10. Februar 2014

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Vom Kundenmanagement zur Kundenintegration – Werden Banken wirklich offener?

Von Prof. Dr. Nils Hafner

Anfangs dieser Woche sass ich mit einem leitenden Mitarbeiter der UBS beim Mittagessen zusammen. „Heute freuen sich alle“ sagte er mir, nachdem wir uns begrüsst hatten, zu den gerade publizierten Zahlen seines Hauses. „Und morgen reden alle wieder nur über die Boni.“ ergänzte der Managing Director nüchtern. Und das obwohl gerade die UBS ja in den letzten zwei Jahren stark in das Retail Geschäft in der Schweiz investiert hat. Neue Filialen, Apps und ein kundenorientiertes e-Banking, das technologisch und prozessual auf der Höhe der Zeit ist. Mein Kollege Andreas Dietrich hat ja darüber berichtet.

Später an diesem Tag beim Glas Wein am Abend habe ich noch über diesen Satz nachgedacht. Woran liegt es eigentlich, dass Banken anders als andere Unternehmen überaus distanziert betrachtet werden. Nun, die Schlagzeilen der letzten Jahre sprechend Bände. Doch selbst wenn Banken alles richtig machen, geliebt werden sie nicht. Vielleicht liegt das daran, dass ein Kunde nie Teil SEINER Bank ist und Banken immer noch davon ausgehen, dass sie Kunden MANAGEN können. Mit anderen Worten: Banken verstehen sich selbst als ein geschlossenes System. Das dies wenig emotionale Nähe und damit Loyalität erzeugt, liegt auf der Hand. Interessanterweise haben andere Organisationen, denen auch ein hoher Grad an Geschlossenheit nachgesagt wird, diesen Sachverhalt längst erkannt und als Problem für ihre Akzeptanz eingestuft.

So zeigt die US amerikanische Autorin Charlene Li in Ihrem Buch „Open Leadership“ am Beispiel der US Navy auf, wie die amerikanische Marine Besuchern ihre Kriegsschiffe zeigt und in öffentlichen Veranstaltungen auf die Fragen und Anregungen aus der Bevölkerung antwortet. Natürlich verändert das nicht die grundsätzliche Strategie der US Navy, natürlich zeigt man den Schiffsbesuchern nicht die Atomreaktoren, die beispielsweise einen Flugzeugträger antreiben. Aber die Menschen, die an der Marine interessiert sind, können sich einbringen und informieren. Die US Navy ist also gleichzeitig offen UND geschlossen.

Eben diese Gleichzeitigkeit scheint nun – zumindest international – auch bei der Bankenwelt angekommen zu sein. So präsentieren nahezu zeitgleich Österreichs ERSTE Bank der Sparkassen und die britische Barclays Crowdsourcing Plattformen. Dazu hat Barclays mit Lesern der Tageszeitung Daily Telegraph schon einmal Ideen erarbeitet, wie die Bank kundennäher sein könnte:

Das Problem beim Crowdsourcing ist aber nicht, Kunden zu fragen: „Was kann unser Unternehmen besser machen?“ Das versuchen auch andere Banken, wie beispielsweise die deutsche Commerzbank mit ihrem Kundenbeirat schon seit langem. Das Problem beim Crowdsourcing ist es vielmehr die wertschöpfendsten Ideen zu finden und über deren Umsetzung zu berichten. Nur dann wird die Aktion vom Kunden auch ernstgenommen und sorgt für die gewünschte Kundennähe. Das beste Beispiel dafür wie so etwas „vergeigt“ werden kann, zeigt der Crowdsourcing Wettbewerb der Spülmittelmarke „Pril“. Hier konnten Nutzer Ideen einbringen und dann über die Ideen abstimmen. Auf Platz 1 landete „Pril – schmeckt lecker nach Hähnchen!“ Nicht ganz das, was die Macher von „Pril“ erwartet hatten.

pril-haehnchen

Barclays stellt jedoch im Vorfeld die wirklich relevanten Fragen, um die Kundenbeziehung im Retail Banking zu verbessern:

  • Your Bank. How can we save you time and not waste your time?
  • Your branch. What would you change about yours?
  • Your online banking. What drives you nuts?
  • Your Bank. What stops it being accessible to everyone?
  • Mobile banking. Shouldn’t it be a no brainer?

Und genau hier wird klar, wie sehr die Bank bereit ist, sich zu öffnen um den Kunden zu INTEGRIEREN. Die Vorschläge zu diesen Fragen kann der Kunde dann auf der Yourbank Website eingeben und dort wird dann auch über diese abgestimmt. „Tja“, mag jetzt der schlaue Schweizer Banker einwenden. „Dann warte ich doch, was dabei rauskommt. Und setze dann um, was mir passt.“ Ob das jedoch für die notwendige Kundennähe sorgt, wage ich ja zu bezweifeln.

Wahrscheinlich geht es aber darum, in einer Bankenwelt, die sich zunehmend regulatorisch oder freiwillig selbst in der Kundenkommunikation einschränkt, die Stimme des Kunden nicht nur zu hören sondern auch in die Ausgestaltung der Geschäftstätigkeit zu integrieren. Vom Kundenmanagement zur Kundenintegration quasi. Doch bis dahin müssen sich wohl noch einige Organisationen darüber klar werden, wie offen sie denn sein wollen und können. Vielleicht kann sich dann auch mein Kollege langfristig mehr über die guten Zahlen seines Arbeitgebers freuen.

Kommentare

1 Kommentare

Ulrich Welzel

11. Februar 2014

Zum Teil erlebe ich hektische Regsamkeit in Fragen der Regulierung: “Kommen Sie Ende 2015 wieder auf uns zu, wir stecken in IT-Projekten fest!“ und parallel muss HR noch 20% des Ausbildungsbudgets abgeben. Filialen werden dicht gemacht, weil kein Kunde mehr kommt. Keiner stellt sich die Frage: Warum kommt unser Kunde nicht mehr? Kundenbeiräte halte ich für gut. Es sind aber leider auch nur Beiräte, deren (zum Teil) tolle Ideen in der Schublade verschwinden. Mag es daran liegen, dass die muffligen Mitarbeiter in überalterten Räumlichkeiten (Deko vor drei Jahren gewechselt) die Kunden abweisend begrüßen? Wer in der Innenstadt München seine Bankfiliale um 15:30 Uhr schließt, darf sich nicht wundern, dass kein Kunde mehr kommt. Mag es daran liegen, dass wenn es überhaupt Sitzmöbel gibt, diese für alte Menschen oft eine viel zu niedrige Sitzhöhe haben. Somit bleibt die alte Dame auf dem Rollator sitzen. Kundennähe? Mag es daran liegen, dass Banken nicht auf Belange der alten und zumeist sehr vermögenden Kundschaft eingestellt sind? Wenn Schriftstücke von Designern in 10 Pixel und einer Graustufe von 60% geschrieben werden, darf ich mich nicht wundern keinen Umsatz zu generieren, oder? Einigen Banken wird es so gehen, wie es der US-General Eric Shinseki prophezeit: „Wenn Sie sich schon nicht mit Veränderungen anfreunden können, so wird Ihnen der Absturz in die Bedeutungslosigkeit noch weniger schmecken.“ Aus den Fehlern der Mitbewerber z.B. hat die Raika Eberndorf gelernt. Es lohnt sich nach Kärnten zu fahren und zu schauen was die Bank mit 7 Bankstellen auf die Beine stellt. Es gibt keine Musterfiliale. Jede der Bankstellen ist TOP aufgemacht!!! Super freundliches Personal, wo es Spaß macht in die Bank zu kommen. Nicht umsonst heißt es TreffBank. www.raikaeberndorf.at Gelebte Kundenähe. Die Raiffeisenbank Ichenhausen http://www.rb-ichenhausen.de hat im Jahr 2002 den Vertriebsdruck aus der Bank genommen. Bestens durch die Krise gekommen, freuen sie sich in 2013 das beste Umsatzjahr gehabt zu haben. Vorstand Kronawitter hat darüber ein bemerkenswertes Buch „Führen ohne Druck“ geschrieben. Der Chefvolkswirt der Baaderbank Robert Halver bringt es auf den Punkt: "Entweder man fliegt mit den Adlern oder man scharrt mit den Hühnern." In diesem Sinne wünsche ich mir viele Adler. Beste Grüße Ulrich Welzel

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