im e-Banking: Dieser Anwendungsfall ist technisch gesehen identisch zur Videoberatung über die Webseite, hier geht es jedoch darum, schnelle Unterstützung und Hilfestellung zu erlangen – zum Beispiel, wenn ein Kunde ein Problem mit dem e-Banking hat. Der Bankmitarbeiter kann in diesem Fall mit dem Kunden zusammen die Webseite anschauen und ihn bei seinen Fragen unterstützen. Die Teilnehmer an einem Videogespräch können durch Co-Browsing den gleichen Inhalt sehen. Gemäss Co-Browsing Software-Hersteller unblu haben bereits die ZKB und die UBS Co-Browsing Lösungen in ihren e-Bankings implementiert.
- Videoterminal in der Selbstbedienungs-Zone: Bei diesem Anwendungsfall wird in der Lobby oder in der Selbstbedienungs-Zone einer Filiale ein Videoterminal installiert, über das der Kunde ein Videotelefonat mit dem Callcenter starten kann. In der Regel bietet ein solches Terminal dem Kunden die Möglichkeit für kurze Abklärungen, wie zum Beispiel Hilfestellungen zu den Automaten oder für eine Terminvereinbarung mit dem Callcenter. Gerade in Filialen, die nur noch halbtags oder gar nicht mehr besetzt sind, kann auf diese Weise dem Kunden eine Kontaktmöglichkeit gegeben werden. Ein solches Videoterminal könnte darüber hinaus auch für kartenlose Transaktionen verwendet werden, um Kunden die keine Karte haben, einen Bargeldbezug zu ermöglichen. Dabei wird der Kunde über das Videoterminal identifiziert und erhält einen QR-Code, mit dem er anschliessend am Automaten Geld beziehen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass eine entsprechende Funktionalität am Automaten vorgesehen ist (beispielsweise hat die Credit Suisse die entsprechende Funktion bereits in der Schweiz eingeführt). In der Schweiz setzt heute die Basellandschaftliche Bank in der Filiale Lausen bereits auf ein Videoterminal (vgl. Blog vom 14. Dezember 2015).
- Videoterminal in Diskretionszone: Installiert man das Videoterminal anstatt in der Lobby in einem separaten Raum oder Abteil mit der nötigen Diskretion, können auch komplexere Beratungen durchgeführt werden. Technisch gesehen entspricht dieser Anwendungsfall demjenigen der Videoberatung zuhause über die Webseite, anstelle des eigenen Laptops verwendet der Kunde hier einfach das Terminal der Bank und befindet sich in einem dafür geeigneten Raum (nicht jeder möchte, dass der Bankberater ins Wohnzimmer schauen kann). In der Schweiz bietet seit kurzem die Raiffeisenbank Lungern eine unbemannte Filiale mit separat getrennten Räumen für die Videoberatung an (vgl. Blog vom 26.9.16).
- Videoident-Verfahren: Dieser Anwendungsfall ist technisch auf allen Kanälen einsetzbar und ermöglicht die rechtskonforme Identifikation des Kunden als Ersatz für eine Kundenunterschrift. Sowohl die BaFin in Deutschland als auch die FINMA in der Schweiz erlauben seit 2014, bzw. seit 2016 die Anwendung des Videoident-Verfahrens für die Kontoeröffnung und immer mehr Banken bieten eine solche Funktion an. Das Ziel ist es, Neukunden zu ermöglichen, ohne Filialbesuch ein Konto zu eröffnen. Anbieter des „Digital Onboardings“ in der Schweiz sind u.a. die UBS, die Valiant Bank, die Glarner Kantonalbank, die Raiffeisen oder die Bank Linth.
- Videotelefonie an Geldautomaten: Auch ein Geldautomat kann technisch gesehen für ein Videotelefonat genutzt werden, da bereits heute viele davon über eine Portraitkamera verfügen. Mögliche Anwendungsfälle wären dabei eine Transaktionsunterstützung, wie z.B. Hilfestellung bei Problemen, aber auch Überschreitung von Kartenlimiten, welche ein Berater nach der Identifikation über Video freigeben könnte. Diese Form der Videotelefonie wird heute bereits in den USA (Beispiel: BBVA Compass) und Mexiko angewendet, insbesondere an Drive-In Automaten, welche dazu die nötige Diskretion und auch Verweildauer bieten. Ein Geldautomat, vor dem sich regelmässig Schlangen bilden, ist hingegen dafür wohl weniger geeignet.

Ein Video zum BBVA Compass-Videobanker im Bancomaten finden Sie hier.
Videotelefonie auf dem Bankautomaten gibt es in der Schweiz noch nicht. Wir sehen hier aber auch nicht einen bedeutenden Use Case.
Fazit
Bei den Schweizer Banken ist der Kanal Videotelefonie heute bisher eher noch eine Seltenheit, auch wenn bereits einige Banken ihren Kunden diese Kontaktmöglichkeit für verschiedene Anwendungsfälle anbieten. Es sind derzeit aber mehrere Banken daran, sich intensiver mit den Möglichkeiten der Videoberatung auseinanderzusetzen, sodass wir hier wohl bald weitere Angebote erwarten können. Wie oben beschrieben, gibt es zahlreiche Anwendungsfälle für die Videoberatung. In einem späteren Blog werden wir aufzeigen, ob und wie sich die Kunden ein solches Angebot überhaupt wünschen.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.