14. Dezember 2015
Ursprünglich hatte die Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) beabsichtigt, den Standort in Lausen, ein klassischer kleiner Transaktionsstandort, zu schliessen. Aufgrund der neuen digitalen Möglichkeiten sowie der an diesem Standort relativ hohen Anzahl Transaktionen hat sich die BLKB aber entschieden, einen neuen Niederlassungstypen zu pilotieren und auch einige neue Elemente auszuprobieren. Nachfolgend möchte ich insbesondere auf die neuartige Möglichkeit der Videotelefonie eingehen.
Die zuvor altmodische Filiale wurde Ende Juli 2015 geschlossen und am 9. November wieder im neuen Design eröffnet (siehe Abbildung 1). Dabei sind insbesondere zwei Filialelemente neu für die BLKB: Als erstes bietet man die Möglichkeit der Videotelefonie als einfachen und persönlichen Schalterersatz an. Als zweites hat die Bank auch einen Infopoint-Bereich im Touchtable-Format in die Filiale integriert. Nachfolgend möchte ich schwergewichtig auf die Videotelefonie eingehen. Meines Wissens ist die BLKB nämlich die erste Schweizer Bank, welche Videotelefonie in einer „unbemannten“ Niederlassung einsetzt.
Videotelefonie in der Bankfiliale
Aktuell ist die von Wincor Nixdorf (bald: Diebold Nixdorf) entwickelte Videotelefonie sehr einfach gehalten, um mögliche Berührungsängste abzubauen. Ausser Telefonieren kann man derzeit nicht viel (Ausnahme: Es ist auch möglich, dass man eine Terminbestätigung eines Beratungsgesprächs durch den eingebauten Drucker direkt auf Papier erhält). Das Gerät ist aber mit unterschiedlichen Interaktionsmodulen (z.B. Kartenterminal mit Pinpad zur Identifikation) erweiterbar, die nach und nach pilotiert werden sollen. Entsprechend können Kunden hier aber keine Geldbezüge oder ähnliches machen – dafür stehen Bancomaten und Münz-/Noteneinzahler zur Verfügung. Stattdessen haben sie beispielsweise die Möglichkeit, telefonisch den Kontostand abzufragen, Überträge zu tätigen, eine Kreditkarte zu sperren oder Einzahlungsscheine zu bestellen. Die BLKB-Videotelefonie unterscheidet sich daher von der auch schon vorgestellten Videokasse der Commerzbank.
Die entsprechenden Anrufe gehen direkt ins Kundencenter der BLKB. Dort wurde ein separater „ruhiger“ Arbeitsplatz geschaffen, von welchem aus nur Kunden-Mails (aber eben keine Telefonanrufe) bearbeitet und die entsprechenden Videotelefonate aus Lausen entgegengenommen werden. Bis anhin wurde ein Kernteam von fünf Personen aus dem Kundencenter für diese Videotelefonie-Aufgabe geschult, welche jeweils im Wochenrhythmus rotieren und von weiteren Teamkollegen als Springer unterstützt werden.
Etwas speziell finde ich, dass der Videoanruf derzeit nur „unidirektional“ ist – sprich, dass der Kundenberater den Kunden nicht sehen kann. Möchte der Kunde also dem Berater etwas zeigen, so geht dies nicht. Die BLKB wertet aber die Kundenfeedbacks aus und prüft, ob man dies für allfällige weitere Geräte anpassen möchte. Hingegen ist durch den „Telefonhörer“ sichergestellt, dass andere anwesenden Personen im Raum nicht hören, was der Kundenberater zum Kunden resp. zur Kundin sagt.
Interessant ist auch zu wissen, dass der neue Niederlassungstyp zwar offiziell „24-Stunden-Bank“ heisst und 24 Stunden geöffnet ist – das eigentlich innovative Tool, die Videotelefonie, aber nicht 24 Stunden bedient ist. Die Öffnungszeiten sind – den Callcenter-Öffnungszeiten entsprechend – von Mo-Fr von 8.00-18.30 Uhr und am Samstag von 8.30-12.00 Uhr (dies sind aber gegenüber vorher verlängerte „Öffnungszeiten“).
Wie reagieren die Kunden?
Gemäss Aussage von Yves Allemann, Senior Marketing- und Vertriebsmanager bei der BLKB, kommt das Konzept bisher vor allem auch bei der älteren Kundschaft gut an. In den ersten vier Wochen wurde die Videotelefonie bereits 225 Mal genutzt (ca. 9 Anrufe pro Tag). Als Schlüsselelement für den bisherigen Erfolg dieses Projekt kann vermutlich nicht zuletzt der temporäre „Floormanager“ bezeichnet werden. Dieser Mitarbeiter war im Monat vor der Schliessung aktiv in der Kundenhalle und hat die Kunden auf die Umstellung angesprochen. Nun ist er in den ersten zwei Monaten nach der Wiedereröffnung erneut präsent. Er erklärt den Kunden die neuen Elemente und zeigt auf, wie ihre Bedürfnisse in der neuen Filiale befriedigt werden können. Das Spezielle an dieser Geschichte ist der Hintergrund des Floormanagers: Er hat in den 80er Jahren diese Niederlassung eröffnet und eröffnet diese quasi nun ein zweites Mal.
Infopoint
Der Infopoint beinhaltet vier Hauptaspekte: Neben einer Übersicht von Factsheets, welche die Dienstleistungen und Produkte der BLKB aufzeigen, können auch Termine vereinbart werden, die vom Kundencenter koordiniert und bestätigt werden. Ein Direktzugriff auf den Outlook-Kalender eines Kundenberaters ist aber nicht möglich. Ebenso können eBanking oder Mobile Banking erlebt und Verträge bestellt sowie ein Feedbackformular zur neuen Niederlassung ausgefüllt werden.
Fazit
Es ist interessant zu sehen, dass durch die Digitalisierung einerseits Filialen geschlossen werden müssen, auf der anderen Seite die Instrumente der Digitalisierung aber auch die Möglichkeiten bieten, die entsprechenden Filialen mit einem neuen Konzept kosteneffizient weiterführen zu können.
Das Pilotprojekt „Videotelefonie in einer unbemannten Filiale“ der BLKB finde ich entsprechend eine gute Idee, um die Filiale weiterzuführen. Der Mehrwert der Videotelefonie in einer Filiale mag für viele Personen nicht ersichtlich sein, da man die über die Videotelefonie möglichen Bedürfnisbefriedigungen auf einfachere Art und Weise auch von zu Hause aus machen könnte. Gleichzeitig besteht bei einem für regional tätige Banken wichtigem Kundensegment offenbar das Bedürfnis, dass man direkt mit einem Menschen interagieren kann.
Den Infopoint hingegen finde ich persönlich eine nicht unbedingt notwendige Ergänzung in dieser Filiale. Ich sehe diesbezüglich auch keinen relevanten Mehrwert gegenüber den Möglichkeiten der Videotelefonie, einmal abgesehen von der 24-Stunden-Öffnungszeit. Gleichzeitig ist es ja genau im Sinne einer Pilotfiliale, einmal herauszufinden, ob und wie solche Tools genutzt werden.
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