1. Dezember 2025
Bereits zum 14. Mal fand die IFZ Retail Banking-Konferenz statt. Neben der Präsentation der IFZ Retail Banking-Studie wurde durch Valiant die Rolle neuer Bankfilialen in einer zunehmend hybriden Welt diskutiert. Die Luzerner Kantonalbank stellte ihre neue, ambitionierte Strategie vor. Alpian zeigte auf, wie sie sich als Schweizer Digitalbank zwischen Affluent Banking und Private Banking positioniert. Eindrücklich war auch die Präsentation von Nordea: Sie verdeutlichte, wie weit fortgeschritten die skandinavische Bank in der Digitalisierung ist. Die Plattform Raisin präsentierte, wie erfolgreich ihr europäisches Sparplattform-Modell skaliert.
Die wichtigsten Aussagen und Erkenntnisse der Konferenz fassen wir nachfolgend zusammen.
Prof. Dr. Andreas Dietrich, Institutsleiter IFZ
Eine Zusammenfassung zur Vorstellung der Retail Banking-Studie 2025 finden Sie hier.
Nachfolgend einige Impressionen von der Konferenz:

Abbildung 1: Impressionen der Konferenz
Christoph Wille, Head of Customer Services & Products, Valiant Bank
Valiant hat ihre Filialstrategie seit 2017 konsequent weiterentwickelt. Sie ist der Überzeugung, dass die geografische Expansion nicht allein digital erfolgen kann, sondern durch den Aufbau neuer Filialen begleitet werden muss. Daher hat Valiant eine kostengünstige und moderne Form physischer Präsenz entwickelt. Mit dem Pilotprojekt der neuen Geschäftsstelle in Brugg führte Valiant 2017 ein radikal neues Filialkonzept ein, das seither schrittweise ausgerollt wurde. Das neue Filialkonzept hat dabei unter anderem den klassischen Schalter vollständig ersetzt. Die Bedienung erfolgt durch Beratende aus den Kundencentern in Gümligen und Biel über Video. Dafür stehen eigens eingerichtete Räume mit Videoscreen, Kamera zum Scannen von Dokumenten sowie ein Drucker zur Verfügung. Weitere Funktionen wie der kartenlose Bargeldbezug via QR-Code oder die Öffnung von Tresorfächern sind ebenfalls integriert.
Die modular aufgebauten Geschäftsstellen sind ganztägig zugänglich und während zehn Stunden pro Tag per Video betreut. Gleichzeitig bleiben alle Geschäftsstellen weiterhin mit eigenen Beratenden besetzt. Es handelt sich also ausdrücklich nicht um eine reine Automatenbank. Trotz dieser Transformation sind lediglich rund 0.5–1.6 Prozent der Kunden abgewandert.
Ausgehend von 84 Filialen im Jahr 2016 hat Valiant ihre physische Präsenz zunächst insbesondere in der Ost- und Westschweiz deutlich ausgebaut und neue Marktgebiete erschlossen. Bis 2021 erhöhte sich die Zahl der Geschäftsstellen dadurch auf 101. Mittlerweile wurde die Filialzahl wieder auf 84 reduziert. Von diesen 84 Standorten arbeiten heute bereits 69 nach dem Konzept der modularen Geschäftsstellen, die mit deutlich weniger Personal betrieben werden können. Nur noch 15 Geschäftsstellen werden in der traditionellen Form geführt. Derzeit sind bis 2029 keine weiteren geographischen Filialexpansionen vorgesehen.
Gleichzeitig treibt Valiant die Digitalisierung weiter voran. Die Mobile App entwickelt sich zum zentralen Touchpoint der Bank. In diesem Zusammenhang hat Valiant ihre bisherige E-Banking-Kundschaft aktiv auf die App migriert und damit einen klaren Wechsel hin zu mobilen Nutzungskanälen erzielt. Innerhalb von nur 18 Monaten stieg die Zahl der App-Nutzerinnen und -Nutzer von rund 50’000 auf 150’000. Zusätzlich wurden weitere digitale Innovationen umgesetzt wie etwa eine digitale Anlageprofilierung zur Entlastung der Kundenberatenden sowie der verstärkte Einsatz personalisierter Kampagnen in den digitalen Touchpoints.
Daniel Salzmann, CEO, Luzerner Kantonalbank
Die Luzerner Kantonalbank (LUKB) hat sich ambitionierte Ziele für die nächste Strategie-Periode gesetzt. Der Fokus liegt insbesondere auf einem organischen und profitablen Wachstum im Ausserbilanzgeschäft, und hier speziell im Bereich der Vermögenverwaltung. Derzeit hat die LUKB 40 Milliarden Franken verwaltete Kundenvermögen. Bereits in den letzten Jahren konnte sie dabei das Volumen der Vermögensverwaltungsmandate und der Beratungsmandate stark erhöhen. Dieser Bereich («Wachstum Beratungs- und VV-Mandate») soll in den nächsten fünf Jahren weiter stark ausgebaut werden. Gleichzeitig zählt die LUKB zu den effizientesten Universalbanken der Schweiz mit einer Cost/Income-Ratio von derzeit 46.2 Prozent. Trotz geplanter Investitionen von CHF 50 Mio. in den nächsten fünf Jahren soll diese Effizienz-Kennzahl auch in der nächsten Strategieperiode unter 50 Prozent bleiben.
Bis 2030 will die LUKB mit den geplanten Massnahmen landesweit zu den führenden fünf Universalbanken zählen. Dabei möchte sie vor allem auch ihre Expertise in anspruchsvollen Spezialthemen weiter skalieren. Profitieren möchte sie auch vom langfristig strukturell wachsenden Heimmarkt. Der Kanton Luzern ist gemäss BFS der Kanton mit dem stärksten prognostizierten Bevölkerungswachstum in den kommenden 30 Jahren. Zudem ist der Kanton auch für Firmen steuerlich attraktiv. Hervorgehoben wurden auch die Investitionen in datengetriebenes Banking (Entwicklung hin zu einer datengetriebenen Organisation), den Ausbau des CX-Managements und der Ausbau des KI-Kompetenzzentrums.
Gianmarco Bonaita, CEO, Alpian
Alpian ist eine Schweizer Digitalbank, die sich zwischen Affluent Banking und Private Banking positioniert. Das Institut mit Sitz in Genf hat sich zum Ziel gesetzt, zur führenden Bank für Menschen mit Vermögen zwischen CHF 100’000 und 1 Million zu werden (2.7 Mio. Menschen in der Schweiz). Das Modell kombiniert digitale Effizienz mit menschlicher Beratung, allerdings zu tieferen Kostenstrukturen als klassische Privatbanken.
Derzeit können Kundinnen und Kunden bereits ab einer Einlage von CHF 30’000 diskretionäre Portfolios aus einer breiten Auswahl an Asset-Klassen erstellen. Heute zählt Alpian rund 25’000 Kundinnen und Kunden, bis 2028 sollen es 100’000 sein.
Die Bank hat ihr Angebot seit dem ursprünglichen Fokus auf Anlagen deutlich erweitert und bietet heute auch umfassende «Everyday Banking»-Funktionen wie Multicurrency-Konten und Säule-3a-Lösungen an. Zudem steht weiterhin eine Videoberatung in den Landessprachen sowie in Englisch zur Verfügung.
Søren Rode Andreasen, Head of Digital Customer Engagement Hub, Nordea
Nordea ist mit über 11 Millionen Kundinnen und Kunden sowie über 30’000 Mitarbeitenden die grösste Bank der nordischen Länder und gleichzeitig eine der digital fortschrittlichsten Europas. Der hohe Digitalisierungsgrad hat massgeblich dazu beigetragen, die Cost/Income-Ratio bereits auf rund 46 Prozent zu senken. In den kommenden Jahren soll diese weiter reduziert werden.
Das Smartphone ist der absolut zentrale Touchpoint, Filialen werden nur noch für gewisse Geschäfte genutzt und erfolgen in der Regel nur noch auf Termin (keine Walk-ins). Die Bank zählt jährlich derzeit 1.5 Milliarden Logins. Privatkunden können bereits heute sämtliche Bankgeschäfte vollständig online erledigen, KMU rund 80 Prozent.
Interessant ist auch, dass Nordea eine co-gebrandete «Kinder»-App nutzt, um frühzeitig Beziehungen zur nächsten Kundengeneration aufzubauen und finanzielles Verhalten spielerisch zu fördern. Eltern und Kinder erhalten separate, miteinander verknüpfte Apps, über die Taschengeld, Aufgaben, Ausgaben und Ersparnisse gamifiziert gesteuert werden können.
Imposant ist auch, dass Nordea in den vergangenen zwei Jahren den Anteil der vollständig durch den Chatbot gelösten Anfragen im Contact Center massiv gesteigert hat. Heute werden bereits über 50 Prozent aller Interaktionen ohne menschliches Eingreifen bearbeitet. Dies zeigt, wie stark AI-basierte Self-Service-Kanäle akzeptiert werden und wie effektiv sie die Supportlandschaft der Bank entlasten. Auch in der App sind schon viele daten- und AI-basierte Lösungen vorhanden (z.B. personalisierte Empfehlungen in App oder Abonnemente und Mitgliedschaften bei Drittanbietern wie z.B. Netflix oder dem lokalen Sportverein, die via Smartphone gekündigt werden können).
Auch der Nordea API-Markt ist deutlich weiter entwickelt als jener in der Schweiz. Nordea verzeichnet mittlerweile über 160 Millionen API-Calls pro Monat – ein starkes Indiz dafür, wie zentral offene Schnittstellen für die Bank geworden sind. Der überwiegende Teil des API-Volumens entfällt bei Nordea weiterhin auf PSD2-Schnittstellen. Dennoch wachsen Premium- und Partner-APIs kontinuierlich und gewinnen an strategischer Bedeutung, insbesondere weil sie erweiterte Funktionen bieten und für datengetriebene Geschäftsmodelle monetarisierbar sind.
Matthias Rodenbücher, Country Head B2C DACH Raisin, und
Waldemar Faltenberg, Country Director DACH, Raisin (ehemals WeltSparen)
Raisin wurde 2013 unter dem Namen WeltSparen in Berlin gegründet und hat sich seither zu einer der führenden Spar- und Anlageplattformen in Europa entwickelt. Das Unternehmen hat aktuell etwas mehr als 700 Mitarbeitende und verwaltet mittlerweile rund EUR 80 Milliarden an Vermögenswerten auf der Plattform und zählt über eine Million Kundinnen und Kunden. Das Durchschnittsalter der Kundschaft liegt bei rund 55 Jahren. Eine Expansion in die Schweiz ist aufgrund der aktuellen Zinssituation zwar derzeit nicht geplant, der Markt wird jedoch aufmerksam beobachtet.
Rund 74 Prozent der Einlagen, die über die Anlageplattformen von Raisin getätigt werden, fliessen in Festgelder mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 24 Monaten. Die anderen Einlagen sind kurzfristiger gebunden (teilweise auch Overnight-Einlagen). Die durchschnittliche Anlagesumme beträgt EUR 39’000. Das Modell verbindet Einlegerinnen und Einleger direkt mit über 300 Partnerbanken, entweder über B2C-Plattformen oder B2B-Vertriebspartner, stets gedeckt durch die Einlagensicherung. Banken behalten die Kundenschnittstelle, können Konditionen für Endkunden selbst bestimmen und ihren Einlagemix entsprechend ihren Bedürfnissen gestalten. Raisin betont, dass nur wenige Kundinnen und Kunden als «Zinshoppers» agieren, nachdem sie sich für eine Bank entschieden haben. Kleine Zinsdifferenzen lösen kaum Geldabflüsse aus.
Die 240-seitige «IFZ Retail Banking-Studie 2025» kostet CHF 290 und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
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