20. März 2023

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Auswirkungen der Grossfusion von UBS und Credit Suisse auf den inländischen Bankenmarkt

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich, Prof. Dr. Simon Amrein und Dr. Reto Rey

Der am Sonntag bekanntgegebene Kauf der Credit Suisse durch die UBS wird den Schweizer Retail Banking-Markt verändern. Beide Banken haben im inländischen Bankenmarkt eine zentrale Stellung. In welchen Bereichen ist die «neue UBS» wie stark? Wie sieht die Situation im Hypothekarmarkt und bei Spareinlagen aus? Wie präsentiert sich die Situation im KMU-Bereich? Und welchen Einfluss wird der Zusammenschluss auf die Anzahl Filialen haben? Im heutigen Blog versuchen wir mithilfe von Fakten einzuordnen.

Die beiden Grossbanken haben im inländischen Retailbanken-Markt immer eine wichtige Position eingenommen. Nach der Gruppe der Kantonalbanken – welche aus 24 einzelnen Banken besteht – sind die Grossbanken gemessen am Marktanteil die wichtigste Bankengruppe. Durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS akzentuiert sich nun die Marktmacht eines einzelnen Marktteilnehmers.

Aus zwei wird eins: Marktanteile im Hypothekarmarkt und bei Kundeneinlagen

Abbildungen 1 und 2 zeigen die Marktanteile in der Schweiz nach Bankengruppen von 2003 bis 2021 aufgeteilt für Hypothekarforderungen und Kundeneinlagen. Sowohl im Hypothekarmarkt als auch im Geschäft mit den Kundeneinlagen liegt der Marktanteil der neuen Grossbank derzeit (resp. die neusten SNB-Daten stammen von Dez. 2021) bei 27 Prozent (Hypotheken) und 26 Prozent (Kundeneinlagen). Dies bedeutet, dass bei der neuen UBS nun rund 300 Milliarden Hypotheken ausstehend sind.

Seit 2003 sind die Marktanteile der Grossbanken aber markant zurückgegangen. Sowohl bei den Hypothekarforderungen als auch bei den Kundeneinlagen ging der Marktanteil um 7 Prozentpunkte zurück. Insbesondere bei den Kundeneinlagen hat die letzte Finanzkrise ab 2008 in Form von tieferen Marktanteilen deutliche Spuren hinterlassen (-4 Prozentpunkte von 2007 auf 2008). Wir erwarten, dass die Übernahme zu einem weiteren Rückgang in Bezug auf die Kundengelder führen wird. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass viele Sparerinnen, Privatanleger aber auch institutionelle Anleger und Unternehmen bei beiden Banken Kundenverbindungen haben, um Risiken zu streuen. Da die Banken nun zusammengeführt werden, gibt es diese Diversifikation nicht mehr. Diese Verschiebungen werden auch Mitbewerbern entsprechende Chancen in der Kundengewinnung bieten.

Abbildung 1: Marktanteile im Hypothekar-Geschäft nach Bankengruppen, 2003-2021, Inland (Quelle: SNB Datenportal)
Abbildung 2: Marktanteile bei den Kundeneinlagen nach Bankengruppen, Inland, 2003-2021 (Quelle: SNB Datenportal)

Marktkonzentration im Hypothekargeschäft unterschiedlich nach Region

Die Marktkonzentration der neuen UBS im Bereich des Hypothekargeschäfts ist je nach Region sehr unterschiedlich (vgl. Abbildung 3, Stand: Ende 2021). Vor allem in städtisch geprägten Regionen sind die Grossbanken stark verankert. Im Kanton Genf vereinen die beiden Grossbanken in den erwähnten Geschäftsbereichen etwa die Hälfte des gesamten Marktes auf sich. Ebenfalls stark verankert sind sie in Kantonen wie Waadt, Aargau, Zürich und Zug. Die starke Marktstellung der neuen Grossbank ist in aller Regel auch ein Abbild der kantonalen Bankenstruktur: Wo Kantonalbanken und/oder Raiffeisenbanken sehr stark präsent sind, sind Grossbanken häufig etwas schwächer vertreten. Zudem gibt es auch Kantone, wo Regionalbanken teilweise noch stark vertreten sind (bspw. Kanton Bern).

Entsprechend ist der Einfluss der Fusion auf die Wettbewerbsintensität nach Kanton – oder auch Region – sehr unterschiedlich und kann nicht pauschal beantwortet werden. Insgesamt gehen wir aber davon aus, dass der Wettbewerb im Hypothekarmarkt durch den Zusammenschluss der beiden Grossbanken in den meisten Regionen nach wie vor spielt und die Kundschaft bei vielen starken Instituten (z.B. Kantonalbanken, Raiffeisenbanken, Regionalbanken, Migros Bank, Bank Cler) eine Offerte einholen kann. Zudem gibt es Online-Angebote im Hypothekarmarkt oder die Möglichkeit, über einen Kreditvermittler seine Hypothek abzuschliessen.

Abbildung 3: Marktanteile der Grossbanken im Hypothekar-Geschäft nach Kantonen (Standort Pfandobjekte), 2021 (Quelle: SNB Datenportal)

Die «neue UBS» ist Hauptbank von 19 Prozent aller Privatpersonen in der Schweiz

Abbildung 4 zeigt auf, welche Banken bei Schweizer und Schweizerinnen als Hauptbank und als Nebenbanken fungieren. Die Daten basieren auf einer Umfrage bei 3’162 Schweizerinnen und Schweizer im April 2022 und ist Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung sowie die Sprachregion der befragten Personen für die Schweiz repräsentativ (weitere Informationen hier). In der Umfrage haben wir die Kriterien für die Definition als Hauptbank (z.B. Lohn- und Zahlungskonto, Hypothek, Wertschriften-Depot) bewusst nicht vorgegeben. Vielmehr sollte die Kundschaft angeben, zu welchen Banken sie eine Beziehung haben und welche davon sie als Hauptbank bezeichnen.

Auch hier zeigt sich, dass die beiden Grossbanken relevant sind, dass es aber auch weitere starke Mitbewerber im Markt hat. Die über die gesamte Schweiz betrachtet meisten Hauptbankbeziehungen pflegen Schweizerinnen und Schweizer mit der Kantonalbankengruppe (29%). Deren Hauptbank-Marktanteil hat sich in den vergangenen Jahren weiter erhöht. Für rund 19 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer waren im letzten Sommer die Grossbanken die Hauptbank. Auch bei diesem Vergleich muss bedacht werden, dass sich diese 19 Prozent auf bald nur noch eine Bank beziehen (sofern alle Kunden die Hauptbankbeziehung weiterhin bei UBS haben) – wohingegen es sich bei den Kantonalbanken um 24 Banken handelt und bei den Raiffeisenbanken um etwa 220 Raiffeisen Genossenschaften.

Abbildung 4: Hauptbanken und Nebenbanken von Schweizer:innen (Quelle: Studie PostFinance/IFZ; siehe Blog vom 13.02.2023)

Jedes vierte KMU ist Grossbanken-Kunde vor allem für die grösseren KMU stellen sich Fragen

Welche Banken von den KMU (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitende) als Hausbanken gewählt werden, ist in Abbildung 5 ersichtlich. Die Zahlen basieren einer Studie, welche wir im Auftrag des Seco durchgeführt hatten. Dabei wurden im Jahr 2021 2’712 Schweizer KMU zu ihrem Finanzierungsbedarf sowie ihren Finanzierungsarten, -quellen und -bedingungen befragt (weitere Informationen hier). Mehr als ein Drittel aller KMU sind Kantonalbanken-Kunde. Auf dem zweiten Platz folgen bereits die Grossbanken, die einen Viertel der KMU als Haubank bedienen. Diese haben im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2016 an Marktanteil verloren. Dafür konnten die Raiffeisenbanken den Anteil ausbauen und decken aktuell fast 20 Prozent der KMU ab, während es 2016 noch 16 Prozent waren.

Abbildung 5: Anteil Hauptbank-Beziehungen von KMU nach Bankengruppen (Quelle: Studie Seco/IFZ, siehe Blog vom 25.10.2021)

Genauer zu beobachten ist dabei vor allem die hohe Relevanz der Grossbank(en) im Bereich der grösseren KMU (>50 VZÄ, vgl. Abbildung 6). Verschiedene Dienstleistungen wurden vor allem von den beiden Grossbanken angeboten. Der entsprechende Wegfall der einen Bank könnte entsprechend für die grösseren Firmen in gewissen Bereichen auch wettbewerbstechnisch spürbar sein. Der Marktanteil der Grossbanken dürfte insbesondere bei Grossunternehmen noch deutlich höher sein als bei den grösseren KMU in der Befragung.

Abbildung 6: Anteil Hauptbank-Beziehungen von KMU nach Unternehmensgrösse (Quelle: Studie Seco/IFZ)

Wie viele Filialen werden durch die Fusion verschwinden?

Die Anzahl Bank-Filialen sind in der Schweiz seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2003 lag die Anzahl Filialen noch bei über 3’000 – per Ende 2021 waren es 2’349 Banken. UBS und Credit Suisse zählten im Jahr 2021 noch 431 Filialen (2003: 538; Quelle: SNB Datenportal). Mit dem Zusammenschluss wird die Anzahl Filialen nochmals markant zurückgehen. Wie die untenstehende Abbildung 7 («gezoomter» Ausschnitt und gesamte Schweiz, für Karte auf Google, siehe hier) zeigt, sind die beiden Banken häufig an sehr ähnlichen Standorten präsent. Schon rein «visuell» scheint also klar, dass viele Bankfilialen verschwinden werden.

Abbildung 7: Filial-Standorte von UBS (rot) und Credit Suisse (blauer Pin) in der Schweiz (Quelle: Google Maps sowie Angaben zu Standorten auf den Websites von UBS und Credit Suisse)

Fazit

Die oben aufgezeigten Marktanteile der beiden Grossbanken werden künftig zu einem grossen Teil auf die «neue» UBS übergehen. Wir erwarten aber, dass die Übernahme zu einem weiteren Rückgang in Bezug auf die Kundengelder führen wird. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass viele Sparerinnen, Privatanleger aber auch institutionelle Anleger und Unternehmen bei beiden Banken Kundenverbindungen haben, um Risiken zu streuen. Da die Banken nun zusammengeführt werden, gibt es diese Diversifikation nicht mehr. Diese Verschiebungen werden auch Mitbewerbern entsprechende Chancen in der Kundengewinnung bieten.
Die Marktkonzentration nach der vollzogenen Fusion ist aus unserer Sicht in vielen Regionen und Segmenten wettbewerbspolitisch wenig heikel. Gleichzeitig gibt es aber gewisse Segmente und Regionen, wo die neue UBS künftig einen hohen Marktanteil haben wird, was wettbewerbspolitisch kritisch zu hinterfragen ist.
Insgesamt steht der inländische Bankenmarkt durch die Fusion vor grossen Veränderungen: Die Marktanteile und die Marktkonzentration werden sich verschieben und die Anzahl Filialen und Bancomaten werden sich gemäss unserer Einschätzung deutlich reduzieren.

Kommentare

1 Kommentare

Andreas Bitz

2. April 2023

Herzlichen Dank für diese interessante Übersicht und Analyse. Es wäre spannend gewesen, die Trends seit 1995 aufzuzeigen und damit den Effekt der ersten Grossbankenfusion 1998 zwischen UBS und SBV. Die damals geäusserten Bedenken waren ähnlich wie heute.

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