30. August 2021

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Valuu erreicht neuen Meilenstein – Fakten zur bisherigen Entwicklung und zur Erweiterung des Geschäftsmodells

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Wie schon mehrfach auf diesem Blog aufgezeigt, erlangen Hypothekenvermittler wie MoneyPark, key4, Hypotheke, Valuu, HypoGuide oder HypoPlus im Schweizer Hypothekarmarkt eine zunehmende Bedeutung. Im Jahr 2020 wurden gut CHF 4.5 Milliarden Hypotheken über Vermittler abgeschlossen. Der Fokus des heutigen Blogs liegt auf Valuu, die Hypothekenvermittlungsplattform von PostFinance. Ich werde aufzeigen, welche Kunden die Plattform wie nutzen und welche Erweiterungen des Geschäftsmodells Valuu vorgenommen hat.

Valuu ist eine Geschäftseinheit innerhalb der PostFinance und vermittelt seit der Lancierung im Januar 2019 Angebote für die Finanzierung von Immobilien. Die Firma ist im vergangenen Jahr stark gewachsen und beschäftigt in der Zwischenzeit rund 50 Mitarbeitende. Valuu arbeitet derzeit mit über 100 Partnern zusammen und hat rund 50’000 Besuche auf der Webseite pro Monat (Webseite, inkl. App).

Für diesen Blog hat mir Valuu exklusive Daten zur Verfügung gestellt, die ich nachfolgend vorstellen und einordnen werde.

Fakten zur bisherigen Nutzung von Valuu

Einige interessante Fakten zur Nutzung bei Valuu sind wie folgt:

  • Seit der Lancierung im Januar 2019 bis August 2021 wurde ein Volumen von rund CHF 500 Millionen über die Plattform abgeschlossen. Bis Januar 2020 lag das vermittelte Volumen noch bei CHF 100 Millionen.
  • Das durchschnittliche Kreditvolumen beträgt CHF 523’000.
  • Der Anteil an Abschlüssen über ein mobiles Gerät lag bei lediglich etwa neun Prozent. Aus diesem Grund sind seit Juli 2021 nur noch Abschlüsse via Desktop oder Tablet möglich. Interessant ist diese Entwicklung insbesondere auch, weil Valuu zu Beginn der Lancierung ausschliesslich als App konzipiert war. Diese Entwicklung überrascht mich persönlich nicht. Die meisten Banken bieten derzeit noch keine Hypothekenneuabschlüsse oder -verlängerung über die Mobile Banking App an. Meines Wissens kann man seine Hypotheken in der Schweiz derzeit nur bei der Credit Suisse (CSX), bei der Luzerner Kantonalbank und bei der St. Galler Kantonalbank über die Mobile App verlängern. Die Baloise Bank SoBa hingegen hat ihre an sich gut umgesetzte Mobile App für Neuabschlüsse von Hypotheken im letzten Jahr sogar wieder vom Markt genommen. Für Neuabschlüsse oder Ablösungen ist der Abschlusskanal «Smartphone» anspruchsvoll. Gleichzeitig wird die mobile Ergänzung gemäss Angaben von Valuu geschätzt von den Kunden. Die Valuu App wurde entsprechend überarbeitet und fokussiert sich auf das Onboarding der Nutzer:innen, den Vergleich der persönlichen Zinsen sowie den schnellen und einfachen Upload von Dokumenten in den Antrag (mit dem Smartphone fotografieren und hochladen).
  • Die beliebteste Online-Hypothek ist die zehnjährige Festhypothek. Über die Hälfte aller Abschlüsse fallen auf dieses Produkt. 40 Prozent der digital abgeschlossenen Hypotheken sind Festhypotheken mit Laufzeiten unter zehn Jahren. Festhypotheken mit einer Laufzeit von elf oder mehr Jahren haben einen Anteil von vier Prozent (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Wahl des Produkts (Quelle: Valuu)
  • 58 Prozent aller über Valuu abgeschlossenen Online-Hypotheken werden bei einer Bank abgeschlossen. 31 Prozent der Online-Hypotheken entfallen auf Pensionskassen. 11 Prozent werden durch Versicherungen finanziert.
  • Neukäufer:innen wählen im Schnitt längere Laufzeiten für ihre Finanzierungen als Kundinnen und Kunden, welche ihre Hypothek verlängern.
  • Es gibt bei Valuu mehr Ablösungen von bestehenden Hypotheken als Abschlüsse von Neukäufern. Rund 60 Prozent der Abschlüsse betreffen Ablösungen, 40 Prozent Neukäufer.

Wer sind die Kunden von Valuu?

  • 86 Prozent der den Vertrag abschliessenden Kundinnen und Kunden sind männlich, 14 Prozent sind weiblich. Es zeigt sich – ähnlich wie beim Thema Digital Onboarding oder Robo Advisor – dass überwiegend Männer solche digitalen Angebote nutzen.
  • Das Durchschnittsalter der Valuu-Kundinnen und -Kunden beträgt 47 Jahre. Bei Neukäufer:innen ist das Alter mit 41 Jahren wenig überraschend tiefer als bei Personen, welche Hypotheken ablösen (Durchschnittsalter: 53 Jahre).
  • Das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines Haushalts der Valuu-Kunden liegt bei CHF 175’000. Die Tragbarkeit beträgt gemäss Angaben von Valuu 21 Prozent, die Belehnung 55 Prozent. Die Tragbarkeit ist bei Kunden mit Neuabschlüssen und Ablösungen ähnlich. Die Belehnung ist bei Kunden, die ihre Hypotheken ablösen, wenig überraschend tiefer.
  • Die Kunden von Valuu kommen aus fast allen Kantonen der Schweiz, wie Abbildung 2 aufzeigt. Der Kanton Bern ist wohl nicht zuletzt durch die starke Position von PostFinance im Kanton Bern überproportional stark vertreten. Wenn Sie als Leserin oder Leser im Kanton Uri oder Kanton Obwalden wohnen, können Sie in Ihrem Kanton noch erste Kundin oder erster Kunde von Valuu werden
Abbildung 2: Wohnort nach Kanton der Valuu Kunden (mit Hypothekarabschluss; Quelle: Valuu)

Weiterentwicklung des Geschäftsmodells

Valuu hat in den vergangenen zwei Jahren diverse Aspekte verbessert und weiterentwickelt (u.a. auch zusätzliche, edukative Elemente nach erfolgtem Login). Besonders spannend finde ich aber die Geschäftsmodellerweiterungen mit «Valuu Pro» und dem zusätzlichen Angebot der Vermittlung von Privatkrediten. Auf diese beiden Lösungen möchte ich nachfolgend kurz eingehen.

Valuu Pro

Seit Ende Juni dieses Jahres steht Valuu mit dem Vermittlungs- und Beratungstool «Valuu Pro» auch Hypotheken-Vermittlern zur Verfügung. Dadurch ist der Vermittler auch ins B2B-Geschäft eingestiegen. Die professionellen Vertriebspartner erfassen für ihre Kunden die nötigen Daten und durchlaufen mit ihnen den Hypothekarprozess bis hin zum Abschluss wie beim «normalen» Valuu für Privatkunden. Valuu bleibt dabei im Hintergrund und übernimmt u.a. die Dossierprüfung und das Kreditgeber-Management. Gemäss Aussage von Thomas Jakob, Leiter von Valuu, stösst das Angebot auf hohes Interesse am Markt. Erste Verträge wurden auch bereits unterschrieben. Darunter befinden sich sowohl kleinere als auch grössere Unternehmen.

Privatkredit

Seit dem 17. August werden auch Privatkredite über Valuu vermittelt. Mit diesem Schritt erweitert Valuu seine Plattform und eröffnet ein Angebot für eine neue Zielgruppe. Als Kreditgeber konnten die Migros Bank, BANK-now, CembraMoney Bank, eny Finance und goodfinance gewonnen werden. Das Ziel ist, dass man innerhalb von zehn Minuten mit Valuu einen Kredit beantragen kann. Dieses Modell halte ich für durchaus interessant. Auch der entsprechende Markt für Vermittler von Privatkrediten ist derzeit noch weniger umkämpft. Meines Wissens bietet nur FinanceScout24 ein ähnliches Angebot an.

Fazit

Valuu hat mit einem Volumen von CHF 500 Millionen einen weiteren Meilenstein erreicht und zeigt damit auf, dass Online-Hypothekenvermittler bereits heute eine gewisse Relevanz haben. Insgesamt machen digitale Abschlüsse von Hypotheken in der Schweiz bisher aber erst einen kleinen Teil des gesamten Marktvolumens aus. Gemäss unserer gemeinsam mit e.foresight erstellten Studie beträgt das Online-Hypothekarvolumen im Jahr 2020 rund 6.1 Milliarden CHF. Mit einem Marktanteil von 3.7 Prozent im Verhältnis zum jährlich abgeschlossenen Hypothekarvolumen ist der Markt für Online-Hypotheken damit weiterhin in einer Nische.

Positiv für Valuu ist auch, dass die Markenbekanntheit schon sehr hoch ist. Gemäss einer im Auftrag von Valuu durchgeführten Umfrage vom Gfk Markenmonitoring hat Valuu bei der ungestützten Markenbekanntheit die höchste Markenbekanntschaft bei Hypothekenvermittlern. Vor diesem Hintergrund – und den generellen Verschiebungen im Markt – kann man davon ausgehen, dass die Wachstumsgeschichte weitergehen wird.

Kommentare

4 Kommentare

Aktuelle Zahlen und Entwicklungen der Hypothekenplattform key4 von UBS | IFZ Retail Banking Blog

15. September 2021

[…] in einer Nische. Wie man aber bei den oben vorgestellten Zahlen von key4 – oder auch den kürzlich vorgestellten Volumen von Valuu sehen kann – wachsen die Plattformen aber weiterhin. Natürlich hat key4 mit dem derzeitigen […]

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Fabian Stoll

31. August 2021

Warum sind Abschlüsse über die App nicht mehr möglich? Technisch und kostenmässig müsste eine zusätzliche App für das Smartphone leicht zu realisieren sein. 9% finde ich jetzt auch nicht gerade wenig und dies beim Gerät der Zukunft!

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Adrian

30. August 2021

Danke für die Auswertung. Schön, dass die Werbefranken Wirkung zeigen. Aber wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Wenn auf 500 Mio. CHF 0.1% für die Vermittlung verdient wird, resultieren 500'000 CHF Ertrag pro Jahr, was wahrscheinlich nicht ausreichen wird, um die ganze Werbung zu finanzieren. Und wie werden dann noch 50 Mitarbeiter bezahlt ? Vermutlich werden die Personalkosten inkl. overheads bei über 5 Mio. CHF liegen. Wäre spannend, wenn die HSLU auch den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg ermitteln oder zumindest annähern könnte. Und natürlich die Frage bei den Valuu-Verantwortlichen stellen, wie lange dass die Post Millionen in ein Projekt investiert, das weit von schwarzen Zahlen entfernt ist bzw. diese wahrscheinlich nie erreichen wird.

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Oliver

30. August 2021

+1

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